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dear_fearn

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Veröffentlicht am 25.03.2020

Albträume

Die stummen Wächter von Lockwood Manor
1

Letzten Oktober hatte ich "Das Geheimnis von Shadowbrook" gelesen, was wirklich spannend und gruselig zugleich war. Es gab ebenfalls ein Familiendrama auf einem britischen Anwesen und eine Frau der Naturwissenschaften, ...

Letzten Oktober hatte ich "Das Geheimnis von Shadowbrook" gelesen, was wirklich spannend und gruselig zugleich war. Es gab ebenfalls ein Familiendrama auf einem britischen Anwesen und eine Frau der Naturwissenschaften, die sich beweisen muss. Das war wirklich ein tolles Buch, weshalb ich mir nach Lesen des Klappentextes auch von diesem hier viel erhofft hatte... Wohl zu viel erhofft!

Jane Healey hat die Zeit des zweiten Weltkriegs für ihre Geschichte gewählt, Hetty als Beauftragte des Museums zum Schutz ihrer Sammlung von Tierpräparaten auf ein entlegenes britisches Anwesen ziehen lassen, auf dem sie in ständigen Zwist mit dem Hausherrn Major Lockwood gerät, aber sich dafür mit seiner Tochter Lucy anfreundet. Ständig verschwinden Dinge oder wechseln ihren Platz, zudem werden sowohl Hetty als auch Lucy von Albträumen geplagt.

Im Buch gibt es zwei Satzarten: Regulär ist Hettys Erzählpart und der von Lucy ist kursiv. Das hätte man meiner Meinung nach geschickter trennen können, denn der Wechsel strengt unheimlich an und ist irgendwann nur noch nervenraubend. Vor allem, weil in Lucys Erzählparts eigentlich kaum wichtige Inhalte verpackt sind, sondern sie immer wieder in Erinnerungen an die verunglückten Mutter und Großmutter schwelgt und von ihren wiederkehrenden Albträumen berichtet.

Bis auf ein paar mal Bombenalarm und Offiziersbesuch bekommt man als Leser wenig vom zweiten Weltkrieg mit. Die Reichweite und Tragik des Kriegs erhält kaum Platz im Buch. Eigentlich hätte ich auch erwartet, dass die Liebesgeschichte, die ich überraschend und gut gelungen fand, mehr tabuisiert wird und dadurch mehr soziale Ängste entstehen, aber nein, das wird mit "Wir wahren einfach den Schein" abgetan. Ganz nett fand ich allerdings, das Hetty für alle Personen, die sie trifft, Vergleiche zu Tieren findet, an die sie sie erinnern.

Im Vordergrund der Geschichte steht vor allem Lucys psychische Misshandlung, unter der sie noch immer leidet, und Hettys Besessenheit von ihrer "Säugetiersammlung", die eigentlich ja auch noch Vögel und Insekten enthält, aber sei's drum. Passagenweise fand ich das sehr ermüdend, weil eigentlich immer das gleiche passiert: Lucy hat Albträume, Hettys Tiere bewegen sich, verschwinden oder werden zerstört, sie hat Streit mit dem Major und hat selbst auch einige Albträume, allerdings ohne jeden Sinn.

Erst gegen Ende kommt die Handlung nochmal in Fahrt, wodurch auch alle Geheimnisse aufgelöst werden. Der Leser wird konfrontiert und schockiert von menschlichen Abgründen und Grausamkeiten.

Insgesamt ist das Buch also eigentlich von der Storyline her okay, bei den Charakteren habe ich allerdings Tiefe vermisst. Sie bleiben sehr oberflächlich, unnahbar, öffnen sich nicht, wirken auch irgendwie unsympathisch.

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Veröffentlicht am 10.04.2019

OMG! *-*

#ichwillihnberühren
1

Die Ausgangssituation kann wirklich blöder nicht sein: OJ & ER liegen auf dem Bett beim netflixen, als Kumpels. ER nur in Boxershorts, OJ daneben und völlig verkrampft. Verkrampft, weil er seit bald zwei ...

