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Veröffentlicht am 29.02.2020

Schöne Urlaubslektüre, aber nicht mehr

Die Bücherinsel
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Hauptprotagonistin im zweiten Band der Reihe rund um die Inselbuchhandlung ist Sandra, die wir bereits in "Die kleine Inselbuchhandlung" kennen gelernt haben.
Sie lebt seit fünf Jahren auf der Insel und ...

Hauptprotagonistin im zweiten Band der Reihe rund um die Inselbuchhandlung ist Sandra, die wir bereits in "Die kleine Inselbuchhandlung" kennen gelernt haben.
Sie lebt seit fünf Jahren auf der Insel und ist bereits ein festes Mitglied der kleinen Inselgemeinschaft. Ihren Lebensunterhalt verdient sie als Putzfrau auf einer Fähre und genießt das Leben direkt am Meer. Einzig die Inhaberin der Buchhandlung weiß, dass Sandra Analphabetin ist. Als Kind von Schaustellern mit laufenden Wohnsitzwechsel hat sie ungenügend lesen und schreiben gelernt. Ihr ganzes Leben hat sich Sandrea immer irgendwie durchgeschummelt und ist bis jetzt ganz gut damit durchgekommen. Seitdem sie die Eltern und die Schaustellerei verlassen hat, lebt sie auf der nordfriesischen Insel und hat sich in die wunderschöne Natur verliebt. Sooft wie möglich ist sie im Freien unterwegs und genießt das Meer, die Dünen und das Watt. Nebenbei hat sie sich auch in die Menschen auf der Insel ein kleines bisschen verliebt.
Obwohl Sandra nicht lesen und schreiben kann, liebt sie alle möglichen Geschichten, die sie als Hörbücher konsumiert. In ihrem Kopf denkt sie sich immer wieder selbst Erzählungen aus. Als sich in Gretas Buchhandlung der Lesekreis trifft, gesellt sich Sandra dazu und liest angeblich aus einem Buch vor, das niemand kennt. Sie erzählt allerdings ihre eigene Geschichte, die sie auswendig im Kopf gespeichert hat und rechnet nicht damit, dass die Anderen von ihren Zeilen begeistert sind. Sie wird eingeladen weiter beim Lesekreis mitzumachen, doch ihr Analphabetismus hindert sie daran. Gleichzeitig gefällt ihr der neue Grundschullehrer Björn, der neu zum Lesekreis dazugestoßen ist. Als sie ihn an ihrer Lieblingsstelle in den Dünen trifft und sie einen netten Nachmittag zusammen verbringen, verliebt sich Sandra in Björn. Doch wie lange kann sie ihr Geheimnis vor ihm bewahren? Meistens lässt such die Vergangenheit nicht für immer verbergen...

Janne Mommsen Bücher lese ich immer wieder gerne. Seine Naturbeschreibungen sind sehr bildhaft und stimmungsvoll. Sie laden zum Träumen ein. Die Insel und das Inselleben wird wieder sehr atmosphärisch beschrieben. Man fühlt sich einfach wohl bei diesem Setting und kann die Seele baumeln lassen. Kein anderer versteht es die Naturlandschaften diverser Nordseeinseln besser zu beschreiben als Janne Mommsen.
Durch den flüssigen und locker-leichten Schreibstil findet man sofort in die Geschichte, in der der Autor das Thema des Analphabetismus aufnimmt. Man erfährt wie fantasievoll Menschen, die nicht lesen und schreiben können, andere täuschen können. Ich stelle es mir allerdings wirklich ermüdend vor mit diesem Problem leben zu müssen. Seitdem ich eine Lesebrille tragen muss, bemerke ich immer wieder wie oft ich Dinge ohne Brille nicht entziffern kann. Gar nicht lesen zu können, kann ich mir gar nicht vorstellen....

