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Veröffentlicht am 19.10.2019

Tolle Grundidee schlecht konstruiert mit etwas Humor!

Lama Karma
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Inhaltserzählung:
Wenn du ein Lama anspuckst und es nicht zurückspuckt,
wird es später wahrscheinlich ein Lama anspucken,
das es für schwächer hält als sich selbst.
Dieses schwächere Lama wiederum
wird ...

Inhaltserzählung:
Wenn du ein Lama anspuckst und es nicht zurückspuckt,
wird es später wahrscheinlich ein Lama anspucken,
das es für schwächer hält als sich selbst.
Dieses schwächere Lama wiederum
wird ein noch schwächeres Lama zum Anspucken finden,
wahrscheinlich eines mit einem schiefen Gesicht
oder mit Asthma ...
Das wird immer so weitergehen,
bis schließlich dem winzigsten, schwächsten, schmächtigsten
Lama direkt ins Gesicht gespuckt worden ist.

Denk also immer daran:
Einen zu schikanieren, bedeutet, alle zu schikanieren.

(Kapitel 1, Seite 26/27)


Autor:
Seine Freundlichkeit das Dolly Lama, geistiger Führer fast aller wiederkäuenden Paarhufer der Anden, hat zeitlebens unermüdlich die Weisheit des Lama Karmas gelehrt. Heute lebt er in einem Streichelzoo in Dulwich, London, im Exil. Stephen Morrison ist aus Nordengland und arbeitet als Bienenunterhändler, Schwanenflüsterer und in der Verwaltung. In diesem Buch betätigt er sich erstmals als Sprachrohr eines spirituellen Lamas.

Übersetzerin:
Ulrike Kretschmer wurde 1968 in Leipzig geboren und schloss ihr Studium der Englischen und Deutschen Philologie sowie der Kunstgeschichte an der Universität Münster/Westf. mit der Promotion ab. Nach mehrjähriger Tätigkeit in verschiedenen Verlagen machte sie sich 2004 als Lektorin, Ghostwriterin und Übersetzerin in München selbstständig. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Natur, Fotografie, Kunst, Philosophie, Kulturgeschichte und Reiseliteratur.


Bewertung:
Das Cover und die Gesamtaufmachung wirkt humorvoll. Der Titel ist echt cool. Die Innenklappenseiten sind mit kleinen Löwen-Illustrationen verziert, was gar nicht zum Thema passt, aber süß aussieht.

Der Inhalt ist wie folgt gegliedert:

Einführung
Kapitel 1, Mitgefühl
Kapitel 2, Selbstdisziplin
Kapitel 3, Seelenwanderung, Hoffnung und Wiedergeburt
Kapitel 4, Nicht die hufe schwingen angesichts von Zukunft und Vergangenheit
Kapitel 5, Grundlegende Mantras für alle Säuger
Kapitel 6, Hemuhtat, der Schweigsame Bruder

Neben der Einleitung gibt es zu jedem Kapitel eine kleine Extra-Einleitung, die die Kapitel kurz erläutern. Zwischen den Weisheiten hat der Autor kleine Zeichnungen reingesetzt. Es gibt einige tolle Wörter, die der Autor wundervoll erfunden hat:

Wiedation = Wiederkäuen und Meditation
Kuhdismus
Dolly Lama = der Anführer und Führer
Lamaisch
Lamaste statt Namaste

Der Autor hat seine Weisheiten sowohl humorvoll tierisch

Besinne dich auf deine innere Flauschigkeit.
Verbitterung und Groll sind leere Kalorien
und ungefähr so nahrhaft wie Kunstrasen.

(Kapitel 1, Seite 23)


wie auch buddhistisch bildhaft


Weidenzäune zu bauen,
kann uns von unseren Brüdern und Schwestern trennen.

Wenn du schon einen Zaun bauen musst,
dann richte ihn nicht aus Ignoranz und
bewehre ihn nicht mit Vorurteilen.

Lass ihn nur so hoch werden,
höchstens ein Meter zwanzig,
dass du darüber hinweg deine Brüder
und Schwestern noch sehen kannst,
und statte ihn mit einem auf drei Seiten
geschlossenen Unterschlupf aus,
der Schatten spendet und vor extremer Hitze schützt.

(Kapitel 1, Seite 30/31)


verpackt.


Andere Tiere mit Namen werden genannt und in die Weisheiten reingenommen. Es wird aber nicht erklärt, wer diese Tiere sind, somit verstehe ich die Zusammenhänge nicht ganz.

Beispiel:

Es ist besser, keine Gefährten zu haben und
ganz allein eine Polonaise-Schlange zu bilden,
als ein Lama zum Gefährten zu haben,
das sich einen Dreck darum schert,
welche Auswirkungen sein waghalsiges Um-die-Ecke-Biegen
auf das Ende der Schlange haben könnte.
Ja, Gerard, damit bist du gemeint!

(Kapitel 1, Seite 21)

Es wirkt alles so aus dem Zusammenhang herausgerissen ... das ganze Buch wirkt auf mich wie ein Folgeband, dass vorher bereits Erläuterungen durch einen Vorgänger hat. Ich kann da keinen richtigen roten Faden erkennen, nur Verwirrung und Missverstehen bei mir.


Fazit:
Insgesamt bin ich eher enttäuscht als beeindruckt. Es sind tolle Zitate dabei, aber alles wirkt so unvollständig erläutert, sodass ich die Zusammenhänge der Tierfreunde und dem System des Autors nicht richtig verstehe. Mir kommt das Buch wie ein zweiter Band vor, dass man ohne Vorwissen nicht lesen sollte/kann, wenn man alles verstehen möchte. Nur gibt es kein Vorband, das hier ist ein Einzelband. Finde ich sehr schade, da ich mich sehr auf das Buch gefreut habe! Deswegen vergebe ich auch nur 2,5 Sterne, für mich macht das Buch nicht wirklich viel Sinn ohne richtige Erklärungen.

Ich bedanke mich sehr beim Randomhouse und dem Diederichs-Verlag für das bereitgestellte Exemplar!

Veröffentlicht am 13.10.2019

Lauwarmer Gulasch mit nerviger Soße!

Dirty Rich – Verbotenes Verlangen
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Inhaltserzählung:
»Ich lade Sie zu einem Kaffee ein«, sagt er, aber es
klingt eher wie ein Befehl, nicht wie eine Bitte. »Ich bin in Sie hineingelaufen«, fügt er hinzu. »Das ist das Mindeste, was ich tun ...

