Profilbild von marcello

marcello

Lesejury Star
offline

marcello ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit marcello über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.07.2024

Einfühlsame Themen im Sonnenparadies

Cape Coral 1. Break through my Defense
0

Knallig-bunt, so kommt das Cover der neuen NA-Reihe „Cape Coral“ daher. Deswegen bin ich an „Break Through my Defense“ alleine optisch schon nicht vorbeigekommen. Autorin Mimi Heeger hat mir namentlich ...

Knallig-bunt, so kommt das Cover der neuen NA-Reihe „Cape Coral“ daher. Deswegen bin ich an „Break Through my Defense“ alleine optisch schon nicht vorbeigekommen. Autorin Mimi Heeger hat mir namentlich nichts gesagt und tatsächlich habe ich zuletzt auch nur noch wenig NA mit Collegesport-Schwerpunkt gelesen. Aber hier habe ich den Klappentext sehr bewusst wahrgenommen und war dann beim Thema Body-Shaming sofort dabei. Leider ist es in diesen Büchern oft immer noch üblich, dass es eher Modellathleten sind (Mann und Frau), die natürlich alle Unsicherheiten haben (denn das gibt es ja nicht nur durch Übergewicht), aber Plus Size und Ähnliches ist doch oft etwas, wovon viele die Finger lassen, deswegen war es hier für mich das unschlagbare Argument, um reinzulesen.

Bzw. reinzuhören, denn ich habe mir von Henriette Schreurs den Großteil vorlesen lassen, während Thaddäus Gold auch noch am Ende kurz zu hören war. Ich habe das Hörbuch als sehr gut produziert empfunden und habe Schreurs als für mich neue Stimme auch schnell als sehr natürlich im Ohr gehabt. Sie hat auch mit ihrer Art gut auf das gepasst, was ich Payton als Figur mitgenommen habe. Wenn ich ansonsten das Buch bewerte, dann möchte ich zunächst positiv festhalten, dass sich der Inhalt mit gewissen Themen wirklich intensiv und authentisch beschäftigt hat. Was mich dabei sehr überrascht hat, war der Teil zu American Football, wobei wir das wahrscheinlich auch auf andere Sportarten in den USA beziehen können. Auch wenn Cam deutlich anzumerken ist, dass er für diesen Traum lebt, aber sein nüchterner Blick auf diese Zukunft war extrem interessant und ich habe wieder viel gelernt. Was mir auch wieder bewiesen hat, dass es so viele goldene Welten gibt, die so reizvoll erscheinen, aber die genauso ihre schlimmen Schattenseiten haben. Aber es passte auch zu Cam, das Ganze nicht rosarot zu sehen, denn er ist generell ein wirklich wunderbarer Charakter gewesen. Für ihn würde ich sofort den roten Teppich ausrollen, denn er ist sehr empathisch, auch wie er gegenüber Payton für Imogen eingestanden ist, er sucht immer alle Perspektiven, bringt viel Verständnis ein und wirkt dabei dennoch herrlich linkisch und lebensbejahend. Sehr großes Ja! Zu Cam!!!!

Payton hat mir als Figur aber auch gefallen. Da wir aber ausschließlich in ihrer Perspektive waren, war es natürlich mit deutlich mehr Ecken und Kanten. Dazu war sie durch ihren Schicksalsschlag natürlich auch zuerst in einem tiefen Loch und hat eine sehr düstere Stimmung verbreitet. Aber es war alles im Charakter konsequent ausgearbeitet und es war spannend, sich mit ihr gemeinsam rauszuarbeiten. Zudem fand ich speziell ihre Gefühle bezüglich ihres Gewichts und dann in einem Bundesstaat zu landen, in dem gefühlt alle halbnackt unterwegs sind, sehr nachvollziehbar, denn viele waren und sind auch meine eigenen Gedanken. Dementsprechend war es manchmal auch beängstigend, wie nah es für mich war, aber das hat für mich auch unterstrichen, dass die Autorin entweder aus eigener Erfahrung geschrieben oder richtig gute Betaleser hatte. Gerade auch die intimen Szenen und wie lange sich Payton schwer getan hat, sehr, sehr gut gemacht. Dementsprechend wundert es auch wenig, dass Payton und Cam für mich im Buchbereich bislang dieses Jahr DAS Paar waren, was mich doch am meisten angezogen hat.

Dennoch hat „Break Through my Defense“ auch gewisse Schwächen. Ich habe das Tempo als etwas zu eilig empfunden. Ich hätte mir an der Stelle eher gewünscht, dass zwischendurch mal ein Zeitsprung drin ist, denn gerade der Trauerprozess und wie schnell sich dann auch die Beziehung zwischen Cam und Payton entwickelt hat, das wäre mit mehr Zeit realistischer gewesen. Was für mich auch nicht ideal passte, das war die Darstellung von Kat (oder Cat). Sie ist für mich als Figur nicht richtig ausgearbeitet worden. Dass sie ihre Freundin wieder in Tennessee haben wollte, das war ja logisch, aber ansonsten fand ich sie so eindimensional. Denn ich habe es auch nicht so wahrgenommen, dass sie Payton eine schlechte Freundin war, ganz im Gegenteil und dann war sie auf einmal so egoistisch und es gab nicht mal ein Gespräch, um das richtig auszuräumen. Auch wenn es mit Betty natürlich eine neue Figur gab, die die Rolle der Freundin ideal ausgefüllt hat, aber es wirkte zu sehr ersetzt. Aber Betty war an sich toll gemacht, ebenso bin ich gespannt, wie es bei Imogen weitergeht, wenn sie ihr eigenes Buch bekommt. Die Darstellung von Football auch mit dem Leidenschaftlichen Mitfiebern kam rüber. Insgesamt ist in der Autorin wirklich viel Potenzial drin, denn ich war für so ein erstes Buch schon sehr, sehr angetan.

Fazit: „Break Through My Defense“ hat mich wirklich wunderbar unterhalten und dabei auch sehr dunkle Themen angepackt und es mit Würde und Authentizität gestaltet. Cam war als Figur echt ein Goldstück, aber ich mochte auch seine Chemie mit Payton unglaublich gerne. Die Mängel sind dann etwas auf der stilistischen Ebene, aber für die Zukunft auch leicht auszuräumen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.07.2024

Emotionale Gegensatzthematik

Part of Your World
0

Ganz ideal ist da bei dtv nun nicht gelaufen, denn auch wenn es im Marketing nicht offensiv als Dilogie angekündigt worden ist, so gehören „Part of Your World“ und „Yours Truly“ zusammen und spielen auch ...

Ganz ideal ist da bei dtv nun nicht gelaufen, denn auch wenn es im Marketing nicht offensiv als Dilogie angekündigt worden ist, so gehören „Part of Your World“ und „Yours Truly“ zusammen und spielen auch in der genannten Reihenfolge. Auf dem deutschen Buchmarkt ist aber zuerst das zweite Buch erschienen, so dass wir in „Yours Truly“ schon was über Alexis und Daniel erfahren haben und nun im Nachklang ihre Geschichte übersetzt bekommen haben. Auch wenn das sicherlich etwas ungeschickt gelaufen ist, aber bei Liebesgeschichten hat das für mich nicht eine solche Dramatik, denn das Happy End plane ich ja ohnehin ein.

Es war schön, so schnell wieder in eine Welt von Abby Jimenez einzutauchen, weil für mich sehr ansprechende Geschichten schreibt und bislang nach drei Büchern auch das Gefühl habe, dass sie immer einen anderen Schwerpunkt findet und sich einfach auf das einlässt, was sie gerade leitet. Wir haben bei „Part of Your World“ wie schon bei „Yours Truly“ die Krankenhausthematik, weil Alexis wie Bri Ärztin ist, aber wir haben durch Daniel, der kein Arzt ist, ein extremes Gegengewicht, denn während sie aus der Großstadt kommt, ist er in einer Kleinstadt zuhause, in der jeder jeden kennt und in der auch mit etwas Augenzwinkern betrachtend die Magie herrscht. Das Buch spielt auch größtenteils auf dem Land, was ich als sehr angenehm empfand, denn die Kleinstadtthematik hat immer etwas fürs Herz. Gleichzeitig wurde sie aber auch keinesfalls romantisiert. Auf das eine Thema, was darin einfließt, komme ich gleich näher, aber es wird auch mit der Versorgung und Abhängigkeit von Wetter gearbeitet, weswegen Alexis mit ihren Kenntnissen natürlich sehr ideal kommt. Bei „Yours Truly“ hatte ich etwas bemängelt, dass es mir fast schon zu wenig Medizin war, aber hier fand ich es sehr gut gelungen, wie Alexis irgendwann immer mehr in der Gemeinschaft übernimmt, als sie sich emotional auf das Leben dort einlässt.

Der Gegensatz ist es aber auch, der die Geschichte zum größten Teil inhaltlich antreibt, denn Alexis und Daniel haben auch einen Altersunterschied (wobei wir den am ehesten beiseite lassen können, denn im Verhalten war das in keiner Weise zu bemerken, da ist das Alter wirklich nur eine Zahl gewesen), aber sie sind in völlig fremden Welten groß geworden. Sie hat im Haushalt noch nie einen Finger rühren müssen und ist auf dem medizinischen Gebiet eine echte Koryphäe, während Daniel überall der Praktiker ist, der alles selbst einpackt. Dazu dann auch noch die krassen Erwartungen, die an Alexis als Erbin einer Ärzte-Dynastie gestellt wird. Auch Daniels Familie hat in Wakan einen Ruf, aber dort kann dennoch jeder seinen Weg wählen. Was die beide eint, ist aber eine sofortige Chemie und dass die Herzen in vielen Aspekten sofort in einem Takt schlagen. Die Liebesgeschichte hat mich da durchaus von Anfang an zu überzeugen gewusst. Natürlich gab es gewaltige Baustellen, so tat es mir oft für Daniel weh, dass er wirklich das Gefühl haben musste, Alexis schämt sich für ihn, aber umgekehrt kann ich ihr das auch nicht vorwerfen. Denn auch wenn es in der Außenperspektive einfach ist zu sagen, bau da alles ab und geh nach Wakan, aber es ist ihr Leben, ihre emotionale Gebundenheit an Familie und Vermächtnis. Sie ist in sich charakterlich gesehen konsequent gestaltet worden. Auch wenn ich sie manchmal schütteln wollte, aber es war dennoch verständlich.

Das Buch legt auch einen großen Schwerpunkt auf Missbrauch. Dabei fand ich besonders positiv, dass es sowohl um emotionalen als auch physischen Missbrauch geht. Dass es da einen Unterschied gibt, ist vielen nicht klar, und noch schlimmer: für beide Gruppen hat man oft wenig Verständnis, warum sie es nicht einfach hinter sich lassen können. Mit Alexis und Liz wurde das wirklich schön erzählt. Wir erleben Alexis zum Glück, als sie das schlimmste durch Neil bereits hinter sich gelassen hat, so dass sie ihm verdient kontra geben kann, aber dennoch wird es für sie konsequent aufgearbeitet und man kann viel lernen. Vor allem, weil Alexis ihre Erfahrungen dann auch an Liz weitergibt. Etwas, was ich etwas schade fand, dass ist für mich persönlich ein Ungleichgewicht bei dem Paar und was es durchmacht. Daniel hat zwar auch seine Mutter, die sich mit dem Erbe Geld erpresst, aber das war es eigentlich schon, während die sonstigen Dramen alleine Alexis trägt. Das hätte man noch etwas ausgeglichener gestalten können, denn so war Daniel mir manchmal zu glatt. Ein paar Ecken und Kanten mehr wären besser gewesen und hätten die Geschichte wahrscheinlich noch besser gemacht.