Die Ausgangssituation kann wirklich blöder nicht sein: OJ & ER liegen auf dem Bett beim netflixen, als Kumpels. ER nur in Boxershorts, OJ daneben und völlig verkrampft. Verkrampft, weil er seit bald zwei Jahren verliebt in ihn ist und Angst hat, einen Schritt zu wagen. Also, was tun? OJ verfasst einen Jodel - DEN Jodel - und eröffnet der anonymen Frankfurter Jodelgemeinde Einblick in diese absurde Situation und OJ's verzwickte Lage.

Zur Generation Jodel gehöre auch ich, deshalb ist es fantastisch, dass sich die Menschen, die sonst im Deckmantel der Anonymität auf Jodel Beschimpfungen und Trolls loslassen, plötzlich so liebevoll engagieren, Tipps geben, helfen wollen, Mut machen, aber vor allem OJ die Gelegenheit geben, seinen Gefühlen Luft zu machen und Unterstützung zu bekommen.

OJ ist ein schüchterner Typ, irgendwie ein Lauch, und einer, bei dem sich das Gedankenkarussell nonstop dreht. Vor allem, wenn ER dabei ist: Kann er diesen oder jenen Satz so sagen? War das jetzt peinlich? Machen Kumpels das so? Oder schlimmer: Wenn er einen Schritt wagt, wie wird ER reagieren? Zieht ER sich angeekelt zurück? Zerbricht die Freunschaft, wenn ER von seinen Gefühlen erfährt? Was passiert, wenn ER weitererzählt, dass OJ schwul ist - werden ihn die anderen Freunde dann meiden?

Eine Scheißsituation. Man, aber so kann's ja auch nicht weitergehen. Das macht ihm die Jodelgemeinde klar. Mit gestärktem Selbstvertrauen durch so viel Zuspruch wird OJ mutiger. Und so richtig spannend wird es, als ER die Situation mal aus seiner Sicht beleuchtet und die Erzählperspektive wechselt.

Beim Lesen hatte ich selten so schwitzige Hände und so viel Herzklopfen bis zum Hals. Wow! Das ist kein Weichspülerliebesroman, sondern Adrenalin pur!

Veröffentlicht am 03.01.2022

Unaufgeregte Krimi-Spannung mit britischem Humor

Der Donnerstagsmordclub (Die Mordclub-Serie 1)
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Richard Osman kenne ich eigentlich nur aus den Quizsendungen des BBC und empfand ihn dort immer als sehr gewitzt und schlagfertig, klug und unterhaltsam. Umso gespannter war ich auf sein Buch!

Cover ...


Richard Osman kenne ich eigentlich nur aus den Quizsendungen des BBC und empfand ihn dort immer als sehr gewitzt und schlagfertig, klug und unterhaltsam. Umso gespannter war ich auf sein Buch!

Cover und Gestaltung haben mich sofort angesprochen. Schrift und Grafik, der gelbe Schuh und Fuchs im Kontrast zum blauen Hintergrund - und zugegebenermaßen, nicht zuletzt das Label mit dem Union Jack. Ich habe einfach einen Sweet Spot für britische Literatur.

Mit den ersten Kapiteln des Buchs habe ich mich etwas schwergetan. Das passiert mir leider immer, wenn in kurzer Zeit sehr viele Charaktere eingeführt werden und ich den Überblick verliere. Mir fiel es etwas schwer, mich zurecht zu finden. Zu Beginn werden nämlich eine Handvoll Leutchen aus einer Seniorenresidenz sowie zwei Polizeibeamte vorgestellt, jeweils mit ihren ungefähren Background-Details.

Ein Erzählteil des Buchs befasst sich mit der Story um die junge Polizistin und ihren Chauvi-Kollegen, der andere ist aus Sicht einer älteren Dame aus der Seniorenresidenz geschrieben. Beides findet parallel und im Wechsel statt, was immerzu zwei Seiten der Geschichte beleuchtet. Ich empfand das als sehr gelungen und abwechslungsreich.