Leider gibt es aber auch einige Kritkpunkte. Bereits seine letzten beiden Romane konnten mich nicht mehr ganz überzeugen. Trotzdem habe ich mir auch den zweiten Band der Inselbuchhandlung "Die Bücherinsel" zugelegt. Die Fortsetzung fällt aber leider noch ein bisschen schwächer aus.
Sandra ist zwar eine sehr sympathische Protagonistin, die mit allerlei Tricks ihren Analphabetismus zu verbergen weiß, sich aber oftmals nicht wie eine Frau in ihrem Alter verhält. Ihre Energie, ihre tolle Beobachtungsgabe und ihr Tatendrang haben mir aber sehr gut gefallen. Sandra versteht es trotz ihres Handicaps mit Optimismus durchs Leben zu gehen.
Die weiteren Figuren bleiben allerdings sehr an der Oberfläche, vorallem diejenigen, die in diesem zweiten Band ganz neu dazugekommen sind.
Die Liebesgeschichte zwischen Sandra und Björn konnte mich überhaupt nicht überzeugen. Hier fühlte ich keinerlei kribbeln und kein Band zwischen den Beiden. Obwohl ich es nicht gerne kitschig mag, hätte man hier etwas mehr daraus machen können.

Ich weiß, dass es Janne Mommsen besser kann und hoffe sehr, dass seine weiteren Romane wieder an "Zwischen den Bäumen das Meer" (mein Lieblingsbuch) oder "Friesensommer" anschließen können.

Fazit:
Ein sehr leichter unterhaltsamer Roman - am besten als Urlaubslektüre geeignet - der stimmungsvolle Landschaftsbeschreibungen beinhaltet. Leider bleibt die eigentliche Geschichte sehr an der Oberfläche, jedoch verzaubert das Inselflair und das Thema Bücher einen Buchliebhaber sehr schnell. Wer gerne träumt und sich nicht an einer wenig tiefgehenden Geschichte stößt, hat hier die perfekte Lektüre gefunden.

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Veröffentlicht am 28.02.2020

Ein Geflecht aus Lügen, Betrug und Kiregsverbrechen...top Krimi!

Der rote Judas
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Dieser historische Krimi ist mein erstes Buch von Thomas Ziebula, aber sicherlich nicht mein letztes!
Mit der Figur des Paul Stainer, der nach Kriegsende 1920 aus der französischen Kriegsgefangenschaft ...

Dieser historische Krimi ist mein erstes Buch von Thomas Ziebula, aber sicherlich nicht mein letztes!
Mit der Figur des Paul Stainer, der nach Kriegsende 1920 aus der französischen Kriegsgefangenschaft in seine Heimatstadt Leipzig zurückkehrt, hat der Autor einen sympathischen Protagonisten erschaffen von dem ich gerne noch mehr lesen möchte.
Paul Stainer wird nach seiner Rückkehr sofort wieder in den Polizeidienst gestellt und sogar zum Leiter der Kriminalpolizei befördert. Umso mehr versucht er seine seelischen Wunden, die er aus dem krieg mitgebracht hat, zu verbergen. Alpträume quälen ihn fast jede Nacht und seine Frau Edith ist in der Zwischenzeit mit einem anderen Mann liiert. Im Präsidium trifft er außerdem auf einen Arzt, bei dem er im Lazarett in Behandlung war und der ihn jederzeit verraten könnte.
Kaum wieder im Dienst wird Stainer zu einem Toten gerufen. Schnell erkennt er, dass es sich hier nicht um Selbstmord, sondern um Mord handelt. Bald darauf wird er zu einem ähnlich ermordeten Opfer gerufen, bei dem er ein interessantes Foto und einen Brief findet, dessen Spuren nach Dinant in Belgien führen...

Ich liebe historische Krimis, die in der Zeit zwischen den beiden Weltkrigen spielen. Diese Zeitspanne hat spezielle für dieses Genre viel Potential.
Zu Beginn gibt es sehr viele Figuren und ich benötigte etwas Zeit diese zuzuordnen. Doch schon bald fand ich mich gut zurecht und konnte den Krimi kaum mehr aus der Hand legen.
Die Charaktere sind bis in die kleinsten Nebenfiguren hin sehr lebendig und detalliert dargestellt. Fine und Rosa sind sehr taffe Frauen, die sich für das einsetzen, was ihnen wichtig ist. Beide müssen nach dem Tod ihres Mannes über die Runden kommen. Max Heiland ist Kleinganove, der neben seinen Boxwettkämpfen auch kleine Einbrüche unternimmt, um seine Familie versorgt zu wissen. Trotzdem hat er das Herz auf dem rechten Fleck. Stainer selbst ist loyal und lässt sich weder einschüchtern, noch erpressen. Er steht für Recht und Ordnung und handelt auch dementsprechend. Sein ihm zugeteilter Kommissaranwärter Junghaus steht ebenso loyal hinter ihm, im Gegensatz zu seinem weiteren Kollegen Heinze. Auch die restlichen Nebenfiguren sind lebensnah gezeichnet.