Inhaltserzählung:
»Ich lade Sie zu einem Kaffee ein«, sagt er, aber es
klingt eher wie ein Befehl, nicht wie eine Bitte. »Ich bin in Sie hineingelaufen«, fügt er hinzu. »Das ist das Mindeste, was ich tun kann.«
»Sie schulden mir nichts, und außerdem muss ich dringend ins Büro.«
»Wie kann ich Sie erreichen?«
»Ich laufe mehrmals die Woche in Leute hinein. Genau hier, an dieser Ecke«, sage ich und stoße ein peinliches Lachen aus, das ebenfalls absolut untypisch für mich ist. »Also dann, bis morgen?«
(Leseprobe, Seite 15)

... »und wenn du mit mir vögeln willst, worauf warten wir dann noch?«
»Wenn etwas anders ist und sich trotzdem gut anfühlt, sollte man es nicht überstürzen.«
»Ich bin nicht anders.«
»Oh doch, das bist du. Und normalerweise ist anders nicht mein Ding. Ich ficke einfach und ziehe dann weiter, aber anscheinend will ich das in deinem Fall nicht. Bei dir reizt mich das andere.«
»Du kennst mich doch noch gar nicht lange genug, um so was zu sagen.«
»Aber ich will dich kennenlernen«, entgegnet er, und die
Worte scheinen tief aus seiner Kehle zu kommen.
»Wieso?«
»Das will ich ja herausfinden.«
(Leseprobe, Seite 30)

Er will mich. Das ist klar. Und ich will ihn auch, aber bei einem Mann wie Cole Brooks gibt es zwei Probleme, die ich nicht einfach so vergessen kann: Erstens: Er nimmt einen vollkommen ein, bis nichts mehr von einem übrig ist. Zweitens: Man möchte vollkommen von ihm eingenommen werden, egal, was das bedeutet und wie es ausgeht.
Wir brauchen Regeln. Nein. Ich brauche Regeln.
(Lori, Seite 142)


"Wenn etwas anders ist und sich trotzdem gut anfühlt, sollte man es nicht überstürzen."
(Cole zu Lori, Seite 26)


Manchmal begegnen sich die richtigen Menschen zum falschen Zeitpunkt.
(Lori, Seite 78)


Autorin:
Die US-amerikanische Bestsellerautorin Lisa Renee Jones begann ihre Karriere 2007 und hat bereits über 40 Bücher veröffentlicht, die in viele Sprachen übersetzt wurden. Vor allem ihre Erotikreihen "Deep Secrets", erschienen auf deutsch im Egmont Lyx Verlag, feiert großen Erfolg und wurde in den USA sogar verfilmt.


Übersetzerin:
Sonja Fehling



Bewertung:
Das Cover zeigt schon, was einen hier erwatet: Klischee und Sex. Ich mag das Cover, es ist auf einem Bild vielsagend, auch ohne halbnackten Mann darauf. Finde ich in diesem Hinblick sehr gelungen. Ich lese ja nicht gerne diese Klischee-Geschichten - es sei denn, sie sind nicht so klischeehaft erzählt und bergen was spezielles. Genau das konnte ich aus der Leseprope rauslesen. Richtig toll finde ich mal die Auflistung der Werke der Autorin! Das fehlt mir immer total! Finde ich super, dass es das hier gibt.

"Du hattest mich schon beim Hallo, Cole. Und das weißt du auch."
"Nein, das wusste ich nicht."
"Dann weißt du es jetzt."
"Nein", sagt er. "Da bin ich mir nicht sicher, aber ich habe vor, das zu ändern."
(Lori und Cole, Seite 211)

Ich fange einfach mal direkt an; Cole ist zeitweise ein richtiger Macho und Kontrollfreak! Er ist an manchen Stellen echt herablassend und egomanisch - furchtbar solche Menschen! (...) "aber er ist wirklich ein Frauenheld." (...) "Den ich nicht in deiner Nähe haben will."
Oh Mann, da wird es richtig machohaft und somit nervig. Er benimmt sich wie ein brüllender Affe, der sein Revier verteidigt. Auch flippt er total aus, als er erfährt, dass Lori die Anti-Baby-Pille nimmt - spinnt er? Er macht ihr sofort Vorwürfe anstatt zivilisiert nachzufragen. Er benimmt sich zeitweise so unberechenbar wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Und ebenso auf finanzieller Ebene drängt sich Cole ihr über Gebühr auf und wundert sich dann über ihre verärgerte Reaktion. Wer würde denn das alles ohne ein ernstes Wort zu ihm über sich ergehen lassen? Wach auf, Cole!!! Ihn wollte ich echt oft schütteln und beidseitig klatschen!

"Ich bringe dir das Fliegen bei", sage ich. "Dann verlierst du deine Angst."
Doch sie schüttelt den Kopf. "Ich will nicht fliegen lernen."
"Das musst du aber, wie soll ich dir sonst die Welt zeigen?"
(Cole und Lori, Seite 228)

Manchmal empfand ich Coles Anrede für Lori, Süße, als Herabsetzung. Ein Beispiel dafür hier: "Wenn ich das von dir erwarten würde, Süße, würde ich nicht mit dir ins Bett gehen." (Seite 302) Und manchmal wirkt das Wort dann wieder verbindend und schön. Ich schrieb ja; Dr. Jekyll und Mr. Hyde. :-I Statt sein Verhalten zu reflektieren, ärgert er sich stetig nur über Loris Verhalten und verhält sich dann trotzig:

Immer, wenn ich versuche, sie vorwärtszubringen, weicht sie einen Schritt zurück. Und noch einen, bis ich mich schließlich in einem anderen Raum befinde als sie, wo ich ganz offensichtlich auch bleiben soll. Und geht es nicht darum? Dass ich mache, was sie will? Tja, anscheinend habe ich ihr bisher nur nicht genau zugehört. Jetzt hat sie gesagt, was sie will. Abstand will sie. Dann soll sie den auch bekommen. Das wird sie freuen. Ich habe ihr zugehört. (Cole, Seite 323)

Auch Lori reagiert ab und zu über, wenn auch weniger als Cole. Aber auch bei ihr gibt es stetig Unstimmigkeiten; Erst weigert sich Lori mit Cole zu sich zu fahren, weil sie Sorge hat, jemand aus der Gegend könnte was von ihnen mitbekommen, und Minuten später stehen sie mitten vor dem Haus und reden unverblümt über ihre Beziehung zueinander. Plötzlich macht es Lori gar nichts aus, das mitten auf der Straße vor aller Augen zu diskutieren ... unlogisch! Aufgefallen ist mir bei Lori, dass sie zu ihrem Büro nicht Büro sagt, sondern Zimmer. Das mag auf den ersten Blick nichts bedeuten, aber alles hat eine Bedeutung, erst recht was wir wie sagen. Das zeigt mir jedenfalls, wie unsicher sie ist und sich noch viel Selbstvertrauen aufbauen muss.

"Ich war von dir besessen und bin es immer noch."
"Ist Bessenheit nicht etwas Schlimmes?"
Also, für mich fühlt es sich verdammt gut an."
(Cole und Lori, Seite 187)

Und dann gibt es da noch die Sache mit dem Cop Waller ... die ging zu schnell vorbei. Zuvor hat die Autorin eine Mega-Spannung um ihn, den Fall und die Drohung gegen Cole aufgebaut, die aber von jetzt auf gleich erkaltet ist. Das war als hätte mir jemand eiskaltes Wasser über den Kopf geschüttet. Zu dieser Zeit kommt Cole Lori einfach viel zu nah, dafür, dass sie wissen, dass sie beobachtet werden. Wieder eine total unlogische Reaktion!

