Cover-Bild Der Reisende
8,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Klett-Cotta
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 05.02.2018
  • ISBN: 9783608110111
Ulrich Alexander Boschwitz

Der Reisende

Roman
Peter Graf (Herausgeber)

Deutschland im November 1938. Otto Silbermanns Verwandte und Freunde sind verhaftet oder verschwunden. Er selbst versucht, unsichtbar zu bleiben, nimmt Zug um Zug, reist quer durchs Land. Inmitten des Ausnahmezustands. Er beobachtet die Gleichgültigkeit der Masse, das Mitleid einiger Weniger. Und auch die eigene Angst.
»Ein wirklich bewegender, aber auch instruktiver Text. Ein großer Gewinn! Für einen Dreiundzwanzigjährigen ein ganz erstaunliches Werk.«
Brigitte Kronauer
Der jüdische Kaufmann Otto Silbermann, ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft, wird in Folge der Novemberpogrome aus seiner Wohnung vertrieben und um sein Geschäft gebracht. Mit einer Aktentasche voll Geld, das er vor den Häschern des Naziregimes retten konnte, reist er ziellos umher. Zunächst glaubt er noch, ins Ausland fliehen zu können. Sein Versuch, illegal die Grenze zu überqueren, scheitert jedoch. Also nimmt er Zuflucht in der Reichsbahn, verbringt seine Tage in Zügen, auf Bahnsteigen, in Bahnhofsrestaurants. Er trifft auf Flüchtlinge und Nazis, auf gute wie auf schlechte Menschen. Noch nie hat man die Atmosphäre im Deutschland dieser Zeit auf so unmittelbare Weise nachempfinden können. Denn in den Gesprächen, die Silbermann führt und mithört, spiegelt sich eindrücklich die schreckenerregende Lebenswirklichkeit jener Tage.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.04.2018

Beeindruckend

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Ein beeindruckendes Buch mit einer Geschichte, die mich nach dem Lesen sicherlich noch lange beschäftigen wird. Der Reisende, das ist hier der Protagonist des Buches. Wir schreiben das Jahr 1938, die Herrschaft ...

Ein beeindruckendes Buch mit einer Geschichte, die mich nach dem Lesen sicherlich noch lange beschäftigen wird. Der Reisende, das ist hier der Protagonist des Buches. Wir schreiben das Jahr 1938, die Herrschaft der Nationalsozialisten wird immer extremer, im November finden die Pogrome statt und für Juden wird es immer gefährlicher. So auch für Otto Silbermann, einen Geschäftsmann. Er flüchtet mit einer Tasche voller Geld vor den Nazis; sein Plan, sich ins Ausland abzusetzen, scheitert jedoch und so reist er durch Deutschland und der Leser erfährt von seinen Begegnungen mit anderen Menschen, seien es nun andere Flüchtlinge oder gar Nazis.
Ein ungewöhnliches, beeindruckendes Buch. Die Gehetztheit hat sich bei der Lektüre auf mich übertragen, ich war wie in einem Sog und musste immer weiterlesen. Eine sehr differenzierte und authentische Momentaufnahme.

Veröffentlicht am 10.02.2018

Erschütternde Flucht durch Deutschland

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„Ja, die Erde bebt, aber nur unter uns.“ (S. 77-78)
Wohin flüchtet man, wenn das ganze Land ein Gefängnis zu sein scheint? Vor dieser Frage steht Boschwitz‘ Protagonist Otto Silbermann, ein Jude in der ...

„Ja, die Erde bebt, aber nur unter uns.“ (S. 77-78)
Wohin flüchtet man, wenn das ganze Land ein Gefängnis zu sein scheint? Vor dieser Frage steht Boschwitz‘ Protagonist Otto Silbermann, ein Jude in der Zeit der ersten großen Verhaftungswelle Ende der dreißiger Jahre. Auf seiner Flucht durch Deutschland werden erschütternde menschliche Abgründe deutlich.
Etwas schmerzhaft ist es immer, Romane aus der Zeit der Judenverfolgung zu lesen. Man weiß nicht, wie man sich selbst verhalten hätte, man weiß unter Umständen nicht, wie Familienmitglieder sich verhalten haben, aber vor allem sind die Geschehnisse von damals so unsagbar furchtbar. Jedes Mal, auch bei diesem Buch, schnürt sich mir die Kehle zu, wenn ich von den Ungerechtigkeiten lese, die unschuldigen Menschen widerfahren sind; wenn ich lese, wie „ganz normale“ Leute geredet haben; wie diese ganz normalen Leute plötzlich all ihre Hemmungen verloren haben und sich tatsächlich – wie unglaublich! – im Recht gesehen haben. Machen ja alle.
„Was ich tue, das tun andere auch.“ (S. 59)
Besonders beeindruckend und erschütternd fand ich die Selbsterkenntnis Silbermanns, dass auch er nicht besser ist: Ausgestattet mit dem Glück, zumindest optisch nicht gleich als Jude verdächtigt zu werden, ertappt er sich wiederholt dabei, die Gesellschaft anderer Juden zu meiden, um nicht selbst „kompromittiert“ zu werden. Das verdeutlicht vielleicht mehr als alles andere, wie verlockend es gewesen sein muss, sich unsichtbar zu machen und einfach der Mehrheit anzuschließen – aus welchen Gründen auch immer und so falsch das auch ist. Wer von uns weiß wirklich, was er getan hätte?
Die autobiografischen Einschläge, die dieser Roman sicherlich hat (immerhin ist Boschwitz selbst jüdischer Emigrant aus der Zeit gewesen), sind vermutlich erhebliche Faktoren, die zur Glaubwürdigkeit und zur Intensität beigetragen haben. In jedem Fall: Ziemlich erschütternd und ziemlich lesenswert.

