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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.07.2020

Geht an die Substanz

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Jugendthriller, Entwicklunsroman, erste Liebe … Dieser Roman ist ein gelungenes Crossover und gleichzeitig ein toller Beitrag zur Sichbarkeit von häuslicher Gewalt.

Mich beeindruckt der Aufbau der Geschichte, ...

Jugendthriller, Entwicklunsroman, erste Liebe … Dieser Roman ist ein gelungenes Crossover und gleichzeitig ein toller Beitrag zur Sichbarkeit von häuslicher Gewalt.

Mich beeindruckt der Aufbau der Geschichte, die sich bis auf die letzte Seite zuspitzt. Das Unaussprechbare geiselt die Familie und mit jeder Seite, die frau umblättert, hält sie mehr den Atem an. Suspense Deluxe!

Ein weiteres Plus: die gelungene Verbindung von Fantasy und Trauma. Die Angst lässt Realität und Ilusion verschwimmen.

Fazit: Absolut lesenswert.

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Veröffentlicht am 02.07.2020

Märchen für Erwachsene mit großen Längen

Das Antiquariat der Träume
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Nach nur zwei Wochen, weiß Johann, dass er die Liebe seine Lebens gefunden hat. Dann macht ein Unglück alles zunichte. Johan vergräbt sich in seinen Schmerz, gibt sein erfolgreiches Leben in Stockholm ...

Nach nur zwei Wochen, weiß Johann, dass er die Liebe seine Lebens gefunden hat. Dann macht ein Unglück alles zunichte. Johan vergräbt sich in seinen Schmerz, gibt sein erfolgreiches Leben in Stockholm auf und zieht sich aufs Land zurück. Seit dem Trauma „besuchen“ ihn imaginäre Figuren aus seinen Lieblingsbüchern und werden zu seinen Freunden und Beratern, bis er sich endlich zu einem Entschluss durchringt.

Der Author schafft eine sehr idyllische schwedische Atmosphäre und lässt sich viel Zeit Johanns Alltag und seine Sehnsucht nach der verlorenen Liebe vor dem Leser auszubreiten. Die humorvolle Conversation Johanns mit seinen imaginären Freunden sind eine willkommene Unterbrechung der oft langatmigen und zu detailleverliebten Erzählung.
Ich wurde nicht warm mit Johann, der mir vom Autor als ehemalig sehr erfolgreicher Geschäftsmann beschrieben wird, der in gekonnter und fleißiger Arbeit einen alten Gutshof zu einem Cafe mit einem Antiquariat umgebaut hat und gleichzeitig im Alltag nicht fähig ist, eine Torte für die Tageskarte auszusuchen, geschweige denn seinem Leben einen neue Wendung zu geben. Und so sehr ich seine Unterhaltungen mit den fiktiven Charakteren mochte, so sehr stieß mich auch Unfähigkeit, eine Entscheidung für sich zu treffen, ab.

Der kuriose Blick Johanns auf sein Leben und die Natur beherrscht zwei Drittel des Roman, die Nebencharatere bleiben eindimensionale Stichwortgeber und viel zu spät kommen Spannung und Handlung in Gang. Dabei pflicht der Autor erst am Ende die märchenhafte Gestalt eines skurrilen Antiquars ein und dreht damit den Roman zu einem Happyend.

Fazit: Trotz guter Sprache, humorvollen Dialogen und schöner Atmosphäre, kann der Roman wegen seiner viel zu spät einsetzenden Handlung nicht überzeugen.

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Veröffentlicht am 20.06.2020

Ein Blick in die Hölle

Dry
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Dry lässt mich geschockt und mit trockener Kehle zurück. Fast atemlos habe ich mich durch die Geschichte gefressen und jeder Schluck Wasser, den ich mir zwischendurch gönnte, wurde mit jeder Seite kostbarer.

In ...

Dry lässt mich geschockt und mit trockener Kehle zurück. Fast atemlos habe ich mich durch die Geschichte gefressen und jeder Schluck Wasser, den ich mir zwischendurch gönnte, wurde mit jeder Seite kostbarer.

