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Veröffentlicht am 16.12.2020

Nimmt gefangen, erfordert aber Durchhaltevermögen

Das Flüstern der Bäume
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Allgemeines:

Michael Christie, ist in Thunder Bay, Ontario, geboren. Er studierte Psychologie und arbeitete in der Obdachlosenhilfe. Mit Das Flüstern der Bäume legt er seinen zweiten Roman vor, der mehrfach ...

Allgemeines:

Michael Christie, ist in Thunder Bay, Ontario, geboren. Er studierte Psychologie und arbeitete in der Obdachlosenhilfe. Mit Das Flüstern der Bäume legt er seinen zweiten Roman vor, der mehrfach nominiert wurde, u.a. für den bedeutendsten kanadischen Literaturpreis, den Scotiabank Giller Prize.

Das Flüstern der Bäume ist auf Deutsch am 05.Oktober 2020 im Penguin Verlag als Hardcover erschienen und umfasst 559 Seiten.

Inhalt:

„Eine Familie, vier Generationen, schicksalhaft verbunden mit den Wäldern Kanadas

Jacinda Greenwood weiß nichts über ihre väterliche Familie, deren Namen sie trägt. Sie arbeitet als Naturführerin auf Greenwood Island, doch die Namensgleichheit, so glaubt sie, ist reiner Zufall. Bis eines Tages ihr Ex-Verlobter vor ihr steht. Im Gepäck hat er das Tagebuch ihrer Großmutter. Jahresring für Jahresring enthüllt sich für Jacinda endlich ihre Familiengeschichte. Seit Generationen verbindet alle Greenwoods eines: der Wald. Er bietet Auskommen, ist Zuflucht und Grund für Verbrechen und Wunder, Unfälle und Entscheidungen, Opfer und Fehler. Die Folgen all dessen bestimmen nicht nur Jacindas Schicksal, sondern auch die Zukunft unserer Wälder …

Michael Christies grandiose Familiensaga ist großes Kino: farbenprächtig, mitreißend, bewegend!“ (Quelle: Random House)


Meine Meinung:

Das Thema von Das Flüstern der Bäume hat mich sofort interessiert. Auch die guten Kritiken im Feuilleton diverser Zeitungen haben mich neugierig werden lassen. Sehr schnell musste ich aber bemerken, dass dieses Buch sich zwar grundsätzlich gut liest, die Thematik Umweltschutz und Artensterben aber von Maja Lunde in Die Geschichte der Bienen, Die Magie des Wassers oder von Annie Proulx Aus hartem Holz aus meiner Sicht bereits sehr gut oder besser erzählt wird. Selbst der Aufbau des Buches ist den Büchern von Maja Lunde sehr ähnlich, so gibt es verschiedene Zeitebenen wie die Zukunft die Gegenwart und die Vergangenheit.

Aber zurück zum Buch. Beginnend im Jahr 2038 werden wir in eine Welt entführt, die uns zu denken geben sollte. Eine sehr merkwürdige Welt, in der die Realität auf den Kopf gestellt wird. So gibt es Arbeitsbereiche, in denen die Menschen in ihren Rechten stark eingeschränkt werden. Nur wer wirklich viel Geld hat, hat andere Möglichkeiten zu leben. Mich erinnert das sofort an George Orwells „Big Brother is watching you“. In dieser Welt beginnt die Geschichte. Michael Christie führt uns dann über die Jahre 2008, 1974,1934 und 1908 durch die Leben der Mitglieder der Familie Greenwood. Dabei geht es einmal zurück und dann wieder in umgekehrter Reihenfolge in das Jahr 2038. Dieser Aufbau des Buches macht das Lesen wirklich anstrengend. Kaum hat man sich mit einem Familienmitglied in seiner Zeit vertraut gemacht, geht es weiter mit einem anderen, in der Regel dem Vorgänger. Aber man wird komplett in einen neuen Erzählrahmen katapultiert und muss sich wieder neu orientieren. Da alles wirklich gut erzählt wird, geht das einigermaßen zügig, aber selbst mir als Vielleserin ist das oft zu anstrengend. Man ist fast gezwungen, das Buch möglichst ohne Pausen zu lesen, da man sonst schnell die Orientierung verliert und wieder zurückblättern muss. Das schmälert den Lesegenuss sehr.

