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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.05.2018

Nette Story

Miss Gladys und ihr Astronaut
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Ein fehlgeleiteter Anruf stellt Kontakt her zwischen Gladys, dement und derzeit zuständig für ihre zwei Enkel, und Thomas, der sich auf einer Mission ohne Rückkehr in Richtung Mars befindet. Während besonders ...

Ein fehlgeleiteter Anruf stellt Kontakt her zwischen Gladys, dement und derzeit zuständig für ihre zwei Enkel, und Thomas, der sich auf einer Mission ohne Rückkehr in Richtung Mars befindet. Während besonders er zunächst wenig Interesse daran hat, diese Bekanntschaft fortzuführen, wird er Gladys‘ Familie dann aber doch nicht so richtig wieder los und sieht sich schließlich in die familiären Dramen hineingezogen.

Mit Mobbing, Demenz, Fehlgeburt, Armut und Stigmatisierung spricht „Miss Gladys und ihr Astronaut“ eine ganze Menge harter Themen an und immer wieder war ich mir nicht so ganz sicher, ob es dem Buch gelingt, das in angemessener Weise zu tun. Ich finde einfach, dass diese wirklich wichtigen Aspekte nicht klamaukig in Szene gesetzt werden sollten, aber das ist sicherlich Geschmacksache – und ganz klar, das Buch ist nicht überwiegend albern, es ließ mich nur an einigen Stellen überlegen, ob ich die geschilderten Situationen gerade passend finde.

Vieles an diesem Buch hat mir sehr gut gefallen, die Idee an sich beispielsweise und die Hintergrundgeschichte des Astronauten. In dem Zusammenhang muss ich übrigens erwähnen: Die Frage aufzuwerfen, ob Luke wohl „die Death Star“ am Ende gesprengt hat oder nicht, lässt mich doch arg an den popkulturellen Hintergründen des Übersetzers oder der Übersetzerin zweifeln. Ganz im Ernst, Star Wars sollte man da gut genug kennen, und wenn man das nicht tut, dann wäre dieser Job ein geeigneter Zeitpunkt gewesen, sich wenigstens einmal den Wikipedia-Artikel durchzulesen.

Ein weiterer, kleinerer Kritikpunkt ist für mich, dass vieles etwas zu haargenau zusammen passt, beispielsweise, dass der Jüngste der Familie bei einem Wettbewerb exakt die Summe an Geld gewinnen kann, die die Familie benötigt. Bei diesem Aspekt habe ich jedoch beschlossen, ihn als Ironie zu verstehen.

Insgesamt ist „Miss Gladys und ihr Astronaut“ in meinen Augen kein Buch, das man gelesen haben muss, man kann aber. Es schneidet relevante Themen an, die im Alltag der Protagonisten halt einfach so vorkommen, und auch wenn es mir zwischendurch etwas an Ernsthaftigkeit gerade bei diesen Themen mangelte, finde ich ihr Vorkommen in alltäglicher Literatur gut und sinnvoll. Und am Ende gelang es dem Roman sogar, mir mit seiner Auflösung das ein oder andere Tränchen aufs Auge zu drücken.

Veröffentlicht am 23.05.2018

Gesellschaftskritik jenseits meiner Realität

Die Ladenhüterin
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„Dieses langsame Ersterben der Umgebung gefiel mir.“ (S. 32)

Keiko war schon immer anders, das hatte ihre Familie schon vor der Grundschule bemerkt. In ihrem Umfeld stößt das auf wenig Verständnis: Endlich ...

„Dieses langsame Ersterben der Umgebung gefiel mir.“ (S. 32)

Keiko war schon immer anders, das hatte ihre Familie schon vor der Grundschule bemerkt. In ihrem Umfeld stößt das auf wenig Verständnis: Endlich normal werden soll sie, und sich in die Gesellschaft einfügen. Das ist nur schwierig, wenn einem gesellschaftliche Normen so fremd sind…

Mit Keiko ist die Protagonistin dieses Romans eine Figur, die ich wahnsinnig spannend fand, und eigentlich ist sie der Hauptgrund dafür, dass ich ihn überhaupt gelesen habe. Nachdem sie in ihrer schnell feststellt, dass sie am besten durchs Leben kommt, wenn sie so wenig wie möglich sagt, scheint die Entdeckung der Arbeitswelt in dem kleinen Supermarkt, in dem sie als Aushilfe arbeitet, einer Offenbarung gleichzukommen. Im Prinzip hätten damit alle glücklich sein können.

Die Wirklichkeit in Japan sieht aber anscheinend anders aus, und an der Stelle bin ich dann leider aus diesem Roman ausgestiegen. Wieso ist es so ein großes Thema, wie Menschen leben? Wieso ist man nur dann ein vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft, wenn man sich anpasst? Es mag natürlich sein, dass das kein typisch japanisches Phänomen ist, dass die Situation bei uns nicht so viel anders ist und man es bloß nicht bemerkt, wenn man ausreichend angepasst ist. Aber ich kam aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr heraus.

