Cover-Bild Das Echo der Sommer
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21,99
inkl. MwSt
  • Verlag: FISCHER E-Books
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 23.04.2025
  • ISBN: 9783104921495
Elin Anna Labba

Das Echo der Sommer

Roman | Über die Lebenswelten der Sámi ‒ von der neuen starken Stimme aus Skandinavien
Hanna Granz (Übersetzer)

Vor einem Panorama überwältigender Natur – drei unnachgiebige Frauen einer sámischen Familie kämpfen um ihre Heimat


Jedes Jahr im Frühling kehren sie nach dem Winter in ihr »Sommerland« am See im Nordwesten Schwedens zurück. Doch in diesem Frühjahr ist alles anders: Als die dreizehnjährige Iŋgá mit den Rentieren, Mutter und Tante das Tal erreicht, ist ihr Dorf versunken. Birken, Hütten, das Hab und Gut der Familie und vor allem das Grab des Vaters – alles unter Wasser, rücksichtslos geopfert für die Wasserkraftproduktion und den Profit der Städte im Süden. Es beginnt ein jahrzehntelanger Kampf gegen die Mächtigen des Landes, der nicht nur die drei Frauen, sondern das ganze sámische Dorf vor eine Zerreißprobe stellt.
Elin Anna Labba erzählt die weitgehend unbekannte Geschichte ihrer Gemeinschaft und schafft ein unvergessliches Zeugnis für das Recht auf Selbstbestimmung und die tiefe Verbundenheit von Mensch und Natur. Ein hochaktueller Roman von ungeheuer erzählerischer Kraft.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.05.2025

Sommerland ist abgebrannt

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Worum geht’s?

Die dreizehnjährige Ingá, ihre Mutter Rávdná und Tante Ánne – drei samische Frauen, immer auf Achse zwischen ihrem Winterquartier und dem »Sommerland« im schwedischen Nordwesten.
Gleich ...

Worum geht’s?

Die dreizehnjährige Ingá, ihre Mutter Rávdná und Tante Ánne – drei samische Frauen, immer auf Achse zwischen ihrem Winterquartier und dem »Sommerland« im schwedischen Nordwesten.
Gleich zu Beginn des Buches stehen sie wieder einmal vor dem Nichts, weil die schwedische Verwaltungsbehörde beschlossen hat, den Staudamm zu erhöhen und dafür die Siedlung zu opfern, nicht zum ersten Mal. Mühsam werden einige wenige Dinge gerettet.
Rávdná hat endgültig genug, sie wünscht sich ein richtiges Haus, will sesshaft werden, beantragt dafür sogar einen Kredit. Dieser wird ihr allerdings verwehrt mit der Begründung, es sei nicht vorgesehen, dass Samen sesshaft werden. Sie seien auch nicht in der Lage, sich um eine eigene Behausung zu kümmern und müssten auch künftig als Nomaden leben. Rávdná, die dies nicht hinnehmen will, macht sich trotzdem daran, eine feste Behausung zu bauen. Schließlich kommt es, wie es kommen muss, sie wird von der Verwaltung aufgefordert, diese abzureißen.

Im zweiten Teil der Geschichte ist Ingá erwachsen, Tante Anne ist längst tot und es entwickelt sich eine immer größere Distanz zwischen Mutter und Tochter. Rávdná protestiert weiter gegen die ungerechte Behandlung durch die Schweden, Ingá hingegen versucht, sich mit der Situation zu arrangieren und trotz allem ihr Glück zu finden.

Wie war’s?