Das Ende ist viel zu salopp geschrieben a là Ende gut, alles gut. Schön fand ich, dass ich sogar mal ein Wort im Duden nachschlagen musste: Hispanoamerikanerin. Das war mal erfrischend.

"Was willst du von mir, Lori?"
"Ich will, dass es okay ist, wenn ich dich morgen immer noch will. Ich will ..."
"Mehr", unterbricht er mich. "Das ist die einzige Antwort, die ich akzeptiere. Für mich gibt es keine andere Option, dafür will ich dich viel zu sehr. Entweder alles oder nichts. Und jetzt noch mal: Was willst du von mir?"
"Mehr", flüstere ich.
(Cole und Lori, Seite 205)



Fazit:
Tja, es gibt nicht viel zu schreiben, wie ihr seht ... die Geschichte um die Beiden plätschert so dahin - bis auf die aufgebaute Spannung des neuen Falles, die aber von der Autorin schnell wieder auf Eis gelegt wurde. Hier war durchaus großes Potenzial geboten, das sie einfach verschleudert hat! Wirklich sehr schade! Die Nebencharaktere waren mir sympathisch und haben mich neugierig auf Band 1 gemacht - trotz dieser lauen Geschichte. Genau das ist sie: Lauwarmer Gulasch. Macht was heißes her, ist aber eben nur lauwarm. Es trieft vor Klischee und Unlogik über.

Von mir gibt es 3,5 Sterne; super Schreibstil, eine Prise Humor, ab der Mitte Spannung pur, zum Ende hin enttäuschend salopp! Vielleicht kann mich Band 1 mehr begeistern.

»Ich habe keine Ahnung, wer Sie sind, und ich bin auch nicht Ihretwegen hier.«
»Aber Sie bleiben meinetwegen?«
»Nein. Ich bleibe meinetwegen.«
(Seite 26/27)



Mein herzlichster Dank geht an das Lesejury-Team und dem Verlag für das ebook.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Gefühl
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.10.2019

Thriller? Der Schein trügt! Die ganze Zeit!

Liebes Kind
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Klappentext:
Am ersten Tag verliere ich mein Zeitgefühl, meine Würde und einen Backenzahn. Dafür habe ich jetzt zwei Kinder und eine Katze. Einen Mann habe ich auch. Er ist groß, hat kurzes, dunkles Haar ...

Klappentext:
Am ersten Tag verliere ich mein Zeitgefühl, meine Würde und einen Backenzahn. Dafür habe ich jetzt zwei Kinder und eine Katze. Einen Mann habe ich auch. Er ist groß, hat kurzes, dunkles Haar und grüne Augen. Unsere Fenster hat er mit Dämmplatten verschraubt. Er macht den Tag und die Nacht. Wie ein Gott.

Ich betrachte meinen Mann aus den Augenwinkeln, während ich neben ihm auf dem abgewetzten Sofa sitze. Unter seiner Umarmung pulsieren meine Verletzungen, als hätte jede einzelne von ihnen einen eigenen Herzschlag. Ich versuche mir einzureden, ich hätte das Schlimmste bereits überstanden, nur ahne ich, dass wir bald zusammen ins Bett gehen werden. Ich höre die Kinder wie durch Watte plappern, während ich darüber nachdenke, wie ich ihren Vater töten werde.



Autorin:
Romy Hausmann, geboren 1981, ist eine deutsche Schriftstellerin. Bereits mit 24 Jahren war sie Redaktionsleiterin bei einer Münchner Fernsehproduktion. Dort arbeitete sie schon mit hunderten, deren Leben sie als Vorlage für ihre Bücher nahm. So unter anderem misshandelte Ehefrauen, Kriegsflüchtlinge und vernachlässigte Kinder. Seit 2016 schreibt sie nebenbei regelmäßig für den blog Mymonk. Darin erzählt sie von ihren persönlichen Erfahrungen. Von Niederlagen, Mut und Zuversicht im Leben. Liebes Kind‘ ist ihr Thrillerdebüt. Romy Hausmann wohnt mit ihrer Familie in einem Waldhaus in der Nähe von Stuttgart.

Sprecher:
Heikko Deutschmann, geboren 1962 in Innsbruck, studierte Schauspiel in Berlin und spielte u. a. im Ensemble der Berliner Schaubühne, später in Hamburg, Köln und Zürich. Das Fernsehpublikum kennt ihn aus preisgekrönten Produktionen wie Der Laden und In Sachen Kaminski, aus Serien wie Polizeiruf 110 und Der Kriminalist sowie aus der ZDF-Reihe Inga Lindström. Er ist ein ebenso vielseitiger Hörbuchsprecher und hat neben Bestsellern von Guillaume Musso und Jo Nesbø Klassiker von Friedrich Schiller und Stendhal eingelesen.

Leonie Landa, geboren 1994, stand mit acht Jahren das erste Mal auf der Bühne. Sie ist aus Filmproduktionen wie Linie 102, Notruf Hafenkante und Morden im Norden bekannt und als Synchron-, Hörspiel- und Hörbuchsprecherin u. a. in Die drei ???, Tintenherz und Malala. Meine Geschichte. zu hören.

Ulrike C. Tscharre, geboren 1974, studierte neuere deutsche und englische Literatur und ließ sich danach an der Akademie für Darstellende Kunst in Ulm zur Schauspielerin ausbilden. Neben Rollen in den verschiedensten Theaterstücken spielte sie in vielen Fernsehproduktionen, wie z. B. dem Zehnteiler "Im Angesicht des Verbrechens" (Regie Dominik Graf) oder mehreren Episoden von "Tatort" und "Polizeiruf 110". Zudem wird sie im neuen Film "Werk ohne Autor" von Oscar-Preisträger Florian Henckel von Donnersmarck zu sehen sein. Im Hörverlag ist sie unter anderem in Henning Mankells "Wallander"-Reihe, in Annette Mingels "Was alles war" und im Hörspiel zu Frank Schätzings "Der Schwarm" zu hören.


Bewertung:
Das Cover ist schlicht und weckt mit dem Titel die Neugierde. Der Titel ist selbst nach Beendigung der Geschichte sicher nicht für jedermann verständlich. Wer zwischen den Zeilen liest und hört, versteht den Titel, aber oberflächlich gesehen scheint er nicht zu passen. Da haben die Autorin und der Verlag aber wirklich tiefsinnige Arbeit geleistet. Bei vorablesen, als es zur Verfügung gestellt wurde, hat mich das Werk nicht angezogen. Jetzt in der Wanderhörbuch-Gruppe war ich dann doch neugierig auf die Geschichte.