Fazit: „Part of Your World“ ist wieder ein sehr gut zu lesendes Buch von Abby Jimenez. Die Zusammenstellung aus Gegensätzen, süßer Darstellung von Kleinstadtleben und auch das Miteinander hat sehr gut funktioniert. Es gab ganz wenig zu meckern, aber insgesamt eindeutig eine Liebesgeschichte, mit der man sich leicht wegträumen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.07.2024

Interessante Ermittlung rund um eine Schlafkrankheit

Anna O.
0

Schlafen ist so ein Thema, das geht uns alle an. Zuletzt verblüffte die Statistik, dass der Menschen im Durchschnitt 8,5 Stunden schläft, aber das ist so eigentlich der Beleg dafür, wie wichtig Schlaf ...

Schlafen ist so ein Thema, das geht uns alle an. Zuletzt verblüffte die Statistik, dass der Menschen im Durchschnitt 8,5 Stunden schläft, aber das ist so eigentlich der Beleg dafür, wie wichtig Schlaf auch für das Wohlbefinden ist, auch weil der Geist in dieser Zeit alles verarbeiten kann. Dementsprechend ist Schlaf und sämtliche damit verbundene Forschung natürlich sehr spannend und hier nun von Matthew Blake aufgegriffen worden. Ich habe das Buch zwar schon im Vorfeld dominant mitbekommen und durchaus wahrgenommen, dass es einen größeren Diskurs darum gibt, aber „Anna O.“ ist vom Genre her genau in meinem Beuteschema bei Thrillern drin, so dass es für mich kein großes Risiko darstellte.

Ich habe „Anna O.“ als Hörbuch gehabt und dadurch mit Oliver Siebeck, Anne Düe, Vera Teltz und Tanja Geke gleich vier Stimmen im Ohr gehabt. Siebeck ist dabei die dominanteste Stimme, weil der von ihm gesprochene Ben die meisten Kapitel hat. Die Frauenstimmen waren zwar auch alle sehr wunderbar, aber hier fand ich es stellenweise etwas schade, dass es mehr Frauenperspektiven als die drei Stimmen gab. Dazu haben sich zwei Stimmen auch nicht überdeutlich voneinander unterschieden. Das hat es bei den Frauen schon mal etwas schwerer mit der Orientierung gemacht, aber irgendwann fällt natürlich auch der Name und dann kann zwischen Annas Mutter, Lola, Clara und wie sie alle heißen auch leichter unterschieden werden. Ich verstehe auch, dass man am Ende für so ein Hörbuch, das preislich natürlich erschwinglich bleiben soll, nicht 10 Sprecher engagiert, aber dennoch, wenn man sich um mehr Vielfalt bemüht, dann wirkt es so, als würde das letzte bisschen noch fehlen. Insgesamt aber dennoch ein gut produziertes Hörbuch.

Was sicher dem Lesefluss von Anfang sehr gut getan hat, das sind die recht kurzen Kapitel, was mir beim Hören noch viel krasser aufgefallen ist, weil manchmal waren wir mitten in einem Gedankenprozess, dann Stille und dann doch wieder Bens Perspektive. Beim selbst Lesen wäre mir das wohl anders aufgefallen, denn da sieht man ja das endende Kapitel. Aber insgesamt ist für Thriller die kurze Kapitelwahl immer clever, weil es mehr Tempo anbietet und mehr Spannung aufbaut. Und das ist hier auch nötig. Denn auch wenn „Anna O.“ für mich eine sehr interessante Prämisse hat und auch sehr starke Teile hat, so ist es insgesamt etwas langgezogen. Ich fand speziell bei Ben einige Gedankengänge wiederholend, gerade wenn er sich wegen seiner Tochter gewisse Vorwürfe gemacht hat, aber die macht er immer wieder und ändern tut er in seinem Verhalten dann doch nichts. Das erscheint unweigerlich dann zäher.