Ich kann gut verstehen, dass dieser Roman in Japan ein voller Erfolg gewesen ist. Ich konnte mit fast allem daraus jedoch einfach nichts anfangen und fand die Figuren um Keiko herum beinahe ohne Ausnahme furchtbar. In seiner Funktion als Gesellschaftskritik möchte ich ihm die Relevanz jedoch nicht absprechen.

Veröffentlicht am 23.05.2018

So unbefriedigend wie das Leben

Die Lichter unter uns
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"Das Meer ist zu schön für mich" (S. 10)

"Die Lichter unter uns" begleitet zwei Familien beim Sizilienurlaub und rückt dabei vor allem zwei in den Fokus: Anna, die den Boden unter sich schwanken spürt ...

"Das Meer ist zu schön für mich" (S. 10)

"Die Lichter unter uns" begleitet zwei Familien beim Sizilienurlaub und rückt dabei vor allem zwei in den Fokus: Anna, die den Boden unter sich schwanken spürt und die sich nach etwas sehnt, das sie nicht greifen kann, und Alexander, der vor sich selbst davon zu laufen scheint und der Anna um ihr Familienleben beneidet.

In diesem Roman wird eine Stimmung transportiert, die ziemlich intensiv ist, und das gelingt auch echt gut. Es ist ein Gefühl von Aussichtslosigkeit und Sehnsucht nach – irgendetwas, das nicht in Worte, das nicht einmal in Gedanken zu fassen ist. Mein Problem damit war nur, dass ich selbst mich mit diesem Gefühl in der Situation nicht identifizieren konnte, was vielleicht auch daran liegt, dass ich von einer eigenen Familie noch weit entfernt bin. Trotzdem würde ich von einem Buch erwarten, dass es in der Lage ist, mich selbst in die Gedankenwelt der Protagonisten zu versetzen, und das ist hier einfach nicht passiert.

"Gleichzeit fürchtete er das Todesurteil, das in einer offiziellen Ablehnung gelegen hätte. Denn so konnte er sich an guten Tagen der Illusion hingeben, dass er eines Tages wie durch ein Wunder plötzlich einen großen Spring machen würde in den Kreis der Auserwählten, dass er lediglich wartete, bis die Zeit und seine Ideen reif waren." (S. 80)

Die Sprache, die an vielen Stellen gelobt wird, kam mir stellenweise aufgesetzt und gewollt vor. Metaphern, die ich eigentlich ganz schön fand, wurden ein kleines bisschen zu lang ausgebreitet; die Sätze schienen manchmal kompliziert zu sein, nur um kompliziert zu sein. Gefallen hingegen haben mir Momente, in denen zwischenmenschliche Komponenten der Beziehungen ihre Entsprechung in der Sprache und Wortwahl fanden.

"Sie streckte die Hand aus und reichte Judith das glatte, verschlossene Päckchen." (S. 139)
"Im Moment stellte sich Zoe Alexanders Seele vor wie ein Kind, das in seinem Zuhause zum ersten Mal Haarrisse an der Decke bemerkte." (S. 141)

„Die Lichter unter uns“ steigt mitten in das Leben der Protagonisten ein und verlässt es ebenso unvermittelt wieder, ohne einen griffigen Abschluss gefunden zu haben. Das macht ihn beinahe so unbefriedigend wie das Leben selbst es ist.

Veröffentlicht am 15.04.2018

Großartig für Neueinsteiger

Gestalte dein Journal mit der Bullet-Methode
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Es war nicht der Titel, der mich bei diesem Buch vom Hocker gerissen hat – „Gestalte dein Journal mit der Bullet-Methode“ gehört ehrlich gesagt zu den Buchtiteln, die ich persönlich als ziemlich wenig ...

Es war nicht der Titel, der mich bei diesem Buch vom Hocker gerissen hat – „Gestalte dein Journal mit der Bullet-Methode“ gehört ehrlich gesagt zu den Buchtiteln, die ich persönlich als ziemlich wenig griffig empfinde, aber darum geht es ja nicht. Und rein optisch macht das Cover auch echt etwas her!

Trotzdem habe ich eine ganze Weile mit mir gerungen, ob ich dieses Buch lesen möchte. Der Grund dafür findet sich bei Pinterest und anderen Seiten: Kann ein Buch mir wirklich noch etwas bieten, ein so eingeschränktes, starres Medium, wenn ich auf die ganze Fülle der Kreativität aller im Internet Aktiven zurück greifen kann?

Für mich am Ende ausschlaggebend war, dass ich gern etwas zum Blättern in der Hand halte, etwas zum Stöbern, das mich vielleicht sogar auf Dinge stößt, die mich auf den ersten Blick nicht direkt ansprechen würden. Denn das geht ein wenig verloren durch die Nutzung von Pinterest: Man baut sich seine eigene Blase aus ähnlichen Vorschlägen und verpasst unter Umständen einiges. Aber konnte dieses Buch mir im Endeffekt nun das bieten, was ich mir erhofft hatte?

Wenn man es genau nimmt, ist „Gestalte dein Journal mit der Bullet-Methode“ vermutlich eher an Anfänger im Bullet Journaling gerichtet, doch auch mir, die ich seit bald zwei Jahren Bullet Journals verwende, waren einige der Hintergründe neu. Das generelle Set-Up hingegen kann man mit etwas Erfahrung gut überspringen, vieles hier habe ich für mich schon ausprobiert und ausgemustert oder ich nutze es eben schon lange.

Die Abschnitte, die darauf folgten, konnten mir da schon deutlich mehr geben. Und auch meine Hoffnung, auf Dinge gestoßen zu werden, die mir sonst entgangen wären, hat sich erfüllt, sodass ich nun einen erneuten Versuch der „Weekly“-Seiten starte.

Allein optisch macht dieses Buch eine Menge her und wird mich sicherlich noch ein, zwei Mal dazu verleiten, durch zu blättern. Man sollte sich allerdings im Klaren darüber sein, dass es im Endeffekt eben nur Hinweise sind, von denen gerade gestandene Bullet-Journal-Nutzer möglicherweise nur einen Bruchteil wirklich hilfreich finden (vor allem, wenn man selbst schon eine Menge ausprobiert hat). Daher finde ich das Buch auf jeden Fall empfehlenswert für Anfänger und auch für erfahrenere Nutzer, die gerne etwas hübsches zum Angucken haben und vielleicht doch noch die ein oder andere Inspiration gebrauchen können.

Veröffentlicht am 11.04.2018

Drei Generationen Liebe und Streit

Die Herzen der Männer
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So unmöglich es dem Leser auch erscheinen mag: Nelson ist mit Leib und Seele Pfadfinder, obwohl niemand der anderen ihm das leicht macht, am allerwenigsten sein Vater. Doch irgendwie fügen sich die Dinge ...

So unmöglich es dem Leser auch erscheinen mag: Nelson ist mit Leib und Seele Pfadfinder, obwohl niemand der anderen ihm das leicht macht, am allerwenigsten sein Vater. Doch irgendwie fügen sich die Dinge und schließlich erleben wir drei Generationen einer Familie, die sich in Nelsons Dunstkreis als Hauptcharaktere dieses Romans durchs Leben schlagen.

Betrachtet man das Cover aus dem ästhetischen Blickwinkel, ist es schon hübsch; schaut man es sich jedoch nach dem Lesen des Romans an, eröffnet es eine ganz neue Tiefe: Nelson, der kleine Junge, der in die Herzen der Männer (und Frauen) sieht. Das gefällt mir ziemlich gut, obwohl ich befürchte, dass ich der Motivwahl damit zu viel Bedeutung beimesse. Aber gerade solche Details sind es, die mir auffallen und die mich begeistern können – und so auch die Geschichte.

An nicht wenigen Stellen ist diese Geschichte nur schwer erträglich. Nelsons Campkameraden springen echt nicht zimperlich mit ihm um, die von ihm ausgesprochene Geburtstagseinladung schreit geradezu danach, in einem demütigenden Ereignis zu münden, wir bekommen kleine Einblicke in Geschichten aus dem Krieg und kommen auch um (Achtung, manche könnten das als Spoiler empfinden) (Achtung, ich hätte an dieser Stelle gern vorher eine Triggerwarnung gehabt) eine Vergewaltigung nicht herum. (Spoiler Ende)
Harter Tobak, meinem Empfinden nach jedenfalls.

Sehr interessant und stellenweise gruselig fand ich die Einblicke in das amerikanische Pfadfindersystem. Dass Homosexualität dort in vielen Fällen nicht einmal stillschweigend geduldet wird, hatte ich spätestens seit der Serie „The New Normal“ im Kopf, doch auch abgesehen davon fällt es mir schwer zu glauben, dass man dort mit einer weltoffenen Einstellung glücklich wird. Es würde mich wirklich interessieren, wie nah das hier geschilderte an der Realität ist.

Insgesamt hat mir „Die Herzen der Männer“ wirklich richtig gut gefallen. Es besitzt eine gesunde Portion Handlung, die mich schlucken ließ, es wird zum Ende hin richtig spannend und ließ mich sogar ein, zwei Tränen vergießen. Und trotzdem bin ich nicht restlos begeistert, ein kleines Fünkchen fehlte mir noch.