Von Beginn an wird suggeriert: Es ist nicht so, wie es scheint! Und genau das macht es sehr schwer, die Geschichte zu rezensieren. Eigentlich ist alles Spoiler, was man darüber schrieben kann ... Für Nichtkenner dieser Geschichte nicht nachzuvollziehen. Ich bemühe mich aber, so wenig wie möglich darüber zu schreiben und so viel wie möglich über meinen Eindruck.

Die ersten Hörminuten haben mich irritiert, weil da schon der Schein von allem trügt. Je mehr ich hörte, umso mehr fügte sich alles dann zusammen. Aber gerade der Anfang hat mich neugierig gemacht, weil ich wissen wollte, was es mit allem auf sich hat. Von Außen - auf dem Hörbuch und im Klappentext - wirkt das Ganze offensichtlich und die Geschichte wie eine, die schon mehrfach erzählt wurde. Ist sie so aber nicht.

Die vielen Charaktere sind teilweise nervtötend oder sehr gut ausgearbeitet, einige beschreibe ich mal kurz;

vom Polizisten Gerd hätte ich gerne mehr erfahren, er ist mit den Eltern des Opfers befreundet. Die Eltern des Opfers - Vater Matthias und Mutter Karin - spielen eine Hauptrolle im Geschehen. Matthias ist oft einfach nur aggressiv, was unter den gegebenen Umständen verständlich ist. Nur manchmal überspannt er den Bogen ziemlich und machte sich unsympathisch in meinen Augen. Auch hat er mich ziemlich genervt mit seinen Aktionen, vor allem aber mit seiner Besessenheit von seiner Enkelin Hannah. Es geht immer um sie, nie verliert er ein Wort über Jonathan. Vor allem, dass er auch Hannah nie einmal zur Rede stellt, was wirklich passiert ist, finde ich unrealistisch. Alle Welt stellt sich die richtigen Fragen, nur er stellt welche in verkehrte Richtungen. Karin ist eher typisch Frau - die Rollen hat die Autorin klassisch verteilt - und zieht sich eher zurück und versucht Matthias ins einen Vorhaben zu bremsen. Der Freund ihrer Tochter, Matt, ist mir unsympathisch - ganz egal, was er von sich gibt. Auf mich wirkt er wie ein Aufschneider. Dann gibt es noch die aufdringliche Nachbarin Maya, die einfach in fremde Wohnungen spaziert und sich unheimlich verhält.

Die Enkelkinder von Karin und Matthias sind entsprechend ihrer Lebensarten gestört. Hannah hat die Autorin sehr gut ausgearbeitet, jedoch nervte sie mich unheimlich. Sie ist intelligent, aber sehr hochnäsig und weiß immer alles besser. Teilweise belehrt sie auch jeden, der zu belehren ist und unterstellt ihnen auch gerne Dummheit, wenn sie nicht so denken, wie sie. Das ist jedoch ihrer Erziehung in der Hütte zu verdanken. Jonathan dagegen ist sehr ruhig, zu ruhig, und sagt kaum etwas. Er wird fast gar nicht in die Geschichte eingebunden, was mich sehr gestört hat. Er hätte auch komplett aus der Geschichte rausgenommen werden können ... es hätte nichts gefehlt. Er kämpft sehr mit den Veränderungen, die vonstatten gehen, während Hannah - bis auf ihre Macken - ganz normal wirkt.

Es kommen das Opfer, Matthias und Hannah zu Wort, die ihre Perspektive der Geschichte erzählen. Zusätzlich ermöglichen die Rückblenden zu der Hütte und zu dem, was dort geschehen ist, einen umfassenden Blick auf das Ganze. Die Sprecher sind sehr gut gewählt und auch stimmlich sehr gut zu unterscheiden. Alle drei haben eine ruhige und ausdrucksstarke Stimme, die ich mir mühelos anhören konnte. Das Erzähltempo wird bis kurz vorm Ende ziemlich gedrosselt. Das Geschehen an sich fesselte mich nicht so sehr wie das Geschehen, das fehlte. Was ist wirklich passiert? Diese Frage bleibt bis kurz vorm Ende offen und lockte mich, weiterzuhören. Das Ende ist sehr gut konstruiert und beantwortet auch alle offen gebliebenen Fragen.


Fazit:
Was sich offensichtlich als 08/15-Geschichte tarnt, ist zu Beginn irritierend und wird ansonsten langatmig erzählt. Das gedrosselte Erzähltempo und einzelne Charaktere stören in den Handlungssträngen. Das Ende ist sehr gut ausgearbeitet. Insgesamt kann ich nur 3,5 Sterne abgeben. Hier fehlt es einfach an zu vielem. Das Positivste ist für mich, das Vermögen der Autorin, die Leser und Zuhörer mit der Frage um das Geschehen durchweg neugierig zu halten. Es ist jedoch eher ein Spannungsroman als ein Thriller!

Veröffentlicht am 08.10.2019

Kryptisch, lyrisch, anregend: Eine Erzählung vieler Arten von Schuld und Vergebung!

Melmoth
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Inhaltserzählung:
"Hat deine Mutter dich nie auf den Schoß genommen und dir erzählt, Melmoth beobachte dich? Also", sagte er, "wie du sicher aus der Bibel weißt, gingen die Frauen zu Jesu Grab und fanden ...

Inhaltserzählung:
"Hat deine Mutter dich nie auf den Schoß genommen und dir erzählt, Melmoth beobachte dich? Also", sagte er, "wie du sicher aus der Bibel weißt, gingen die Frauen zu Jesu Grab und fanden es leer vor. Der Stein war beiseitegerollt, und dort in dem Garten erschien ihnen der wiederauferstandene Sohn Gottes. Doch eine war dabei, die später leugnete, den auferstandenen Christus gesehen zu haben. Zur Strafe wurde sie verflucht, bis zur Rückkehr des Messias einsam und heimatlos über die Erde zu streifen. In einer Welt, die unvergleichlich böse ist und unvorstellbar niederträchtig, hält sie immerzu Ausschau. Sie stellt sich als Zeugin zur Verfügung, wo es keine Zeugen gibt, um eines Tages erlöst zu werden. Wenigstens will es die Legende so und die Frau trägt viele namen: Melmoth die Zeugin, Melmotte oder auch Melmotka - je, nachdem, wo man geboren ist. Aber eines darfst du nie vergessen: Sie ist einsam. Ihre Einsamkeit ist uferlos udn wird erst enden, wenn die Welt untergeht und Melmoth Vergebung erfährt. Sie erscheint den Menschen am Tiefpunkt ihres Lebens, und nur die Erwählten spüren ihren Blick. Sie heben den Kopf, und plötzlich steht die Zeugin vor ihnen. Angeblich streckt sie dann die Arme aus und sagt: Nimm meine Hand! Ich war so einsam!"
(Lehrer Schröder zu Josef Hoffmann, Seite 51/52)

Liebe Leserin, lieber Leser - du kennst sie, du hast sie erwartet. Sie ist die Zeugin, die Frau auf Wanderschaft. Die unerträglich einsame Büßerin, vor deren Augen sich die Niedertracht der Welt entfaltet. Schlägt das Mitleid Funken in deinem Herzen? Sehnst du dich danach, ihr die Hand zu reichen?
(Erzähler, Seite 329)

"Ich verlasse mich nur auf das Versprechen von Gottes Gnade."
"Und wer kennt Gottes Gnade am besten?"
"Nun ja ... die Sünder."
"Und wer erfährt die größte Vergebung?"
"Diejenigen, die die größten Sünden begehen!"
"Er wird dir umso mehr mehr vergeben, wenn du mehr gesündigt hast!"
(Alice Benet und Melmoth, Seite 120)


Autorin:
Sarah Perry wurde 1979 in Chelmsford, Essex, geboren. In ihrer Kindheit hatte sie aufgrund ihrer Baptisten-Eltern keinen Zugang zu zeitgenössischer Kunst und Literatur, daher flüchtete sie sich in klassische Musik und Literatur, was ihren späteren Schreibstil beeinflusste. Perry studierte Creative Writing an der Royal Holloway University und schloss mit einem Doktortitel ab. Ihr Debütroman "The Essex Serpent" war ein großer Überraschungserfolg in Großbritannien und schoss an die Spitze der Bestsellerlisten. Der Roman gewann den Titel des britischen Buchpreises 2017 für den besten Roman und das beste Buch insgesamt und war für zahlreiche weitere Preise nominiert. Sarah Perry schreibt außerdem literarische Kritiken für den Guardian und die Financial Times.

Übersetzerin:
Eva Bonné, geboren 1970 in Gevelsberg/Westfalen, studierte amerikanische und portugiesische Literaturwissenschaft in Hamburg, Lissabon und Berkeley. Seit 1998 arbeitet sie als freie Übersetzerin, u.a. von Adam Ross, Peter Heller und Amy Sackville. 2005 und 2009 wurde sie mit dem Hamburger Förderpreis für literarische Übersetzungen ausgezeichnet. Eva Bonné lebt mit ihrer Familie in Berlin.


Bewertung:
Das Cover ist unheimlich toll mysteriös und auch unheimlich gestaltet. Nichts mit Frau und/oder schwarz ... Wow! Es wirkt total poetisches auf mich und erinnert mich an Jugendromane, die in dem Stil gestaltet sind. Dazu der mysteriöse Titel ... besser geht es für mich nicht! Wenn ich Coverkäuferin wäre, würde ich das Buch im Buchladen sofort zur Kasse tragen. Erst im Laufe der Erzählung wirken die Federn auf dem Cover mehr als brillant!

Ich konnte den Klappentext nicht wirklich einordnen und bin deshalb auch ganz offen an die Geschichte rangegangen. Ihr Werk „Die Schlange von Essex“ hat auch wie dieses hier ein atemberaubendes Cover, jedoch konnte mich der Klappentext - anders als hier - nicht ansprechen. Das war ein weiterer Grund, weshalb ich ohne Vorbehalte und Erwartungen an das Buch gegangen bin. Ich habe schon vor der Leseprobe von der Legende Melmoth gelesen - die Frau in Schwarz. Ich war also sehr neugierig, was das Buch zu bieten hat ...

"Das Leben ist manchmal eben komplizierter als gewünscht; das Beste ist es, in Würde weiterzumachen."
(Namenlos zu Hassan, Seite 284)

Die Autorin erklärt in einem Video (https://www.youtube.com/watch?v=UbF_aUt176E), wie aus Melmoth, der Wanderer hier Melmoth, die Zeugin wird. Das Video war für mich sehr wichtig, um das Konzept des Buches zu verstehen. Denn die aufgelisteten Primärquellen im Buch konnte ich größtenteils nicht im Internet nachrecherchieren. Bis auf "Melmoth, der Wanderer" von C. R. Martin und "Der Schimmelreiter" von Theodor Sturm lässt sich die Recherche der Autroin nicht zurückverfolgen. Somit muss ich einfach darauf vertrauen, dass das echte Quellen sind. Ich finde es sehr schade, da ich sehr gerne mehr über diese Quellen erfahren würde ... Es werden sieben Quellen zu Melmoths Erscheinen aufgeführt, von denen einige in der Erzählung bearbeitet werden.

"Manchmal habe ich das Gefühl, dass es sie noch unglücklicher macht, beobachtet zu werden. Ich frage mich, ob sich ein Schmerz dadurch verstärkt, dass jemand zuschaut."
"Nun ja (...), nur Kinder glauben, etwas würde unsichtbar, bloß weil man die Augen schließt."
(Helen Franklin und Arnel Suarez, Seite 244)

Es geht spannend los mit einem Brief. Auch ist in dem Buch am Anfang ein Zitat vermerkt- das liebe ich ja! Der Schreibstil ist sehr lyrisch, manchmal poetisch, was sehr schön ist. Leider - ein sehr großes Leider - hat die Autorin die Erzählung zusätzlich noch kryptisch geschrieben, sodass es für mich sehr anstrengend zu lesen war.

Ich bin bis zum Ende etwas irritiert worden; mal ist die Erzählung allgemein gehalten über die Charaktere, dann wieder an jemanden gerichtet; es wird dann die Ansprache Sie verwendet. Nur wer ist damit gemeint? Wir Leser? Und wer ist dann der Erzähler? Das springt zwischen den beiden Erzählarten hin und her.

Sie war ein denkendes Wesen und hatte einen freien Willen. Keine Hand hielt sie zurück als die eigene, sie hatte keine andere Aufgabe, als Mitgefühl zu empfinden und das Richtige zu tun, und sei es nur ein einziges Mal, hier in diesem kleinen, stickigen Zimmer.
(Erzählung über Helen Franklin, Seite 247)

Das Manuskript von Josef Hoffmann liest sich ebenso mysteriös. Alleine seine Kindheit wird sehr zerstreut geschrieben. Josef erzählt über den Hass zu Franz und die Liebe zu seiner Schwester Freddie nach der ersten Begegnung!!! Klar, er trägt sehr viel Wut und Kummer in sich, das ist sehr deutlich zu spüren, aber ich verstehe hier nicht, wieso genau. Er schreibt über sein Leben Zuhause sehr schwammig, sodass ich seine Empfindungen nicht ganz nachvollziehen kann und der Zugang zu ihm schwer ist. Der Tod von Josef Hoffmanns Vater war ja grausam. Skurril finde ich hier Josefs Handlung; er setzt sich einfach an den Tisch zu seinem toten und blutenden Vater - ohne Mucks und Gefühl. Es wird gar nichts dazu geschrieben. Dann kommt auch die Mutter nach Hause und setzt sich dazu, als ob gar nichts wäre und da kein blutend toter Mensch auf dem Tisch liegt. Wie realitätsfern ist das bitte???

