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Veröffentlicht am 04.10.2020

KI - Fluch oder Segen?

Die Stimme
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Jo ist selbständige Journalistin und kann sich nach der Trennung von ihrem Mann nur mit Mühe über Wasser halten. So zieht sie zu ihrer besten Freundin Tabitha, die ohnehin ein großzügiges Gästezimmer zur ...

Jo ist selbständige Journalistin und kann sich nach der Trennung von ihrem Mann nur mit Mühe über Wasser halten. So zieht sie zu ihrer besten Freundin Tabitha, die ohnehin ein großzügiges Gästezimmer zur Verfügung hat und überhaupt fast die ganze Wohnung mit einem Smart-Home-System ausstatten hat lassen, was den beiden jungen Frauen ein geselliges und angenehmes Leben ermöglichen soll. Allerdings beantwortet Electra nur in Tabithas Anwesenheit gewissenhaft alle Fragen, während immer dann, wenn Jo alleine daheim ist, die elektrischen Helfer ein sonderbares Eigenleben entwickeln. Plötzlich sprechen die Geräte, ohne gefragt zu werden, verschaffen sich Zugriff zu Jos E-Mailkonto und ihrem WhatsApp-Account und treiben die Journalistin zur Verzweiflung. Passiert das alles wirklich oder bildet sie sich das nur ein? Leidet sie vielleicht an derselben frühen Demenz wie ihr Vater?

In düsterer, graumatschiger, kalter Jänneratmosphäre angesiedelt, zieht sich eine ganz besondere Stimmung durch die gesamte Geschichte. Nicht nur der Winter ist grau, auch Jos Leben ist an einem Tiefpunkt angekommen. Zum Glück gibt es Tabitha, die mit ihrer guten Laune stets zur Stelle ist und für Aufheiterung sorgt. Aber die unerwartete Erinnerung an ein lange zurückliegendes Ereignis durch das schwarzglänzende Gerät namens Electra bringt Jo zum Grübeln. Nach anfänglichen allgemeinen Informationen und eher gemütlich dahinplätschernden Zeilen entwickelt sich allmählich ein Sog, der diesem Thriller schlussendlich seine typische Note aufdrückt. Langsam und allmählich steigert sich die Spannung, sorgt dafür, dass man immer mehr erfahren möchte, in die Vergangen blicken will, ebenso wie aktuelle Rätsel lösen und mitfiebert mit der Protagonistin, bei der man nicht sicher ist, ob ihr nicht doch eine gehörige Portion Phantasie einen üblen Streich spielt.

Geschickt spielt Autor Tremayne mit der Stimmung, die auf allen Ebenen zusammenpasst, beschreibt mit seinen Worten die Unsicherheit, in die Jo mehr und mehr getrieben wird und ihre Verzweiflung, wem sie noch trauen kann. Allerdings hätte ich mir da noch ein wenig mehr gewünscht an Tiefe und Details, was Jos Gefühle betrifft. Ebenso hätte der Spannungsbogen schon früher einsetzen sollen, so sind es nur einzelne Szenen und eher erst die zweite Hälfte, die tatsächlich für einen Psychothriller stehen.

Andererseits wird sehr eindrucksvoll beschrieben, wie Künstliche Intelligenz neben allen Vorzügen durchaus auch zum Problem werden und sich die Tatsache rasch wenden kann, wer nun die Kontrolle übernimmt.

Fazit: ein interessantes Thema, das schlüssig und glaubwürdig umgesetzt wird. „Die Stimme“ lässt wieder ein bisschen vorsichtiger werden mit unseren technischen Möglichkeiten.

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Veröffentlicht am 26.09.2020

Verzweiflung

Schwarz
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Eine junge Frau verschwindet in tiefschwarzer Nacht, eine frustrierte Buchverlegerin sieht nur noch im Mord einen Ausweg und ein kurz vor der Pension stehender Polizist will nichts außer seinen letzten ...

Eine junge Frau verschwindet in tiefschwarzer Nacht, eine frustrierte Buchverlegerin sieht nur noch im Mord einen Ausweg und ein kurz vor der Pension stehender Polizist will nichts außer seinen letzten Fall aufklären. Wie das alles zusammenpasst und ein großes Ganzes ergeben soll? Marc Mrosk liefert dazu einen skurrilen Abriss.

In den ersten Kapiteln stellt der Autor die einzelnen Protagonisten vor. Die Stimmung fühlt sich eher bedrückt, ja düster an. Von Alkohol und Koks ist die Rede, sodass man als Leser nicht immer unterscheiden kann, ob die Szenen echt sind oder nur Traum, ob die Realität mit der Phantasie verschmilzt oder tatsächlich Schlimmes passiert. Auch die Sätze erinnern in ihrem Aufbau an einzelne Gedanken, die rasch hingeschrieben werden, unabhängig voneinander, eine Szene in die andere fließen lassen, ohne Zeit, ohne Raum. Nach den anfänglichen Eindrücken, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die man erst nicht in einen Zusammenhang bringen kann, stellt sich für mich die Verzweiflung als Bindeglied dar, auch wenn der Zufall Regie führt und die drei ursprünglichen Handlungsstränge zu einem ebenso fulminanten wie überraschenden Ende verknüpft.

Mit einem sehr außergewöhnlichen Schreibstil führt Mrosk durch diese doch eher mysteriöse Geschichte, kurz und bündig werden recht nüchtern Tatsachen geschaffen, die Emotionen gedämpft. Leider erfährt man als Leser sehr wenig über die wahren Beweggründe der Personen, welche Vorgeschichten, welche Schicksale zu den eher dramatischen Wendungen führen. Alles bleibt zu stark an der Oberfläche, zeichnet nur ein sehr unzulängliches Bild. Vieles wird nur angedeutet oder bleibt überhaupt im Dunklen. Natürlich ist es spannend, wenn es nicht für jedes Detail eine Lösung gibt, dennoch fehlt am Schluss etwas.

Auch die Figuren selbst bleiben durchwegs stark distanziert, als ob man sie nur durch den Dunst von Alkohol und den Schleier von Drogen beobachten würde. Ihre Handlungen sind für den Außenstehenden unlogisch und nur schwer nachvollziehbar. Selbst der Polizist als Ordnungshüter benimmt sich mehr als stümperhaft. So steht der Leser zwar immer wieder vor Fragen, die die Neugier schüren, aber ein schlüssiges Ergebnis bleibt der Autor am Ende doch schuldig.

So interessant der Klappentext ist, so wenig zufriedenstellend ist das Buch selbst. „Schwarz“ konnte mich leider auf keiner Ebene überzeugen.

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Veröffentlicht am 21.09.2020

Geheimnisvolle Isle of Wight

Spiegelinsel
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Aufgrund einer Haushaltsauflösung – Großmutter Sally zieht in eine nette Altersresidenz – stößt Tessa auf ein zerschlissenes Fotoalbum aus dem 19. Jahrhundert. Auch wenn die Aufnahmen teils verschwommen ...

Aufgrund einer Haushaltsauflösung – Großmutter Sally zieht in eine nette Altersresidenz – stößt Tessa auf ein zerschlissenes Fotoalbum aus dem 19. Jahrhundert. Auch wenn die Aufnahmen teils verschwommen erscheinen, so ist doch Tessas Neugierde geweckt. Wer war diese fortschrittliche Frau auf der Isle of Wight, die sich als eine Pionierin dem Fotografieren verschrieben hat? Gibt es etwa noch andere Bilder, die irgendwo verborgen sind?

Flüssig und sehr angenehm zu lesen, verpackt Margot S. Baumann mit „Spiegelinsel“ wieder viel Lesenswertes in ihren Roman: vergilbte Fotos legen eine Spur auf die Isle of Wight, ein etwas rastloser und kauziger Kurator lehnt jegliche Unterstützung ab und schließlich kommen noch atemberaubend gefährliche Szenen hinzu, während aber auch die Romantik nicht zu kurz kommen darf. Ein Schuss von allem, gut mit historisch belegten Details und lokaler Geschichte verknüpft, serviert die Autorin ein wunderbar stimmiges Bild einer jungen Dame, die einen turbulenten Sommerurlaub verbringt.

Sowohl die Figuren als auch das besondere Flair dieser Insel sind sehr bildhaft und eindrücklich gezeichnet. Stets hat man als Leser das Gefühl, nicht nur von Ferne alles zu beobachten, sondern Teil zu sein dieser aufregenden Tage. Hautnah spürt man Tessas Eifer, mehr über Margaret Sophie Clarke (für die es ein reales Vorbild gibt) herauszufinden, ihr Glücksgefühl auf der zauberhaften Insel, auf der ihr nicht nur eine bunt blühende üppige Vegetation begegnet, sondern auch altehrwürdige Burgen und Schlösser, raue Felsen und eine aufgewühlte See, sowie vom Leben gezeichnete Einwohner. Ob ihr jemand von ihnen weiterhelfen kann, ja vielleicht sogar den Namen der Fotografin kennt?

Spannend und emotional bietet sich dem Leser eine wunderschöne Geschichte mit vielfältigen Facetten, die ohne Kitsch und Peinlichkeiten auskommt, manchmal vielleicht ein wenig überzeichnet, aber im Gesamten doch glaubwürdig und ob der historischen Tatsachen auch noch durchwegs interessant ist. Dazu verrät die Autorin übrigens auch sehr informative Anmerkungen im Anhang.

Kurzum: Ein Buch für unterhaltsame Stunden, das mir ebenso wie „Das Erbe der Bretagne“ ausgesprochen gut gefallen hat.

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Veröffentlicht am 14.09.2020

Einzelgänger trifft Tollpatsch

Herzgeflüster in Sandcastle Bay
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Während Jamie nett und hilfsbereit, aber eher ein Einzelgänger ist, hadert Melody mit ihrer Ungeschicklichkeit, die sie immer wieder dem Gespött anderer aussetzt. Obwohl die beiden ineinander verliebt ...

Während Jamie nett und hilfsbereit, aber eher ein Einzelgänger ist, hadert Melody mit ihrer Ungeschicklichkeit, die sie immer wieder dem Gespött anderer aussetzt. Obwohl die beiden ineinander verliebt sind, können sie nicht über ihre Schatten springen, haben Angst vor Zurückweisung. So kreisen sie ein Jahr lang umeinander herum, bevor sie ein Date vereinbaren.

Durch Rückschläge aus der Vergangenheit vorsichtig geworden, träumen Jamie und Melody zwar von der großen Liebe, wagen jedoch nicht den ersten entscheidenden Schritt. So entwirft Holly Martin ein langwieriges Hin und Her; eine Reihe von Missverständnissen und übertriebene Rücksichtnahme führen zu peinlichen Szenen, die weder spannend noch besonders unterhaltsam sind. Durch die übertrieben dargestellten und sich stets wiederholenden Charakterschwächen, die wohl witzig sein sollen, driftet die Geschichte in eine fade dahindümpelnde Abfolge von Kapiteln ab. Spaß, Witz und Ironie bleiben über große Teile auf der Strecke, ob vom Autor so verfasst oder durch eine unzureichende Übersetzung ungewollt so passiert, ist die Frage.

Die unterschiedlichen Charaktere sind grundsätzlich gut gewählt und passend zueinander in Kontrast gesetzt, auch die wuselige Schar an niedlichen Welpen ist in einer romantischen Liebesgeschichte kaum fehl am Platz. Aber die hölzernen und unglaubwürdigen Dialoge zerstören leider viel an möglicher Spannung und aufkommender Romantik.

Leider kann mich dieses Buch auf verschiedenen Eben nicht überzeugen und gibt den anderen Bänden aus dieser Serie keine Chance.

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Veröffentlicht am 10.09.2020

Voller Energie

Madame Curie und die Kraft zu träumen (Ikonen ihrer Zeit 1)
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Schon als Kind hat Maria „Mania“ Skłodowska einen unbändigen Ehrgeiz, will immer die Beste sein und erfreut sich an polnischen Geschichten in der von Russland besetzten Heimat. Früh muss sie schwere Schicksalsschläge ...

Schon als Kind hat Maria „Mania“ Skłodowska einen unbändigen Ehrgeiz, will immer die Beste sein und erfreut sich an polnischen Geschichten in der von Russland besetzten Heimat. Früh muss sie schwere Schicksalsschläge hinnehmen und oft erst im Nachhinein über deren Hintergründe erfahren. Zeitlebens aber träumt sie vom Lernen, vom Studieren, vom Forschen – und obwohl die Zeichen mehr als schlecht dafür stehen, legt sie all ihre Kraft in eine positive Zukunft. [Geld hin oder her – wir dürfen unsere Träume nicht aufgeben. S.113]

Oktober 1926, auf dem Friedhof in Sceaux bei Paris spricht eine schwarz gekleidete Gestalt von einer Hochzeit. Zwischen Zypressen und Rhododendron, weißen Alpenveilchen und gelben Rosen teilt Marie Skłodowska Curie ihre Gedanken mit ihrem schon vor etlichen Jahren verstorbenen Mann Pierre. Wie der Zufall es will, trifft sie hier auf Menschen, die an ihrer Geschichte interessiert sind, und so verliert sich die erfolgreiche Wissenschaftlerin in Erinnerungen, erzählt in dieser und anderen Szenen aus ihrem Leben und lässt Lebenserfahrung mit früheren Träumen verschmelzen.

Auf diese wunderbare Art und Weise verwebt Susanna Leonard einzelne Lebensabschnitte aus Kindheit, Jugend und Studienzeit mit dem der erwachsenen Marie, beschreibt nicht nur Tatsachen, sondern verknüpft Wehmut und Freude aus dem Jetzt mit längst vergangenen Bildern. Immer schon wollte sie Rätsel lösen, erfahren, welche Krankheit die Mutter langsam hinwegraffte, wissen, wie genau der Strom aussieht. Vom Positivismus beeinflusst, möchte sie nicht nur für sich selbst forschen, sondern auch andere daran teilhaben lassen, das polnische Volk stärken gegen die russische Kontrolle. Und so kämpft sich Marie zeitlebens von einer Aufgabe zur nächsten, welche Stationen sie durchläuft, wird in dieser Romanbiografie wunderbar geschildert.

Einfühlsam und detailliert beschrieben, erlebt man als Leser hautnah mit, welch schwierige Zeiten Marie durchlebt, wie sie Rückschläge auf dem Land bei Verwandten meistert und immer ihrem Motto treu bleibt, dass man niemals aufgeben dürfe. So sieht man in Marie Curie nicht mehr alleine die herausragende Physikerin und Mathematikerin, sondern auch die starke Frau, die hinter dieser Figur steht, die sich kaum Schwächen zugesteht, obwohl sie sehr oft Grund dazu hätte. Als Rebellin, Forscherin, Ehefrau und Mutter füllt Curie verschiedenste Rollen aus, ihre Ziele verliert sie dabei niemals aus dem Blick.

Ein schönes und interessantes Buch über eine einzigartige Frau, das ich sehr gerne gelesen habe.

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