Das Thema, das Thomas Ziebula verfolgt, ist bis heute eines, das größtenteils noch immer gerne verschwiegen wird: Menschenrechtsverletzungen und Greuel an unschuldigen Menschen. Er befasst sich aber genauso mit den psychischen Auswirkungen des Krieges. Auch die Trostlosigkeit und die Unsicherheit der Menschen nach dem Versailler Friedensvertrag, den sogenannten "Schandfrieden", wird anschaulich beschrieben. Nach dem Ende des Krieges ist der ersehnte Frieden nicht eingekehrt. Die Spannung zwischen den Roten und den Nationalisten ist explosiv und Stainer versucht zwischen all den verschiedenen Lagern seinen Mörder zu finden. Dazu muss er in wirklich grausame menschliche Abgründe vordringen....

Der Erzählstil ist angenehm, die Geschichte wird fesselnd erzählt. Überraschende Wendungen erhöhen die Spannung. Der Autor zögert auch nicht mit geliebten Figuren alles andere als zimperlich umzugehen...

Nach meiner geliebten Reihe rund um August Emmerich von Alex Beer, die zur selben Zeit in Wien spielt, habe ich nun eine weitere Krimireihe für mich entdeckt, die ich auf jeden Fall weiterverfolgen werde. Ich bin begeistert!

Fazit:
Ein absolut gelungener historischer Krimi, den ich auf jeden Fall weiter empfehle! Thomas Ziebula versteht es die Atmosphäre der Nachkriegszeit und der Weimarer Republik großartig festzuhalten. Dazu kommt das Geflecht aus Lügen, Betrug und Kriegsverbrechen, die für Spannung sorgen. Top!

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Veröffentlicht am 25.02.2020

Konnte mich leider nicht ganz überzeugen

Die Frauen vom Alexanderplatz
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Berlin im Dezember 1918. Der Krieg ist zwar offiziell vorüber, doch in Berlin herrscht noch immer Willkür. Kaiser Wilhelm II. wurde verjagt, die Monarchie ist Geschichte. Die Novemberrevolution spaltet ...

Berlin im Dezember 1918. Der Krieg ist zwar offiziell vorüber, doch in Berlin herrscht noch immer Willkür. Kaiser Wilhelm II. wurde verjagt, die Monarchie ist Geschichte. Die Novemberrevolution spaltet die Menschen. Die politische Lage ist noch immer prekär. Anarchie und Chaos beherrschen die Straßen und jeden Moment kann es zur Eskalation kommen. Die Welt ist in Umbruch - und genau hier setzt der Roman von Elke Schneefuss an...

Zu dieser Zeit lernen wir drei Frauen kennen: Vera, Hanna und Fritzi.
Während Vera in Berlin wohnt und sich um ihre kränkelnden Mutter kümmert, kehrt ihr Bruder Georg aus dem großen Krieg zurück. Er ist jedoch verblendet und will die Niederlage der Monarchie nicht akzeptieren. Georg führt einen Freikorps, die Sozialisten aufspüren. Dabei quartiert er seine Männer in der ehemaligen Schneiderwerkstatt seines verstorbenen Vaters ein, die Vera eigentlich wieder eröffnen wollte. Damit bringt Georg seine Mutter und Schwester in große Gefahr.

Fritzi kommt aus einem kleinen Dorf in Schleswig-Holstein. Sie sucht ihren Verlobten Benno, um ihn von ihrer gemeinsamen Tochter Christel zu erzählen. Er ist nach Kriegsende nicht zurückgekehrt. Sie vermutet ihn bei seinem Cousin Wolfgang. Fritzi will ihn zurückholen und ihn endlich auffordern sie zu heiraten.

Hanna ist die gutbürgerliche Tochter eines Fabrikbesitzers. Sie wurde im Krieg als Hilfskrankenschwester ausgebildet und möchte nun eine richtige Ausbildung als Krankenschwester machen. Doch ihre Mutter möchte sie gut verheiratet wissen. Sie weiß jedoch nicht, dass sich Hanna nichts aus Männern macht und sich in ihre Freundin Cora verliebt hat. Die beiden Frauen planen eine gemeinsame Zukunft.

Der interessante Klappentext und die Frage der Autorin, ob ich gerne ihre Geschichte lesen möchte, hatte mich schnell überzeugt. Das Schicksal dreier Frauen in einer sehr schwierigen Zeit....genau mein Beuteschema. Leider wurden meine Erwartungen nicht ganz erfüllt und der Roman konnte mich nicht wirklich überzeugen.
Die Geschichte wird aus wechselnden Perspektiven aus der Sicht von Vera, Fritzi und Hanna erzählt.
Ich wurde mit keiner der drei Frauen wirklich warm. Oftmals fehlte es mir an Emotionen. Jede von ihnen kämpft zwar für ihre Träume, erscheinen dabei manchmal etwas naiv und haben wenig Erfolg. In der Folge wirkt die Geschichte oftmals etwas bedrückend. Das hätte mich weniger gestört, wenn die Handlung nicht nur so dahingeplätschert wäre. So richtig kommt diese nicht in Schwung bzw. trat sie mir zu oft auf der Stelle. Manchmal verirrt sich die Autorin in Nebensächlichkeiten, die eigentlich für den weitern Geschichtsverlauf keine Bedeutung haben. Diese politisch sehr explosive Zeit hätte immens Potenzial, was allerdings nur teilweise erfüllt wurde.

Aber ich will nicht nur meckern. Trotzalledem liest sich die Story angenehm und flüssig. Obwohl es kleine Längen gibt, wollte ich immer wissen, wie es weitergeht. Der Schreibstil ist detailliert und oftmals dialoglastig. Die Charaktere der drei Frauen sind authentisch und auch lebendig, obwohl ich nicht wirklich mit ihnen mitfühlen konnte. Hingegen kommen die jungen Männer nicht wirklich gut weg ;)

Warum man im Titel von den drei Frauen vom Alexanderplatz spricht, hat sich mir nicht wirklich erschlossen. Weder wohnen sie dort, noch kennen sich die drei Frauen. Im Endeffekt stehen sich nur einmal Vera und Fritzi gegenüber....sonst kreuzt sich der Weg von Hanna, Vera und Fritz aber nicht.
Das Ende ist etwas kurz geraten und wird mit einem Ehestands- und Handelsregister abgeschlossen, in dem wir Leser Antworten bekommen, wie das Schicksal der Figuren weiter geht.
Ich habe leider das Gefühl, dass mir der Roman nicht wirklich in Erinnerung bleiben wird. Schade!

Fazit:
Ein historischer Roman, der in Berlin der Nachkriegszeit spielt und von drei Frauenschicksalen erzählt, die zu dieser Zeit versuchen ihre Träume und Wünsche zu verwirklichen. Leider fehlte es mir etwas an Spannung und auch die Charaktere blieben mir zu blass.

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Veröffentlicht am 22.02.2020

Die Wiege des Skisports

Lottes Träume
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Lotte hat vor kurzem ihren Vater verloren. Der Lehrer und begeisterte Alpinist hat seiner Tochter bereits von Kindesbeinen an das Skifahren beigebracht. 1904 steckt der Skisport noch in den Kinderschuhen ...

Lotte hat vor kurzem ihren Vater verloren. Der Lehrer und begeisterte Alpinist hat seiner Tochter bereits von Kindesbeinen an das Skifahren beigebracht. 1904 steckt der Skisport noch in den Kinderschuhen und ist für Frauen und Mädchen nicht zugänglich. Lotte ist nach dem Tod hres Vaters Vollwaise und hat in Mürzzuschlag in der Steiermark keine Zukunft. Die Wirtin des Gasthofs im Ort gibt ihr die Adresse eines Bekleidungsgeschäftes in Wien. Die Inhaberin, Mizzi Kauba, ist die Erste, die Skier und die dazugehörige Bekleidung verkauft. Lotte macht sich auf den Weg in die Hauptstadt und findet tatsächlich eine Anstellung bei Mizzi Kauba. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Klara teilt sie sich ein Dachbodenzimmer. Lottes Kenntnisse sind für ihre Chefin von Vorteil. Sie hat für die damalige Zeit sehr unkonventionelle Pläne und eckt in der besseren Gesellschaft sehr schnell an. Ihr Mann steht nicht wirklich hinter ihr und als Chefin ist sie oft ungerecht und tyrannisch. Lotte hat zusätzlich eine Kollegin, die neidisch und ihr nicht gut gesinnt ist. Als sie den jungen und engagierten Kinderarzt Jakob Sonnstein kennen lernt, verlieben sich die Beiden. Doch Lotte kommt nicht aus der gewünschten Gesellschaftsschicht und hat auch nicht die "richtige" Religion. Zusätzlich verschweigt ihr Jakob etwas...

Als Österreicherin und Skifahrerin hat mich das Thema rund um den Skisport sofort neugierig gemacht. Dazu kommt, dass ich nicht weit entfernt von Lilienfeld wohne, wo der Alpine Skilauf seinen Anfang nahm, denn Lilienfeld ist "die Wiege des Skisports". 1890 hat Mathias Zdarsky die Stahlsohlenbindung und die dazupassene Fahrtechnik entwickelt....ein Meilenstein zu dieser Zeit!

Die Geschichte liest sich sehr flüssig. Der Einstieg ist mir sehr leicht gefallen. Beate Maly hat für ihren Roman reale Figuren der damaligen Zeit miteinbezogen, die Geschichte selbst ist aber fiktiv.
Kurz nach dem Jahrhundertwechsel und zur Zeit der k.u.k. Monarchie hat die Wiener Gesellschaft noch zu viele Standesdünkel und ist noch nicht wirklich bereit für Frauen, die Sport betreiben, selbst ein Geschäft führen oder Hosen tragen. Mizzi Kauba war eine Vorreiterin in Sachen Emanzipation und Sport. Der Bergsport war damals ausschließlich den Männern vorbehalten.
Für uns ist es heute unvorstellbar, dass man vor hundert Jahren als Frau nicht einmal in den Bergen wandern durfte bzw. mit knöchellangen Kleidern und oftmals einem Korsett gar nicht die Möglichkeit hatte dies zu tun. Auch der Skisport hat sich seit dieser Zeit so extrem gewandelt, dass man sich heute gar nicht vorstellen kann mit nur einem Stock auf Holzbrettern ohne richtiger Bindung und ohne Lift Ski zu fahren.

Beate Maly zeigt den großen Unterschied und die Kluft zwischen Arm und Reich in der Gesellschaft der k.u.k. Monarchie sehr gut auf. Wir bewegen uns durch alle Gesellschaftsschichten Wiens.
Auch die Anfänge des Skisports wurden perfekt recherchiert. Die Autorin greift aber nicht nur die Themen Skisport, dem Aufkommen der ersten größeren Kaufhäuser in den Städten, den Frauenrechten oder die riesige Kluft zwischen Arm und Reich auf, sondern widmet sich ebenfalls der gleichgeschlechtlichen Liebe, sowie der Kunst und Kultur.
Durch den jüdischen Arzt Jakob Sonnstein, der mit Herzblut seinen Beruf ausübt und sich für die Kranken und Schwachen einsetzt, erhält man einen kleinen Einblick in die damaligen Zustände in den Krankenhäusern und der damaligen Volkskrankheit, der Tuberkulose. Für manche Leserinnen waren die vielen Themen für den ersten Band einer neuen Reihe zu viel, aber ich finde sie als gute Grundlage für die kommenden Bände.

Die Charaktere sind wunderbar lebendig. Lotte ist eine starke und mutige junge Frau. Man muss sie einfach mögen. Allerdings fehlten mir die Ecken und Kanten. Trotzdem ist sie eine liebenswerte Hauptprotagonistin, deren Lebensweg man mit Spannung verfolgt.

Der Roman beinhaltet neben sozialkritischen Themen auch viel Lokalkolorit und lässt sich sehr flüssig lesen. Einige Handlungen sind ein bisschen vorhersehbar und manches löst sich ein bisschen einfach auf - trotzdem hat es mich nicht wirklich gestört, denn ich wurde gut unterhalten.

Der Titel ist meiner Meinung nicht ganz passend gewählt, aber das Cover finde ich bezaubernd. Der Schriftzug des Sportartikelgeschäftes mit den Namen von Mitzi Langer-Kauba befindet sich noch heute in der Kaiserstraße in Wien. Bei meinem nächsten Wien-Besuch weiß ich schon wohin ich gehen werde...

Fazit:
Ein leichter, aber sehr unterhaltsamer historischer Roman über den Beginn des Skisports und der (nicht vorhandenen) Rechte der Frauen. Weiters gibt die Autorin einen tollen Einblick in die gesellschaftlichen Strukturen der k.u.k. Monarchie und der Stadt Wien zur Zeit der Jahrhundertwende. Ich freue mich schon auf eine Fortsetzung, auch wenn für mich dieser Roman als Einzelband genauso passend wäre. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 20.02.2020

Wenn einer eine Reise tut...

Das Fundstück
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In einem Fernbus von Dortmund nach Bremen bleibt ein Koffer im Laderaum übrig. Als der Busfahrer das herrenlose Fundstück an sich nimmt, hat er den Schock seines Lebens. In zwei verschlosssenen Plastikbeutel ...

In einem Fernbus von Dortmund nach Bremen bleibt ein Koffer im Laderaum übrig. Als der Busfahrer das herrenlose Fundstück an sich nimmt, hat er den Schock seines Lebens. In zwei verschlosssenen Plastikbeutel befinden sich menschliche Gliedmaßen und im Koffer steckt eine Botschaft. Kurze Zeit später wird beim selben Busunternehmen wieder ein herrenloser Gepäckstück gefunden - diesmal in Berlin. Und auch dieser Fund soll nicht der Letzte sein, denn ein grausamer Serienkiller hat sich kurz vor Weihnachten auf die Reise begeben. Sein Motto: "Ich packe meinen Koffer und nehm mit....DICH!"

Der Mörder sucht seine Opfer eher bei Zufall im Reisebus aus, geht mit ihnen nach Hause oder verschafft sich Zutritt zu ihren Wohnungen und Häusern. Er fesselt sie und amputiert ihnen bei lebendigen Leib ihre Gliedmaßen. Ein Alptraum!

Kommissar Olav Thorn aus Bremen versucht mit Hilfe seiner Berliner Kollegin Leonie Grün dem Täter auf die Spur zu kommen, was alles andere als leicht ist, denn dieser ist den Ermittlern immer eine Spur voraus.

Der neue Thriller aus der Feder von Andreas Winkelmann, der hier unter dem Pseudonym Frank Kodiak schreibt, bereitet dem Leser schnell schlaflose Nächte. Der Umstand, dass der Täter seine Opfer willkürlich aussucht, macht es für sie noch schwieriger ein Muster zu finden. Es wird ein Wettlauf gegen die Zeit....

Die beiden Ermittler wurden sehr realistisch beschrieben. Sie sind sympathisch, mitten aus dem Leben gegriffen, haben Ecken und Kanten, sind aber keiner dieser problembehafteten Kommissare, wie wir sie immer in diversen Thrillern finden.
Leonnie ist zwar alleinerziehend und hat mit einer pubertierenden Tochter zu kämpfen, doch durch diese Zeit müssen fast alle Mütter einer Tochter in diesem Alter mehr oder weniger durch. Olaf ist der ruhige Gegenpol zur quirligen Leonie. Sie ergänzen sich bei den fordernden Ermnittlungen somit perfekt.
Der brutale Thriller liest sich spannend. Die kurzen Kapitel fördern den Spannungsaufbau, ebenso wie die wechselnden Perspektiven, aus denen erzählt wird. Zahlreiche Wendungen und eine eher düstere Stimmung tragen das Übrige dazu bei.

Das Ende war mir dann allerdings doch ein bisschen zu wenig. Hier habe ich irgendwie etwas mehr erhofft, kann aber jetzt nicht genau sagen, was mir genau gefehlt hat. Die Auflösung war für mich überraschend, denn ich hatte bis zum Finale keine Idee in welche Richtung es gehen wird. Die Fäden führen aber zusammen, ergeben ein lückenloses Gesamtbild und lassen keine Fragen offen. So soll es auch sein...

Schreibstil:
Frank Kodiak aka Andreas Winkelmann schreibt temporeich, eher einfach, aber fesselnd. Die Kapitel sind sehr kurz gehalten und erhöhen die Spannung. Es wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt.

Fazit:
Ein komplexer und spannender Thriller, der mich fesseln konnte und den ich gerne gelesen habe. Das "i-Tüpfelchen" für 5 Sterne fehlte mir aber noch. Für diesen kurzweiligen Thriller gebe ich gerne eine Leseempfehlung für alle Fans, die lieber blutige Thriller statt Psychothriller lesen.

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