Karel ist aus Prag einfach nach England gegangen und nun hat Melmoth plötzlich keine Bedeutung mehr für ihn... Einfach nur merkwürdig, gefällt mir nicht, diese Abhandlung mit ihm. Er verschwindet einfach und taucht nicht wieder auf.

»Was arbeiten Sie?«
»Ich bin Übersetzerin, obwohl mein Deutsch besser ist als
mein Tschechisch.«
»Wundervoll! Womit beschäftigen Sie sich gerade? Mit
Schiller? Peter Stamm? Einer neuen Sebald-Ausgabe?«
»Mit einer Gebrauchsanweisung für Elektrowerkzeuge
von Bosch.«
(Seite 26)

Was mir in Helens Erinnerung auffällt, ist, dass Helen Melmoth doch schon damals im Krankenhaus bei einer Patientin gesehen hat, tut aber in der Gegenwart so, als ob sie sie überhaupt nicht kennt. Und wenn sie einen Gedächtsnisschwund bei der Sache hat, wie kann sie den anderen dann ihr Fehlverhalten erzählen? Für mich ist das dermaßen unlogisch, dass es mich nervt. Und Hassan (ein weiterer Sünder)? Der jammert die ganze Zeit nur "Ich habe nichts getan, nichts!", das hat mich dermaßen genervt, dem hätte ich am liebsten eine geknallt, damit er zu sich kommt. Wie ein kleines Kind ... Und was ist das für ein Ende mit ihm? Auch total unlogisch; er steigt jammernd ins Meer und puff - er ist verschwunden/tot ... Namenloses (sein Bruder) Ende ist da das Gegenstück von Unlogik und herzzerreißend. Der Tod der Albina (Mitbewohnerin von Helen) ist auch recht merkwürdig und so gar nicht schlüssig für mich - ist wirklich wie eine dramatische Oper, auch völlig überzogen. Zieht das weiße hochzeitsähnliche Kleid an, geht in die dramatische Oper zum Sterben ...

"Madam, wenn ich fragen darf ... Woran ist sie gestorben?"
"Am Leben, so wie alle Menschen."
(Arnel Suarez und Thea, Seite 327)

Es tauchen auch Szenen auf, bei denen ich nur den Kopf schüttele; es erscheinen die Toten Helen in ihrem Zimmer - ernsthaft? Neben Melmoth war die Geschichte bis dahin noch realistisch, aber ab hier wird es echt etwas lachhaft übertrieben. Es bleiben auch Fragen offen, die nicht geklärt wurden, leider.

Insgesamt hat mir das letzte Drittel des Buches am allerbesten gefallen, weil er nicht so dermaßen kryptisch geschrieben ist und ich so gut wie alles verstanden habe. Dabei blieb aber auch nicht die lyrische Erzählweise aus. Ich hatte es sehr schnell durchgelesen, weil es mich gefesselt hat, was Helen so mit sich herumträgt. Das Wiedersehen mit einem alten Freund von Helen hätte ich mir viel ausgeschriebener gewünscht, mit mehr Raum für ihn. Das finde ich schade, da ich ihn sehr mag und er viel zu erzählen hätte. Das Ende ist offen gehalten, was aber nicht schlimm ist. Toll finde ich das Gesamtende, bei dem der Erzähler uns Leser persönlich anspricht. Erst hier wurde für mich auch klar, dass die zwischendurch Anreden mit Sie an uns gilt - was mir ja seit dem ersten Abschnitt Fragezeichen bereitete. Denn während der Erzählung springt der Erzähler zwischen der Anrede zu uns mit Sie zu einer normalen Erzählung hin und her.

"Ich möchte es etwas Gutes tun", sagte sie. "Wenn du Benjie das nächste Mal besuchst, werde ich einer Patientin Gesellschaft leisten. Sie heißt Rosa und hat niemanden sonst."
"Wenn sie dich hat", sagte Arnel, "hat sie alles."
(Helen Franklin zu Arnel Suarez, Seite 236/237)

Ich fand alle Rückblende der vorkommenden Personen wichtig, um noch mal ein anderes Verständnis von Schuld zu bekommen. Ungewöhnlich ist, dass die Autorin verschiedene Aspekte von Schuld und Vergebung in dem Buch bearbeitet ... mal ist es eine einzelne Tat, dann wieder Massenmord - in diesem Fall sogar den Genozid der Armenier. Das hat mich überaus positiv überrascht, und ich finde es super, dass das mal von einer Autorin aufgegriffen wurde! Es gibt viele Wege, sich schuldig zu machen, wie auch zu vergeben.

(...) "denn obgleich jedes Blatt von jedem Baum wahrhaft ein Buch ist, enthält die Erde für jene, denen es an Verständnis mangelt, keine Blätter. Der Kampf des Verstandes ist der Krieg, den man nie gewinnen kann."
(Altan Sakir (zitiert im ersten Teil aus dem Diwan von Necati) zu Namenlos und Hassan, Seite 280)

Einige Wörter kannte ich nicht und musste ich nachschlagen, was mir aber gefällt, ich lerne gerne neues dazu:

Seite 30, Zeile 9 von oben; dergestellt - derart, so, auf diese Weise

Seite 49, Zeile 2 von unten; allenthalben - überall (hier; begegnete ich überall ...)

Die ganze Erzählatmosphäre kam mir eher vor als befänden wir uns im frühen 20. Jahrhundert. Zeitmäßig bin ich auch nicht klar im Kopf gewesen - mal dachte ich, wir hätten das frühe 20. Jahrhundert, dann wieder befänden wir uns in den 50ern. Besonders Helens Verhalten und Sitte hat für mich gar nichts mit den Jahren nach 1970 zu tun, obwohl sie in dieser Zeit geboren wurde.

"Hast du nie erfahren, wie es ist, so einsam zu sein? Ich bin die einzige Überlebende einer Schiffskatastrophe und treibe auf einem Meer, das keine Gezeiten kennt. Ich bin ein einsamer Stern zwischen ausgebrannten Galaxien. Wer antwortet mir, wenn ich die Stimme erhebe?
(Melmoth zu Josef Hoffmann, Seite 175)



Fazit:
Ich schwanke ja innerlich; mal ist Melmoth für mich der Gedanke im Kopf und manifestiert sich in der Sünde in einem, mal ist sie dann wieder eine lebendige Person, die ruhelos durch die Gegend zieht ... ich kann mir hier keine klare Meinung dazu bilden. Aber für mich kommt die Botschaft des Schuldvergehens und die Sehnsucht nach Vergebung deutlich rüber. Das Besondere am Buch ist, dass jeder meiner Lesekameraden etwas anderes aus dem Buch zieht - ich denke, das ist eines der vielen Intensionen der Autorin.

