Cover-Bild Gott ist nicht schüchtern
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Aufbau Verlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 309
  • Ersterscheinung: 17.03.2017
  • ISBN: 9783351036652
Olga Grjasnowa

Gott ist nicht schüchtern

Roman
»Eindrucksvoll und berührend.« ZDF aspekte

Amal und Hammoudi sind jung, schön und privilegiert, und sie glauben an die Revolution in ihrem Land. Doch plötzlich verlieren sie alles und müssen ums Überleben kämpfen. Sie fliehen.
Ein erschütterndes, direktes und unvergessliches Buch.

„Amal schaut den Frauen auf der Straße nach. Plötzlich wird ihr bewusst, dass sie nicht mehr dazugehört. Niemand beachtet sie mehr. Wo ist ihr Haus? Ihre Karriere? Und ihre Straße, die immer nach Jasmin roch? Wo sind ihre Bücher und Schallplatten? Wo die Freunde und Verwandten? Die Partys und der Sommer vor dem Pool?
Die Welt hat eine neue Rasse erfunden, die der Flüchtlinge, Refugees, Muslime oder Newcomer. Die Herablassung ist in jedem Atemzug spürbar.“

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.02.2018

Manchmal hat man einfach keine Wahl

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Wie schnell man in Damaskus vor ein paar Jahren vom angehenden Mediziner bzw. einer angehenden Schauspielerin zum Flüchtling werden kann, das schildert Autorin Orga Gjrasnowa in diesem Roman, der aus meiner ...

Wie schnell man in Damaskus vor ein paar Jahren vom angehenden Mediziner bzw. einer angehenden Schauspielerin zum Flüchtling werden kann, das schildert Autorin Orga Gjrasnowa in diesem Roman, der aus meiner Sicht eher dokumentarischen bzw. zeitgenössischen Wert hat. Eindringlich schildert sie die Geschicke der beiden jungen Leute Hammoudi und Amal, allerdings diese nicht so sehr literarisch wie zeithistorisch geprägt und gerade dies macht derzeit ihren besonderen Reiz aus, wenn es auch ein tragischer, ein dramatischer, ja ein überaus schmerzlicher Reiz ist. Aber einer, den jeder von uns vergegenwärtigen sollte, da er an uns nicht vorbeigehen kann, nicht vorbeigehen darf. Diese weltpolitischen Entwicklungen berühren jeden und sie sollten auch jeden schmerzen - wie kann es sein, dass dies nicht der Fall ist.

Wir erleben Hammoudi als Winner-Typen, den es für nur fünf Tage nach Damaskus verschlagen hat: er muss seinen Pass verlängern. Aus den fünf Tagen werden fast fünf Jahre - am Ende muss er - ebenso wie Amal - an Flucht denken, um das vor wenigen Jahren noch sichere Land verlassen zu können.

Es sind quasi zwei Einzelschicksale, die hier erzählt werden, quasi zwei Parallelwelten - eher ergänzender als völlig nebeneinander existierender Art- werden dargestellt. Die Wege von Hammoudi und Amal kreuzen sich nur kurz, nur punktuell.

Ja, manchmal hat man einfach keine Wahl: wie oft das bei Menschen von ganz ähnlicher sozialer Herkunft wie uns selbst bspw. aus Syrien der Fall ist, das zeigt hier die Autorin Olga Grjasnowa.

Auch wenn Frau Grjansowa, dokumentiert, also die Ereignisse darstellt, wenn man es so nennen kann, sehr sachlich erzählt - auch dann scheint es manchmal, als wolle sie uns eine Vorlage, ja, eine Vorgabe anbieten zu den Entwicklungen unserer Zeit und fast erscheint sie mir - wenn auch überaus eindringlich - zu plakativ. Dennoch: ein lesenswerter Roman, der uns unsere Ära in all ihrer Hoffnungslosigkeit und Grausamkeit vorführt. Mit einer Härte, die manchmal einfach unumgänglich scheint.

Veröffentlicht am 07.08.2017

Eine Odyssee in Richtung Zukunft

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„Er weiß, dass er genau in diesem Moment zu einem Sohn seiner Stadt werden könnte. Vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben. Seine Stadt steht vor einem Wendepunkt, und alle wissen, dass es kein Zurück ...

„Er weiß, dass er genau in diesem Moment zu einem Sohn seiner Stadt werden könnte. Vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben. Seine Stadt steht vor einem Wendepunkt, und alle wissen, dass es kein Zurück mehr gibt.“

Inhalt

Während der junge Arzt Hammoudi nur noch einmal in seine syrische Heimat zurückkehren muss, um sich eine Verlängerung für seine auslaufende französische Aufenthaltsgenehmigung zu holen, möchte die Syrerin Amal ein freies Leben in ihrer Heimatstadt Deir az-Zour und schließt sich dem Widerstand an. Sie wünscht sich ein schönes Zuhause, einen freien, intakten Freundeskreis und ein echtes berufliches Auskommen ohne Bestechung und ohne ständige Beschattung durch den Staat. Doch die politischen Unruhen greifen bereits drastisch um sich und verändern den Lebensalltag der Bevölkerung sehr nachhaltig und rivalisierende Untergrundbewegungen bringen weiteres Unheil über unschuldige Menschen.