Grundsätzlich war es aber geschickt erzählt und die Perspektivenwechsel haben zusätzliche Fragezeichen beschert. Seien es Andeutungen von Emily, die Geheimnisse versprachen, oder die leichte Aggressivität von Lola und dazu dann natürlich die Tagebucheinträge von Anna, die immer näher auf die große Enthüllung zusteuerten. Die Mischung stimmte, weil das Ganze durch Bens Perspektive auch wissenschaftlich interessant eingebettet wurde. Ich komme selbst aus der Wissenschaft, deswegen kann ich solchen Informationen, auch wen es weit von meinen eigenen Bereichen entfernt ist, dennoch viel abgewinnen. Deswegen mochte ich den Wissenschaftler Ben auch viel lieber als den Privatmenschen Ben. Aber er war auch nicht der Einzige, der zum Zähen stellenweise beigetragen hat. Auch Annas Recherchen zogen sich manchmal.

Letztlich würde ich aber dennoch einschätzen wollen, dass es ein innovativer Thriller ist, der am Ende auch nochmal auffährt und ein paar Wendungen anbietet. Es ist schwer, darauf näher einzugehen, ohne nicht eigentlich schon wieder zu viel zu verraten, aber ich fand die Suche nach dem Kind von Sally Turner sich noch den interessanten Aspekt und dazu natürlich die Einschätzung zu Anna, wozu sie fähig war und ist. Ich habe letztlich noch eine große Überraschung erfahren, aber auch ein bisschen Verwirrung, was Anna letztlich wusste und was nicht.

Fazit: „Anna O.“ von Matthew Blake hat viele starke Momente und ist auch als Hörbuch sehr gut gemacht worden. Aber die zähen Momente lassen sich nicht wegdiskutieren, da wäre etwas mehr Zug im Geschehen nicht schlecht gewesen. Dennoch war es für mich ein Erlebnis mit vielen Überraschungen und neuen Erkenntnissen bezüglich Schlafen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.07.2024

Wurde mir nochmal zu sehr dunkel

Auch am hellsten Tag
0

Ali Kassemyar hat mich mit seinem Erstlingswerk, „Selbst in dunkelster Nacht“, gut unterhalten. Auch wenn er das Genre nicht neu erfunden hat, so hat er sehr echte Figuren geschaffen, auch bei den Nebenfiguren ...

Ali Kassemyar hat mich mit seinem Erstlingswerk, „Selbst in dunkelster Nacht“, gut unterhalten. Auch wenn er das Genre nicht neu erfunden hat, so hat er sehr echte Figuren geschaffen, auch bei den Nebenfiguren und er hat viele Emotionen mit leisen, sanften Tönen erzeugt. So überzeugend ich ihn als Erzähler also fand, so habe ich gleichzeitig schon am Ende gedacht, warum ein zweiter Band? Auch wenn es natürlich einen Cliffhanger nach Band 1 gab, so fühlte sich die Geschichte nicht unendlich weit vom Happy End entfernt. Wie ist nun also dieser zweite Band geworden, der sich nicht so anfühlte, als müsste es ihn geben?

Das Marketing von reverie hat es sehr geschickt gemacht, denn die Dilogie war auf jeden Fall alleine optisch mit der Idee der dunklen und hellen Seite hervorstechend. Die Idee ist natürlich auch passend, denn in Band 1 haben wir Liora und Kieran in all ihrem Leid kennengelernt und nun haben sie das Potenzial zur Genesung, so dass sie wieder das Licht im Leben sehen können. Dementsprechend bin ich schon mit gewissen Hoffnungsgefühlen in die Geschichte reingegangen, denn auch wenn ich Band 1 nicht schwermütig fand, aber ich fand es dennoch an der Zeit, da quasi den Frühjahrsputz zu machen, um die Figuren mit gutem Gewissen gehen lassen zu können. Dementsprechend erdrückend war dann aber der Einstieg in Band 1. Kierans ganze Art war diesmal wirklich extrem schwermütig und runterziehend. Aber auch in der Kleinstadt bei Liora liegt so viel Leid über dem Geschehen und dann noch Jos Schicksal… Es war wirklich sehr, sehr viel Dunkles zum Einstieg, durch das ich mich erstmal graben musste.