"Ich wüsste immer nur eines: Ich bin das Gesetz, und das Gesetz hat immer recht. Aber jetzt frage ich mich, ob es sein könnte, dass es das eine gibt, was recht ist, und das andere, was gut ist, und die beiden sind nicht dasselbe."
(Wachtmeister Novák, Seite 149)

Ich denke, dass das Buch es schwer haben wird, Liebhaber zu finden. Aber dafür ist es auch einfach viel zu kryptisch geschrieben. Ich selbst hatte Probleme damit und habe nicht alles an der Erzählung verstanden. Lyrische Poesie ist sehr schön, aber die kryptische dazu ist hier in meinen Augen einfach zu viel! Schon die lyrische Erzählart wird viele abschrecken ... Nur das letzte Drittel ist weniger kryptisch geschrieben und ich konnte soweit dann auch alles verstehen. Hier hat es sich die Autorin sich mit der Doppelbesetzung selbst schwer gemacht.

Die Atmosphäre ist meistens sehr unheimlich, gar gruselig. Ich habe es fast durchgehend abends im Bett gelesen, was mich intensiver über die Quellen nachdenken ließ, die in der Erzählung auftauchen. Das Buch kann ich nur Lesern empfehlen, die sich konzentrieren können, sich an lyrisch-kryptischer Sprache erfreuen und nichts gegen mysteriösen Grusel haben. Das Buch ist somit nicht für jeden Leser lesenswert und verständlich. Die Erzählung hat aber eine enorme Ausdruckskraft und hallt nach. Ein besonderes Buch, das mit Wegfall der Kryptologie verständlicher wäre. Man kommt nicht drum herum, sich die Frage zu stellen: Was will das Buch mir mitteilen? Es geht um Schuld und Vergebung. Wer was aus der Erzählung für sich mitnimmt, ist individuell. Einig waren meine Lesekameraden und ich uns aber in einer Sache zum Fazit: Alles hat seine Konsequenzen. Taten und Nichttaten.

"Wir sind ganz allein, deswegen müssen wir tun, was Melmoth tun würde: Wir müssen hinsehen und bezeugen, was nicht in Vergessenheit geraten darf.
(Karel Pražan zu Thea, Seite 191)


Ich bedanke mich innigst beim Lesejury-Team und dem Verlag für die anregende Leserunde! Es ist eine Weile her, dass ich so ein besonderes Werk gelesen habe.







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Veröffentlicht am 07.10.2019

Magische Geschichte jugendhaft erzählt mit einigen Logikfehlern ...

Hotel der Magier (Hotel der Magier 1)
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Inhaltserzählung:
"An die Arbeit, Seth", schnauzte Henri und griff nach einem Messer, um Gemüse zu schneiden. Doch bevor Seth loslegen konnte, schrie Henry auf, und sein Messer fiel mit großem Geklapper ...

Inhaltserzählung:
"An die Arbeit, Seth", schnauzte Henri und griff nach einem Messer, um Gemüse zu schneiden. Doch bevor Seth loslegen konnte, schrie Henry auf, und sein Messer fiel mit großem Geklapper auf die Küchenfliesen. Ein Insekt flog an Seths Nase vorbei und knallte gegen das Küchenfenster, während sich Henri ängstlich duckte.
"Das ist doch nur ein Käfer, Henri", sagte Seth beruhigend und versuchte dem kleinen Geschöpf aus dem gekippten Fenster zu helfen. Es sah aus, als wäre es aus Feuer mit einem glühend phosphoreszierenden Schwanz.
"Das ist nicht irgendein Käfer", sagte Henri mit großen Augen. "Das ist ein Luciole. Weißt du nicht, was das bedeutet?"
"Das bedeutet, das ist ein Leuchtkäfer. Muss sich auf dem Weg zur Glühwürmchen-Lichtung verirrt haben. Wunderschön, guck mal. Er sieht magisch aus, findest du nicht?"
"Aber er ist hier drinnen!", zischte Henri und wischte sich den Schweiß von der Oberlippe. "Wenn in meinem Land ein Leuchtkäfer durchs Fenster hereinfliegt, bedeutet das ... es bedeutet den Tod." Henri packte seinen Arm. "Seth, jemand wird sterben!"

(Seite 14/15)


Er liebte diese Tageszeit, besonders im Herbst, wenn die reifen Früchte dufteten. Ein ebensolches Glück war es, mitzuerleben, wie der Wald unter seiner verschlafenen Nebelwolke erwachte. Der Nebel stieg dann langsam empor und gab Millionen von Blättern preis. Ihr Gewand unterschied sich so sehr von ihrem Sommergrün, dass alles ganz anders aussah als sonst. Aber das war die Schönheit des Waldes. Jeden einzelnen Tag gab es etwas Neues zu entdecken, es wechselte sogar von Stunde zu Stunde. Und blieb trotzdem immer gleich.

(Seite 131)


"Ich glaube", sagte Angelique nachdenklich, "die Magie für das Gute einzusetzen, bedeutet, den großen Verlockungen der schwarzen Magie zu widerstehen, Graf Ruino."

(Angelique Squerr zu Graf Ruino, Seite 192)



Autorin:
Nicki Thornton erinnert sich an keine Zeit im Leben, in der sie nicht gelesen hat. Sie liebt Bücher und andere zum Lesen zu inspirieren. Bevor ihr Debüt »Hotel der Magier« veröffentlicht wurde, arbeitete sie als Journalistin und führte dann zehn Jahre mit ihrem Mann, viel Herzblut und Leidenschaft einen unabhängigen Buchladen in Abingdon an der Themse. Und während sie dort mit Kindern über Lieblingsbücher plauderte, entstand langsam eine Idee. Was würde passieren, wenn Magier der Mittelpunkt einer Detektivgeschichte wären? Aus der Idee entstand ein Manuskript, mit dem Nicki Thornton den Schreibwettbewerb der Times und Chicken House UK gewann. »Hotel der Magier« wurde nicht nur zum Lieblingsbuch der Buchhändler, sondern auch zum Bestseller. Mittlerweile schreibt die Autorin am zweiten Teil.


Übersetzerin:
Barbara König, aufgewachsen in Asien, Irland und den USA, studierte Slavistik, Politik und Geschichte in Bonn und Moskau. Bücher begleiten sie schon ihr ganzes Leben lang. Heute lebt sie als Literaturübersetzerin und Lektorin in Hamburg.



Bewertung:
Tolle Aufmachung, die einfach begeistert! Der Gästebucheintrag lässt noch mal die Geschichte ganz anders aufleben. Richtig witzig und für mich gelungen sind hier auch die Kapitel-Gestaltungen samt Überschriften. Selbst der Hotelname ist genial gewählt! Angeblich leuchten der Vollmond und der Titel ja im Dunkeln, diesen muss man aber wohl tagelang im Licht aufladen lassen - bei mir zeigte sich das Leuchteln von gar nicht bis kaum. Schade! Hätte der Verlag vielleicht etwas besser aufbereiten können.