Selten habe ich mich so schwer getan mit einer Rezension. »Das Echo der Sommer« hat mich begeistert, aber auch tief erschüttert und sehr nachdenklich gemacht. Was wissen wir eigentlich über das Volk der Samen und sein Schicksal? Und wie vermessen ist es von einem Staat, zu entscheiden, dass ein Volk auch künftig zum Nomadentum verdammt sein soll?
Mich hat der bildhafte Schreibstil von Elin Anna Labba tief beeindruckt (was selbstverständlich auch der großartig gelungenen Übersetzung von Hanna Granz geschuldet ist).
… doch er schien die Worte nicht zu hören, nicht wirklich. Er nahm entgegen, was ihm gesagt wurde, und legte die Wörter hinter sich auf die Fensterbank, und wenn er ging, würde er sie dort liegen lassen. Keiner der Männer am Tisch war gekommen, um ihnen wirklich zuzuhören. (S. 277)

Besonders gut gefallen haben mir die an zahlreichen Stellen eingestreuten Ausdrücke in samischer Sprache, die nochmal ein ganz anderes Flair vermitteln und einen noch tiefer in die Geschichte eintauchen lassen, sowie die sehr gelungenen Naturbeschreibungen.

Das Ende ist traurig, tragisch und zeigt (ohne zu viel vorwegzunehmen), dass man alte Bäume eben nicht verpflanzen soll.

Fazit

Eines meines bisherigen Lesehighlights dieses Jahr. Keine einfache Kost und nichts, was man nebenher wegliest, aber eine fesselnde, berührende und äußerst tragische Geschichte, die in mir die Neugier auf das Leben der Samen geweckt und mich in eine mir fremde Welt entführt hat. Und das ist es doch schließlich, was einen gelungenen Roman ausmacht. Von mir volle Punktzahl und eine uneingeschränkte Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 12.02.2025

Ein sehr gutes Buch über die Lebenswelten der Samen

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Indigene Völker haben es schwer. Nicht nur in den USA. Auch die nordischen Länder gehen nicht gerade behutsam mit ihren Vorfahren um. Hier sind es Samen, die gegen Politik und Wirtschaft zu kämpfen haben. ...

Indigene Völker haben es schwer. Nicht nur in den USA. Auch die nordischen Länder gehen nicht gerade behutsam mit ihren Vorfahren um. Hier sind es Samen, die gegen Politik und Wirtschaft zu kämpfen haben. Immer wieder müssen sie das Fluten ihrer Dörfer erdulden. Dabei haben sie sich Hütten gebaut und leben gut vom Fischfang und ihren Rentieren. Es gibt etliche Leute, die ihre Hütten als primitiv und kaum bewohnbar ansehen. Aber Inga und ihre Lieben empfinden das ganz anders. "Das Echo der Sommer" gibt ihnen eine Stimme.

Was mag in den Köpfen der Menschen vorgehen, die seit Jahrhunderten in einem Land leben? Dieses als ihr Zuhause ansehen und plötzlich geradezu überfallen werden? Wenn Leute zu ihnen kommen und behaupten, dass sie es nur gut mit ihnen meinen? Dass sie ihnen Fortschritt bringen und den Verlust ihrer Heimat mit Geld ausgleichen möchten? Nein, diese Männer und Frauen hatten keine Lobby. Sie mussten der Macht, die leider immer auch mit Geld in Verbindung gebracht wird, weichen.

Das Buch ist keine leichte Lektüre, die ich innerhalb weniger Stunden „verschlungen“ habe. Zu ernst ist das Thema und das Schicksal der Samen berührte mich sehr. Immer wieder fragte ich mich, welches Recht sich diese Architekten der Industrialisierung herausnahmen. Sie sahen die Samen als einfältig an und gönnten ihnen noch nicht einmal ein Haus aus Stein. Warum nicht? Keiner weiß es. Für diesen Roman gebe ich eine Leseempfehlung und das ohne Abstriche.

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Veröffentlicht am 19.06.2025

erschütternd

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"Das Echo der Sommer" ist der beeindruckende Debütroman der schwedischen Autorin Elin Anna Labba. Beschrieben wird in dem Roman die Situation der Samen, deren Zwangsumsiedlungen zwischen 1940 und den 70-iger ...

"Das Echo der Sommer" ist der beeindruckende Debütroman der schwedischen Autorin Elin Anna Labba. Beschrieben wird in dem Roman die Situation der Samen, deren Zwangsumsiedlungen zwischen 1940 und den 70-iger Jahren ein trauriger und menschenverachtender Teil der Politik war.