In der Seniorenresidenz gibt es allerhand Vereinigungen und Clubs, in denen sich die älteren Herrschaften die Zeit vertreiben können. Einer davon ist geheim und hat nur wenige Mitglieder - der Donnerstagsmordclub, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, alte Verbrechen aufzuklären. Als es zu einem Mord kommt, werden die Heimbewohner aufmerksam und die ältliche Erzählerin freundet sich mit der jungen Polizistin an.

Was soll ich sagen! Es ist eine unaufgeregte, unblutige und trotzdem spannende Geschichte, in der nachts Friedhofsgräber ausgehoben werden, gewitzte Verhöre durch die älteren Herrschaften geführt werden und die herzliche, gewinnende Art der alten Leute am Ende alle zusammenbringt. Ich bin sehr begeistert und freue mich darauf, mehr von Richard Osman zu lesen!

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Veröffentlicht am 03.01.2022

Hübsche, bunte Geschichte

Der Baum und der Vogel
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Das Cover hat mich direkt angesprochen. Das Buch hat eine raue Stoff-Haptik mit Prägung. Die Seiten sind aus etwas stärkerem Papier. Diese Aufmachung kenne ich eigentlich eher von früher, aus dem Bücherregal ...

Das Cover hat mich direkt angesprochen. Das Buch hat eine raue Stoff-Haptik mit Prägung. Die Seiten sind aus etwas stärkerem Papier. Diese Aufmachung kenne ich eigentlich eher von früher, aus dem Bücherregal meiner Eltern. Heutzutage wird derber Stoff für Buchumschläge ja eher seltener eingesetzt.

Allein die ersten Seiten aufzuschlagen, ist eine Wonne. Das Buch erscheint in der vollsten Farbenpracht, meist nur wenige Farben pro Seite, dafür vollflächig und kräftig. Ich hätte die Geschichte gar nicht gebraucht, so begeisternd war es, die Seiten durchzublättern. Kunstvoll und schön.

Die Geschichte gefällt mir sehr gut, sie ist kurz und fantasievoll, melancholisch und trotzdem froh. Es geht um einen Vogel, der nicht mit den anderen Artgenossen gen Süden fliegen möchte. Stattdessen bleibt er in seinem Baum und trifft dort auf andere Tiere. Die Texte sind in Reimen geschrieben und lassen sich so sehr gut (vor-) lesen.

Empfehlung von mir für dieses Schmuckstück.

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Veröffentlicht am 16.03.2021

Überraschendes Bilderbuch

Von riesengroß bis klitzeklein
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Als ich das Buch zum ersten Mal in der Hand hatte, dachte ich: Wie toll, von diesen Büchern gibt es noch mehr? Die Kinder meiner Schwester haben so ein Buch im Regal stehen, das ich immer wieder gern herausnehme ...

Als ich das Buch zum ersten Mal in der Hand hatte, dachte ich: Wie toll, von diesen Büchern gibt es noch mehr? Die Kinder meiner Schwester haben so ein Buch im Regal stehen, das ich immer wieder gern herausnehme und anschaue.

Das Buch an sich ist ein Bilderbuch und das Prinzip ist, dass ab Seite 1 Stück für Stück "herausgezoomt" wird, das Bild erweitert wird und ein riiiiesiges Gesamtbild entsteht.

Es gibt immer wieder Neues auf den Bildern zu entdecken und die Ideenvielfalt beim "Herauszoomen" ist wirklich enorm. Dass es davon nun noch ein weiteres Exemplar gibt, noch dazu mit umweltkritischem Aspekt, mit Walen, Müll im Meer und Fridays for Future, begeistert mich umso mehr! Einfach fabelhaft! Die Zeichnungen sind richtig hübsch. Beim Umblättern bin ich immer wieder überrascht und erstaunt, weil ich teilweise dachte "Was soll jetzt noch kommen?"

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