"Magie ist eine komplizierte Angelegenheit. Es ist ein bisschen wie Kochen, Seth. Manche gehen genau nach Rezept, und es funktioniert trotzdem nicht. Andere glauben, dass man das gewisse Etwas haben muss, eine Veranlagung. Und welche Art magischer Kräfte man hat, ist ganz unterschiedlich. Aber auch die einfachste Magie muss monatelang studiert und eingeübt werden, bis sie perfekt ist. Magie ist vor allem harte Arbeit."

(Angelique Squerr zu Seth, Seite 135/136)

Der Schreibstil ist fließend und lässt die Geschichte durchfließen. Mir gefällt hier besonders, dass mal ein Junge im Fokus steht, was auch die Jungs ansprechen dürfte. In Kombination des Küchenbereichs und den angehängten Mord, erinnert es mich etwas an Aschenputtel - für Jungen. Die Kapitel sind schön kurz für jugendliches Lesen und knüpfen an den jeweiligen Enden der Vorkapiteln an. Die Erzählung ist der Autorin wunderbar jugendgerecht gelungen. Man merkt auch außerhalb von der Aufmachung, dass es sich um ein Jugendbuch handelt. Das bekomme ich so selten zu lesen. Oft wirken die Erzählungen dennoch erwachsen, obwohl es sich um Jugendromane handelt. Die Autorin hat wirklich ein Talent für jugendliche Erzählungen.

"Etwas Wertvolleres gibt es für einen Magier nicht. Egal, ob die magischen Kräfte angeboren sind, egal, für wie gut du dich hältst - kein Magier sollte je aufhören zu lernen. Magie in den Händen von jemanden, der nicht lernt und nicht weiß, was er tut - das ist wirklich gefährlich."

(Angelique Squerr zu Seth, Seite 137)

Die Autorin beweist nicht nur erzählerisch Humor, sondern auch bei der Namensgebung der Gäste; das ist mir schon beim ersten Blick auf den Gästebucheintrag aufgefallen ... Professorin Papperspuk? Gloria Trottelbohne? Dunster-Dunstable? Fischadler? Zinnkrug? Urkomisch mischt die Autorin diese Namen mit humorvollen Dialogen, die einfach Spaß machen, gelesen zu werden. Besonders Inspektor Zinnkrug hat es mir angetan; sein Sarkasmus ist unübertroffen, vor allem in dieser ernsthaften Lage, bei der ein Mord begangen wurde. Sehr erfrischend!

"(...) Ich habe die eindeutige Tatsache nachgewiesen, dass er der Einzige ist, der die Gelegenheit hatte, das tödliche Gift Dr. Thallomius' Essen unterzumischen", erklärte Fischadler.
"(...) Exzellente Arbeit, Mr. Fischstäbchen. Ich schreibe das in meinen Bericht. Niemand anderes hätte das Gift verabreichen können, nicht wahr? Ein höchst faszinierender Fall. Dann sollten wir diesen Küchenjungen mal hereinbitten. Diesen Killer-Küchenjungen. Also, Ich bin bereit, diesen Superschurken kennenzulernen."

(Gregor Fischadler und Inspektor Zinnkrug, Seite 88/89)

Plötzlich spricht die Katze mit ihm ... sehr eigenartig. Als ob die magischen Gäste alles Magie wiedererwecken würden. Und eine Hilfe ist die Katze nicht wirklich - sie ist andauernd nur am Schlafen und tut aber so als ob sie wie Seth ermitteln würde. Die Übergänge mancher Handlungen sind nicht ganz flüssig; ich bin dann nicht bildlich mitgekommen. Das war dann wie, wenn jemand das Thema wechselt. Es passte nicht so ganz zueinander.

"Bei meinen Schnurrhaaren", sagte Nachtschatten. "Natürlich warst du es nicht. Und jetzt willst du etwas Beweise gegen dich selbst finden? Tolle Idee. Was dagegen, wenn ich nicht mitkomme?"

(Katze Nachtschatten zu Seth, Seite 118)

Es tauchen für mich auch einige Fragen auf: Wieso zeigt Seth dem Inspektor nicht das schwarze Notizbuch? Was soll das? Auch Fragen wegen Unlogik tauchen gegenüber den Gästen auf, die ich aus Spoilergründen nicht aufschreiben darf. Es fehlt aber an manchen Gedankengängen und Handlungen eindeutig Logik! Vor allem Seths Gedankengänge konnte mir die Autorin nicht immer logisch rüberbringen. Von einer Sekunde zur Nächsten bekommt er bahnbrechende Erkenntnisse (was für welche kann ich auch hier aus Spoilergründen nicht niederschrieben), ohne dass ich sie nachvollziehen konnte. Auch das Ende wartet mit etwas weniger Logik auf: Miss Squerr und der Inspektor bleiben Zuschauer vom Showdown, während Seth die Schuldigen jagd und aufhält ... was für ein Blödsinn!!!

"Zeig mir einen begabten Magier, und ich zeige dir einen Magier mit Geheimnissen. Manchmal entsteht Größe erst dadurch, dass man in jungen Jahren den falschen Weg gegangen ist."

(Inspektor Zinnkrug zu Seth, Seite 192)

Trotz dieser großen Kritik hat die Autorin die Charaktere geheimnisvoll gehalten und auch, weshalb sich alle im Hotel befanden. Mit mir als Leserin wurde ein Wirrspiel gespielt, dass mich fast voll im Griff hatte. Für mich als belesene Leserin waren doch manche Dinge vorhersehbar und eine meiner Vermutungen trafen auch zu. Aber bei einigem konnte auch mich die Autorin hinters Licht führen. Gerade für unerfahrene Krimileser ist die Geschichte eine große Überraschung.

" 'Wenn man das Unmögliche ausgeschlossen hat, muss das, was übrig bleibt, die Wahrheit sein, so unwahrscheinlich sie auch erscheinen mag' ", sagte Inspektor Zinnkrug.

(Zitat von Sherlock Holmes, Seite 110/111)



Fazit:
Ich hatte das Buch in einigen Stunden durchgelesen, die 300 Seiten lasen sich fix. Mich hat das Buch - trotz großer Logikkritik - berührt und ich werde auf jeden Fall Band 2 lesen, den es laut Autorin geben soll. Das Ende ist relativ offen gehalten mit seinen Fragen, auch wenn der Mord geklärt wurde.

Eine wunderbar jugendgerechte Erzählung über einen Jungen, der ermittelt. Ein paar Logikfehler, die für einige junge Leser sicher irrelevant sind. Man darf hier nicht ganz so sehr mit dem Kopf dabei sein, dann passt es sehr gut.

"Nichts auf der Welt ist so großartig, so überraschend und wundersam wie das, was du in einem Buch entdecken kannst."

(Angelique Squerr zu Seth, Seite 138)


Ich bedanke mich ganz herzlich beim Vorablese-Team und dem Verlag für das bereitgestellte Exemplar! Das Buch hat mich gut unterhalten und wird einer anderen Leserin nach mir sicher große Freude bereiten.