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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Entweder vorhersehbar oder verwirrend

Night Falls. Du kannst dich nicht verstecken
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Eine grundsätzlich gute Idee (harmonische Familie wird von der Vergangenheit in Form eines unberechenbaren Häftlings eingeholt) wird hier ein wenig sprunghaft und konfus dargestellt. Zudem kann sich über ...

Eine grundsätzlich gute Idee (harmonische Familie wird von der Vergangenheit in Form eines unberechenbaren Häftlings eingeholt) wird hier ein wenig sprunghaft und konfus dargestellt. Zudem kann sich über weite Strecken die Spannung nicht komplett Thriller-typisch entwickeln, da den Gefühlen und Gedanken der Hauptpersonen viel Platz eingeräumt wird und die Zeit im Buch daher nicht voranschreitet. Wer diese Art der „Zeitlupen-Erzählung“ mag, kommt sicher gut mit diesem Werk zurecht, ansonsten geht wenig vorwärts. Gegen Ende, als mehr Tempo hinzukommt und weniger Details angesprochen werden, kann das Buch ein wenig mehr überzeugen. Leider zieht sich das nicht immer ganz nachvollziehbare Verhalten der Charaktere wie ein roter Faden durch das Buch, oft bleiben Intentionen im Dunklen und Wendungen sind sehr sprunghaft und verwirrend eingearbeitet. Trotz des grundsätzlich positiven Endes kann man als Leser dann aber nicht befreit durchatmen, sondern bleibt mit vielen Fragen und Stirnrunzeln zurück.

Gesamt bleibt zu sagen, dass einerseits vieles vom Leser vorhersehbar ist, und das, was überraschend kommt, eher verwirrend ist als verblüffend. Durch das eigenartige Verhalten der Personen kann man sich kaum mit einer oder mehreren identifizieren, sie bleiben trotz der vielen gefühlsbetonten Einschübe ein wenig unnahbar und rätselhaft.
Einige gute Abschnitte sind jedoch gelungen, diese befassen sich meist mit der Vergangenheit und sollen nebenbei ein wenig andeuten und erklären, warum die Familie aktuell ist dieser furchtbaren Situation steckt. Leider sind die Andeutungen hier auch etwas zu stark ausgefallen, sodass man kaum raten muss und aus diesen Abschnitten auch keine Überraschungen entstehen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Alte Wunden

Lügenmauer. Irland-Krimi (Ein Emma-Vaughan-Krimi 1)
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In diesem Krimi findet neben der Hauptermittlung sehr viel von der irischen Seele und der Landschaft Platz, was mir gut gefallen hat. Die Autorin beschreibt alles sehr angenehm, flüssig und mit den nötigen ...

In diesem Krimi findet neben der Hauptermittlung sehr viel von der irischen Seele und der Landschaft Platz, was mir gut gefallen hat. Die Autorin beschreibt alles sehr angenehm, flüssig und mit den nötigen Details. Sie baut den Fall für Emma Vaughan auf einer Tatsache auf, die früher leider allzu häufig zur Anwendung kam: unverheiratet schwangere Mädchen werden in ein „Heim“ gesteckt, wo sie gebären und die Kinder dann zur Adoption freigegeben.
In diesem Buch führt ein Mädchen einer grundsätzlich nicht armen Familie dieses schwere Leben. Sie gerät ohne Schuld in diese Situation, die Familie bietet ihr keinerlei Rückhalt und ihr ehrgeiziger Bruder sieht durch ihr Schicksal seine Karriere gefährdet. Dieser Bruder, Charles Fitzpatrick, wird Jahrzehnte später ermordet und die Polizei von Sligo wird aktiv. Während ihrer Ermittlungen gräbt Emma tief in der Familiengeschichte der Fitzpatricks herum und wirbelt im Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten alten Staub auf.
Auch wenn man durch eingestreute Abschnitte zwischen den Ermittlungserzählungen bald selbst die Knoten entwirren und das Rätsel um den Mörder lösen könnte, hält der Schluss noch eine kleine Wendung parat.
Die Charaktere sind angenehm „normal“, wenn auch mit schon fast typischen Schwachpunkten und auch glaubwürdig.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein feines Netz menschlicher Schwächen, Bedürfnisse und Gefühle

Boy in the Park – Wem kannst du trauen?
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Mit einigen Wendungen entfaltet der Autor hier eine Geschichte zwischen scheinbar alltäglichem Leben, Mord, guten Absichten und der Justiz und ihren Folgen. Allzuviel über den Inhalt kann man nicht schreiben, ...