Die Protagonistin Jake Greenwood lebt in der Zeitebene 2038. Sie führt sogenannte Gruppen von Pilgern an ausgewählte Plätze auf Greenwood Island. Sie darf Ihnen die schönsten Bäume dort zeigen, es ist ihr aber untersagt, auf Umweltschäden und deren Ursachen hinzuweisen. Jake ist auch anderen Beschränkungen unterworfen, die nur angerissen werden, aber beim Lesen ein mulmiges Gefühl hinterlassen. Greenwood Island scheint im Jahr 2038 eine grüne Oase inmitten von Umweltkatastrophen zu sein. Genaueres erfährt man zunächst nicht. Jake ist bewusst, dass ihr Nachname mit dem Namen der Insel korrespondiert, zieht daraus aber keine Rückschlüsse auf ihre Herkunft. Der Leser ahnt schon bald einen Zusammenhang, wie dieser zu sehen ist, entwickelt sich in der weiteren Handlung. Man erfährt nach und nach mehr über Jakes Familiengeschichte, die Insel aber bleibt ein Mythos – oder nicht? Dieses Buch hat auch große Geheimnisse!

Insgesamt wird hier eine mal mehr mal weniger spannende Familiengeschichte in einer schönen Sprache erzählt. Alle Familienmitglieder eint die große Liebe zur Natur, insbesondere zu den Bäumen.

Trotz der Sprünge in den Erzählzeiten ist man von diesem Buch gefesselt, weil man unbedingt wissen will, wie es ausgeht. Die Art und Weise wie Christie schreibt, nimmt einen einfach gefangen.

Fazit:

Ein Buch, das man nur beginnen sollte, wenn man bereit ist, durchzuhalten.

Veröffentlicht am 21.11.2020

Nur ein Buch für zwischendurch

Dornenthron
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Allgemeines:

Dornenthron ist als Auftaktband einer Dilogie im April 2020 bei Knaur Taschenbuch erschienen. Das Taschenbuch hat 432 Seiten und wurde von Boris Koch geschrieben.

Koch hat bereits mehrere ...

Allgemeines:

Dornenthron ist als Auftaktband einer Dilogie im April 2020 bei Knaur Taschenbuch erschienen. Das Taschenbuch hat 432 Seiten und wurde von Boris Koch geschrieben.

Koch hat bereits mehrere Bücher verfasst, für mich ist Dornenthron jedoch der erste Roman von ihm gewesen. Der zweite Teil der Dilogie erscheint im Mai 2021 ebenfalls bei Knaur Taschenbuch.

Inhalt:

„Das Königreich Lathien, einst Teil eines mächtigen Kaiserreichs, wird von Dürre und König Tiban beherrscht, einem grausamen Tyrannen. Die Menschen hungern, Räuberbanden ziehen durch das Land, Kinder werden verstoßen und Rebellion liegt in der Luft.
Ukalion, der illegitime Bastard des Königs, möchte seinen verhassten Vater stürzen und begibt sich in die ehemalige Kaiserstadt Ycena. Einst war sie prunkvoll und voller Leben, nun stehen nur noch von alter Hexerei verseuchte Ruinen – und der alptraumhafte Palast. In ihm soll noch immer die Kaiserstochter schlafen, seit sie vor 600 Jahren vom Zirkel der 13 Zauberinnen in einen ewigen Dornröschenschlaf versetzt wurde. Den Legenden zufolge wird ihr Retter die dreizehn Königreiche wieder vereinen und Kaiser werden.
Auch Tyra, die ehemalige Duftfinderin, hat die Fährte aufgenommen. Sie jagt den rätselhaften Mann, der ihren Sohn entführt hat und allem Anschein nach ein Hexer ist – oder etwas noch Schlimmeres. Welche Pläne hat er mit dem kleinen Jungen? Und Tyras Kind ist nicht das einzige, das er in seine Gewalt bringt …“ (Quelle: Knaur Verlag)

Meine Meinung:

Dornenthron ist ein Buch, dessen Erscheinen ich mit viel Neugierde verfolgt habe. Eine faszinierende Beschreibung, ein spannendes und märchenhaft angehauchtes Setting – das sind Elemente, die mich begeistern könnten. Ich liebe Märchen. Momentan ist es jedoch schwierig, auf der Welle der Neuadaoptionen von Märchen mitzuschwimmen. Wird es Boris Koch gelingen?

Die Neuinterpretation eines Märchens wird versprochen. Eines Märchens, in dem ich bisher tatsächlich eher wenig neues Potential für eine düstere und magische Fassung gesehen habe: Dornröschen. Meine Spannung auf die Umsetzung des Märchens war dadurch nur umso größer.