Letztlich hat mir hier das Zurückgreifen auch weiteres Leid auch gezeigt, dass dieser Band 2 nicht unbedingt die clevere Wahl war, denn der Inhalt alleine hat nur den Umfang eines runden Buches, zumindest in meinem Empfinden. Das wurde dann auch später deutlich, indem immer nochmal ein Schlenker dazu erfunden wurde, um die Geschichte auf eine typische Buchlänger zu bringen. Vielleicht hat sich das im Schreibprozess für Kassemyar so gar nicht angefühlt, aber ich fand es konstruiert. Auch wie Liora und Kieran sich dann näherkommen, nur damit er dann doch nochmal Abstand und Zeit braucht. Es ist aus wenig nochmal viel versucht worden zu machen, aber es ist einfach nur ein Versuch. Denn mir fiel auch auf, dass es fast nur noch Kierans Geschichte war. Auch wenn wir weiterhin beide Perspektiven haben, aber bei Liora ging es fast nur noch um Kieran. Jos Gesundheit war natürlich nochmal ein Punkt, der vor allem sie betraf und ihre Verlustängste, aber das war auch nur ein kleiner Teil. Ihre Familie spielte keine große Rolle mehr und auch sonst gab es für sie kein Material zum Wachsen mehr.

Kieran war dagegen die sehr dominante Figur und auch wenn ich finde, dass es gelungen ist, sein Gefühlschaos nachvollziehbar darzustellen, so sorgte die Einseitigkeit doch auch dafür, dass ich an manchen Stellen etwas genervt von ihm war. Das hat sich zum Glück immer schnell wieder aufgelöst, weil er eben mit Luke, aber dann auch später mit Chris wirklich emotional und nahbar umgeht. Da fällt es wirklich schwer, genervt zu sein. Deswegen denke ich auch wirklich, dass es einfach ein Nachteil infolge des einseitigen Schwerpunktes war. Denn so wirkte Kieran deutlich egoistischer, während Liora ihre Gefühle quasi geopfert hat und brav wartete. Aber die Geschichte wird tatsächlich noch hell und ich finde auch, dass am Ende alles wirklich schön und rund zusammenkommt. Aber das wäre auch am Ende von Band 1 schon drin gewesen.

Fazit: „Auch am hellsten Tag“ hat mich leider nicht so überzeugen können wie noch der erste Band von Ali Kassemyar. Ich hatte sowas schon befürchtet, weil sich die dargestellte Handlung für mich zu wenig für zwei Bände anfühlte. Das hat sich bestätigt und dazu fand ich auch, dass nochmal viel neues Leid drauf gepackt wurde und dann waren die Perspektiven bzw. die Herausforderungen für Kieran und Liora nicht gerecht verteilt. Es fühlte sich zu sehr nach Kierans Spielweise an. Aber das Ende war auf jeden Fall rund und sehr angemessen für alle.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.07.2024

Unterhaltsames Nachleben

Wolke Sieben ganz nah
0

Normalerweise kann ich Buchgenres und wie sie dann als Film oder Serie umgesetzt werden, ganz strikt für mich trennen. Das liegt oft darin, dass das Medium jeweils ganz unterschiedliche herausstechende ...