Mit einigen Wendungen entfaltet der Autor hier eine Geschichte zwischen scheinbar alltäglichem Leben, Mord, guten Absichten und der Justiz und ihren Folgen. Allzuviel über den Inhalt kann man nicht schreiben, ohne Entscheidendes vorwegzunehmen, aber so viel ist klar: in diesem Buch, das immer wieder zwischen Roman, Krimi und Thriller hin- und herpendelt, ist vieles nicht so, wie es scheint. Menschliche Schwächen, Bedürfnisse und Gefühle spielen hier eine tragende Rolle, Handlungen sind eher Nebensache. Doch die Geschichte wird dadurch nicht weniger spannend und lässt sich aufgrund der kurzen Abschnitte und des angenehmen Stils sehr flüssig lesen.
Immer wieder kann man selbst mitraten: Wer ist der Junge im Park? Und ist er tatsächlich verschwunden? Der Name Joseph taucht mehrmals auf und warum passieren gerade dem netten Dylan immer wieder diese seltsamen Dinge?

Veröffentlicht am 15.09.2016

Zwei, die sich belauern

Der kalte Saphir
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Eine Journalistin, die sich die Story ihres Lebens erhofft und ein Interviewpartner, ehemaliges Bandmitglied von „Klarstein“, der die Journalistin an ihre Grenzen bringt. Dies sind die Hauptzutaten für ...

Eine Journalistin, die sich die Story ihres Lebens erhofft und ein Interviewpartner, ehemaliges Bandmitglied von „Klarstein“, der die Journalistin an ihre Grenzen bringt. Dies sind die Hauptzutaten für Michael Düblins Roman. Nebenbei wird noch ein Mord aufgeklärt, der innerhalb der Band passiert ist, aber schon Jahrzehnte zurückliegt. Doch die „Ermittlung“ verkommt fast zur Nebensache, widmet sich der Autor doch intensiv den Gefühlswelten der beiden Protagonisten und ihrer sich scheinbar stets verändernden Beziehung zueinander. Jule Sommer ist redlich bemüht, Sebastian Winter auszuhorchen und ihn trotzdem frei erzählen zu lassen, was sich zu den so erfolgreichen Zeiten zwischen den Musikern ereignete. Alles befindet sich im Wechsel: das Wetter rund um Winters Anwesen in Griechenland, die Initiative der Gesprächspartner sowie Wohlbefinden der beiden und die Einschätzung, die sie vom jeweils anderen haben. Darf Jule ihm nun glauben? Ist sie eine ernstzunehmende Gegnerin für einen so gewandten Erzähler wie ihn? Und ist Winter ernsthaft an der Wahrheit interessiert oder nur an ihrem Körper?
Zu den kleinen Psychospielchen, die die beiden zwischen Pool, Flipperkasten und Aufnahmegerät austragen, passt auch der kleine „Trick“ mit den Namen der beiden sehr gut. Und obwohl er manchmal schon bildlich an der Klippe steht, kann der Autor gut vermeiden, doch zu sehr in Klischees abzudriften, die sehr oft dann lauern, wenn Mann und Frau so aufeinanderprallen.

Überrascht hat mich das Ende, teilweise wegen des Inhalts aber viel mehr der Gestaltung wegen. So, wie es ist, wäre sogar eine Fortsetzung denkbar, was ich aber nicht vermute. Dann müssten viele Details noch aufgeklärt werden und einige Fäden zusammengebracht werden. Schön ist auf jeden Fall, dass Jule und Winter doch irgendwie zu einem stummen Einverständnis kommen, was die Geschichte und ihre Folgen betrifft.
Hinter der Person Jules hätte ich insgesamt noch mehr Tiefe vermutet, was aber schwierig geworden wäre, da Winter viel Raum für sich beansprucht. Er ist für mich bis zum Schluss kein voll greifbarer Charakter, hat viele Ecken und Kanten, ist streitbar und dann wieder ein Ruhepol. Aber zu einem möglichen Mörder passt das wohl, dass man ihn nie ganz einschätzen kann und sich nahezu parallel zu Jule beim Lesen so seine Gedanken über diesen seltsamen „Kauz“ macht.
Wer sich hier ein packendes „Mörder-Interview“, ähnlich wie eine Befragung vor Gericht wünscht, wird sicher teilweise enttäuscht. Natürlich geht es um eine Rückschau und eine Aufklärung, doch Winter darf ausreden, monologisieren und erzählt nicht nur Geschichten von damals. Nur zwischendurch gibt es einige spannungsgeladene Frage-Antwort-Momente. Wer sich von Winter aber gemütlich durch die Geschichte tragen lässt, lernt ganz nebenbei noch vieles über Aufnahmetechnik und die Musikbranche.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Licht am Ende des Buches

Skin
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Mit einem guten Protagonisten muss sich der Leser identifizieren können. Was Bücher betrifft, ist das eine Binsenweisheit. Aber muss das so sein? Veit Etzold wagt hier mit dem Unternehmensberater Christian ...

Mit einem guten Protagonisten muss sich der Leser identifizieren können. Was Bücher betrifft, ist das eine Binsenweisheit. Aber muss das so sein? Veit Etzold wagt hier mit dem Unternehmensberater Christian König viel, denn mit dessen naiv-nerviger Art können sich wohl die wenigsten Leser identifizieren. Aber: Christian bleibt im Gedächtnis. Bekommt man aufgrund seines Verhaltens auch des Öfteren Kopfweh vom vielen Schütteln desselben, so setzt man sich dennoch mit der Person auseinander, überlegt, was an ihm so stört. König ist auf jeden Fall ein Charakter, der nicht kalt lässt und das zeichnet eine gut gestrickte Hauptperson auch irgendwie aus.
Ähnlich ambivalent kann man dem Hauptermittler, Frank Deckhard, gegenüberstehen. Er scheint zu Beginn ein umsichtiger, verlässlicher Typ zu sein. Als das Team dann mehrere Leichenfunde zu bearbeiten hat und seltsame Verbindungen zu König auftauchen, riskiert er Kopf und Kragen, weil er so sehr von der Schuld des Beraters überzeugt ist.
Zwischen diesen beiden Persönlichkeiten ist wenig Platz für einen packenden Thriller, zumal noch viele Details und allgemeines Wissen über die Wirtschaftswelt und die Beraterbranche Buchseiten belegen. Wer das mag oder wer gut damit klarkommt, dem eröffnet sich ein Fall, währenddessen Christian König von unbekannter Seite Taten angelastet und erschreckende Botschaften zugesendet werden. Die Schlinge, die ohnehin eng ist, wird durch Königs Verhalten leider auch nicht weiter, er manövriert sich mit Lügen und Fluchtversuchen immer tiefer in die Sache hinein.
Statt sich über Christian zu ärgern, kann man sich als Leser auch die Zeit damit vertreiben, mitzuraten, wer denn der Täter sein könnte und bekommt gegen Ende des Buches noch eine schöne Portion Spannung geboten. Das Ende kann somit noch einiges wiedergutmachen; wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Christians Vater noch einen Stein ins Rollen bringen kann?
Ich werde, was Veit Etzold betrifft, aber bei der Reihe um Clara Vidalis bleiben, da mich da die eine oder andere Leseprobe schon sehr angesprochen hat und man über diese Bücher viel Gutes hört.

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