Profilbild von stefanb

stefanb

Lesejury Star
offline

stefanb ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit stefanb über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.07.2019

Versetzt Aberglaube Berge?

Die geheime Mission des Kardinals
0

„Die Diktatur ist ein verseuchter Fluss, er kontaminiert jeden, auch diejenigen, die gegen den Strom schwimmen, weil sie zur Quelle gelangen wollen.“ [429]

Es gibt Bücher wo man sich fragt, warum man ...

„Die Diktatur ist ein verseuchter Fluss, er kontaminiert jeden, auch diejenigen, die gegen den Strom schwimmen, weil sie zur Quelle gelangen wollen.“ [429]

Es gibt Bücher wo man sich fragt, warum man nicht früher auf den Autor gekommen ist und die so gut geschrieben sind, dass sie ein Highlight des Jahres darstellen. Und genau hier kommt „Die geheime Mission des Kardinals“ von Rafik Schami ins Spiel.

Der Roman ist unglaublich spannend geschrieben. Also jetzt nicht als Kriminalfall, wer das erwartet, der wird wahrscheinlich enttäuscht, denn dieser dient lediglich als roter Faden, sondern vielmehr über die syrische Gesellschaft. Rafik Schami hat mich persönlich mit diesem Buch sogar entschleunigt. Wie gerne hätte ich mir eine Tasse Kaffee oder Mokka geschnappt und mich mit Barudi und Mancini unterhalten. Schami schreibt wunderbar atmosphärisch, haucht den Dialogen Leben ein und lässt uns am syrischen Leben teilhaben, gewährt tiefe Einblicke.

Barudi, der „syrische Sherlock Holmes“ [37], Kommissar der alten Schule und Protagonist steht vor seinem letzten Fall, in dem die Frage zu klären ist: „Wer hat den Kardinal entführt und ermordet und wo ist sein Begleiter?“ [317] Ihm zur Seite steht Mancini, ein Kollege aus Rom. Schnell manifestiert sich eine Meinung: „Die Mörder sind weder Muslime noch Christen oder Juden. Sie sind weder Syrer noch Fremde. Sie sind Monster.“ [101]

Der Krimi dient lediglich als Gerüst, denn eigentlich geht es in dem Roman um Glaube und Liebe, Aberglaube und Mord und natürlich um die Konflikte der syrischen Gesellschaft. Immer wieder lässt der Autor die Leser*innen an den Gedanken seines Protagonisten Barudi teilhaben. Dies geschieht über Tagebucheinträge und lässt das Ganze somit noch glaubhafter werden.

Es gibt viele Stellen, welche einen - wie auch Barudi und Mancini – schmunzeln lassen, aber gleichzeitig auch die Grausamkeit vor Augen führen. Hier am Beispiel Glaube und Aberglaube: „Doch der Geheimdienst war schneller als alle guten Geister.“ [219]

Seine sympathischen Charaktere lässt Schami sich immer wieder auf einem hohen Niveau unterhalten. Man nimmt teil, genießt das Werk und dessen Botschaften:
„Sobald Fanatismus die Seele erobert, verkommt das Wissen zur Toten Information, die keinen Einfluss mehr auf die Seele hat.“ [350]

Ein Buch das seinesgleichen sucht. Perfekt und hintergründig geschrieben für alle, die auf Fakten stehen, sich für fremde Kulturen und deren Geschichte und Politik interessieren.

„Die Tentakel des Kraken brauchen nicht klug sein, sie führen einfach genau das aus, was das kluge Hirn des Tiers befiehlt.“ [241]

Veröffentlicht am 15.07.2019

Ach du grüne Sprotte!

Ein Fisch für Hamish
0

Was für ein schönes Kinderbuch. Wunderschön illustriert und mit einem nicht so schönen Thema: Allergie. Und was könnte es schlimmeres für Frau Dorsch und ihren Kater Hamisch geben, als eine Allergie gegen ...

Was für ein schönes Kinderbuch. Wunderschön illustriert und mit einem nicht so schönen Thema: Allergie. Und was könnte es schlimmeres für Frau Dorsch und ihren Kater Hamisch geben, als eine Allergie gegen Fisch, wo dieser doch so gut schmeckt?

„Ein Fisch für Hamish“ von A.H. Benjamin zeigt, dass Allergien ganz schön Nervenaufreibend sein können und welche ‚Nebenwirkungen‘ auftreten können. Kindgerecht und mit großartigen Illustrationen hält man ein knapp 21*21 cm großes Buch in den Händen. Es eignet sich für Kinder ab ca. 3 Jahren. Aufgrund der Schriftgröße können aber auch Leseanfänger viel Freude mit diesem Buch haben.

Auch wenn der Inhalt sich nach dem x-ten Lesen natürlich nicht verändert, so entdeckt man doch immer wieder fischige Wohnaccessoires von Frau Dorsch. Man kann mit den jungen Lesern somit auch auf „Fischjagd“ gehen. Das macht enorm viel Spaß.

Bei dem Kinderbuch handelt es sich um ein klimaneutrales Druckprodukt, welches auf Recyclingpapier mit Druckfarben auf Pflanzenölbasis, daherkommt. Dies unterstreicht den positiven Gesamteindruck zusätzlich.

Veröffentlicht am 15.07.2019

Mit Kinderaugen durch die Stadt

Abenteuer in der Stadt
0

Max soll einen Brief in den Briefkasten einwerfen und sieht dabei die Stadt aus Kinderaugen. Dass diese nicht nur hektisch und trist ist, zeigt uns Max aus seiner Perspektive, die die alltäglichen Dinge ...

Max soll einen Brief in den Briefkasten einwerfen und sieht dabei die Stadt aus Kinderaugen. Dass diese nicht nur hektisch und trist ist, zeigt uns Max aus seiner Perspektive, die die alltäglichen Dinge in einem anderen Licht erscheinen lassen.

„Abenteuer in der Stadt“ von Joanne Liu kommt mit wenig Text aus. Lediglich die erste und letzte Szene enthalten ein paar Sätze. Dazwischen ist der Vorleser gefragt und die jungen Zuhörer dürfen die Stadt auf eigene Faust mit Max entdecken. Das macht Spaß, da die Geschichte so lebendig bleibt, etwas variabel gestaltet werden kann und es aus der Sicht von Kinderaugen immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt.

Das Buch ist farbenfroh gestaltet und kommt in einem schönen Format (20*25 cm) daher. Es eignet sich für Kinder ab 3 Jahren. Diese werden aktiv mit eingebunden und sehen mal die Schönheit der Stadt in einer Regenpfütze oder auch welche Spuren aus einer Pfütze entstehen können. Bunt illustriert, zeigt das Buch, dass man auch an bzw. mit den kleinen Dingen Spaß haben kann.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Eguzkilores

Die Stille des Todes
0

„Manchmal braucht es nicht mehr, als jemandem sein Ohr zu leihen und zuzuhören. Zahlreiche Menschen im Umfeld von Verbrechen hätten uns viel zu sagen, und wir, die Ermittler, hören nicht auf sie, weil ...

„Manchmal braucht es nicht mehr, als jemandem sein Ohr zu leihen und zuzuhören. Zahlreiche Menschen im Umfeld von Verbrechen hätten uns viel zu sagen, und wir, die Ermittler, hören nicht auf sie, weil wir glauben, wir seien die Experten. “ [543]

Mit „Die Stille des Todes“ präsentiert die Autorin Eva García Sáenz den ersten Fall für Inspector Unai López de Ayala, genannt Kraken, der Profilingexperte bei der Kriminalpolizei von Vitoria ist. Ihm zur Seite steht seine Kollegin Inspectora Estíbaliz Ruiz de Gauna. Gemeinsam geht es auf die Suche nach dem Verbrecher, die die Stadt Vitoria in Angst und Schrecken versetzt.

Es ist der Auftakt einer Reihe, der Folgeband erscheint im Oktober und der finale Band im März des folgenden Jahres.

Man merkt Sáenz an, dass sie selbst aus Vitoria im Baskenland stammt. Ihr Roman ist atmosphärisch und sehr dicht geschrieben. Man kann sich regelrecht im Baskenland durch die Gassen laufen sehen und spürt die spanische Sonne brennen.
Dass die Lösung der Mordserie für den Protagonisten Kraken nicht einfach wird, erkennt dieser immer wieder aufs Neue. „Na gut, Kraken. Richtungswechsel, dachte ich, du stehst vor einer Mauer.“ [250]
Temporeich und mit viel Spannung entwickeln die gut ausgearbeiteten und sympathischen Charaktere jedoch akribisch eine Idee, welche sie immer weiter verfolgen.

„Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, den Roman zu lesen, den der Mörder für die Eingeweihten schrieb, die ihn zu lesen verstanden: Jedes Doppelverbrechen war ein Kapitel.“ [242 f.]

Sáenz versteht es den Leser mit ihrem Schreibstil zu fesseln und tief ins Baskenland eintauchen zu lassen. Der Roman und seine Figuren sind sehr authentisch geschrieben. Ohne viel Blut, aber mit viel Lesevergnügen kommt dieser niveauvolle Thriller daher. Man darf gespannt sein, wie es im nächsten Band weitergeht.

Veröffentlicht am 26.06.2019

Lauf um dein Leben!

Der Blütenjäger: Thriller
0

„Die Kälte kam so plötzlich, dass (er) es zunächst gar nicht registrierte. Stille breitete sich jäh aus, legte sich wie ein tödlicher Mantel über sie.“ [298]

Laura Kern ist „die leitende Ermittlerin ...

„Die Kälte kam so plötzlich, dass (er) es zunächst gar nicht registrierte. Stille breitete sich jäh aus, legte sich wie ein tödlicher Mantel über sie.“ [298]

Laura Kern ist „die leitende Ermittlerin vom Landeskriminalamt“ [86] und nun bereits im vierten Band der Reihe die Protagonistin. Im Thriller „Der Blütenjäger“ von Catherine Shepherd beginnt für beide Seiten eine gnadenlose Jagd. Der Mörder jagt seine Opfer wie ein Rehkitz durch den Wald und Laura ist vorerst nur „die Überbringerin der schlechtesten aller Nachrichten.“ [251] Ihr Team tappt noch im Dunkeln, doch die Ermittlungen laufen schon auf Hochtouren.
Bereits der Prolog zeigt eine perfide Art des Mörders, erzeugt Spannung und ordentlich Tempo. Jedes Kapitel hört mit einem Cliffhanger auf. Der Schreibstil ist flüssig und man fliegt wieder einmal förmlich durch die Seiten, wird selbst zum Gejagten und kommt nicht zum Verschnaufen. Als wäre man selbst Teil dieser Hetzjagd. Mit zunehmender Seitenzahl steigert sich Tempo kontinuierlich.

Die Geschichte hat zwei Handlungsstränge. Peu à peu erfährt der Leser was es mit dem „Mordfall, der nunmehr zwanzig Jahre zurückliegt“, [284] auf sich hat, wie er sich in die aktuelle Geschichte integriert. Man springt immer wieder in die Vergangenheit und rätselt wie die Protagonistin, wer hinter den Morden stecken könnte.

Wie auch in den Bänden zuvor, erhalten wir als Leser Informationen, dass die Spezialermittlerin selbst einmal Opfer war. „Dass sie keine normale Frau war. Niemand mit unbeschwertem Lächeln und dem Glauben an das Gute.“ [92]
Man darf also gespannt sein, was man zukünftig noch erfahren wird und wie sich der Charakter entfalten wird.

Fazit: Meiner Meinung nach, der bisher beste Band der Reihe „Laura Kern“. Spannungsgeladen und temporeich. Und: Man kann diesen Band ohne Vorkenntnisse lesen.