Begonnen wird die Geschichte von Inga, ihrer Mutter Ravdna und ihrer Tante Anne. Während sie im Sommer in ihrer Kote am See leben, begeben sie sich im Winter mit den Rentierherden ins Winterquartier. Als sie im Sommer wieder zurück an ihren See kommen, finden sie ihr Dorf geflutet vor und sie versuchen zu retten, was zu retten geht. Viel bleibt nicht übrig und es ist auch nicht das erste Mal, dass die Regierung Schwedens ihr Land flutet.

Mir war nicht gänzlich bewusst, wie diskriminierend Schweden mit dem naturverbundenen Volk der Samen umgegangen ist. Sesshaftigkeit wurde erschwert bzw. unterbunden, da sie keine Genehmigung für festen Wohnsitz erteilt bekamen.

Der Einstieg in die Geschichte ist mir erst einmal nicht leichtgefallen, zumal die Personen für mich immer ein ganzes Stück distanziert, zu mir als Leserin bleiben, doch nach einer Weile hat mich das Buch aufgrund der Thematik dann doch gepackt. Die Autorin versteht es gekonnt, die traurige Geschichte ihres Volkes mit atemberaubender Natur zu verbinden.

Ein Buch, welches lange nachhallt, nachdenklich macht und dadurch äußerst lesenswert ist.

Veröffentlicht am 23.05.2025

Vom Schwinden der Identität

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Rávdná, ihre Schwester Ánne und ihre Tochter Ingá sind Sami, sie folgen dem Lauf der Jahreszeiten. Im Winter leben sie in einer Baracke im Osten, im Sommer ziehen sie gen Westen an den See, um dort der ...

Rávdná, ihre Schwester Ánne und ihre Tochter Ingá sind Sami, sie folgen dem Lauf der Jahreszeiten. Im Winter leben sie in einer Baracke im Osten, im Sommer ziehen sie gen Westen an den See, um dort der Fischerei nachzugehen. Immer wieder wird durch ein großes Elektrizitätsunternehmen ihr Territorium verkleinert, indem es den See, der ihre Lebensgrundlage darstellt, mehr und mehr aufstaut. Jedes Mal verlieren sie ein Mehr an dem ohnehin schon geringen Eigentum. Die Samen werden als minderwertiges Volk angesehen, nahezu ohne Rechte. Doch ihr Widerstand wird im Laufe der Jahrzehnte immer mehr...

Elin Anna Labba thematisiert in "Das Echo der Sommer" die kontinuierliche Vertreibung der Sami auf eindrucksvolle Weise. Die indigene Bevölkerung Skandinaviens wurde lange Zeit als minderwertig angesehen, als Menschen betrachtet, die es selbst nicht zustande bringen, in "geordneten" Verhältnisse zu leben. Ohne groß zu fragen, werden sie peu à peu ihres Lebensraumes beraubt, ohne eine Mitsprache an ihrer Zukunft zu haben. Labba erzählt anschaulich die Naturverbundenheit der Sami - und wie diese von der schwedischen Obrigkeit gekonnt ignoriert wurde. Die drei Frauen stecken sich lange zurück, bis sie nicht mehr mitmachen wollen. Dabei gehen sie äußerst unterschiedlich mit der schleichenden Vertreibung um. Ánne, selbst vom Schicksal stark mitgenommen, resigniert, während ihre Schwester Rávdná immer mehr Widerstand leistet. Rávdnás Tochter Inga will bloß leben, interessiert sich nicht wirklich für Politik, sondern bemüht sich um ein erträgliches Überleben. Sie leben im Einklang mit der Natur, doch im Laufe der Zeit scheint das immer mehr ein Hindernis zu sein.

Die Erzählung der Autorin hat eine besondere Atmosphäre, die Leser:innen spüren förmlich die Verbundenheit der Figuren mit der Natur und die zerstörerische Kraft der hegemonialen Herrscherbevölkerung. Die Sprache ist kühl, beinahe unemotional und hinterlässt doch den Eindruck der puren Unterdrückung der indigenen Bevölkerung. Wir begleiten die Protagonistinnen über einen Zeitraum von mehr als fünfzig Jahren (1920er bis in die 1970er Jahre) und fühlen, wie unterschiedlich deren Umgang mit der Unterdrückung doch ist. Von purer Resignation, über widerständischen Handeln zu Ignoranz ist alles vorhanden. Die Charaktere sind äußerst unterschiedlich, ihnen gemein ist aber, dass sie nie wirklich zugänglich sind. Trotzdem sind all ihre Handlungen nachvollziehbar, auch wenn es schwer erträglich ist, in welchem Ausmaß die Unterdrückung stattfindet.

