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Veröffentlicht am 10.04.2022

Muss sich noch einspielen

Whitestone Hospital - High Hopes
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Auf die neue Whitestone-Hospital-Reihe von Ava Reed habe ich mich wirklich sehr gefreut, denn zum einen bin ich eine riesige Anhängerin von Arztserien und zum anderen fand ich einfach, dass mir schon alleine ...

Auf die neue Whitestone-Hospital-Reihe von Ava Reed habe ich mich wirklich sehr gefreut, denn zum einen bin ich eine riesige Anhängerin von Arztserien und zum anderen fand ich einfach, dass mir schon alleine von der Grundidee her ein frischer Wind entgegenwehte. Das NA-Genre mag für mich zwar noch lange nicht ausgelutscht sein und dennoch darf man dabei auch niemals schlafen, weswegen ich es spannend finde, mal weg vom College zu kommen und sich stattdessen das Krankenhaus als Setting zu nehmen.

Auch wenn die Vorfreude auf „High Hopes“ (wie doppeldeutig der Titel ) wirklich groß war, ist mein Fazit zum ersten Band noch etwas zwiespältig. Ich habe auf jeden Fall gemerkt, dass Ava sehr viel Liebe und Akribie in die medizinischen Fakten gelegt hat, wovor ich den Hut ziehe, denn in so einem komplizierten Fach ist es wahrlich nicht einfach, die Authentizität zu wahren und sie hat sich auf das Risiko eingelassen. Jedoch fand ich stellenweise, dass kein richtiger Erzählfluss aufgekommen ist, weil sich die Autorin eben ein wenig an den Krankheitsbildern abgearbeitet hat. Gerade die ersten Tage am Krankenhaus, wo Laura dann ihre verschiedenen Patient*innen durchging und immer ausführlich erklärt wurde, was gerade vorliegt, ohne dass es aber für die Handlung entscheidend war. Ich bin zwar bei vielen Krankheitsbildern inzwischen sehr gewandt, dennoch glaube ich nicht, dass mir diese Häufung so störend aufgefallen ist, weil es mir so ‚bekannt‘ vorkam, sondern weil es eben zu sehr aneinandergereiht war. Natürlich braucht diese Reihe medizinisches Kontextwissen, sonst wäre das Krankenhaus als Setting absurd. Aber es darf nicht dazu kommen, dass die Krankheitsbilder etwas angeberisch wirken, während dafür die Handlung zu kurz kam. Zum Glück ist dieser Kritikpunkt nicht für den gesamten ersten Band zu nennen, denn ab dem zweiten Drittel ist eine deutliche Besserung zu sehen, wo medizinisches Fachwissen, tatsächliches Geschehen und persönliche Weiterentwicklung sich wirklich überzeugend ergänzen. Das zeigt also, dass es geht, weswegen ich auch schwer hoffe, dass es im Folgeband schon völlig getilgt sein wird.

Bei den Charakteren muss ich auch ein wenig kritisieren, wobei ich glaube, dass meine stellenweise Unzufriedenheit hier eben aus dem vorangegangenen Punkt resultiert, wenn sich das Geschehen teilweise zu sehr am medizinischen Fachwissen aufhält, weil dann eben weniger Zeit für die Charaktere an sich vorhanden ist. Zudem muss man natürlich sagen, dass es eine insgesamt vierbändige Reihe ist, für die noch viele Charaktere wichtig werden, weswegen dann auch hier und da schon Infos gestreut werden, die aber ebenfalls Erzählzeit vom eigentlichen Paar wegnehmen. Diese fehlende Erzählzeit ist mir besonders stark bei Nash aufgefallen, denn es war ohne Frage ein Ungleichgewicht in der Perspektive festzustellen. Laura bekommt mehr Raum zum Wachsen, sie hat die längeren Kapitel, sie hat mehr Kapitel und so lässt sich das beliebig fortsetzen, deswegen habe ich hinterher mit Erschrecken festgestellt, wie wenig ich eigentlich über Nash sagen kann. Über seine Familie und seine Vergangenheit ist kaum etwas durchgedrungen und wir erleben ihn eigentlich nur im Jetzt, was mir doch etwas wenig ist, denn ich will verstehen, warum Figuren sind wie sie sind. Über Laura kann ich deutlich mehr sagen, aber ich fand sie dafür teilweise nicht richtig stimmig. Die ersten Kapitel mit ihr haben mir einen sehr chaotischen Eindruck verschafft und sie wirkte da auch sehr kindlich und unreif irgendwie. Die spätere Laura lässt das nur noch in ihren Anfangstagen aufblitzen, ansonsten macht sie wirklich einen großen Wandel durch. Die spätere Laura gefällt mir da definitiv besser, denn der anfänglichen Laura hätte ich nur ungerne ein Leben anvertraut.