Koch hat aus den erwähnten Elementen mitnichten ein schlechtes Buch „zusammengestellt“. Man kann Dornenthron lesen. Aber eher zwischendurch. Zumindest, wenn man eine spannende, überraschende und düstere Geschichte mit einer ereignisreichen Handlung erwartet. An manchen Stellen des Romans gelingt Koch diese Umsetzung. Die Umsetzung der versprochenen und beworbenen Elemente.

Aber irgendetwas schwingt bei diesem Roman mit. Etwas, das ihn mir unsympathisch macht und in mir kein Verlangen auslöst, den zweiten Band zu lesen. Ich kann dieses Etwas nur schwer in Worte fassen. Vermutlich trifft der Ausdruck der Langatmigkeit am ehesten das Gefühl, das mich während der Lektüre begleitete. Koch entwirft viele Handlungsstränge und dennoch passiert eine lange Zeit sehr wenig.

Im Fokus stehen die Beweggründe der einzelnen Charaktere, die Prinzessin zu befreien, bzw. die uralte Dornenhecke zu durchqueren. Dadurch entsteht beim Lesen beinahe ein Gefühl von Langeweile. Vor allem, wenn man so gerne vollständig in einer spannenden Märchenwelt versinken möchte, ist es ein großes Hindernis, zu viele Charaktere kennenzulernen. Dadurch ist es mir nicht gelungen, die Welt von Koch in Gänze auf mich wirken zu lassen. Durch Kochs Strategie lernen wir tatsächlich zu viele Charaktere des Buches kennen. Da es so viele sind, fällt es eine lange Zeit schwer, zu entscheiden, welche Charaktere für die Handlung des Buches überhaupt relevant sein werden. Und obwohl wir sie so intensiv begleiten, bleiben sie zum Teil oberflächlich gezeichnet.

Vermutlich hätte Koch einen anderen Fokus setzen sollen, um seine Leser nachhaltiger von seiner Idee zu begeistern. So hallt seine Idee von einem düsteren Dornröschen nicht lange nach und erzeugt in mir nicht den Wunsch, den eher unerwarteten zweiten Band zu lesen. Für mich bleibt Dornenthron in der großen Welt der Märchenadaptionen leider nur ein Buch für zwischendurch.

Fazit:

Ich kann euch Dornenthron nur bedingt empfehlen, da mir das gewisse Etwas fehlt und der Autor in meinen Augen die Handlung aus dem Blick verloren hat.

Veröffentlicht am 01.11.2020

Leb Wohl, Fennbirn!

Der Schwarze Thron 4 - Die Göttin
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Allgemeines:

Bereits im März 2020 ist der vierte und abschließende Band der Reihe Three dark crones bei Penhaligon erschienen.

Der finale Band hat im Deutschen 496 Seiten und trägt den Originaltitel ...

Allgemeines:

Bereits im März 2020 ist der vierte und abschließende Band der Reihe Three dark crones bei Penhaligon erschienen.

Der finale Band hat im Deutschen 496 Seiten und trägt den Originaltitel Five dark fates, der tatsächlich wesentlich besser zum eigentlichen Inhalt des Buches passt.

Hier könnt ihr mehr über die Reihenfolge der einzelnen Titel und die als E-books veröffentlichten Kurzgeschichten erfahren.

Inhalt:

„Der Krieg hat nicht nur die Insel Fennbirn in Schutt und Asche gelegt, sondern auch ihre drei Königinnen, die Schwestern Mirabella, Katherine und Arsinoe, vor schreckliche Herausforderungen gestellt. Auf Arsinoe lastet ein Fluch, und dennoch muss sie alles geben, um den bedrohlichen Nebel aufzuhalten, der die Insel zu verschlingen droht und ihrer aller Ende bedeuten würde. Derweil ist Mirabella aufgebrochen, um unter dem Banner des Friedens an den Hof von Königin Katharine zu ziehen. Diese sehnt sich insgeheim nach der Bindung, die ihre beiden Schwestern vereint, gleichzeitig will sie dem Waffenstillstand keinesfalls zustimmen. Doch nur, wenn die drei Schwestern zusammenstehen, können sie das Geheimnis ihrer blutrünstigen Göttin lüften – und dabei werden Feinde zu Freunden, Freunde zu Feinden und Königinnen zu Legenden.“ (Quelle: Penguin Random House Verlagsgruppe)

Meine Meinung:

Kennt ihr dieses Gefühl, wenn eine sehr gute Reihe zu Ende ist und ihr nicht wisst, wie ihr das finden sollt? Genauso ergeht es mir seit langem mit dem vierten und letzten Teil dieser Reihe.