Veröffentlicht am 09.02.2018

nur ein paar Tage

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Eine sehr eindringliche Geschichte, die Otto Silbermann hier erlebt. Als Jude in Berlin verfolgt, setzt er sich in einen Zug und reist. Und kommt so gar nicht zur Ruhe. Die nächste Zeit bestimmen Züge ...

Eine sehr eindringliche Geschichte, die Otto Silbermann hier erlebt. Als Jude in Berlin verfolgt, setzt er sich in einen Zug und reist. Und kommt so gar nicht zur Ruhe. Die nächste Zeit bestimmen Züge sein Leben. Und die Mitreisenden, die er trifft.

Teilweise fand ich es schon sehr anstrengend zu lesen, wie Otto Silbermann von Ort zu Ort hetzt, ich fühlte mich auch etwas gehetzt. Allerdings fand ich die Storys in der Story sehr nett: die Grenzübertretung, seine Bekanntschaft zu Ursula oder auch der Verlust seiner Tasche. Schnell ist man in der Geschichte drin und fühlt mit.
Der Autor versetzt uns mit wenigen Sätzen ins Reich des Jahres 1938. Die Stimmung im Buch ist durchwegs beklemmend, ohne große Hoffnung und doch erhofft man sich als Leser ein Happy End.
Gefühlt ist der Protagonist ewig auf dem Weg. Tatsächlich sind es nur wenige Tage, aber was er da erlebt reicht auch für ein halbes Leben. Teilweise stecken wohl auch autobiographische Züge in dem Roman, denn auch der Autor war Jude. Auch seine Geschichte, die im Anhang erzählt wird, ist lesenswert und interessant. War er doch bei seinem Tod erst 27 Jahre alt und hätte sicher gerne noch selbst seine Erlebnisse aufgeschrieben.

Veröffentlicht am 10.02.2018

Bemerkenswerte Lektüre, die seltsam kalt geschrieben ist

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Deutschland zur Zeit der Novemberprogrome - Otto Silbermann erlebt, wie seine Freunde und Verwandten auf seltsame Art und Weise verschwinden und nicht wiederauftauchen.
Mit einer Aktentasche voller Geld ...


Deutschland zur Zeit der Novemberprogrome - Otto Silbermann erlebt, wie seine Freunde und Verwandten auf seltsame Art und Weise verschwinden und nicht wiederauftauchen.
Mit einer Aktentasche voller Geld flüchtet er von der grausamen Fratze , die ihm Nazi-Deutschland entgegenstreckt und reist zunächst ziellos umher. Auf dieser ungewöhnlichen Reise begeben ihm sowohl Jude als auch Nazis und der erschreckende und grausame Alltag bestimmt fortan sein Leben...


"Der Reisende" soll einen schonungslosen authentischen Bericht eines jüdischen Kaufmanns erzählen, der gerade noch so seine Haut vor dem braunen Sumpf retten kann. Die Angst, das Getrieben sein und die Hetze gegen das jüdische Volk werden zwar bemerkenswert geschildert, jedoch bleibt die Erzählung merkwürdig kalt und lässt so den Eindruck entstehen, dass die Personen und ihre Handlungen ein wenig gestreckt und langatmig wirken. Außerdem ist der wesentliche Inhalt schon auf dem Klappentext vermerkt, sodass mein Interesse rasch auf der Strecke geblieben ist. Schade finde ich , denn so ein bewegendes Zeitdokument verdient eigentlich mehr Aufmerksamkeit.


Herzlichen Dank an den Verlag, der mir dieses Rezi-Exemplar kostenfrei über NetGalley zur Verfügung gestellt hat