Diese Mängel bezogen auf die Einzelfiguren helfen natürlich auch nicht unbedingt, dass ich von den beiden als Paar völlig begeistert sein kann. Ich fand sie wirklich süß zusammen und ich hatte auch den Eindruck, dass die wirklich innigen Momente echte Chemie erzeugt haben, die sich auf mich übertragen haben, aber die Liebesgeschichte war auch recht einfach gestrickt. Es gab keinen langsamen Aufbau, die Gefühle waren auf einmal da, dann wurde es wieder langsamer in der Gangart, dann wieder auf der Überholspur. So wurde den beiden als Paar nicht alles ermöglicht, was sie verdient gehabt hätten.

Fazit: Nein, „High Hopes“ hat mich wahrlich noch nicht völlig hoffnungsfroh gemacht, aber eben auch keinesfalls hoffnungslos, denn die Grundidee ist grandios und ich glaube, dass sich einfach noch alles einspielen muss. Die Gewichtung der einzelnen Elemente stimmte einfach noch nicht, worunter vor allem Nash als Einzelperson und die beiden als Paar etwas leiden müssen. Aber es trieft aus allen Poren vor Potenzial, so dass ich der Reihe freudig entgegenblicke.

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Veröffentlicht am 30.03.2022

Faszination und Flaute gleichermaßen

Blue Seoul Nights
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Als von Kara Atkin die San Teresa-Trilogie erschienen ist, hatte ich zunächst doch etwas Probleme bei dem ersten Band, aber ich habe geahnt, dass es sich lohnen würde, am Ball zu bleiben und das hat sich ...

Als von Kara Atkin die San Teresa-Trilogie erschienen ist, hatte ich zunächst doch etwas Probleme bei dem ersten Band, aber ich habe geahnt, dass es sich lohnen würde, am Ball zu bleiben und das hat sich mit den beiden nachfolgenden Büchern mehr als bewahrheitet, denn beide haben mich mit ihren Paarungen wirklich sehr berührt. Deswegen war ich sehr gespannt, als ihre neue Dilogie angekündigt worden ist. Als ich gelesen haben, dass diese in Südkorea, genauer in Seoul, spielen wird, war ich schon nicht mehr so überrascht, wie ich es noch bei Anne Pätzold war, die ebenfalls deutlich über den Tellerrand hinausgeschaut hat. Deswegen hat es mich sogar im Gegenteil fasziniert, mit Atkin ebenfalls in dieses für mich doch immer noch kulturelle Neuland einzutauchen, da es eben auch eine andere Perspektive ist. Zudem spielt die Dilogie eben vollständig vor Ort, was auch noch einmal ganz andere Möglichkeiten bietet. Während sich Pätzold vor allem auch um K-Pop gekümmert hat, habe ich es hier sehr genossen, auch viel mehr über die Ortschaften, die Konventionen etc. zu erfahren.

Bleibe ich doch beim richtigen Eintauchen in den Inhalt gleich bei der Darstellung von Seoul. Ich habe nicht nachrecherchiert, ob Atkin selbst schon vor Ort war, aber so wie sie mich in eine andere Welt entführt hat, kann das gar nicht anders sein. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass es ihr ganz hervorragend gelungen ist, mich mit auf eine ferne Urlaubsreise zu nehmen und mir mit fiktiven Umständen etwas vertraut zu machen, was ich bis dato gar nicht kannte. Das Schöne ist auch, dass wir komplett in der Perspektive von Jade bleiben, so dass wir stets mit ihr die Neue bleiben und daher immer fleißig weiter das neue Land erkunden können. Aber nicht nur die Landschaft, die Gestaltung der Stadt und Ähnliches nimmt Raum ein, sondern auch die Sprache, wo immer mal wieder kleinere Hinweise eingestreut werden. Das war wirklich sehr spannend und alleine deswegen bin ich schon auf „Golden Seoul Days“ gespannt und was mich dort wohl alles noch erwarten wird.