Three dark crones hat mich nun schon eine Weile begleitet. Immer wieder hat die Insel Fennbirn mich in ihren Nebelbann gezogen und jedes Mal fiel es mir schwer, aus diesem Bann wieder herauszukommen. Im vorliegenden Abschluss der Reihe schwindet der Nebel langsam – aber so richtig verabschieden möchte ich mich noch nicht von Fennbirn.

Einerseits liegt das an Kendare Blakes Fähigkeiten. An ihrem Schreibstil und ihrem Geschick, die Fäden ihrer Geschichte komplex miteinander zu verknüpfen und fast alle Erzählstränge befriedigend aufzulösen. Andererseits liegt es aber auch an Blakes schonungslosem Vorgehen. Obwohl es ihr gelungen ist, dass man beinahe alle Charaktere auf irgendeine Art und Weise ins Herz geschlossen hat, geht sie mit eurem Leserherzen gnadenlos um. Nicht nur der Abschluss der Reihe, sondern auch die Handlung des Buches wird euch den ein oder anderen Charakter entreißen. Und das teilweise unerwartet und schockierend. Mehr werde ich euch dazu nicht verraten.

Der finale Band wird ebenfalls aus der Sicht der Schwestern, bzw. Königinnen erzählt. Magie, Grausamkeiten, Intrigen, aber auch Liebe finden sich in ihren Erzählperspektiven auf ganz unterschiedliche Weise wieder. Licht fällt auf neue Facetten ihrer Beziehungen untereinander. Die toten Königinnen begehren auf, werden stärker und wollen mehr. Die Frage danach, wer Katharine wirklich ist, wird beherrschender und bringt eine Protagonistin zutage, die mir zum ersten Mal fast sympathisch ist. Aber auch Arsinoes und Mirabellas Perspektiven werden um interessante Aspekte erweitert. Jules und Emilia spielen dabei auch immer stärker werdende Rollen. Blake verzichtet jedoch erneut darauf, die Geschehnisse der letzten drei Teile nachzuerzählen und wirft ihre Leser direkt in die Handlung der Geschichte. Vielen Dank für diese Vorgehensweise!

Und dann kommt das traurige, ja tragische Ende. Das Ende, das sich einerseits falsch und andererseits richtig anfühlt. Das so viel Hoffnung auf mehr macht und gleichzeitig endgültig zu sein scheint. So viele unterschiedliche Gefühle, die erzeugt und zunichte gemacht werden. Wenn man ein Ende so beschreiben kann, dann ist es ein verdammt gutes Ende. Trotzdem hoffe ich nach wie vor. Auf eine weitere Geschichte, einen Roman, vielleicht mit anderen Charakteren, vielleicht in der Zukunft? Vermutlich würde Blake damit viele Leser sehr glücklich machen. Ich würde dieses Buch gerne verschlingen und erneut im Nebel von Fennbirn versinken.

Fazit:

Ein gelungener Abschluss einer brillanten, magischen und düsteren Fantasyreihe, der gleichzeitig so viel Lust auf mehr macht.

Veröffentlicht am 25.10.2020

Eine Einladung zum Träumen

Der Palast im Himmel
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Allgemeines:

Der Palast im Himmel ist neu aufgelegt worden. Am 03.08.2020 ist der offizielle zweite Teil der Howl-Saga bei Knaur Taschenbuch erschienen.

Optisch passt er wundervoll zu den bisher bereits ...

Allgemeines:

Der Palast im Himmel ist neu aufgelegt worden. Am 03.08.2020 ist der offizielle zweite Teil der Howl-Saga bei Knaur Taschenbuch erschienen.

Optisch passt er wundervoll zu den bisher bereits neu aufgelegten Werken der Autorin Diana Wynne Jones.

Knaur hat es sich zur Aufgabe gemacht, Diana Wynne Jones‘ Werke in neuem Gewand wieder in den Fokus der Fantasyliebhaber zu rücken.

Meine Rezension zum ersten Teil der Howl-Saga findet ihr hier. Unbedingt vorher lesen! Der zweite Teil der Reihe hat 272 Seiten und ist bereits unter dem Titel Ziemlich viele Prinzessinnen auf Deutsch erschienen.

Inhalt:

„In seinen Tagträumen ist der junge Teppichhändler Abdullah ein Prinz aus einem fernen Land. Ganz im Gegensatz zu seinem Alltag am Rand eines großen Bazars, mit der buckligen Verwandtschaft der ersten Frau seines Vaters, die ihn so schnell wie möglich mit mindestens einer Frau verheiraten will. Doch eines Tages kommt ein Fremder an Abdullahs Stand und verkauft ihm einen zerschlissenen alten Teppich mit angeblich besonderen Fähigkeiten. Und plötzlich befindet sich Abdullah mitten in seinen Träumen. In einem prächtigen Garten trifft er die wunderschöne und kluge Prinzessin Blume-in-der-Nacht, in die er sich augenblicklich unsterblich verliebt. Aber Abdullahs Schicksal meint es nicht gut mit ihm. Kurz nachdem er sie kennengelernt hat, wird Blume-in-der-Nacht von einem miesen Djinn entführt. Aber Abdullah weiß, was er will, und mithilfe seines zänkischen, magischen Teppichs und ein paar anderen schrägen Gestalten macht er sich auf, Blume-in-der-Nacht aus dem Palast des Djinns zu befreien …“ (Quelle: Knaur Taschenbuch)

Meine Meinung:

Wo fange ich nur an?

Ich bin in dieser Geschichte versunken. Von mir aus hätte sie ewig so weitergehen können.

Obwohl es sich um ein weniger dickes Buch handelt, obwohl es nicht so viele Seiten hat, wie andere Geschichten, war die Reise durch das Buch eine sehr lange Reise. Das liegt an Diana Wynne Jones unglaublichem Erzähltalent. Ihr gelingt es bereits nach wenigen Seiten, ihre Leser in eine magische und fantastische Welt voller Orient, Djinnis und Wunderlampen eintauchen zu lassen. Und das so unangestrengt und selbstverständlich, dass man kaum bemerkt, dass man noch im heimischen Wohnzimmer oder auf dem Balkon sitzt und liest. Ich konnte den Bazar beinahe riechen, schmecken und sehen. Jones erschafft ein orientalisches Märchen voller besonderer Momente, Witz und Spannung. Ein Märchen, eine Reise und eine Suche nach dem, was unser Protagonist von ganzem Herzen herbeisehnt.

Protagonist Abdullah ist ein Tollpatsch. Man könnte ihn als den Junggesellen bezeichnen, der in einer Familie niemals heiraten wird. Er wird niemals ein großes Geschäft führen oder erfolgreich im Leben sein. Aber das muss er auch gar nicht. Er ist nämlich genau der, der sein soll. Und das ist auch gut so. Trotzdem wird er zum Helden, zum Prinzen der Geschichte. Seine Suche nach Blume-in-der-Nacht mutet nicht nur wie ein Märchen an, in meinen Augen ist es auch eines. Charakteristische Merkmale durchziehen den Roman und bilden so insgesamt eine Geschichte für echte Märchenliebhaber, die sich beinahe wie ein altes Volksmärchen liest. Sprachlich unterscheidet sich der Roman insofern vom ersten Teil, als dass er viele Merkmale aufweist, die Abdullas Kultur und seine blumige Sprache mit sich bringen.

Ihr werdet, wenn auch etwas später als gedacht, auf einige Charaktere aus dem ersten Teil treffen. Und das tatsächlich zunächst völlig ahnungslos und unerwartet. Die Verknüpfung der beiden Romane geschieht so geschickt, dass man sie zunächst gar nicht bemerkt. Viele neue Charaktere begegnen euch ebenfalls. Jones erschafft gerne eigenwillige Charaktere wie beispielsweise den eitlen fliegenden Teppich. Und auch den Djinns verleiht sie Eigenschaften, die ihr so vermutlich nicht erwarten würdet. Ihre Charaktere wachsen einem mit ihren Eigenheiten direkt ans Herz.

Im März 2021 erscheint mit Das Haus der tausend Räume der dritte Teil der Howl-Saga. Ich für meinen Teil kann das Erscheinen kaum erwarten!

Fazit:

Eine wundervoll magische Geschichte, die euch gemeinsam mit den Hauptfiguren träumen lässt.

Veröffentlicht am 25.10.2020

Für Fans von Charles Dickens ein Muss

Die unglaubliche Flucht des Uriah Heep
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Allgemeines:

Die unglaubliche Flucht des Uriah Heep ist am 13. April 2020 als Paperback im Heyne Verlag erschienen. Das Buch hat 608 Seiten.

Es handelt sich um den Debütroman der englischsprachigen Autorin ...