Für Hammoudi bleibt die Rückkehr ins friedliche Europa verwehrt, so dass er beschließt, den Menschen in seinem Land zu helfen – Menschen, die keine medizinische Versorgung bekommen, weil sie ins Kreuzfeuer der feindlichen Armeen geraten sind. Und erst als ihm bewusst wird, dass sein eigenes Leben in Syrien überhaupt keinen Wert mehr besitzt, schlägt er den Weg vieler anderer Flüchtlinge über das Mittelmeer ein. Und auch Amal muss erkennen, dass sie in ihrer Heimat keine Zukunftsperspektive haben wird und nimmt die Anstrengungen einer Flucht auf sich, selbst wenn das bedeutet, die eigene Identität aufgeben zu müssen …

Meinung

Dieser zeitgenössische Roman greift den aktuellen Anlass einer zerrütteten, desolaten Nahostpolitik auf und setzt ihn in Verbindung mit scheinbar willkürlichen Menschenschicksalen, die erst durch die Dramatik der Kriegshandlungen einen unausweichlichen Charakter annehmen. Der Fokus der aus Ascherbaidschan stammenden Autorin Olga Grjasnowa liegt auf der Machtlosigkeit des Einzelnen, der zu Gunsten einer militanten Politik immer weiter ins Hintertreffen gerät. Dabei schont sie den Leser in keiner Weise, sie beschreibt vielmehr sachlich und ausreichend distanziert die Gräuel und Schandtaten im Alltag eines vernichtenden Bürgerkrieges. Terroristen und Selbstmörder treffen auf Unschuldige und jeden Tag, immer wieder aufs Neue entscheidet sich, ob es ein „morgen“ geben wird und wie es denn aussehen mag.

Gerade diese Erzählweise, die Abstand zu Emotionen und Menschen hält, hat mir in diesem Kontext besonders gut gefallen, weil dadurch die Protagonisten fast austauschbar erscheinen, ihre Namen ebenso verblassen, wie die bittere Realität tausender Betroffener. Es sind weniger die starken Charaktere mit ihren persönlichen Entscheidungen, die diesem Roman ein Gesicht verleihen, als vielmehr die gnadenlose, sinnlos erscheinende Notwendigkeit kriegerischer Handlungen, die so viele Menschen mit Unbarmherzigkeit in die heimatlose Ungewissheit treibt.

Fazit

Ich vergebe gute 4 Lesesterne für diesen hochaktuellen, zeitgenössischen Roman über die vielfältigen Ursachen der Flüchtlingswelle, der mich auf ungewöhnliche Blickwinkel aufmerksam machen konnte und viel Inhalt mit schierem Entsetzen koppelt. Ein Buch, welches Perspektiven zeigt aber auch deutliche Grenzen sichtbar macht – Grenzen, die Menschen geschaffen haben um sie auf Leben und Tod zu verteidigen unter dem Schutzmantel einer fragwürdigen Ideologie. Zeitlos und bewegend zugleich kann der Leser eintauchen in eine Welt, die er eigentlich nicht kennen möchte.

Veröffentlicht am 24.03.2017

Über den Syrien-Krieg

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Der Roman beginnt in Syrien im Jahr 2011 im Arabischen Frühling kurz vor Ausbruch des Bürgerkriegs und zeichnet die Schicksale zweier Flüchtlinge - Amal und Hammoudi, beide in den Zwanzigern - nach. Amal ...

Der Roman beginnt in Syrien im Jahr 2011 im Arabischen Frühling kurz vor Ausbruch des Bürgerkriegs und zeichnet die Schicksale zweier Flüchtlinge - Amal und Hammoudi, beide in den Zwanzigern - nach. Amal ist Schauspielerin. Wegen der Teilnahme an Demonstrationen gegen Präsident Assad gerät sie ins Visier des Geheimdienstes. Hammoudi ist Arzt in Paris und kehrt zurück, um seinen Pass zu verlängern. Die Wiederausreise wird ihm verweigert, er versorgt fortan in einem illegalen Lazarett verletzte Assad-Gegner. Beide begegnen sich kurz in Damaskus und dann einige Jahre später in Berlin, wohin sie flüchten.

Der Roman lässt einen betroffen zurück. Das Schicksal der Protagonisten, die beispielhaft für so viele Flüchtlinge stehen, ist furchtbar. Sie, die von einem besseren Leben träumen, sind Erniedrigungen, Demütigungen und Gewalt ausgesetzt und geraten immer weiter hinein in die für einen Außenstehenden undurchsichtigen Verhältnisse ihres Heimatlandes. Insoweit ist das gut recherchierte Buch sehr informativ. Real vorgekommene Massaker werden erwähnt, das Schlepperwesen, Fremdenfeindlichkeit. Für mich war es manchmal fast zu viel. Treffend ist der Buchtitel gewählt - mit dem nicht schüchternen Gott ist Assad gemeint.

Zu empfehlen für die am syrischen Bürgerkrieg Interessierten.