In Kalifornien gibt es keine Wasser mehr, von einem Tag auf den anderen wird die städtische Wasserversorung eingestellt, die Supermärkte sind leer. Alyssa, ihr kleiner Bruder Garret erhalten in der Krise Unterstützung vom sonderlichen Nachbarssohn Kelton. Sie begeben sich auf die Suche nach Alysssas und Garrets Eltern, die von der Suche nach Wasser nicht zurückkehren. Als es zu einer bedrohlichen Situation kommt, haut die Außenseiterin Jacqui dazwischen und erzwingt sich einen Platz im gemeinsamen Kampf ums Überleben.

Die Geschichte lässt kaum Zeit zum Atmen. Unerbittlich drehen die Autoren an der Spannungsschraube und geben den Blick in die menschlichen Abgründe frei. Sie treiben die Kids durch das ausgetrocknete Kalifornien mit der winzigen Hoffnung an anderer Stelle Wasser zu finden. Doch jedes Scheitern, lässt die Hoffnung weiter schwinden, so dass ich am Ende nicht mehr auf ein Überleben zu hoffen wage.

Ich mag die 4 sehr unterschiedlichen Charaktere, aus deren Sicht erzählt wird, bin begeistert wie eindrückliche die Gruppendynamik und die Entwicklungschritte gezeigt werden und überrascht, als sich später noch Henry zum Team dazugesellt. Das bis dahin zart keimende Vertrauensgeflecht kippt. Existenzangst macht aus Menschen Menschen Monster.Ich werde Zeuge, wie die Menschen in der Nachbarschaft und am Ende auch die Protagonisten zu Wasserzombies mutieren.

Am meisten hat mich die realistische Schilderung der politischen, gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Entwicklungen in der Ausnahmesituation gefangen genommen. Immer wieder musste ich denken: der Klimawandel bekommt ein Gesicht. Diese Dystopie liegt ganz nah an der Realitiät. Unser Weg ist nicht mehr weit.

Einzelne skurillen Beobachtungen steigern gekonnt die Endzeitstimmung, emotionalen Momenten lassen mich mit den Protagonisten leiden, und immer wenn ich gehofft habe, sie haben es gleich geschafft, wartet bereits das nächste Disaster.

Fazit: Super realistische Dystopie. Und: Suspense at its best. Must read.

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Veröffentlicht am 16.06.2020

Moral, Strafe, Abenteuer – ein Experiment, das sich lohnt

Wild
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4 Taten, die das Gesetz brechen - 4 Strafen, die eine Chance sein sollen – 4 Jugendliche, die sich ihrer Strafe stellen und ein Wagnis eingehen.

Hinter mir liegen ein berührendes Abenteuer, eine Auseinandersetzung ...

4 Taten, die das Gesetz brechen - 4 Strafen, die eine Chance sein sollen – 4 Jugendliche, die sich ihrer Strafe stellen und ein Wagnis eingehen.

Hinter mir liegen ein berührendes Abenteuer, eine Auseinandersetzung mit den fantastischen Möglichkeiten der Wissenschaft und den Grenzen von Gesetz und Moral. Und vier Jugendliche, die ich nur ungern zurücklasse.
 
Die Geschichte wird getragen von Noomi, Ryan, Olympe und Flix – jeder für sich wurde verhaltensauffällig und kam mit dem Gesetz in Konflikt. Aus ihrer Sicht wird die Geschichte sehr abwechlsungsreich erzählt und jeder für sich hat seine ganz eigene Stimme, die die Geschichte prägt. Nur langsam fassen sie Vertrauen in der neuen Situation und ich erfahre von den Hintergründen ihrer Straftat, ihren Ängsten, Hoffnungen und ihren besonderen Talenten. Jeder für sich ist ein Unikat - ein besonderer Mensch in einer schwierigen Situation. Jeder für sich bestreitet einen ganz eigenen Kampf. Ich kann hautnah spüren, warum sie mit ihrem Leben nicht zurecht kommen sind, wie sie sich anstrengend haben das Beste daraus zu machen und wie oft ihr Bestes nicht ausgereicht hat.
Ausgerechnet die vier landen in einer Situation, die über die menschliche Vorstellungskraft hinausgeht, und wo bis zum Ende nicht klar ist, ob sie dieses Mal als Sieger hervorgehen werden.

Die Autorinnen haben sehr gekonnt an der Spannungsschraube gedreht und durch den gesamten Roman eine Spur aus Hinweise gelegt - aber auch Fallen gestellt. Es macht Spaß die vier von Beginn des Camplebens an zu begleiten, die Gruppendynamik zu erleben, die Auseinandersetzung mit sich selbst und ihren Taten und gleichzeitig das Rätsel des Waldes zu lösen. Ich entwickele eine enge Bindung an die Charaktere, fast eine Art Beschützerinstinkt, doch ich muss darauf vertrauen, dass sie ihre eigene Stärke entwickeln und gemeinsam, das Rätsel lösen und die Aufgabe meistern.

Für mich eine grandioses Jugendbuch, dass weg vom Schwarz-Weiß-Denken führt und spüren lässt, dass Moral nicht einfach nur der Unterschied zwischen Gut und Böse ist. Das Menschen nicht veruteilt, sondern Hoffnung für Entwicklung und Veränderung weckt. Das Mut macht und uns aufruft, genauer hinzuschauen.

Fazit: Wild gelingt es einen SciFi-Thriller, einen politischer Appell, ein Sozialexperiment und ein großes Rätsel zu einer spannungsreichen und emotional anrührenden Geschichte zu verknüpfen. Unbedingt lesen

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Veröffentlicht am 05.06.2020

Großes Potential nicht voll ausgeschöpft

Die stummen Wächter von Lockwood Manor
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Eine schaurige Kulisse, der herannahende Krieg, verdrängte Kindheitstraumata, ein verschlagener Patriarch und eine Liebe entgegen der gesellschaftlichen Konventionen - mehr als genug Konfliktpotential ...

Eine schaurige Kulisse, der herannahende Krieg, verdrängte Kindheitstraumata, ein verschlagener Patriarch und eine Liebe entgegen der gesellschaftlichen Konventionen - mehr als genug Konfliktpotential für einen großartigen Roman. Leider ist es der Autorin nicht gelungen, dies rundum sättigend umzusetzen.

Dies liegt überwiegend am Erzählstil, der sehr ausschweifend ist. Die Sprache entspricht der Zeit, in der die Geschichte spielt, und richtet ihr Augenmerk auf die mysthische Atmosphäre. Doch die Satzstellung ist manches Mal umständlich und die Sätze sind oftmals zu lang. So kommt die Geschichte nur sehr, sehr langsam in Fahrt. Die Autorin verlässt sich zu sehr auf die atmosphärischen Beschreibungen des düsteren Anwesens und der immer wieder auftauchenden Hinweise auf mystischen Sagen, Alpträumen, unerklärbaren Geschehnissen und vergisst die Personen. Die Nebencharaktere bleiben blass, trotz maßgeblichen Einfluss auf die Handlung, und verkommen zu Stichwortgebern. Auf Dauer passiert viel zu wenig, man scheint wochenlang nichts anderes zu tun, als durch Räume zu wandeln. Erst im zweiten Drittel kommt die Handlung in Bewegung.

Ich mochte die beiden Protagonistinnen Hetty und Lucy sehr gern. Jede für sich gesehen hat mit eigenen Dämonen zu kämpfen und trägt gleichzeitig tapfer ihr Schicksal. Durch die abwechselnde Erzählung aus beiden Perspektiven waren sie in ihrer Unterschiedlickeit wunderbar wahrnehmbar. Mir gefiel die sich ganz langsam entwickelnde Zuneigung und die Euphorie, mit der sich die Liebenden anfänglich wegtragen ließen. Später war ich einttäuscht von ihrem fehlenden Kampfgeist.

Bei der Entwicklung der Konflikte beweist die Autorin sehr viel Feingefühl und an keiner Stelle fühlen sich Ängste, Sorgen und Visionen aufgesetzt oder unpassend.

Was eindeutig fehlte war die charakterliche Entwicklung. Die Autorin lässt Hetty und Lucy trotz steigenden Leidensdruck viel zu wenig agieren, sie gehen kein Risiko ein und stecken in ihrer Komfortzone fest. Der Leser ist gefangen in der Beobachtung und bekommt nur wenig Hinweis, tappert lange Zeit in Vermutungen und hat am Ende Mühe, das Vertrauen in die Erfüllung der Prämisse aufrechtzuerhalten. Als sich dann zum Ende die Ereignisse überschlagen, verkommen die beiden Frauen zum Spielball der anderer Akteure. Und so erhält der Showdown den faden Beigeschmack eines Deus ex machina.

Fazit: Ein sehr atmosphärischen Buch mit sensibel entwickelten Konflikten aber fehlendem Handlungstempo und einem zufälligem Ende.

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