Wenn wir jetzt zur eigentlichen Geschichte kommen, dann ergibt sich ein etwas ambivalenteres Bild und meine bedingungslose Euphorie ist nicht mehr ganz so ausgeprägt. Insgesamt ist es wieder ein toll zu lesendes Buch, aber die Passagen, wo ich gedanklich wegdriftete und wo ich wirklich eins mit der Geschichte war, das hat sich zu sehr abgewechselt, denn eigentlich will ich durchgängig gefesselt bleiben. Ein Hauptgrund für diesen Eindruck ist sicherlich, dass die Geschichte teilweise zu ereignislos ist. Ereignislos ist nicht automatisch schlecht, weil ich es auch oft genug großartig finden, wenn wirklich emotional in die Tiefe gegangen wird, aber speziell hier bei „Blue Seoul Nights“ hat es mich regelrecht dazu gedrängt, mehr zu erleben. Ich bin zwar wahrlich keine Partymaus, aber die Szene recht am Anfang, als Jade zum ersten Mal aus ist und Hyun-Joon kennenlernt, die war voller Leben. Aber auch die Gemeinschaft der Figuren mit Lauren, David und Co, das hat einfach Lust auf mehr gemacht. Aber je näher Jade Hyun-Joon kommt, desto mehr beschränkt sich diese Geschichte nur noch auf die beiden und alles andere wurde zunehmend ausgeblendet. Jades Erkundungstouren haben wir dann eher nur noch aus Erzählungen denn aus Live-Erlebnissen mitbekommen. Stattdessen waren wir dann in vielen Gedankenspiralen drin, die sich immer wieder wiederholten, ohne dass wir aber entscheidend vorangekommen wären. Deswegen hatte ich an einigen Stellen leider das Bedürfnis, das Geschehen einmal vorzuspulen.

Dennoch bin ich natürlich am Ball geblieben, zumal dann eben mit Suizidalität ein wichtiges Thema angegangen wird, das solche Gedankenspiralen auch braucht, um ihm gerecht zu werden. Man konnte Jades inneren Kampf schon gut nachvollziehen, aber vielleicht konnte ich auch nicht alles mit ihr so mitgehen, weil sie oft inkonsequent wirkte. Wie sie ihren besten Freund Chris stellenweise behandelt hat, das konnte ich nicht einfach mit Trauer für okay erklären lassen. Schließlich haben stellenweise aber auch die Zeitsprünge nicht geholfen, weil Chris gerade noch Geldprobleme hat und im nächsten Moment ist Jade mit zwei Jobs beschäftigt und läuft wie eine lebende Leiche durch die Gegend. Deswegen häufen sich bei mir die Hinweise, dass eher handwerklich diesmal nicht alles gestimmt hat, während die Geschichte eigentlich an sich alles hatte, was man braucht. Erst zum Ende hin würde ich auch dort Kritikpunkte finden, denn Hyun-Joon wurde in eine Ecke gedrängt, die ich glaube ich unfair gegenüber ist und Jade wiederum sprach mehrfach davon, sie sei süchtig nach ihm, um es dann okay zu finden, jahrelang von ihm getrennt zu sein. Hier sollte natürlich auf einen Cliffhanger hingearbeitet werden, aber das war zu gekünstelt. Leider.

Fazit: „Blue Seoul Nights“ ist grundsätzlich ein unterhaltsames Buch, das überzeugend in eine für mich fremde Welt einführt und mich heimisch fühlen lässt. Jedoch ist das Buch handwerklich nicht konsequent genug gestaltet, was sich irgendwann auch auf die Figuren auswirkt. Richtige starke Passagen sind so auch mal mit Flaute abgewechselt, aber dennoch freue ich mich auf den Abschlussband.

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Veröffentlicht am 22.03.2022

Überdeutliche Verbesserung

The Reason of Love
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„The Dream of Us“ war meine erste Begegnung mit Ivy Kazi und während ich mir stilistisch sofort sicher war, hier eine gute Autorin zwischen zu haben, gab es leider auf inhaltlicher Ebene einige Enttäuschungen, ...

„The Dream of Us“ war meine erste Begegnung mit Ivy Kazi und während ich mir stilistisch sofort sicher war, hier eine gute Autorin zwischen zu haben, gab es leider auf inhaltlicher Ebene einige Enttäuschungen, die eine bessere Bewertung verhindert haben. Mir war aber gleich klar, dass ich die Reihe vom St. Clair Campus weiterverfolgen würde, denn falsche inhaltliche Entscheidungen zu treffen, den Zirkel kann man durchaus durchbrechen. Und was soll ich sagen? Der zweite Band, „The Reason of Love“ ist definitiv eine deutliche Verbesserung.

Gerade in Bezug auf Haley hatte ich bereits Großes erwartet, weil sie mit ihren Eigenarten und ihrer Klappe, die vor allem gerne dann aufgeht, wenn es nicht passend ist, mir sofort im Gedächtnis geblieben ist und ich wollte sie unbedingt näher kennenlernen und dadurch verstehen können. Mateo war mir noch etwas zu sehr Player im ersten Band, wobei man dennoch gemerkt hat, dass er etwas Gutes an sich hat und das wird hier im zweiten Band auch voll ausgespielt, weswegen ich absolut nichts dagegen machen konnte, ich habe mich in Haley und Mateo als Paar einfach verliebt. Ich kann es auch gar nicht so genau erklären, aber es sind mir eh immer die liebsten Paarungen in NA, bei der mir einfach das Gefühl sagt, es passt und wo es weniger rationale Argumente für gibt. Und dennoch habe ich natürlich auch ein paar Begründungen parat.

Haley ist wirklich ein herzensguter Mensch. Ich konnte im ganzen Buch wirklich keine Stelle finden, wo mir konkret ihr Verhalten als seltsam ins Auge gefallen wäre. Ich mag es auch, dass sie aufgrund der Tatsache, dass sie immer schon eine Außenseiterin war, sich einen optischen Panzer angelegt hat, um alten Vorurteilen zu ergehen, weil ich es echt gut nachvollziehen kann. Am meisten mag ich aber, dass sie trotz der Traumata ihrer Jugend nicht verschüchtert ist. Sie sagt, was sie denkt, sie steht für Meinungsschwache ein und generell ist sie eine Kämpferin für das Gute. Es ist daher leicht gewesen, ihr ihr Happy End zu wünschen. Ich fand es auch gut, dass Haley nicht von einer überdramatischen Geschichte begleitet wurde. Ihr Vater ist lieber in der Weltgeschichte als bei der Familie unterwegs, aber daraus musste kein Geheimnis gemacht waren. Bei Mateo war es etwas anders, weil wir auch seine Perspektive nicht miterleben und deswegen gleich klar war, dass wir über seine Vergangenheit definitiv erst noch etwas erfahren müssen. Aber auch das wurde nicht ewig hinausgezögert, auch das wurde nicht dramatisiert, sondern es wurde damit gearbeitet und das hat mir wirklich gefallen. Zudem ist Mateo trotz seines Rufs als Frauenheld definitiv Feminist. Es war spannend zu begreifen, wie er über die Frauen in seinem Leben denkt. Er spielt mit keiner, alle kennen vorher die Wahrheit und auch wenn er für sein Leben gerne flirtet, es ist immer ehrlich. Deswegen war sein Werben um Haley auch einfach das Beste an dem ganzen Buch, weil es wirklich um sie als Mensch ging und das hat mich sehr berührt.

All diese Punkte haben mich lange glauben lassen, dass wir auf eine überzeugte 5-Sterne-Bewertung hinsteuern, aber letztlich haben sich in der zweiten Hälfte dann doch wieder ein paar inhaltliche Schwächen ergeben. Manchmal war der Aufbau der Beziehung der beiden nicht ganz konsequent, oder vielleicht hätte ich nur einfach eine andere Konsequenz gesehen, aber nach Küssen hätte ich es definitiv normal gefunden, da mal tiefer einzutauchen. Spätestens dann aber die Fake-Beziehung war leider ein Punkt, den ich nicht mittragen konnte. Argumentativ habe ich das alles nachvollziehen können, aber das war kein Hindernis, das ich mir vorher so hätte ausgemalt, zumal es eben auch viele prickelnde Aspekte verhindert. Da nun alles ‚verboten‘ war, war nicht mehr viel Unbeschwertheit da und deswegen wurde nach hinten heraus einiges etwas ausgebremst. Auch die Nachhilfe war plötzlich überhaupt kein Thema mehr. Ich bin zwar froh, dass Bo nun auch sein Glück gefunden hat, aber nee, das war nicht ganz so passend. Dennoch gab es durch diese Aspekte noch tolle Momente, wie das Coming-Out und auch sonst viele beschützende Momente. Das war dann auch nötig, denn ich wollte doch mit einem guten Gefühl aus der Geschichte gehen und das wurde erfüllt: Haley und Mateo haben definitiv mein Herz erobert und werden da auch bleiben.

Fazit: Ivy Kazi verbessert sich mit „The Reason of Love“ deutlich, denn gerade die Paarung Haley und Mateo ist für mich völlig durch die Decke gegangen. In der zweiten Hälfte schleichen sich wieder inhaltliche Schwäche ein, aber das ist deutlich weniger und für mich bleibt im Gedächtnis, dass es einfach Liebe auf den ersten Blick mit dem Protagonistenpärchen war.

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Veröffentlicht am 21.03.2022

Bleibt für langatmigen Mittelteil in Erinnerung

Ein Teil von ihr
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Karin Slaughter ist eine sehr erfolgreiche Thrillerautorin, weswegen man diesen Namen einfach kennt, wenn man in der Bücherwelt zuhause ist. Dennoch hatte ich vor „Ein Teil von ihr“ nur ein einziges Buch ...

Karin Slaughter ist eine sehr erfolgreiche Thrillerautorin, weswegen man diesen Namen einfach kennt, wenn man in der Bücherwelt zuhause ist. Dennoch hatte ich vor „Ein Teil von ihr“ nur ein einziges Buch von ihr gelesen, was mir selbst schon ein wenig unangenehm ist. Das Interesse an „Ein Teil von ihr“ ist natürlich wegen der Serienadaption durch Netflix entstanden, weswegen ich den Roman unbedingt vorher noch lesen wollte, um anschließend mir ein vergleichendes Bild machen zu können.

Der Einstieg von „Ein Teil von ihr“ ist sehr vielversprechend gelungen. Zwar ist es etwas schwierig, durch Andys Perspektive gleich einen kompakten Überblick zu bekommen, aber da gleich eine Highlightszene so früh gesetzt wird, verschwinden diese Gedanken auch schnell wieder, weil man erstmal mit offenem Mund die Seiten weiterblättert. Die Szene in dem Diner war wirklich sehr spannend inszeniert und hat natürlich gleich offenbart, dass mit Laura etwas ganz anders ist, als uns in den Szenen davor weiß gemacht werden sollte. Doch bei dieser Heldentat im Diner bleibt es nicht, relativ schnell wird noch eine zweite Szene hinterhergeschoben, bei der es ordentlich zur Sache geht. Natürlich lässt so ein Auftakt dann Erwartungen entstehen, weil so die ersten 100 Seiten wirklich ein wilder Ritt waren, doch leider kommt es hiernach zu einem Bruch im Buch, der mich doch sehr frustriert hat.

Mit Andy auf der Flucht beginnt nämlich ein unheimlich langatmiger Teil. Wir sind oft in ellenlangen Gedankenspiralen mit ihr gefangen, die zwar durchaus verständlich sind, wenn das Leben von heute auf morgen auf den Kopf gestellt wird, aber sie waren anstrengend mitzuverfolgen. Zumal Andy dann auch oft eher unvernünftig handelt, so dass es mir schwer gemacht wurde, nicht ständig die Augen zu verdrehen. Parallel haben wir dann immer Rückblenden in die 80er, aber die setzen so urplötzlich ein und konfrontieren uns mit zig Namen, die bis dato gar nicht gefallen sind, so dass ich große Probleme mit der Erstorientierung hatte. Nachdem dann einmal klar war, dass wir nun die Wahrheit über Laura erfahren, hat es zwar besser geklappt, aber leider bin ich auch hier inhaltlich nicht überzeugt worden. Denn sie steckt in einer toxischen Beziehung, ihre Organisation, die sich eine neue Welt ausmalt, ist voll von Fanatikern und auch sonst sind nur Figuren um sie herum, die dunkle Geheimnisse haben oder aus sonstigen Gründen völlig unberechenbar sind. Dadurch war es schwer für mich, einen Anker in der Handlung zu werfen. Zudem ist mein Eindruck auch, dass die Geschichte der Vergangenheit auf Lücke gestaltet ist. Ich hatte immer wieder zig Fragezeichen im Kopf, Antworten habe ich nie bekommen. Zudem sind die Kapitel auch viel zu lang. Wenn die Handlung schon so langatmig ist, dann ist es immer gut, wenn die Erzählstilistik die benötigten Pausen bietet. Da dem aber nicht so war, ist der Eindruck noch verschärft worden, dass sich alles wie ein Kaugummi zieht.

Erst am Ende wieder hat die Geschichte ihren Bogen gefunden, weil Andy auf einen großen Showdown zugeht, wo viele Wahrheiten auf den Tisch kommen, wenn auch weiterhin nicht alle. Auch der Epilog, wenn auch erneut viel zu lang, bildet den passenden Abschluss, weil sich so deutlich ein Kreis schließt. Alles in allem ist es aber vielleicht gar nicht selbstverständlich, es überhaupt bis zum Ende zu schaffen.

Fazit: „Ein Teil von ihr“ ist für mich persönlich eher ein frustrierendes Leseerlebnis gewesen, denn nach einem atemraubenden Einstieg war schnell alle Luft weg und beide große Teilhandlungen waren viel zu langatmig und haben mich kaum fesseln können. Zwar ist das Ende wieder okay, aber insgesamt hätte mich das Buch gewiss nicht zu einer Serie inspiriert. Dennoch bin ich nun gespannt auf das Ergebnis von Netflix, denn gerade den Teil mit Andy kann man so gar nicht transportieren, er muss also anders gelöst werden, was ja durchaus vielversprechend werden könnte.

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Veröffentlicht am 21.03.2022

Autorinnenstimme wird weiter geschärft

Worlds Collide
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Nachdem es bei mir schon große Begeisterung heraufbeschworen hat, als von Anabelle Stehl, die ich bereits seit ihren Blogger-Zeiten kenne, die „Away“-Reihe erschienen ist, ist natürlich die zweite Reihe ...

Nachdem es bei mir schon große Begeisterung heraufbeschworen hat, als von Anabelle Stehl, die ich bereits seit ihren Blogger-Zeiten kenne, die „Away“-Reihe erschienen ist, ist natürlich die zweite Reihe immer noch besonderer, denn da heißt es endgültig zu beweisen, dass man keine Eintagsfliege ist. Schon in der ersten Reihe ist deutlich aufgefallen, dass Stehl sich eine ganz eigene Autorinnenstimme angeeignet hat und diese schärft sich mit „Worlds Collide“ noch einmal mehr und dennoch sind die Reihen nicht miteinander zu vergleichen und das ist das zweite geforderte Talent, dass man eine Stimme hat, sich aber dennoch ständig neu erfindet.

Die „World“-Reihe spielt in der Welt der Influencer. Nun wahrlich nicht meine eigene Lebenswelt und wahrscheinlich muss ich zugeben, dass ich tendenziell eher vorurteilbehaftet bin, weil ich richtig ehrliche Stimmen da viel zu selten entdecken. Mit Anne Pätzold habe ich aber auch K-Pop entdecken dürfen und habe mich darauf einfach eingelassen und wurde belohnt. So ist es mir jetzt auch bei „Worlds Collide“ gegangen, denn es war schon faszinierend, mit Fiona und Demian hinter die Kulissen zu blicken. Zumal sie beide auch völlig unterschiedliche Teile dieser Welt darstellen, weswegen der Buchtitel auch so perfekt gewählt ist, denn es treffen wirklich zwei Menschen aufeinander, die auf einem Portal gemeinsam unterwegs sind, aber dennoch nicht unterschiedlicher darüber denken könnten. Für Fiona war Social Media eine Möglichkeit, aus ihrem Leben auszubrechen und das zu finden, worauf es im Leben wirklich ankommt. Für Demian ist es nur Mittel zum Zweck, denn eigentlich will er nur auf seinen Traum hinarbeiten, an einer besonderen Akademie für Astronomie angenommen zu werden, denn das ist, wofür er brennt. Hiermit werden dann auch die persönlichen Unterschiede zwischen Demian und Fiona verdeutlicht, denn er ist Wissenschaftler, er zerdenkt alles, Fiona ist der kreative Kopf, sie entscheidet aus dem Bauch heraus, immer ihren Instinkten folgend. Dennoch ist es keine „Frenemies“-Geschichte, denn man merkt deutlich, dass Demian dafür auch gar nicht der Typ ist. Er hat das Herz auf dem rechten Fleck und als er erstmals etwas bei Fiona etwas erahnt, was er ihr aberkannt hat, da will er das wiedergutmachen.

Alleine an diesem Abschnitt dürfte man schon gemerkt haben, dass mich die Figuren an sich schon vollkommen fasziniert haben. Ich habe weder bei Fiona noch bei Demian alles mittragen können, was sie tun und was sie denken, aber das ist auch gar nicht die Aufgabe. Es ist einfach die Aufgabe, dass ich die Charaktere verstehe, mich in sie hineinversetzen will, um dann mit ihnen zu leiden. Das ist definitiv gelungen. Bei Fiona ist es natürlich vor allem ihre schwere Kindheit und besonders das Verhältnis zu ihrer Mutter, was mich als Leserin sehr mitgenommen hat. Ich fand es gut, dass hier konsequent eine toxische Beziehung inszeniert wurde, ohne am Ende ein unrealistisches Happy End zu erzwingen, denn das hätte zu dieser Geschichte nicht gepasst. Es war verdammt hart mitzuerleben, wie Fionas Mutter denkt und handelt, aber es war in sich konsequent und es war der entscheidende Teil, der Fionas Reise zu sich selbst ausgelöst hat. Bei Demian sieht es so düster gar nicht aus, weil er eine herzensgute Familie hat und dennoch hat auch er seine Dämonen, weil er den einen großen Traum hat, der ihm bislang verwehr wurde und weil er sich deswegen nicht gut genug fühlt, vor allem für seine Familie nicht. Das Schöne bei Demian ist aber, er ist jemand, der zu seinen Fehlern steht und das erkennt man sofort. Durch Fionas Perspektive wird anfangs ein feindliches Bild gezeichnet, doch das kann er mit seiner eigenen Perspektive schnell aufheben, denn es ist klar, dieser Kerl kann nichts Böses wollen. Er handelt nicht immer geschickt, vermutlich auch, weil er immer erst alles genau bedenken muss und dann die Abfahrt verpasst, aber es sind eben die Gegensätze, die hier spannend sind, weil die beiden einen Weg finden, daraus Gemeinsamkeiten zu machen und das ist es doch eigentlich, was Beziehungen zentral ausmachen sollte.

Fiona und Demian haben wahrlich keine Wirbelwind-Romanze und auch extreme Erotik wird hier nicht geboten, aber das ist auch Teil von Stehls Stil. Ihr geht es mehr um das Zwischenmenschliche, um die emotionale Ebene und das respektiere ich sehr, weil es auch Raum für die Themen schafft. Neben dem Einblick in die Welt der Influencer geht es auch um Cancel Culture, eben auch um toxische Themen und diese müssen ja erstmal so transportiert werden, damit sie mit mir als Leserin etwas machen und das ist geschafft worden. Gerade Fiona ist auch eine Figur bei Social Media, die ich mir da immer wünsche, weil man ihre ehrlichen Absichten wirklich gut nachvollziehen können. Aber es ist dennoch eine komplizierte Welt und ich bin gespannt, welche Höhen und Tiefen uns noch geboten werden. Letztlich hatte ich auch noch ein paar Fragezeichen zu einigen Kleinigkeiten, aber alles in allem hat mich das beim Lesen nicht wirklich gestört, weil die Geschichte an sich dennoch rund war.

Fazit: „Worlds Collide“ ist bislang definitiv das beste Buch von Anabelle Stehl und auch ohne Vergleiche ist es eine wirkliche Hausnummer. Hier hat es sich gelohnt, dass es so viele Seiten geworden sind, denn es wird alles schön rund und zufriedenstellend erzählt. Die Themen bekommen den Raum, den sie verdient haben und dabei bleibt es dennoch stets kurzweilig. Das Buch kann ich also wirklich nur von Herzen empfehlen, auch weil es in dem Genre New Adult sich deutlich positioniert bekommt.

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