Profilbild von darkola77

darkola77

Lesejury Profi
offline

darkola77 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit darkola77 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.11.2025

Und im Wald lauert das Grauen

Don't Let The Forest In
0

Monster, Schrecken, dunkle Worte – die Welt von Andrew und Thomas ist voll Fantasy, düster und geheimnisvoll. Und es ist ihre Welt. Denn zu den Geschichten, welche Andrew voll Grusel, Grauen und tiefen ...

Monster, Schrecken, dunkle Worte – die Welt von Andrew und Thomas ist voll Fantasy, düster und geheimnisvoll. Und es ist ihre Welt. Denn zu den Geschichten, welche Andrew voll Grusel, Grauen und tiefen Abgründen aufs Papier bringt, erschafft Thomas Zeichnungen, die einen das Blut in den Adern gefrieren lassen. Und welche die Texte so komplettieren, wie Andrew Thomas‘ Leben. Und Thomas das seine.
Doch die Gefühle sind zart, die Verbindung dafür stark und über die Jahre an der Wickwood gewachsen. Aber dieses Jahr scheint alles anders zu sein. Denn kaum nach den Sommerferien an die Wickwood zurückgekehrt, muss Andrew mit Trauer und Verwirrung erkennen, dass ihr ehemaliger Dreierbund gemeinsam mit seiner Schwester Dove zerfallen ist. Sie und Thomas scheinen getrennte Wege zu gehen. Sind da etwa Gefühle im Spiel? Und als wäre das nicht schon schlimm genug, erwacht auch die Welt in dem Dunkeln außerhalb der Schulmauern zum Leben. Denn im Wald lauert das Grauen. Und Thomas‘ Zeichnungen werden lebendig. Und trachten nach Blut. Und einem Opfer.
Was dann folgt, ist eine Natur, die vollkommen außer Kontrolle geraten zu sein scheint. Und die Andrew und Thomas in dem Kampf gegen die Kreaturen einerseits dichter, noch näher zusammenbringt, ihnen andererseits aber auch zunehmend Energie und das Leben aussaugt. Und die Grenzen zwischen Fantasie und Realität verschwimmen lässt. Die Leser selbst tappen dabei lange im Dunkeln, setzen nach und nach die einzelnen Fetzen dieser Schnitzeljagd über Stock und Stein und immer tiefer in den Wald hinein zusammen. Und benötigen dabei starke Nerven. Und auch mal den sprichwörtlich starken Magen. Und werden so belohnt mit einer mitreißenden Geschichte, fantasie- und ausdrucksstarken Bildern und einem Plot, der einem den laubbedeckten Boden unter den Füßen wegzieht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.11.2025

Lieblingsbuch und Pageturner

No Way Home
0

Boyle hat ein neues Lieblingsbuch geschrieben! Und einen Pageturner. Und eine Geschichte, die mich so sehr amüsiert, ergriffen und für sich eingenommen hat, dass ich die ersten beiden Tage meines Urlaubs ...

Boyle hat ein neues Lieblingsbuch geschrieben! Und einen Pageturner. Und eine Geschichte, die mich so sehr amüsiert, ergriffen und für sich eingenommen hat, dass ich die ersten beiden Tage meines Urlaubs ausschließlich mit „No Way Home“ in der Hand verbracht habe. Und jetzt den Blues habe, weil ich aus der Welt rund um Terry, Bethany und Jesse wieder auftauchen muss.
Und diese Welt ist eine der Liebe und des Schmerzes, der Irrungen und Wirrungen und der verzweifelten Suche nach Ankommen und einem Zuhause. Für die Leser beginnt das Eintauche in diese tragisch, denn Terrys Mutter verstirbt ganz unerwartet, und er macht sich auf den Weg nach Boulder City , um ihr Erbe zu regeln. Und Haus, Hund und die zahlreich gehorteten Erinnerungen zu übernehmen. Doch auf der Reise in die Wüstenstadt begegnet ihm Bethany, und was mit einem zufälligen Zusammentreffen beginnt, entwickelt sich zu einer schicksalhaften Wendung ihrer beider Leben. Und da auch Bethany nicht frei von Vergangenheit und frisch getrennt von ihrer Jugendliebe Jesse ist, sind Schwierigkeiten vorprogrommiert. Und wer Boyle kennt, weiß, dass es nicht nur bei Liebeskummer und Tränen bleibt. Denn Dramen warten bereits um die nächste Ecke – teils an Skurrilität kaum zu übertreffen und im Superlativ gesteigert. Und schon wird das Leben aller Drei vom Schicksalsrad der Fortuna kräftig durchgerüttelt.
Ausgeworfen wird aus diesem eine Geschichte, die einen mit in Höhen und Tiefen reißt. Mich mitfiebern und hoffen und die Hände vors Gesicht schlagen lässt. Und auch die Augen über die Protagonisten und ihre Unfähigkeit, sich aus der zuspitzenden Situation zu befreien, zunehmend verdrehen lässt. Doch der Blick von außen ist meist klarer, und mit dem Gefühls- und Liebenschaos von Bethany, Terry und Jesse möchten wir wohl alle nicht tauschen. Mit „No Way Home“ als großartiger Begleitung für Urlaub und Lesestunden ebenfalls nicht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.10.2025

