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Veröffentlicht am 20.08.2022

Pass auf, was du dir wünschst

Der Junge, der die Welt verschwinden ließ
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Harrison ist ein braves Kind. Er teilt mit seiner kleinen Schwester, ist ehrlich, und das selbst bei Brettspielen. Nur seine Wutanfälle kann er einfach nicht richtig kontrollieren. Bei der Geburtstagsfeier ...

Harrison ist ein braves Kind. Er teilt mit seiner kleinen Schwester, ist ehrlich, und das selbst bei Brettspielen. Nur seine Wutanfälle kann er einfach nicht richtig kontrollieren. Bei der Geburtstagsfeier seines Schulkollegen erhält er aus diesem Grund statt eines normalen Ballons ein Schwarzes Loch. Dort lässt er daraufhin alles hineinfallen, was er nicht mag, wie Brokkoli oder Hausaufgaben. Leider verschwinden in diesem Schwarzen Loch schließlich aber auch Dinge, die er sehr gerne mag. Doch wie soll Harrison sie nun wieder herausbekommen?
Das Cover zeigt den Protagonisten, der am blauen Sternenhimmel mit seinem „Ballon“ an einer Schnur über Hausdächer schwebt. Dieses wunderschöne Bild und weitere Illustrationen im Innern des Buches stammen von Daniela Jaglenka Terrazzini. Jedes Kapitel wird mit einer Zeichnung des Jungen und seinem Schwarzen Loch eingeleitet. Im Nachwort gibt einen Hinweis auf die Lehren, die jeder aus diesem Buch ziehen kann und ein wissenschaftlicher Teil erklärt kurz, worum es sich bei einem Schwarzen Loch überhaupt handelt. Das fantastische Abenteuer wurde von Leena Flegler aus dem Englischen übersetzt.
Das Buch eignet sich für Kinder ab der 2. oder 3. Klasse zum Selber- oder aber Vorlesen, auch für jüngere Kinder. Auch so mancher Erwachsene wird seine Freude an der Geschichte haben, denn es mangelt nicht an britischem Humor und manchen Hinweisen, die einen auch erfreuen, selbst wenn man kein Kind mehr ist.
Der Ich-Erzähler spricht die Leser direkt an, und nimmt sie dadurch gleich mitten hinein in die Handlung, die trotz des fantastischen Aspekts doch recht nachvollziehbar bleibt. Auch die Charaktere und Dialoge sind sympathisch und lebensnah.
Das wunderschöne Buch ist nicht nur Lesern zu empfehlen, die schnell wütend werden oder solchen, die sich mutiger zeigen sollten, sondern eigentlich jedem, der sich noch ein bisschen Fantasie erhalten hat.

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  • Handlung
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Veröffentlicht am 20.08.2022

Der Faden der Adriane

Mörderische Masche
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In Bökersbrück in der Lübecker Heide, wo eigentlich nie etwas passiert, wird Maike plötzlich von einem Stier getötet. Ihr verzweifelter Mann Henri steht daher nicht nur allein da, sondern muss sich auch ...

In Bökersbrück in der Lübecker Heide, wo eigentlich nie etwas passiert, wird Maike plötzlich von einem Stier getötet. Ihr verzweifelter Mann Henri steht daher nicht nur allein da, sondern muss sich auch noch um den Verkauf von Maikes Handarbeitsladen kümmern. Edda, die einzige Angestellte von „Nähschiff und Nadelflotte“, will ihn allerdings unbedingt davon abbringen. Und es gelingt ihr sogar und „Häkel-Henri“ arbeitet im Laden mit. Bald merkt er, dass der Häkelclub nicht nur mit Handarbeiten beschäftigt ist, sondern sich auch ums Aufdecken übler Geschäfte kümmert. Mit der Zeit stellt sich sogar heraus, dass auch Maikes Unfall gar keiner war …
Die Filethäkelei auf dem Cover beinhaltet zwar sogar einige Totenköpfe, nimmt durch seine Feinheit aber auch etwas vom Schrecken der blutroten Lettern des Titels weg. Die Kapitel sind mit aussagekräftigen Titeln versehen und haben eine angenehme Länge. Am Ende des Buches gibt es eine detaillierte Anleitung für einen einfachen Schal. Der Schreibstil ist einfach, die Dialoge sind lebhaft.
Die detaillierten Beschreibungen übermitteln ein gutes Bild des Ortes und lassen einen sofort in die Geschichte eintauchen. Vom schrulligen Kneipenwirt über die geschäftige Bürgermeistersgattin - die Charaktere sind durchwegs authentisch gezeichnet und durch ihre Spitznamen, Eigenheiten und Geheimnisse außerdem recht gut unterscheidbar. Auch die Handlung selbst ist sehr realistisch gehalten.
Wer einen richtigen Krimi hinter dem Werk erwartet, wird sicherlich enttäuscht werden. Wer sich allerdings auf eine ruhige Handlung einlässt, den wird dieses Buch begeistern. Die kleinen Nebenhandlungen und vor allem die humorvollen Zwischentöne lassen einen richtig liebenswerten Wohlfühlkrimi entstehen. Dennoch beinhaltet das Buch auch ernstere Themen, schließlich ist Henri gerade erst Witwer geworden. Wie er seine Trauer bewältigt oder wie andere Handelnde ihre Probleme lösen, fließt nämlich ebenso in die Geschichte ein
Der Reiz der Geschichte liegt in seiner Unaufgeregtheit, in den kleinen Geschichten hinter der Handlung, in der Betonung des Lokalkolorits und in den offensichtlichen – oder auch geheimen - Charakterzügen der Protagonisten. Zur Entspannung und als Auflockerung beschert dieses Buch nicht nur Handarbeitsfans viele schöne Stunden ohne großes Blutvergießen.

