Profilbild von thisisher

thisisher

Lesejury Profi
offline

thisisher ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit thisisher über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.01.2019

Sprachlich wirklich keine Meisterleistung

wie Gewitter
0

Es beginnt schon damit, dass die Vornamen der drei Hauptcharaktere mit A, B und C anfangen. Beim Lesen hatte ich das Gefühl, die Autorin hat eine Liste mit Namen nach dem Alphabet neben sich liegen und ...

Es beginnt schon damit, dass die Vornamen der drei Hauptcharaktere mit A, B und C anfangen. Beim Lesen hatte ich das Gefühl, die Autorin hat eine Liste mit Namen nach dem Alphabet neben sich liegen und immer wenn sie eine neue Figur brauchte, suchte sie sich einfach beliebig einen davon aus.

Anna, die Ich-Erzählerin, lernt Charlotte kennen und beginnt eine Affäre mit ihr. Beate, ihre Freundin, ist so mit ihrer Arbeit als Juristin beschäftigt, dass sie von dem Verhältnis überhaupt nichts mitbekommt. Stattdessen erklärt sie seitenlang die Hintergründe ihrer jeweiligen Scheidungsfälle und dass sie am liebsten mit Anna darüber reden würde, anstatt es einfach zu tun.
Die Leserin muss diesen Ausführungen den ganzen Roman hinweg folgen und ist fast froh, wenn Anna wieder von ihrer toxischen Beziehung zu Charlotte erzählt, von der sie, aus mir unerfindlichen Gründen, nicht loskommt. Dazwischen gibt es immer wieder Einblicke in Charlottes SM-Fantasien und offenbar verstörende Kindheit.

Sprachlich tobt sie sich dabei voll aus, es wird gerammt und gestoßen, ständig schwillt irgendwas an oder wächst jemandem entgegen. Das Gefühlsleben der Charaktere bleibt dabei weitgehend oberflächlich, die Geschichte liest sich eher wie ein erster Entwurf, der noch einiges an Arbeit bedarf. Ich lese eigentlich Romane um mich in die Charaktere hineinzuversetzen und mit ihnen zu fühlen, leider gelingt es diesem Buch zu keinem Zeitpunkt mich mit einer der Figuren zu identifizieren oder auch nur nachzuvollziehen, warum sie so handeln wie sie es tun.

Das Ganze gipfelt dann (nicht!) darin, dass Charlotte Anna mit einem Messer attackiert, Anna das aber einfach so hinnimmt, überhaupt nicht darauf reagiert, stattdessen Charlotte, die wiedermal in Tränen aufgelöst ist, ins Bett bringt und sich dann nach Hause schleicht und den Kontakt allmählich ausklingen lässt, als wäre es das normalste der Welt mit einem Messer attackiert, kontrolliert und hinterher spioniert zu werden.

Irgendjemand hat mal gesagt, dass drei Ausrufezeichen pro Buch erlaubt sind, da wurde hier offenbar etwas gründlich missverstanden, weil auf jeder zweiten Seite drei Ausrufezeichen benutzt werden. Das untermalt natürlich den theatralischen, melodramatischen Charakter des Buchs, also ist es vielleicht von der Autorin/Lektorin so gewollt, aber für mich als Leserin ist es einfach nicht besonders angenehm.

Zwei Sterne dafür, dass die Grundidee eigentlich interessant ist, nur an der Umsetzung hapert es gewaltig und bedarf noch einiger Überarbeitung.

Veröffentlicht am 15.01.2019

Rätselraten mit Jay

Fremdland
0

Jay Schmitt muss den Mord an einer alten Frau im Seniorenheim aufklären - parallel dazu entwickelt sich eine Geschichte um Aissa und Mo Diallo, die mit ihrer Tochter aus dem Senegal nach Deutschland geflüchtet ...

Jay Schmitt muss den Mord an einer alten Frau im Seniorenheim aufklären - parallel dazu entwickelt sich eine Geschichte um Aissa und Mo Diallo, die mit ihrer Tochter aus dem Senegal nach Deutschland geflüchtet sind. Wie die beiden Geschichten zusammenhängen und warum alte deutsche Volkslieder eine Rolle spielen, wird in kurzen, spannenden Abschnitten erzählt.

Die ersten Kapitel sind etwas verwirrend, wenn man – wie ich – den Vorgängerband nicht gelesen hat und ich habe ein paar Seiten gebraucht, bis ich den richtigen Zugang zu Jay und der Story gefunden habe. Der Roman wird dann aber zunehmend spannender und vor allem in Aissas und Mos Geschichte entwickelt sich ein gutes Gefühl für die Figuren und die Geschichte beginnt runder zu werden.

Die Stärke dieses Kriminalromans liegt vor allem in den Dialogen, die lebensecht und authentisch wirken. Oftmals durch indirekte Rede wiedergegeben, gaben sie mir das Gefühl selbst mitermitteln und Jays Schlussfolgerungen unmittelbar folgen zu können.
Die Themen Polizeigewalt und rassistisches und rechtes Gedankengut innerhalb der Polizei werden überzeugend behandelt und entfalten ihre Wirkung auch durch die verschiedenen Perspektiven, aus denen die Geschichte erzählt wird. Viele falsche Fährten und kleinere Rätsel laden zum Mitraten ein und machen den Roman erst richtig lesenswert. Gut fand ich auch, dass bis zum Ende offen bleibt, ob es ein Täter oder eine Täterin ist!

Besonders haben mir die weiblichen Figuren gefallen: Aissatou, die zusammen mit ihrem Mann und ihrer Tochter nach Deutschland geflüchtet ist und Sonya, Jays Ex-Freundin, die jetzt mit einer Frau zusammenlebt, an der Jay aber immer noch hängt und die ihm dann bei den Ermittlungen hilft. Ich hätte nichts dagegen, wenn Sonya im nächsten Band übernimmt und Jay dann ihr bei den Ermittlungen hilft.

Anfangs war ich ein bisschen genervt, weil es ja schon mehr als genug Krimis gibt, die in/um/unter Berlin spielen, aber die Diversität der Figuren und die historischen Hintergründe rechtfertigen für mich Berlin als Austragungsort der Morde.

Ein spannender, wenn auch teilweise verwirrender Kriminalroman, der sich mit aktuellen und gesellschaftskritischen Themen auseinandersetzt und sich durch falsche Fährten und überraschende Momente auszeichnet!

Veröffentlicht am 17.12.2018

Fröhlich, bunt und chaotisch!

Ziemlich beste Schwestern – Mit Karacho in den Winter (Ziemlich beste Schwestern 3)
0

Die beiden Schwestern Mimi und Flo erleben viele winterliche Abenteuer, sie helfen bei der Geburt eines Kalbs, räumen den Gefrierschrank leer um ihre Schneefamilie zu überwintern und schütten ganz aus ...

Die beiden Schwestern Mimi und Flo erleben viele winterliche Abenteuer, sie helfen bei der Geburt eines Kalbs, räumen den Gefrierschrank leer um ihre Schneefamilie zu überwintern und schütten ganz aus Versehen Katzenfutter in die Schlittschuhe ihres Papas.

Mir hat besonders gut gefallen, dass die beiden sich nicht ständig streiten, sondern meistens gut zusammenarbeiten und sich gegenseitig helfen und beim Spielen viel Spaß zusammen haben.
Die Illustrationen von Sharon Harmer sind wunderbar bunt und fröhlich und passen super zum Text, der für Erstlesende angenehm groß geschrieben ist.

Die Geschichten sind relativ kurz und eignen sich auch super zum Vorlesen. Die Sprache ist kindgerecht und passt zur Erzählerin Mimi, der älteren Schwester.

Ein lustiges und vergnügtes Buch über zwei Schwestern, die ein bisschen chaotisch, aber sehr liebenswert winterliche Abenteuer erleben.

Veröffentlicht am 10.12.2018

Es wird wirr im Staate Dänemark

Ich, Ophelia
0

Hier wird Ophelias Geschichte erzählt, die als junges Mädchen als Hofdame der Königin arbeitet, sich in Hamlet verliebt, mit ihm eine Beziehung eingeht und dann, als er allmählich den Verstand verliert, ...

Hier wird Ophelias Geschichte erzählt, die als junges Mädchen als Hofdame der Königin arbeitet, sich in Hamlet verliebt, mit ihm eine Beziehung eingeht und dann, als er allmählich den Verstand verliert, beginnt sich zu emanzipieren und eigene Entscheidungen zu treffen.

Erzählt wird aus Ophelias Sicht. Die Qualität schwankt stark, es beginnt durchaus überzeugend, Ophelia wird nachvollziehbar erzählt, die Sprache wechselt zwischen modern und altmodisch, ergibt aber ein stimmiges Gesamtbild. Als die eigentliche Hamlet Handlung anfängt, wird Ophelia – wie Hamlet – zunehmend verwirrend dargestellt. Ihre Handlungen und Entscheidungen sind für mich nicht mehr nachzuvollziehen, ich habe zunehmend den Zugang zu ihr verloren und hatte das Gefühl ihre Handlungen und Gefühle wie durch einen Filter zu lesen. Hier hätte ich mir mehr Direktheit und mehr Nähe zur Figur gewünscht.

Ophelia hat zwar Momente in denen sie sich emanzipiert und auf den unfairen Umgang gegenüber Frauen eingeht, der Weg dahin ist für mich jedoch nicht wirklich nachvollziehbar und bleibt oberflächlich. Auch den Weg, den die Autorin für Ophelia wählt, finde ich enttäuschend und hätte mir hier viel mehr erwartet.

Das Cover ist wirklich schön, das Buch liegt gut in der Hand und hat eine tolle Haptik!

Die Grundidee, Hamlet aus Ophelias Sicht und gleichzeitig fokussiert auf die Sicht aller Frauen aus Shakespeares Stück zu erzählen, finde ich sehr spannend. Leider klappt die Umsetzung nur bedingt, Ophelias Charakter bleibt kühl und wenig schlüssig, ihre Motivation ist für mich nicht richtig durchschaubar und so bleibt sie mir bis zum Ende des Buchs fremd.

Veröffentlicht am 10.12.2018

Witzig, charmant und unterhaltsam!

Mythos
0

Stephen Fry erzählt in seiner üblichen witzigen, charmanten Art die Sagen des klassischen Altertums. So erfährt man warum es keine grünen, blauen oder violetten Menschen gibt, warum es Bienen gibt und ...

Stephen Fry erzählt in seiner üblichen witzigen, charmanten Art die Sagen des klassischen Altertums. So erfährt man warum es keine grünen, blauen oder violetten Menschen gibt, warum es Bienen gibt und warum im Winter keine Pflanzen wachsen.
Er beschreibt das bunte Treiben der griechischen Gottheiten, erzählt die Entstehungsgeschichte der Menschheit, zeigt unglaublich viele Hinweise auf Wörter die sich bis heute auf die Mythen beziehen und wie sehr sie die Literatur bis heute beeinflussen.

Die schiere Menge an Göttern und Göttinnen macht es schwer den Überblick zu behalten, aber Fry gelingt es, durchgängig spannend zu erzählen und durch kurze Einwürfe und Hinweise verliert man auch nicht komplett die Übersicht. Dazu gibt es eine Menge Fußnoten, die zusätzliche Infos und viele Verbindungen zu geläufigen Begriffen, Firmennamen etc zeigen.

Fry gibt einen guten Überblick über die griechischen Mythen und bietet einen guten Einstieg für alle, die schon immer mehr über Artemis, Athene und Hestia erfahren wollten oder über Götter die sich wegen Kleinigkeiten in die Haare kriegen.

Durch seine unterhaltsamen und amüsanten Kommentare wird die manchmal verwirrende Anhäufung von Göttern und deren Abenteuern nie langweilig und macht direkt Lust den Folgeband „Heroes“ - „Helden“ zu lesen!