Die Katastrophe von Waco als faszinierender Pageturner

We Burn Daylight
0

Wenn „das Lamm“ seine Schäfchen ruft, musst Du folgen! So geht es auch Jaye und ihrer Mutter, die ihr Leben in Kalifornien aufgeben, um zu Perry, The Lamb, nach Texas zu reisen. Denn Perry ist ein Demagoge, ...

Wenn „das Lamm“ seine Schäfchen ruft, musst Du folgen! So geht es auch Jaye und ihrer Mutter, die ihr Leben in Kalifornien aufgeben, um zu Perry, The Lamb, nach Texas zu reisen. Denn Perry ist ein Demagoge, Prophet und Sektenführer, und seine Anhängerschaft folgt ihm blind – auch für ein Leben in Armut, Abhängigkeit und einfachsten Verhältnissen. Die Aussicht und Lohn für diese Entbehrungen: Erlösung. Und Perry kennt den Weg.
Doch Jaye ist anders. Perrys Zauber scheint bei ihr nicht zu wirken. Sie erliegt seiner Faszination nicht, ist immun gegen seine Anziehungskraft. Auch körperlich. So wird sie zur Einzelgängerin bis sie ganz unerwartet Roy kennenlernt. Den Sohn des Sheriffs und schon bald ihr einziger Vertrauter. Und ihre große Liebe. Doch was bereits unter schwierigen Bedingungen gestartet ist, entwickelt sich zunehmend dramatisch. Denn Perry hat Waffen, viele Waffen. Und ist unberechenbar in seinem Handeln. Und die Behörden wollen nicht länger zusehen.
Vor dem Hintergrund realer Ereignisse entfaltet sich die Geschichte einer Liebe, die eine Unmöglichkeit darstellt. Zugleich ist es die Geschichte eines Lebens in einer Parallelwelt, bestimmt von eigenen Werten, Normen und dem Kult um die Person des Anführers, der die Gemeinschaft ausrichtet und kontrolliert. Und es die Geschichte von Macht- und sexuellem Missbrauch, von einer untergeordneten Rolle der Frau und ihrer Verfügbarkeit und der Ablehnung von Wissenschaft zugunsten von Religion und Glaubenssätzen.
Doch vor allem ist es eine Geschichte, die fasziniert und in den Bann zieht. Ein Pageturner. Zu sehr fesseln die Ereignisse, machen neugierig und erschrecken zugleich als dass ein Wegschauen möglich wäre. Als dass es möglich wäre, nicht in den Schilderungen Perrys zu versinken oder mit Roy und Jaye um ihre junge Liebe zu bangen. Und damit steht nach den 500 Seiten für mich fest: Wenn „das Lamm“ ruft, müssen auch die Leser folgen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.10.2025

Coming-of-Age in Stockholm

Beste Zeiten
0

Große Liebe, große Stadt, große Gefühle – für Sickan ist alles neu und alles aufregend. Denn nach einer Kindheit und Jugend in der südschwedischen Provinz lässt sie die Einsamkeit ihres Elternhauses und ...