Normalerweise kann ich Buchgenres und wie sie dann als Film oder Serie umgesetzt werden, ganz strikt für mich trennen. Das liegt oft darin, dass das Medium jeweils ganz unterschiedliche herausstechende Merkmale hat und dann ist Liebesgeschichte noch lange nicht Liebesgeschichte. Aber ich merke inzwischen immer mehr, dass es tatsächlich auch Bücher gibt, die quasi eins zu eins auf den Bildschirm zu übertragen sind und dann passiert in meinem Kopf etwas ganz Bestimmtes und ich sehe es quasi genau vor mir. Dazu gehört eindeutig auch „Wolke Sieben ganz nah“ von Kirsty Greenwood, die auf dem deutschen Buchmarkt noch ganz neu ist.

Ich habe zwar erst etwas gebraucht, um in das Geschehen hineinzufinden, weil es am Anfang mit dem ‚Tod‘ von Delphi gleich losgeht und wir uns in einer Zwischenwelt befinden, wo sie dann mit der ihr zugeteilten Betreuerin erstmal feilscht. Da erschien alles für den Einstieg arg schwarzhumorig und etwas drüber, aber ich musste beispielsweise auch an die charmante Comedyserie „The Good Place“ denken, wenn auch wirklich nur der Anfang passt. Als wir mit Delphi dann aber wieder zurück auf die Erde geschickt werden, da fügt sich alles immer besser zueinander. Der Humor kommt richtig gut heraus und es gab wirklich einige sehr lustige Passagen, die auch besonders gewirkt haben, weil ich eben die Szenerie schon echt vor Augen hatten. Dazu war für mich aber Trumpf, dass das Buch über sehr individuelle Figuren verfügt. Nicht nur Delphi ist auf ihre Art sehr speziell, sondern alle anderen sind es auch. Sei es Nachbar Cooper und Mr. Yoon, die Kolleginnen von der Apotheke, Aled aus der Bibliothek, da kam schnell etwas zusammen, was sehr ikonisches Potenzial hatte, vor allem weil Delphi vorher so eine Emeretin war und sich mit jeder Figur um sie herum anders öffnen musste.

Auch wenn die Geschichte bis zu einem gewissen Grad vorhersehbar war, nämlich vor allem im Bereich der Liebesgeschichte, dass es eben nicht um den Seelenverwandten Jonah ging, so finde ich doch auch, dass es immer wieder hervorstechende Elemente gab, darunter auch Überraschendes. Denn oft werden solche zweite Chancen-Geschichten dafür genutzt, dass die Figur über sich hinauswächst, was Delphi natürlich auch getan hat, aber sie ist auch an genug Herausforderungen gescheitert und hat ihre Grenzen erkannt, ohne dass man das verurteilen wollen würde. Denn es ist schon wichtig zu wissen, was man kann und was man nicht kann. Besonders schön fand ich dann aber, als alles auf das Ende hinsteuerte, denn dort kam alles von dem bisher Geschehenden zusammen und es ist wirklich rund gemacht worden. Delphi hat sich vor allem auch wegen ihrer Erfahrungen in der Schule und dann wegen des schwierigen Verhältnisses mit ihrer Mutter sehr zurückgezogen und da war es eine schöne Botschaft, wie viele Menschen sie in kurzer Zeit mit ihrer Art berühren konnte.

Etwas, was ich aber als etwas kritisch stehen lassen würde, das ist für mich Merritt und ihre Rolle in dem ganzen Geschehen. Ich habe ihre Erklärungen am Ende nicht komplett logisch durchblicken können und finde auch generell, dass sie etwas drüber war. Die Enthüllung zu ihr hat dann tatsächlich auch nicht so für mich gepasst, weil ich sie charakterlich einfach anders einsortiert hätte. Aber es ist letztlich wahrlich nicht gravierend, denn die Hauptbotschaft des Buchs kam sehr gut rüber.

Fazit: „Wolke Sieben ganz nah“ war eine wirklich lustige RomCom, die zwar etwas übertrieben startet und eine ungewöhnliche Prämisse hat, aber dann in eine wendungsreiche und lehrreiche Reise abdreht, die mich gut an die Seiten gefesselt hat. Es ist nicht die perfekte Lektüre, aber ich habe sie innerlich schon für die große Leinwand verfilmt gesehen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere