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Veröffentlicht am 27.12.2021

Inhaltliche Hürden

The Dream Of Us
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Yvy Kazi ist im Buchgeschäft kein Neuling, da sie bereits bei Ullsteins Forever sowie ganz kleinen Verlagen veröffentlicht hat, aber einer breiten Öffentlichkeit wird sie jetzt erst durch ihre erste NA-Reihe ...

Yvy Kazi ist im Buchgeschäft kein Neuling, da sie bereits bei Ullsteins Forever sowie ganz kleinen Verlagen veröffentlicht hat, aber einer breiten Öffentlichkeit wird sie jetzt erst durch ihre erste NA-Reihe bei Lyx bekannt. Auch für mich ist die Reihe am St. Clair Campus meine erste Begegnung mit der Autorin. In diesem Jahr habe ich außergewöhnlich viele neue Stimmen in diesem Genre gelesen und keine hat mich wirklich enttäuscht, weil überall viel Potenzial schlummerte. Wie ist es bei Kazi?

Zunächst einmal können wir das Wichtigste vorwegnehmen: Kazi kann schreiben, man merkt ihr auch ihre Erfahrung an. Dementsprechend werde ich die Reihe auch definitiv fortsetzen, aber dennoch ist „The Dream of Us“, der Auftakt der Reihe, kein Liebling von mir und das hat inhaltliche Gründe. Das Buch ging wirklich gut los, denn ich mochte July auf Anhieb, ich mochte die Einbindung von Cheerleading und am meisten mochte ich sofort Drew, der taub ist. Das habe ich bei einer Liebesgeschichte bei NA so auch noch nicht erlebt und ich mag es wirklich sehr, außergewöhnliche Umstände überzeugend in ein übliches Korsett angepasst zu sehen. Doch so süß wie Drew und July anfangs miteinander waren, ich hatte das Gefühl, dass der Fokus im letzten Drittel völlig von ihm weggegangen ist. Weiterhin kommt hinzu, dass ich den Umgang mit ihm aus vielfältiger Perspektive furchtbar ignorant fand. July hat sich stets auf ihn eingestellt und ich ging es auch immer darum, ihn einzubinden, doch wenn er teilweise auf Partys dabei war oder bei Julys Familie zu Gast war, ich hatte nicht den Eindruck, dass sich dort besonders Mühe gegeben worden ist, ihn einzubinden. Teilweise wurde sogar über ihn geredet und darauf gesetzt, dass er nicht alles von den Lippen ablesen kann und das fand ich dann sogar nur noch frech. Leider gab es auch seine Erzählperspektive nicht, dabei wäre die soooo spannend gewesen. Ich hatte also insgesamt das Gefühl, dass es eigentlich nur Julys Geschichte war, in die Drew aus Versehen gestolpert ist. Diese Gewichtung ist meiner Meinung nach aber definitiv die falsche Entscheidung gewesen.

Dennoch möchte ich nicht leugnen, dass es mir mit July Spaß bereitet hat. Sie ist eine sympathische Protagonistin, sie ist mutig, durchsetzungsstark und dennoch sensibel und harmoniebedürftig. Zudem hatte sie zu keinem Zeitpunkt über Vorurteile gegenüber Drew, sie hat sich stets sehr um ihn bemüht, auch wenn sie ihm nicht immer recht getan hat, aber das war auch eher ihren Erfahrungen geschuldet. Ich habe ihre Geschichte mitsamt Verlust der Mutter, die Liebe für das Cheerleading, die Liebe für die damit verbundene Welt und ihre Zukunftsträume wirklich gut nachvollziehen können. Doch nach ihrem folgenschweren Unfall hat sich die Geschichte in eine Richtung entwickelt, die für mich überhaupt nicht in dieses Buch gepasst hat. Es ging nur noch um die Verschuldung des Vaters und dass damit Kriminelle in ihr Leben gekommen sind, die sogar dafür gesorgt haben, dass die Familie um ihr Leben fürchten muss. Alles schön und gut, aber diese Handlung hat aus zwei Gründen für mich nicht funktioniert. Zum einen war mir Julys Vater überhaupt nicht sympathisch, deswegen habe ich auch nicht mit ihm leiden können. Wie er sich auch verhalten hat, das war nur noch zum an die Decke gehen und dann verstehe ich eben nicht, dass die Geschichte darüber gehen muss, wenn es doch auch um Drew als Ausgleich hätte gehen können. Sorry, aber hier ist noch ein großer Fehler gemacht worden. Man sollte aber deutlich sehen, dass meine Kritikpunkte grundsätzlich nur die Entscheidungen bei der Handlung betreffen, aber handwerklich ist alles völlig in Ordnung, weswegen ich davon ausgehe, dass es auch in Zukunft sofort ein Buch geben könnte, für das ich Kazi feiern werde.

Fazit: Der Auftakt von Kazis neuer NA-Reihe bei Lyx, „The Dream of Us“, hat mich leider aus vielfältigen Gründen inhaltlich nicht überzeugen können. Handwerklich bin ich einer guten Autorin begegnet, weswegen ich auch fest davon ausgehe, dass eines der nächsten Bände mein Herz im Sturm erobern wird. Aber hier wurden ein paar Entscheidungen getroffen, über die ich mich immer wieder geärgert habe und so ein Eindruck beeinflusst den Leseprozess doch zu sehr. Dennoch bin ich gespannt, was die Zukunft am St. Clair Campus bringen wird!

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Veröffentlicht am 17.12.2021

Melancholisch und Eintauchen in eine andere Kultur

Like water in your hands
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Auf die Erscheinung von Mehwish Sohails erster NA-Reihe bei Lyx war ich persönlich sehr gespannt und nach einigem Verschieben des Veröffentlichungstermins war es nun endlich so weit. Für mich war der Reiz ...

Auf die Erscheinung von Mehwish Sohails erster NA-Reihe bei Lyx war ich persönlich sehr gespannt und nach einigem Verschieben des Veröffentlichungstermins war es nun endlich so weit. Für mich war der Reiz vor allem, dass die Hauptfiguren Pakistani sind und somit ein ganz anderes kulturelles Umfeld geboten wurde. Wenn man NA liest, dann lebt man als LeserIn damit, dass es eine gewisse inhaltliche Eintönigkeit gibt. Dementsprechend bietet Sohail mit diesem neuen inhaltlichen Korsett ganz neue Möglichkeiten und darauf war ich wirklich gespannt, das zu entdecken.

Das Wichtigste für mich vorweg war definitiv die Erkenntnis, dass Sohail schreiben kann. Da es ihr Debüt ist, war es für mich keine Selbstverständlichkeit, dass ihr Schreibstil mir entgegenkommt, aber da musste ich mir wirklich keine Gedanken machen, da ich von vorne bis hinten mit den Worten eingefangen wurde und kein Stutzen empfunden habe. Insgesamt muss ich auch angesichts vieler Details an den richtigen Stellen unterstreichen, dass der gesamte Aufbau, das Durchdenken des Inhalts wirklich beeindruckend sind. Wenn Sohail schon mit dem Erstling so umzugehen weiß, dann sehe ich wirklich sehr positiv in die Zukunft von ihr. Damit dürfte an dieser Stelle wohl schon klar sein, dass ich bei der weiteren Reihe definitiv am Ball bleiben werde.

Der kulturelle Aspekt ist ebenfalls überzeugend gelungen. Durch die diversen Zusammenkünfte, sei es durch Hochzeiten oder durch private Zusammentreffen, ist immer wieder die Gelegenheit geboten worden, sich mit den Pakistani vertraut zu machen. Mit ihrem Denken, mit ihrem Zusammenhalt, mit ihrem Verständnis von Familie, aber natürlich auch Identitätsfindung in einem fremden Land. Denn das ist ein zentrales Thema dieses Buchs. Arwa ist schon die zweite Generation, die Wurzeln in Österreich schlägt. Sie hat eine sehr helle Hautfarbe, weswegen für sie das Thema nicht ganz so entscheidend ist und dennoch war ihr ganzes Leben davon geprägt und das vor allem durch die Generation ihrer Eltern, die den Schritt von Pakistan nach Wien gewagt haben, die damit trotz neuer Hoffnung auch entwurzelt wurden und schwer zu kämpfen hatten. Aber auch in Tariqs Familie ist dies ein großes Thema, was dann automatisch auch Arwa und Tariq enger zusammengeschweißt hat, weil sie ein Verständnis hatten. Damit werden die kulturellen Aspekte also nicht durch eine rosarote Brille beleuchtet, sondern mit dem Realitätscheck. Und der familiäre Druck, nach den alten Traditionen zu leben, zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Dabei war aber stets auffallend, dass die Darstellung nicht von Klischees geprägt war, denn es gab immer zwei Seiten. Das ist vermutlich so einnehmend gelungen, weil Sohail von mittendrin stammt und weil sie gewiss kein Interesse daran hatte, ihre Kultur zu diffamieren, sondern sie darzulegen, wie sie tatsächlich ist. Von dort aus kann sich dann jede oder jeder Außenstehende selbst sein Bild machen.

Was definitiv mehr von mir verlangt hat als Leserin, das war die Tatsache, dass in „Like Wate in Your Hands“ sehr viel mentale Gesundheit dargeboten wird. Das finde ich zunächst einmal respektabel, birgt aber natürlich auch gewisse Risiken, was sich in diesem konkreten Buch darin ausgedrückt hat, dass die Stimmung der Erzählung sehr melancholisch war. Es gab wirklich nur sehr, sehr wenige Szenen, in denen wirklich reines Glück zu spüren war. Über jedem kleinen Fitzel Unbeschwertheit lag immer auch eine Decke, die immer näherkam, so dass die Lockerheit immer genauso schnell verschwunden war, wie sie aufgekommen ist. Ich brauche bei NA keine Zuckerwattenstimmung, es darf gerne dorthin gehen, wo es wehtut und dennoch muss es eine gewisse Balance geben. Denn in NA wird immer noch eine Liebesgeschichte erzählt und da brauche ich dann manchmal auch die gewisse Stimmung, damit die Liebe auch wirklich bei mir ankommt. Insgesamt war mir das Buch also doch etwas zu melancholisch. Andererseits hätte ich es auch scharf kritisiert, wenn es am Ende eine Wunderheilung gegeben hätte, dementsprechend bin ich mit diesem Authentizitätsbemühen dann doch glücklicher.

Zudem war es trotz der Stimmung so, dass ich Arwa so gut nachvollziehen konnte. Eine gewisse Hypersensibilität habe ich auch, deswegen war es oft so, als wären Arwas Gedanken auch meine, weil ich viele Situationen schon genau so empfunden habe und auch wenn es auf der einen Seite beängstigend war, die eigenen Gedanken so in den niedergeschriebenen Worten wiederzuerkennen, so war es auf der anderen Seite auch tröstlich. Bei Tariq ist es etwas schwieriger. Im ersten Teil schauen wir gar nicht hinter seinen Kopf und im zweiten Teil geht es zunächst nur um ihn und da war es schon ein herber Schlag, in seine dunklen Gedanken einzutauchen. Insgesamt fand ich auch, dass seine Gefühle sich mir nicht gänzlich erschlossen habe. Ich hatte immer das Gefühl, dass mir noch eine Ebene fehlt. Das ist für mich besonders deutlich geworden, da auch in Bezug auf seine Geschwister viele Andeutungen gemacht werden. Auch wenn jede und jeder ihr oder sein Päckchen zu tragen hat, so wirkte es zu geballt, als ob alle unbedingt in die Knie gerungen werden musste. Aber Tariqs persönliche Seite hat der Geschichte auch etwas sehr Erwachsenes mitgegeben. Es war hier nur nicht so natürlich für mich wie bei Arwa.

Fazit: „Like Water in Your Hands” hat die Wartezeit definitiv genutzt, den für ein Debüt ist es wirklich sehr überzeugend geworden. Vor allem von handwerklichen her, bei dem auch deutlich wurde, dass die Autorin auch bereit ist, ihre eigene Wege zu gehen und keine klassische Liebesgeschichte zwingend erzählen muss. Das Eintauchen in eine fremde Kultur hat mich am meisten überzeugt. Aber auch die Darstellung von mentaler Gesundheit ist andächtig angegangen worden, gerade in Arwa habe ich mich auf erschreckende Weise wiedererkannt. Insgesamt war mir die Stimmung zu melancholisch, etwas mehr Unbedarftheit hier und dort wäre wirklich noch das gewesen, was eine sehr gute Lektüre zu einer perfekten gemacht hätte. Aber Hut ab!

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Veröffentlicht am 05.12.2021

Fox und Standalones - schwierig

606
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Candice Fox habe ich durch ihre jeweiligen Trilogien „Hades“ und „Crimson Lake“ wirklich sehr zu schätzen gelernt. Nach „Dark“ im letzten Jahr ist mit „606“ nun der nächste Standalone-Roman von ihr erschienen ...

Candice Fox habe ich durch ihre jeweiligen Trilogien „Hades“ und „Crimson Lake“ wirklich sehr zu schätzen gelernt. Nach „Dark“ im letzten Jahr ist mit „606“ nun der nächste Standalone-Roman von ihr erschienen und ich kann mir nicht helfen, aber ich habe den Eindruck, dass sich die gebürtige Australierin mit Reihen deutlich leichter tut als mit Einzelbänden, denn „Dark“ hat mich bereits nicht unbedingt überzeugt und bei „606“ gilt das erst recht. Erfahrt nachfolgend, woran das meiner Meinung nach liegt.

Fox steht für mich für verrückte Charaktere, für düstere Settings und wenn diese beiden Aspekte zusammengeführt werden, ist selbst in dem größten inhaltlichen Elend noch etwas Tröstliches zu finden und da sind entscheidend die Figuren für zuständig, weil sie mit ihrer Art, mit ihren zahlreichen Macken, die einem unweigerlich ans Herz wachsen, ein Schmunzeln bei den Leser*innen auslösen. Die Bindung an außergewöhnliche Figuren erfolgt aber natürlich am besten über mehrere Bände hinweg, weswegen „Hades“ und „Crimson Lake“ mir auch so gut gefallen hat. Da waren nicht gleich von Anfang an sofortige Sympathien da, sondern es war ein langsamer Prozess, der aber zu einem engen Verhältnis geführt hat. „Dark“ fühlte sich schon so an, als wäre auch hier wieder der Beginn einer neuen Reihe geboten, weil es auch hier erst den Gewöhnungseffekt brauchte und dann war es eigentlich vorbei, als es gerade erst richtig losgegangen war. Bei „606“ ist es nun ganz ähnlich der Fall, auch wenn sich hier der Gedanke eines Standalones schon eher anbietet, aber für den Titel dieses Buches war es verdammt wenig und die absolut krasse Spannung ist dadurch auch nicht erzeugt worden.

Dafür, dass „606“ verspricht, dass wir es mit sehr, sehr vielen Figuren zu tun bekommen, muss ich sagen, dass der Personenkreis doch sehr eng gehalten wurde. Ich persönlich fand das vielleicht sogar besser, aber dann muss man einen anderen Titel finden und auch den Klappentext etwas anders gestalten, denn es wurde im Grunde etwas versprochen, was dann aber nicht eingehalten wurde. So haben wir einige kleinere Kapitel, wo wir neue Figuren kennenlernen und wo uns episodenhaft dargelegt wird, wie einige Häftlinge nach dem Ausbruch agieren. Da wird zwar viel Unterschiedliches geboten, aber gleichzeitig fand ich es auch so belanglos, weil mir nicht deutlich wurde, wohin das Ganze denn nun führen soll. Es hatte keinen Mehrwert, weil wir nicht an die Figuren gebunden worden sind und so schnell wie sie ihren Auftritt haben, sind sie auch schon wieder verschwunden. Diese Zwischenkapitel haben im Grunde dann auch die deutlich größeren Handlungsbögen ausgebremst, weil bei denen deutlich mehr richtig gemacht wurde. So haben wir John Kradle, der seine Unschuld beweisen will und zunächst Homer in seinem Schatten dabei hat und wir haben Burke, einen Neonazi, der einen Rassenkrieg auslösen will. Aber wir haben natürlich auch Celine und auch Trinity, die die Jagd aufnehmen.

Die Geschichte von Burke ist schon deutlich ausführlicher gestaltet worden, dennoch fand ich die Planungen von dem Attentat auch nur bedingt spannend, denn es ging eigentlich nur darum, das Gedankengut von solchen Gruppierungen darzustellen und irgendwie zu verarbeiten, aber warum es darum konkret gehen musste, wird nicht klar. Bei Kradle liegt das Ganze anders, denn hier haben wir einen Mann, dessen Familie getötet wurde und der weiß, dass der wahre Mörder noch auf freiem Fuß ist und nun Gerechtigkeit will. Er ist definitiv das Herz der Geschichte, weil er durch den Todestrakt abgehärtet wurde, als kein Sympathieträger per se ist, aber dennoch noch Moral hat, weil er eben nie ein Verbrechen gegangen hat. Mitzuerleben, wie er also zwischen den Grenzen wandelt, das war ungeheuer spannend und das hätte ich auch problemlos ein ganzes Buch begleiten können. Den ganzen Rest hätte ich also nicht gebraucht. Zudem wurde ihm mit Celine auch jemand entgegengestellt, wo die Gegensätze auch sehr faszinierend waren. Denn sie hat dem Bösen schon in vielfältiger Form ins Auge blicken müssen, doch obwohl sie glaubt zu wissen, wie es läuft, ist ihr Radar für gut und schlecht völlig durcheinander, weswegen sie auf eine eigene Reise geschickt wird. Die beiden gehörten irgendwie zusammen, haben aber doch fast nur separiert agiert und beide habe ich gerne begleitet. Aber eingebettet in diesem konkreten Buch passte das alles leider nicht so.

Fazit: Fox ist für mich definitiv besser bei den Reihen aufgehoben, weil sie dort ihre Stärke mit ungewöhnlichen Charakteren, Ideen und Settings besser entwickeln kann. „606“ hält leider kaum etwas von dem, was versprochen wurde. Denn um 606 Personen geht es nicht, die meisten sind einfach nur eine Masse und im Grunde bekommen nur zwei ein echtes Profil, was dann einfach zu wenig ist. Dennoch fand ich die isolierte Geschichte von Kradle und Celine gut, sie sind typisch Fox für mich, aber sie waren nur ein Teil von einem Ganzen, das insgesamt nicht gut zusammengepasst hat.

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Veröffentlicht am 27.11.2021

Jubiläum mit Musterhaftigkeit

In ewiger Freundschaft (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 10)
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Jubiläum heißt es bei Nele Neuhaus, die mit „In ewiger Freundschaft“ nun den zehnten Band rund um Pia Sander und Oliver Bodenstein vorgelegt hat. Es ist eine wirklich beständige deutsche Krimireihe über ...

Jubiläum heißt es bei Nele Neuhaus, die mit „In ewiger Freundschaft“ nun den zehnten Band rund um Pia Sander und Oliver Bodenstein vorgelegt hat. Es ist eine wirklich beständige deutsche Krimireihe über all die Jahre gewesen, die sogar auch alle bislang fürs ZDF verfilmt wurden, was sicherlich auch der Popularität geschuldet ist. Aber das eben auch zurecht, denn Neuhaus hat stets spannende Fälle angeboten und ihre beiden Hauptfiguren konsequent weiterentwickelt, so dass auch nie ein Buch wie das andere war. Wird das Ganze nun auch zum großen Jubiläum bestätigt?

Während der letzte Band auf privater Ebene sich vor allem mit Pia beschäftigt hat, weil Oliver sich seine Auszeit genommen hat, geht es diesmal mehr um ihn, wenn auch nicht so entscheidend, weil seine privaten Probleme kaum bis gar keine Auswirkungen auf die Ermittlungen haben. Dennoch fand ich die Entwicklungen bei ihm sehr spannend. In Band 7 hat seine bislang letzte Liebesgeschichte begonnen, die hier nun endet. Es war zum Schluss hin wahrlich nicht rühmlich, also ein Ende mit Schrecken, aber auch eins, was konsequent zu Ende geführt wurde. Es war zum Jubiläum der Reihe auch irgendwie passend, dass viel aus dem Liebesleben von Bodenstein reflektiert wurde, auf den Punkt gebracht mit Pias treffender Diagnose, aber eben weil auch noch so viele immer noch eine wichtige Rolle für die Reihe spielen. So war das Thema in diesem Band präsent, aber nicht überpräsent, was immer schon ein Plus dieser Reihe war, weil immer etwas passiert, aber nicht immer übertrieben eingebunden wird. Das macht es realistischer.

Dass es ein Jubiläum ist, merkt man sicherlich auch an der Krimireihe, an der Pias Ex-Mann Kirchhoff, unser Pathologe, schreibt. Es war lustig, dass hier eine Metaebene eingefügt wurde und dass er nun schon vor der zweiten Veröffentlichung stand, wobei die jeweiligen Bände auch nach Neuhaus‘ Reihe selbst benannt worden ist. Das darf man sich nach zehn erfolgreichen Bänden auch wirklich erlauben, denn es wirkt hier charmant und keinesfalls selbstverliebt. Mit dem Thema Autorenschaft hat sich Neuhaus auch die Möglichkeit eröffnet, ihren nächsten Mordfall in einem großen Verlagshaus spielen zu lassen. Dem ganzen Aufbau des Falls sowie der Darstellung des Verlagswesens sowie anderer Nachwirkungen hat man deutlich eine hohe Authentizität angemerkt, denn Neuhaus kennt sich als Autorin bestens in diesem Milieu aus. Es ist für mich als Leserin immer gleich ein anderes Lesegefühl, wenn ich merke, da kennt sich jemand aus, worüber er schreibt. Zudem kommt durch einige Figuren die Liebe für diese Branche sehr gut zur Geltung. Das hat also alles wunderbar gepasst.

Was mir den Band dann doch etwas leidig im Leseprozess gemacht hat, das war die Tatsache, dass die Art von Kriminalfall mir zu typisch für Neuhaus ist. Zuletzt hatten wir bei „Im Wald“ den Umstand, dass sich etwas in einem sehr engen privaten Umfeld zugetragen hat, wo alle irgendwie verbandelt sind, wo es zig Geheimnisse gibt und wo keiner eine saubere Weste hat. Hier haben wir es nun mit einem Freundeskreis zu tun, wovon es die meisten beruflich ins Verlagshaus verschlagen hat und hier eben ähnliches Spiel. Natürlich ist es so, dass Neuhaus diese Art von Fällen großartig inszenieren kann, darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren, aber es ist irgendwie auch langweilig mit der Zeit. Zumal sich bei recht ähnlichen Ausgangslagen auch zunehmend Muster erkennen lassen, die man in seinem Kopf durchgeht und so kommt man dann doch zu schnell auf die Auflösung. Das war hier zwar für mich nicht der Fall, das lag aber vielmehr daran, dass ja eigentlich wirklich jeder irgendwie seinen Anteil hatte, wer am Ende die Hauptschuld getragen hat, war dann letztlich auch egal. Zugegebenermaßen habe ich aber sogar in meinen Theorien noch weiter gesponnen und war dann fast enttäuscht, dass Neuhaus das nicht auch noch mitgenommen hat. Aber dass sich gewisse Wiederholungen einschleichen, das ist dann auch an kleineren Aspekten zu erkennen. So betont Pia z. B. zunehmend, dass man bei den Befragungen schon mal ohne Mitgefühl nachbohren muss, um Wahrheiten zu hören zu bekommen. Das sind dann eben so Sachen, wo man nicht immer dieselben Aussagen bringen sollte.

Fazit: Ich werde die Reihe von Nele Neuhaus auch nach diesem Jubiläumsband immer gerne weiterempfehlen, denn die Autorin hat einfach ein Händchen für komplex erzählte Geschichten, wenn sich mir hier persönlich auch zu sehr gewisse Muster aufdrängen. Wenn ich beispielsweise an den Fall vom Sniper denke, das war mal wirklich eine Überraschung und an den Punkt sollte die Autorin auch wieder kommen. Nichtsdestotrotz war es für mich als Leserin auch sehr nostalgisch, wie Neuhaus ihre eigene Reihe noch einmal hat Revue passieren lassen. Das hat sie sich verdient! Auf die nächsten zehn Bände!

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Veröffentlicht am 14.11.2021

Außergewöhnliche Liebesgeschichte und abstoßender Mittelteil

Layla
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Einleitungen zu Büchern von Colleen Hoover zu schreiben, wirkt für mich immer so wiederholend, weil ich immer nur schreibe, dass ich alles von ihr lese und sie dafür bewundere, dass sie in so vielen unterschiedlichen ...

Einleitungen zu Büchern von Colleen Hoover zu schreiben, wirkt für mich immer so wiederholend, weil ich immer nur schreibe, dass ich alles von ihr lese und sie dafür bewundere, dass sie in so vielen unterschiedlichen Genren schreiben kann, dabei ihre ganze eigene Erzählstimme behält und doch ganz unterschiedlich zu unterhalten weiß. Ja, jetzt habe ich es wieder gesagt, aber dann habe ich doch noch einen Unterschied zu bieten, denn mit „Layla“ habe ich nun erstmals ein Werk von Hoover in Hörbuchformat konsumiert. Das war für mich doch sehr ungewöhnlich, aber ich habe mich auf das von Oliver Wronka gelesene Abenteuer einfach mal eingelassen und es war wirklich extrem ungewöhnlich.

Zunächst beginnt „Layla“ so wie die meisten Bücher von Hoover: es setzt alles gefühlt mittendrin an, man muss sich erst orientiert, aber je mehr man sich einfindet, desto mehr wird man vertraut mit ungewöhnlichen Charakteren, die liebevoll ausgearbeitete Macken haben und die man unbedingt näher kennenlernen will. Also Auftritt Layla und Leeds, die sich auf der Hochzeit von ihrer Schwester Aspen kennenlernen. Innerhalb einer Nacht wird uns dann eine Liebesgeschichte präsentiert, die auf ihre ganz eigene Art und Weise zutiefst romantisch ist und die sofort mitten ins Herz geht. Hier wird einfach direkt deutlich, dass sich zwei Menschen gesucht und gefunden haben. Immer wieder fällt in den Dialogen von Hoovers Charakteren auch auf, dass sie keine normalen Gespräche führen, weil alles von einer Tiefgründigkeit begleitet ist, die eine ganz eigene Ebene zur Verfügung stellt.

Nach diesem Happy End also, das Layla und Leeds gleich in eine feste Beziehung mit Zusammenziehen führt, nimmt die Geschichte aber eine andere Wendung, denn eine eifersüchtige Ex von Leeds verübt einen Anschlag auf sie beide, den sie zwar überleben, der sie in ihren Persönlichkeiten und in ihrer Beziehung für immer verändert. Hier kommt also der Auftritt von einer paranormalen Ebene hinzu, die ich persönlich so in einem Buch noch nie gelesen habe, die also durchaus von Anfang an bei mir Faszination hervorgerufen hat. Ich war extrem gespannt, wohin uns diese Geschichte nun führen würde und wollte immer mehr wissen. Natürlich muss man sich auf eine solche paranormale Vorstellung von Seelenleben erst einmal einlassen, aber als gläubiger Mensch, der nicht streng auf nur das aus ist, was er auch sehen kann, bin ich dafür sehr offen und ich finde auch, dass Hoover eine interessante Version erschaffen hat. Zwar gibt es auch sehr verstörende Aspekte zwischendurch, aber gerade die Idee, dass Seelen verweilen, wenn sie noch etwas auf der Erde zurückhält, das findet man doch oft und Hoover spinnt die Idee einfach etwas weiter.

Dennoch muss ich eingestehen, dass mich „Layla“ zwischendurch etwas verloren hat. Zwar hat die Erzählweise, bei der zwischen den normalen Kapiteln und der „Befragung“ hin- und hergesprungen wurde, sehr ansprechend, aber es war für mich persönlich irgendwann schwerer mit den Figuren. Das war für mich eine ganz neue Erfahrung, weil besondere Charaktere ein Steckenpferd von Hoover sind. Und eigentlich mochte ich Leeds ja auch schon längst, aber das hat sich dann doch wieder gewandelt. Es war natürlich klar, dass er sich irgendwann in Geist Willow verlieben würde, aber was das aus ihm gemacht hat, das war stellenweise nur noch schwer zu ertragen. Zwar hat Leeds alle halben Kapitel wieder betont, was er doch für ein Unmensch ist (ja, korrekt!), aber es hat dann eben doch nichts an seinem Verhalten geändert. Deswegen habe ich den Inhalt zwischendurch tatsächlich als völlig unnötigen Psychoterror empfunden. Es wurde keine Spannung mehr bei mir aufgebaut, sondern das Bedürfnis, einfach ein paar Tracks vorzuspringen, weil ich das Verhalten nicht leicht zu ertragen fand.

Am Ende nimmt die Geschichte aber noch eine Wendung, die ich eigentlich hätte kommen sehen müssen, denn Hoover schreibt keine Liebesgeschichten, um sie dann selbst mit Füßen zu treten und doch war ich möglicherweise so abgestoßen, dass ich gar nicht mehr in der Lage war, mir selbst Lösungen für den Ausgang des Romans zu überlegen. Doch wie „Layla“ letztlich endet, was damals passiert ist und wie die Lösung für die ewige Zukunft ist, das passt wieder alles, das ist Hoover pur und ich mochte es dann auch tatsächlich wieder. Dennoch habe ich zwischendurch wirklich heftig gezweifelt, ob Hoover mich erstmals völlig enttäuscht zurücklassen wird. Das ist jetzt nicht passiert. Auch „Too Late“ war schon eine sehr heftige Lektüre, aber hier war der langatmige Mittelteil noch mal eine ganz eigene Form.

Mit Wronka als Sprecher bin ich insgesamt zufrieden, weil er für mich sehr schnell zu Leeds geworden ist und weil er auch eine sehr angenehme Stimmfarbe hat. Jedoch ist es mir schon öfters bei männlichen Sprechern aufgefallen, dass ihre Art, Frauenstimmen zu imitieren oft eher lächerlich wirkt. Da störe ich mich jedes Mal von neuem wieder dran und hier ist es besonders ins Auge gefallen, wenn sich Wronka als die labile Layla regelrecht überschlagen hat. Vielleicht ist hier doch die bessere Empfehlung, nicht zu sehr weiblich klingen zu wollen, zumal es ohnehin genug sehr tiefe Frauenstimmen gibt, so dass nicht jede nachempfundene Frau gleich in einer hohen Stimmlage gelegen sein muss.

Fazit: „Layla“ stellt durch die paranormale Ebene für Hoover mal wieder Neuland dar. Auch wenn ich die Idee dahinter insgesamt faszinierend fand, ist es leider so gekommen, dass ich mich in einem größeren Mittelteil sehr von Hauptfigur Leeds abgestoßen gefühlt habe. Zwar passt das Ende für mich, aber es rechtfertigt dennoch nicht das, was davor war. Nur gut, dass alles in allem wieder in eine besondere Liebesgeschichte erzählt wurde, denn ansonsten hätte ich „Layla“ wohl als erste echte Enttäuschung bezeichnen müssen.

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