Große Liebe, große Stadt, große Gefühle – für Sickan ist alles neu und alles aufregend. Denn nach einer Kindheit und Jugend in der südschwedischen Provinz lässt sie die Einsamkeit ihres Elternhauses und die Übergriffe ihrer Klassenkameraden endlich hinter sich. Und entdeckt Stockholm. Die Universität. Das Leben als Studentin. Und dass wir uns an fremde Orte immer ein Stück selbst mitnehmen.
Denn das, was Sickan ein Leben lang begleitet hat, ist tief in ihr eingeschrieben. Die Furcht vor anderen Menschen. Ihr Misstrauen gegenüber Unbekanntem. Ihr Alleinsein. Doch zumindest Letzteres ändert sich schlagartig als Hanna in ihr Leben tritt. Und dieses auf den Kopf stellt. Hanna, die laut, ungezügelt und furchtlos erscheint. Sich nicht kümmert, was andere über sie denken, und mit den Konventionen bewusst bricht. Und nach und nach brechen auch die Schutzmauern um Sickans Herz, und es ist bereit für das, was sie sich so sehnlich wünscht: eine Freundin. Einen Menschen, mit dem sie ihre Sorgen, Ängste und auch Freuden teilen kann. Und so ist es nicht nur Hanna, die ihre Einsamkeit beendet, sondern auch Abbe erhält Zugang zu dem, was Sickan so sorgsam vor der Welt verborgen hat: ihre Gefühle. Ihre Traumata. Und letztendlich ihre Liebe.
Doch Sickan ist nicht die einzige, die vom Leben gezeichnet ist. Und sie steht erst ganz am Anfang, sich, ihre Wünsche und Träume zu entdecken und ihren Sehnsüchten nachzugeben. Und damit wird ihre Zeit in Stockholm auch zu einer Reise zu sich selbst und setzt Entwicklungen und Wachstum in Gang, was in der dörflichen Enge kleingehalten wurde und zu verkümmern drohte. So wie Sickan selbst. Doch die neuen Freiheiten bergen Risiken, auch für das eigene Herz.
Und mein Herz habe ich an Jenny Mustard verloren! Denn mit Sickan so emotional auf Tuchfühlung zu gehen und sich dabei auf die Suche nach dem eigenen Ich zu begeben, ist intensiv. Und leicht und schwer zugleich. Und ja, es ist literarisch in Sprache und Bildern. Und mit einer Geschichte, die lang im Kopf und vor allem im Herzen bleibt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.09.2025

Es bohrt und sticht und streut Salz in die Wunde

Die Assistentin
0

Als ich den Roman begonnen habe und nach und nach tiefer in die Geschichte eingetaucht bin, begann auch die öffentliche Diskussion um diesen – in Teilen hoch emotional geführt. Hart und wertend. Polemisch. ...

Als ich den Roman begonnen habe und nach und nach tiefer in die Geschichte eingetaucht bin, begann auch die öffentliche Diskussion um diesen – in Teilen hoch emotional geführt. Hart und wertend. Polemisch. Und ich war mehr als überrascht, dass der Text all dies auslösen kann. Und woher die Schärfe in der Debatte kommt, die auch Caroline Wahls beiden bisherigen Romane nicht ausspart.
Nachdem ich nun Die Assistentin beendet habe, meine ich, mir die vielen Emotionen ein Stück weit erklären zu können. Denn die Geschichte triggert. Und die Geschichte macht wütend. Und sie ist nicht angenehmen. Will nicht gefallen. Ist unbequem in ihrer Entwicklung und lässt einen mit Unverständnis, Empörung und Adrenalin im Blut zuschauen, wie Charlotte nach und nach ihre Würde und Selbstbewusstsein einbüßt. Wie sie destabilisiert und Opfer von Machtverhältnisses und Strukturen der Ausbeutung und Abhängigkeit wird.
Und ja: Es ist kaum auszuhalten. Für mich. Und sicherlich bin ich damit nicht allein. Wie die Reaktionen zeigen. Die Demütigungen, Herabsetzungen und die körperliche Belästigung einer jungen Frau treffen in Mark und Bein. Nicht nur eines jeden Einzelnen, sondern auch der gesellschaftlichen Strukturen, welche diese ermöglichen und zugleich legalisieren.
Doch Achtung – und zwar in zweifacher Hinsicht! Text und Autorin sind zu trennen. Und damit auch die Emotionen, die Wut und Ablehnung, die dieser – und zwar der Text! – erzeugt.
Und dann: Sind es tatsächlich patriarchale Strukturen, die wir hier in ihrer zügellosen Ausprägung erleben? Denn auch Frauen können ein Herr Maise sein – und eine Charlotte männlich oder weiblich. Oder sprechen wir hier von patriarchalen Strukturen, welche in Folge der Machtpositionen von Frauen übernommen und fortgeführt werden? Die Antwort auf diese Fragen erscheint mir äußerst relevant: Denn Charlottes Leiden darf nicht sein!
Und was ebenso selbstverständlich sein sollte: Die Autorin ist in der Kritik von ihrem hochbrisanten Sujet zu trennen. Und ihre Geschichte bohrt und sticht – tief im Herzen der Leser. Und eine Gesellschaft, in der legalisierte Ausbeutung und Herabsetzung häufig im Verborgenen geschehen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere