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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.09.2025

Kurzweilig, spannend, nicht zu blutig

Verschworen
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Angesichts der tollen Krimireihe von Eva Björg Ægisdóttir bin ich froh, dass es in der deutschen Sprachen viele Adjektive mit “ver-” gibt. Das ist zwar nur ein Kniff für die deutschen Übersetzungen, aber ...

Angesichts der tollen Krimireihe von Eva Björg Ægisdóttir bin ich froh, dass es in der deutschen Sprachen viele Adjektive mit “ver-” gibt. Das ist zwar nur ein Kniff für die deutschen Übersetzungen, aber es wäre schade, wenn die Reihe dieses Merkmal verlieren würde.

Weitere, viel wichtigere, Merkmale sind natürlich die (angenehm “normalen”) Hauptfiguren und ihre kleinen Alltagssorgen sowie die oft mit Wendungen gespickten Krimigeschichten. Die Autorin versteht es, aktuelle Fälle mit einer Begebenheit in der Vergangenheit zu verknüpfen und lässt den Leser zwischendurch auch immer zurückblicken. So lässt es sich gut selbst ermitteln, auch wenn Kommissarin Elma und ihr Chef Hörður grundsätzlich schon wissen, was zu tun ist.

Wer schon die vorangegangenen Bände der Reihe kennt, freut sich immer auf ein Wiedersehen mit den bekannten Figuren - dieses Mal ganz besonders, denn Elma ist nach der Elternzeit wieder im Dienst zurück. Sie freut sich auf ein paar ruhigere Tage im Dezember, doch die erste große Ermittlung wartet schon.

Ein Mann wurde ermordet und das Motiv scheint weiter in dessen Vergangenheit zu liegen, als man zuerst vermutet. Da Elma nun wieder aktiv ist, ist ihr Partner und Kollege Sævar beim Kind zuhause. Die Autorin findet dennoch eine schöne Möglichkeit, ihn auch ins Buch und die Ermittlungen miteinzubinden, ohne ihn zu viel machen zu lassen.

Alles in allem ist “Verschworen” (abseits des Musters hier ein sehr passender Titel!) ein klassischer Islandkrimi rund um jugendliche Täter und die Frage, wie weit Eltern gehen dürfen, um Kinder zu schützen.

Veröffentlicht am 14.09.2025

Tanzen in Tampere

Eisblau
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Tobias Quast war mir bisher unbekannt, mich sprach an diesem Buch natürlich an, dass es ein Krimi ist und Finnland als Schauplatz ist eigentlich auch nie verkehrt. Durch seine fast 480 Seiten wirkt der ...

Tobias Quast war mir bisher unbekannt, mich sprach an diesem Buch natürlich an, dass es ein Krimi ist und Finnland als Schauplatz ist eigentlich auch nie verkehrt. Durch seine fast 480 Seiten wirkt der Krimi erst einmal sehr “wuchtig”, trotz Taschenbuchausgabe. Aber man kommt gut voran, weil die klar getrennten Kapitel großteils nicht extrem lange sind.

Wir lernen die Münchnerin Sarah Fuchs kennen, sie ist Tangofan und eine modebewusste, in Scheidung befindliche Blondine. In kleinen Anspielungen merkt man, dass es vor “Eisblau” schon Bücher mit ihr gegeben haben muss, aber der Geschichte kann man auch so wunderbar folgen.

Besagte Geschichte beginnt auf dem Tanzparkett in Tampere, wohin Sarah zum Tangotanzen reist. Es gibt dafür Festivals, man lernt nie aus. Bald wird sie, wie könnte es anders sein, in einen mysteriösen Todesfall verstrickt und beginnt gemeinsam mit ihrer finnischen Freundin Ilvi ein bisschen zu ermitteln.

Einige mehr oder weniger beteiligte Personen tauchen auf und allzu viele davon scheinen Dreck am Stecken zu haben. Auch bei der Polizei läuft wohl nicht alles so sauber, wie es sollte.

Sarah und Ilvi bilden ein ziemlich unkonventionelles Duo, aber gerade das macht einen gewissen Reiz aus. Sie stolpern manchmal in heikle Situationen, aber haben letztlich auch oft das, was man das “Glück des Tüchtigen” nennt.

In die Haupthandlung eingebunden gibt es einige Nebenschauplätze und ihre zugehörigen Charaktere, die fast allesamt gut herausgearbeitet und speziell sind. Dagegen bleiben die Hauptfiguren sogar manchmal ein wenig blass - die müssen sich ja aber auch um die großen Probleme kümmern sozusagen.

Die schnellen Kapitel und Sprünge zwischen den verschiedenen Schauplätzen machen den Krimi abwechslungsreich und halten, trotz ein wenig Längen in der zweiten Hälfte, die Spannung auf einem guten Niveau. Es braucht nicht immer die absoluten Pageturner, bei denen man zwischendrin dann nicht einschlafen kann, weil der Puls unmerklich immer ein bisschen zu hoch geht.

Dieses Krimi-Genre (ohne cozy zu werden) bedient “Eisblau” perfekt und nebenbei gibt es noch ein paar finnische Worte und Ausdrücke zu lernen. Vielleicht könnte man, wenn es mehr wird, für künftige Krimis auch ein kleines Glossar andenken.

Veröffentlicht am 07.09.2025

Verschiedene Begebenheiten perfekt ineinander verwoben

BLUT
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Verrückte Actionszenen oder spritzendes Blut (auch wenn der Titel so lautet), sucht man bei Yrsa Sigurðardóttir vergeblich. Die Isländische Autorin ist eine Meisterin, wenn es darum geht, tief verwobene, ...

Verrückte Actionszenen oder spritzendes Blut (auch wenn der Titel so lautet), sucht man bei Yrsa Sigurðardóttir vergeblich. Die Isländische Autorin ist eine Meisterin, wenn es darum geht, tief verwobene, psychologisch packende Thriller/Krimis zu schreiben.

Nacht “Nacht” und “Rauch” ist “Blut” der dritte Band rund um die Reihen mit Karólína, Týr und Iðunn. Karó und Týr sind Kollegen bei der Polizei in Reykjavík, Iðunn ist Rechtsmedizinerin und arbeitet immer wieder eng mit der Polizei zusammen.

Natur und Wetter spielen in den Krimis von Sigurðardóttir sehr oft eine große Rolle. So auch diesmal, als wir die Köchin Gunndís begleiten. Sie bekommt die Chance, auf einem Schiff zu arbeiten und Köchin während einer Loddentour zu sein.

Parallel dazu sollen Karó und Týr für Kollegen einspringen. Es geht um einen Einsatz im Ort Grindavík, wo es in einer kleinen Straße zu etwas härteren Nachbarschaftsstreitigkeiten gekommen sein soll. Der fast unspektakuläre Start wandelt sich schon bald in eine fesselnde, undurchsichtige Geschichte, während derer genug Zeit bleibt, um nicht nur die Hauptfiguren, sondern auch die speziellen Nebencharaktere ausführlich zur Geltung kommen zu lassen. Das trägt dazu bei, die Erzählung lebendig und abwechslungsreich zu halten.

Wie oft bei Sigurðardóttir, haben (fast) alle Beteiligten in irgendeiner Weise ihr Päckchen zu tragen und diese Hintergründe nach und nach zu entdecken, macht genauso viel Freude, wie zu überlegen, wer denn nun der Täter ist. Zudem hängt dann doch irgendwie alles mit allem zusammen.

Fans nordischer Krimis sollten sich diese gedankliche Abkühlung in einem möglicherweise heißen Herbst nicht entgehen lassen.

Veröffentlicht am 24.08.2025

Wolle kuscheln an der Nordsee

Mörderisch verstrickt – Ein Strickclub ermittelt
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Dieser “cozy crime” ist ein wunderbares Buch für Zwischendurch und er bringt viel Wohlfühlatmosphäre mit. Ausschlaggebend für mein Interesse (abseits von spannenden Aspekten) war für mich der Untertitel ...

Dieser “cozy crime” ist ein wunderbares Buch für Zwischendurch und er bringt viel Wohlfühlatmosphäre mit. Ausschlaggebend für mein Interesse (abseits von spannenden Aspekten) war für mich der Untertitel “Ein Strickclub ermittelt”. Andere werden sich vielleicht in erster Linie auf das Nordseesetting freuen. Wer mit Nadeln und Wolle aber so gar nichts anfangen kann, wird sich hier aber vielleicht nicht so sehr wiederfinden, da der Fokus (zurecht) sehr deutlich darauf liegt.

Mette, eine lebenslustige Mittdreißigerin, führt einen kleinen Strickladen im Dörfchen Lüttjekoog. Sie und ihre drei engsten Freunde treffen sich (meist im Laden) auch zu regelmäßigen Stricktreffen. Sie besprechen ihren Alltag und fachsimpeln über Socken, Tücher und vieles mehr.

Wenn sie gerade nicht stricken, steckt vor allem Mette ihre Nase auch gerne tief in andere Angelegenheiten und dank ihrer großzügig ausgeprägten Fantasie sieht sie auch gerne Ermittlungsbedarf und nimmt die Dinge selbst in die Hand. Und tatsächlich: Im Dorf wird eine Leiche gefunden, die Polizei scheint ratlos.

“Mörderisch verstrickt” lässt sich locker, flockig lesen und bietet auf mehr als 300 Seiten viele kleine Abschnitte, durch die man schnell durch ist. Es ist aber auch problemlos möglich, öfter zu unterbrechen, ohne den Überblick zu verlieren. Und falls das doch einmal passiert, gibt es am Buchende ein Personenregister. Ebenso dort finden sich drei Strickanleitungen, falls nach dem Lesegenuss noch die Strickwut zuschlägt.

Die Geschichte ist genau das, was sie sein soll - angenehme Unterhaltung, gemischt mit Hintergrundinfos über Handarbeiten und ein bisschen krimineller Energie. Nach dem Prolog dauert es leider ein wenig, bis das Ganze Fahrt aufnimmt, weil man die Charaktere und das Setting zuerst noch ausführlich kennenlernt. In der ersten Hälfte waren es für meinen Geschmack auch zu viele mit Nordseebegriffen abgewandelte Metaphern und Redewendungen. Das hört später fast ganz auf und dann liest sich auch der Schreibstil flüssiger. Falls es eine Fortsetzung gibt: Gerne mehr im Stil der zweiten Hälfte dieser Geschichte.

Veröffentlicht am 20.06.2025

Was zuvor geschah

HULDA
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Da ich die “Hulda”-Trilogie begeistert verschlungen habe, konnte ich beim Titel dieses Thrillers natürlich nicht widerstehen. Gibt es noch ein viertes Buch? Ja und nein.

“HULDA” ist als Prequel zur Trilogie ...

Da ich die “Hulda”-Trilogie begeistert verschlungen habe, konnte ich beim Titel dieses Thrillers natürlich nicht widerstehen. Gibt es noch ein viertes Buch? Ja und nein.

“HULDA” ist als Prequel zur Trilogie angelegt. Ragnar Jónasson schrieb diesen Fall für die junge Hulda Hermannsdóttir, als die Trilogie in einer Fernsehserie verfilmt wurde (The Darkness). Wir erleben Hulda, als ihre Tochter Dimma gerade in die Schule geht und sie und Jón noch nicht umgezogen waren.

Dass sie noch eine junge Mutter ist, ist für den Fall von Bedeutung, da er ihr dadurch näher geht. Sie ermittelt in einem cold case, den die Polizei wieder aufrollen kann, da ein wichtiges Beweisstück von vor 20 Jahren plötzlich gefunden wird. Es beginnt eine unruhige Zeit für Hulda, die noch nie so viel Verantwortung hatte, von ihrem Chef aber ermutigt wird.

Zu den Ermittlungen kommt noch hinzu, dass sie für eine junge Kollegin verantworlich ist, die sie unterstützen soll. Dass ein Teil der Ermittlungen weit entfernt von Reykjavík stattfindet und Hulda daher mehrere Tage von ihrer Familie getrennt ist, setzt ihr ebenso deutlich zu.

Der Buchtitel ist also Programm - es gibt eine wirklich sehr gute Krimi-/Thrillergeschichte, die einen die 270 Seiten schnell lesen lässt, aber es geht auch sehr viel um unsere Ermittlerin und ihre privaten Gedanken und Gefühle.

Wer so etwas nicht mag, könnte von diesem Thriller schnell genervt sein. Warum Hulda aber so ist und so denkt, erklärt sich durch die Bände der Trilogie. Sie vorher gelesen zu haben, ist meine Empfehlung. Die Trilogie in sich hat auch eine Besonderheit: Sie erzählt Huldas Geschichte rückwärts, startet also, als sie am Ende ihrer Laufbahn angekommen ist. (DUNKEL, INSEL, NEBEL)