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Veröffentlicht am 07.08.2022

Wellen, die über Kieselsteine rollen

Lesereise Ligurien
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Die Küste Liguriens ist reich an Klippen und durch die Berge für die Bewohner keine Gegend, die ein Bewirtschaftung leicht machen. Dennoch schafften und schaffen es die Menschen, in dieser schönen Umgebung ...

Die Küste Liguriens ist reich an Klippen und durch die Berge für die Bewohner keine Gegend, die ein Bewirtschaftung leicht machen. Dennoch schafften und schaffen es die Menschen, in dieser schönen Umgebung zu leben. Die Autorin führt in dieser Lesereise durch die Hauptstadt und andere Orte der Region und lüftet einige Geheimnisse, die einem Touristen sonst verborgen blieben.
Bei den Lesereisen aus dem Picus Verlag handelt sich nicht um gewöhnliche Reiseführer mit Fotos, Kartenausschnitten und Informationen in eigens dafür vorgesehenen Rubriken. In diesen auserlesenen Büchern geben ortskundige Autoren ihre ganz persönlichen Erlebnisse ihrer Lieblingsorte ans interessierte Publikum weiter. Dadurch ist eine Reisevorbereitung ebenso möglich wie eine Reise im Kopf, bei der man bequem zu Hause bleiben kann.
Der Schutzumschlag zeigt ein farbenfrohes Dorf der Cinque Terre, darunter verbirgt sich ein hochwertiger Hardcover-Büchlein mit siebzehn informativen Kapiteln. Die aussagekräftigen Überschriften werden durch die Untertitel noch weiter erklärt, wodurch das Publikum sofort erfahren kann, auf welches Thema man sich freuen kann.
Die Autorin beschreibt in angenehmem Schreibstil Wanderwege, kulinarische Höhepunkte und gibt Hinweise auf magische Geister- und Spukgeschichten. Weitere Tipps beziehen sich auf Veranstaltungen, die an bestimmte Jahres- oder Tageszeiten gebunden sind. Zusätzlich verweist die Autorin auf Künstler, die in ihren Werken ihr Heimatgefühl verarbeitet haben.
Diese feine Kulturreise verdient daher eine absolute Leseempfehlung – nicht nur für Italienliebhaber.

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Veröffentlicht am 05.08.2022

Politisch korrekt?

Die Cellistin
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Der einst reichste Russe Wiktor Orlow wird in seinem Exil in London mit einem tödlichen Nervengift getötet. Dabei wollte er in England ein ruhiges Leben fernab der Kleptokraten des Kremls führen. Eine ...

Der einst reichste Russe Wiktor Orlow wird in seinem Exil in London mit einem tödlichen Nervengift getötet. Dabei wollte er in England ein ruhiges Leben fernab der Kleptokraten des Kremls führen. Eine verdächtige Person ist schnell gefunden, doch Gabriel Allon sieht mehr als einen simplen Mord dahinter und will den Fall restlos aufklären. Die Spuren führen quer durch Europa und bringen den fähigen Mann selbst in Gefahr.
Das Cover zeigt das Bild der St. Paul's Cathedral in London, der Stadt, in welcher die Geschichte ihren Anfang nimmt. Die fünf Teile des Romans sind mit Begriffen aus der Musikwelt bezeichnet und verweisen damit auf eine der Protagonistinnen, auf die Cellistin. Die Überschriften der Kapitel sind jeweils mit dem Ort des Geschehens angegeben. Am Beginn des Buches befindet sich zur besseren Orientierung – wohl vor allem für Leser des amerikanischen Originals - eine Skizze der Schweiz und der angrenzenden Staaten.
Die Geschichte startet im Jahr 2020 und der Autor bezieht auch die Corona-Pandemie sowie die damit zusammenhängenden Maßnahmen in die Handlung ein. In den Anmerkungen am Ende des Thrillers betont der Autor, dass die Geschichte rein fiktiv und eine Ähnlichkeit mit lebenden Personen zufällig sei. Dennoch werden zum Beispiel die Präsidenten in Washington und Moskau dezidiert erwähnt und so ein Bezug zur aktuellen Weltlage hergestellt.
Die Schnitzeljagd durch Europa könnte ein recht spannender Spionagethriller sein. Geheimdienste verschiedener Länder, Under-Cover-Agenten, Auftragskiller und Investigativ Journalisten treten auf, Bankgeschäfte wie Geldwäsche und Spiegelgeschäfte werden behandelt. Und doch weist die Geschichte einige Längen auf, die nicht nur durch das ständige Betonen der Covid-Situation verursacht werden. So spannend und gefährlich man sich das Leben der Leute im Geheimdienst auch vorstellen mag, die Wandlung der titelgebenden Cellistin von der Bankerin zur abgebrühten Topagentin wirkt nicht sehr überzeugend, vor allem weil ihr Motiv dazu bis zum Ende unklar bleibt.
So wertvoll funktionierende Demokratien auch sind, das ständige Betonen ihrer Wichtigkeit wird vom Autor aufs Äußerste gereizt und bleibt schließlich beim Klischee von bösem Russen hängen. Einzig die USA, Israel und einige wenige europäische Länder scheinen die Wahrheit und Unfehlbarkeit für sich gepachtet zu haben. Etwas mehr Reflexion und weniger Pauschalisierungen hätten dem Buch sicher gutgetan. Eigentlich schade um die vielen Seiten, die durchaus auch besser unterhalten hätten können.