Allgemeines:

Die unglaubliche Flucht des Uriah Heep ist am 13. April 2020 als Paperback im Heyne Verlag erschienen. Das Buch hat 608 Seiten.

Es handelt sich um den Debütroman der englischsprachigen Autorin H. G. Parry. Aus dem Amerikanischen wurde das Buch von Michael Pfingstl übersetzt.

Inhalt:

„Schon sein ganzes Leben lang hat der ebenso liebenswerte wie chaotische Literaturdozent Charley Sutherland versucht, seine einzigartige Begabung vor der Welt zu verbergen: Er kann Figuren aus Büchern zum Leben erwecken! Das ist toll, wenn es sich dabei um Pu den Bären handelt, und kompliziert, wenn plötzlich der Hund der Baskervilles in deinem Vorgarten sitzt. Nur Charleys Bruder Rob weiß von seiner Gabe. Deshalb läuten bei dem etwas biederen Anwalt auch sämtliche Alarmglocken, als er eines Nachts einen Anruf von Charley erhält und dieser ihm gesteht, er habe Uriah Heep, den Schurken aus Charles Dickens’ Meisterwerk »David Copperfield«, freigelassen. Und der hat nichts Geringeres im Sinn als das Ende der Welt. Gemeinsam versuchen Charley und Rob, Uriah zurück in den Roman zu verbannen, bevor er größeres Unheil anrichten kann. Doch dabei stoßen sie auf ein dunkles Geheimnis …“ (Quelle: Penguin Random House Verlagsgruppe)

Meine Meinung:

Ihr wisst, dass ich bei Büchern über Bücher stets schwach werde. Das gilt nicht für alle, sondern nur für diejenigen, die eine gewisse Qualität versprechen. Ein weiteres Kriterium ist für mich, dass es nicht einfach nur um das Hineinfallen in literarische Welten oder das Hinauslesen von Charakteren geht. Bei Uriah Heep war ich mir deshalb im Vorfeld nicht ganz sicher, da es doch offensichtlich um Charaktere aus bekannten literarischen Werken gehen sollte… Irgendeinen anziehenden Sog hatte der Roman jedoch anscheinend, denn es führte kein Weg an der Lektüre vorbei…

Natürlich ist die Idee, Figuren aus Büchern herbeilesen zu können, nichts Neues. Selbst in Kinder- und Jugendromanen kennen die meisten Leser und Leserinnen diese spätestens seit sie Tintenherz gelesen haben. Parry gelingt es jedoch, dieser Fähigkeit etwas Frisches und Unerwartetes zu verleihen. Sie überrascht und begeistert mit ihrem Debütroman. Ihre Geschichte ist an vielen Stellen sehr humoristisch ohne abgedroschen zu wirken. Lesen wird hier gefährlich. Genau so, wie die Warnung auf dem Buchrücken es bereits verspricht.

An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass diejenigen unter euch, die sich gut mit den Charakteren von Charles Dickens auskennen, in diesem Roman einen kleinen Vorteil haben werden. Ich zähle mich nicht zu diesen Personen und habe vermutlich nicht jeden Hinweis oder jede Pointe verstanden, da viele von Dickens entworfene Charaktere eine Rolle in der Geschichte spielen. Ihr begegnet aber auch Heathcliff (aus Sturmhöhe), trefft auf gleich fünf Mr. Darcys (aus Stolz und Vorurteil), stoßt auf die Weiße Hexe (aus Die Eiskönigin), auf Mathilda, auf Dorian Gray, Sherlock Holmes und so man anderen Romanhelden. Eine Grundvoraussetzung, um diesen Roman zu lesen, ist also die Begeisterung für Literatur an sich.

Parry entwickelt eine Geschichte, die von Spannung und Plottwists durchdrungen ist. Sie spielt in unserer Welt, zum Teil jedoch auch in einer von der Fantasie durchdrungenen ganz anderen Welt. Dabei steuert der Roman auf ein Ende zu, das rückblickend naheliegend wirkt, während des Lesens jedoch mitnichten erwartbar war. Dabei verknüpft Parry geschickt literarische Elemente mit einer klassischen Familiengeschichte. Zusammenhalt, Neid, Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten innerhalb einer scheinbar ganz normalen Familie werden thematisiert.

Fazit:

Ein fantastisches Abenteuer, in dem Lesern, die sich in der literarischen Welt auskennen, die ein oder andere bekannte Figur über den Weg läuft. Und das ganz ohne von faden Beigeschmack. Fans von Charles Dickens kommen mit Sicherheit auf ihre Kosten!