Das Buch ist für alle geeignet, die sich mit der Geschichte und dem Umgang mit dieser europäischen indigenen Bevölkerung auseinander setzen wollen. Die Landschaftsbeschreibungen und die kulturellen und religiösen Aspekte der samischen Bevölkerung werden glaubhaft vermittelt. Die Autorin schafft es gekonnt, Bilder zu erzeugen, die die Handlung, die Figuren und die landschaftliche Atmosphäre authentisch widerspiegeln.

In den letzten Jahren hat es einige Literatur gegeben, die sich mit der samischen Kultur und deren Unterdrückung beschäftigt haben. Elin Anna Labba schafft es in "Das Echo der Sommer" glaubhaft, deren Unterdrückung und eigenen Widersprüche darzustellen. Was aber, wie bei einigen anderen Werken ebenfalls, vernachlässigt wurde, ist, dass den Leser:innen die Möglichkeit geboten wird, die sprachliche Kultur verständlich zu machen. Auch in "Das Echo der Sommer" wird in der samischen Sprache gesprochen, doch leider wird es verabsäumt, wesentliche Ausdrücke in einem Glossar dem nichtwissenden Leser:innenpublikum näherzubringen. Zwar hat mich das wesentlich weniger gestört, wie in anderen Romanen, die das Schicksal der Sami thematisieren, weil die Bedeutung oft in Nachfolgesätzen gekonnt weiterverfolgt wurden. Trotzdem wäre es dem interessierten Lesepublikum durchaus zuzumuten, durch Fußnoten oder einem Glossar immer wieder auftauchende Begriffe wie "Giisá" oder "Eanni" zu erklären, einfach auch um mehr Verständnis den Protagonistinnen gegenüber zu erzeugen. Diese Auslassung im Sinne der Leser:innen begründe ich auch meine Entscheidung, eine Stern für dieses ansonsten wunderbar authentische Bild der Sami in Romanform abzuziehen.

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Veröffentlicht am 05.05.2025

Keine leichte Kost

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Zum Inhalt:
Immer im Frühling kehren Iŋgá, ihre Mutter und ihre Tante und den Rentieren in ihr Sommerland zurück. Doch dieses Jahr ist alles anders, denn ihr Dorf ist nicht mehr da. Versunken mit allem ...

Zum Inhalt:
Immer im Frühling kehren Iŋgá, ihre Mutter und ihre Tante und den Rentieren in ihr Sommerland zurück. Doch dieses Jahr ist alles anders, denn ihr Dorf ist nicht mehr da. Versunken mit allem ihrem Hab und Gut, selbst das Grab des Vaters, alles geopfert für die Wasserkraftproduktion. Ein jahrelanger Kampf beginnt.
Meine Meinung:
Ich muss gestehen, dass ich im Grunde nichts über die Geschichte der Samen wusste, jetzt zumindest so ein bisschen, wobei man dieses menschenverachtene Verhalten der Regierung den Samen gegenüber nicht nachvollziehen kann. Ich musste bei dieser Geschichte auch immer wieder an die Geschichte von Graun denken, dass dem Reschensee weichen musste, auch wenn diese Geschichte natürlich ganz anders ist. Denn hier geht es auch darum, dass die Beteiligten endlich ankommen wollen, was ihnen aber hartnäckig verwehrt wird. Bemerkenswert ist die Hartnäckigkeit zu verfolgen, was der Herzenswunsch ist gegen alle Widerstände. Auch das unterschiedliche Vorgehen von Mutter und Tochter in späteren Jahren hat mich nicht unberührt gelassen.
Fazit:
Keine leichte Kost