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Veröffentlicht am 05.08.2022

Auf den Spuren des Vaters

Was ich nie gesagt habe (Die Gretchen-Reihe 2)
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Tom Monderaths Vater ist schon vor etlichen Jahren gestorben, seine Mutter Greta dement und er selbst derzeit glücklich verliebt. Als er durch Zufall erfährt, dass er neben einem Halbbruder sogar noch ...

Tom Monderaths Vater ist schon vor etlichen Jahren gestorben, seine Mutter Greta dement und er selbst derzeit glücklich verliebt. Als er durch Zufall erfährt, dass er neben einem Halbbruder sogar noch einige weitere Halbgeschwister hat, beginnt die Suche nach den Hintergründen. Vor allem seine Freundin Jenny und sein Halbbruder Henk versuchen mehr über den umtriebigen Vater Konrad herauszufinden. Dieser geriet als Jugendlicher in amerikanische Gefangenschaft und kam danach nach Heidelberg, wo er sich in Greta verliebt. Ab dieser Zeit beginnt ein Familiengeheimnis, das sich bis in Toms Gegenwart zieht.
Das Cover zeigt die Rückenansicht dreier Personen: einen Mann, der einen kleinen Jungen an seiner Hand hält und etwas abseits eine Frau im karierten Kostüm. Die Kapitel erzählen alternierend die Geschichte Toms und die seines Vaters Konrad. Der Roman ist die Fortsetzung des Buches „Stay away from Gretchen“, kann aber ohne Schwierigkeiten auch ohne Kenntnis des ersten Teils gehört oder gelesen werden.
Das Hörbuch ist 2022 bei Hörbuch Hamburg erschienen und wird von Vera Teltz gelesen. Ganz am Anfang der Geschichte war ihre Stimme etwas gewöhnungsbedürftig für mich, was sich aber sehr schnell legte. Die Sprecherin trifft wirklich immer den richtigen Ton. Egal, ob es sich um gefühlvolle oder ernste Passagen handelt, ob sie Sätze in Kölsch wiedergibt und dabei trockenen Humor in ihren Unterton legt, die Sprecherin schafft es durchgehend großartig, das Publikum vollkommen in ihren Bann und damit mitten in den Sog der spannenden Handlung zu ziehen.
Die Autorin verpackt die Geschichte in lebhafte Dialoge und lässt mit den detaillierten Beschreibungen richtige Bilder entstehen. Die Auflösung der verzwickten Familienverhältnisse ist sicher recht interessant, sehr viel mitreißender sind aber die Rückblenden ins Leben von Toms Vater. Ob es um die gut recherchierte Darstellung der Lebenssituation zur Zeit des zweiten Weltkriegs geht, um die Maßnahmen der NS-Ideologie, die sich in alle Lebensbereiche drängten oder um deren schrecklichen Umgang mit Behinderten als Untersuchungsobjekte, das Buch spricht vielfältige Themen an. Auf die Nachkriegszeit bezogen wird vor allem die Geschlechterrolle und das Eheleben beleuchtet, sowie damit zusammenhängende Komplikationen, so werden auch Reproduktionsmedizin oder Verhütung angesprochen. Der Sprachstil ist größtenteils an die damalige Zeit angenähert ohne aber aufgesetzt zu wirken.
Die Charaktere sind authentisch und deren Handlungen nachvollziehbar. Die Geschichte selbst, so unglaublich sie mit der Anzahl an Halbgeschwistern auch wirken mag, hat in der Realität tatsächlich einige Vorbilder, was sie noch um einiges interessanter macht.

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