Cover-Bild Das Echo der Sommer
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: S. FISCHER
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 464
  • Ersterscheinung: 23.04.2025
  • ISBN: 9783103976779
Elin Anna Labba

Das Echo der Sommer

Roman | Über die Lebenswelten der Sámi ‒ von der neuen starken Stimme aus Skandinavien
Hanna Granz (Übersetzer)

Vor einem Panorama überwältigender Natur – drei unnachgiebige Frauen einer sámischen Familie kämpfen um ihre Heimat


Jedes Jahr im Frühling kehren sie nach dem Winter in ihr »Sommerland« am See im Nordwesten Schwedens zurück. Doch in diesem Frühjahr ist alles anders: Als die dreizehnjährige Iŋgá mit den Rentieren, Mutter und Tante das Tal erreicht, ist ihr Dorf versunken. Birken, Hütten, das Hab und Gut der Familie und vor allem das Grab des Vaters – alles unter Wasser, rücksichtslos geopfert für die Wasserkraftproduktion und den Profit der Städte im Süden. Es beginnt ein jahrzehntelanger Kampf gegen die Mächtigen des Landes, der nicht nur die drei Frauen, sondern das ganze sámische Dorf vor eine Zerreißprobe stellt.
Elin Anna Labba erzählt die weitgehend unbekannte Geschichte ihrer Gemeinschaft und schafft ein unvergessliches Zeugnis für das Recht auf Selbstbestimmung und die tiefe Verbundenheit von Mensch und Natur. Ein hochaktueller Roman von ungeheuer erzählerischer Kraft.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.07.2025

Drei starke Frauen

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Iɲgá, ihre Mutter Rávdná und ihre Tante Anné sind sámische Nomaden, die mit ihrer Rentierherde je nach Jahreszeit in das Winter- oder Sommerlager ziehen. Zu Beginn der Geschichte ist alles anders. Als ...

Iɲgá, ihre Mutter Rávdná und ihre Tante Anné sind sámische Nomaden, die mit ihrer Rentierherde je nach Jahreszeit in das Winter- oder Sommerlager ziehen. Zu Beginn der Geschichte ist alles anders. Als sie das Sommerlager erreichen, ist der See überflutet worden und alles steht unter Wasser. Die Natur, die Behausungen der Sámi und sogar das Grab des Vaters sind dadurch mutwillig zerstört worden.
Der Roman erzählt von einem indigenen Volk zwischen Tradition und der modernen schwedischen Bevölkerung in den 40er Jahren des letztenJahrhunderts. Rávdná wehrt sich gegen die Unterdrückung der Regierung, die ihr verbietet ein Haus zu bauen, mit der Begründung, die nomadischen Sámi dürften nicht sesshaft werden. Gleichzeitig zerstören sie ihren Lebensraum. Durch die Flutung wurden z.B. die Fischbestände des Sees ausgemerzt, die eine Lebensgrundlage der Sámi gebildet haben. Sich anzupassen, ihren Namen und ihre Identität abzulegen und vielleicht sogar für das nahegelegene Kraftwerk zu arbeiten kommt für Rávdná nicht in Frage. Sie baut das Haus trotzdem.

Dieses Buch ist eine ganz besondere Geschichte, in der ich viel über die Lebensweise, Kleidung und Gesänge (Joiks) der Sámi erfahren habe. Ihr Leben im Einklang mit der Natur wird frei von Kitsch in schlichten Worten von der sámischstämmigen Autorin beschrieben. Trotzdem gehen diese Worte unter die Haut. Karg und poetisch beschreibt sie drei starke Frauencharaktere, deren Stimme noch lange in mir nachhallen werden. Ich finde, dass das ein ganz außergewöhnlicher Roman ist, dem man Zeit geben muss, nachzuhallen. Ich kann jedem empfehlen sich auf Youtube Joiks anzuhören. Die Gesänge sind wirklich schön. Das Buch selbst ist eine absolute Leseempfehlung von mir!

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Veröffentlicht am 29.05.2025

Bedrückend

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Inga lebt mit ihrer Mutter Ravdna und ihrer Tante Anne das ärmliche, tradtionelle Leben der Ureinwohner in Lappland. Im Sommer wandern sie mit ihren Rentieren ins Sommerland an einem See, im Winter zurück ...

Inga lebt mit ihrer Mutter Ravdna und ihrer Tante Anne das ärmliche, tradtionelle Leben der Ureinwohner in Lappland. Im Sommer wandern sie mit ihren Rentieren ins Sommerland an einem See, im Winter zurück ins Winterquartier. Sie leben vom Anfertigen von Kunsthandwerk wie Schuhen und Brieföffnern und von der Fischerei. Das Leben ist einfach und hart, aber sie kennen es nicht anderes und sind zufrieden. Dann wird ihr Dorf geflutet und sie verlieren ihre Hütten und das Wenige, was sie besessen haben. Die Regierung baut einen Staudamm zur Energiegewinnung, ohne den Bewohnern des Dorfes eine Entschädigung oder eine andere Unterkunft zu stellen. Das passiert mehrmals. Ravdna versucht, einen Kredit zu bekommen, um ein Haus zu bauen und sesshaft zu werden. Aber das wird abgelehnt, sie sei als Frau nicht geschäftsfähig und müsse das Leben des wandernden Volkes führen. Aber sie gibt nicht auf.
Das Buch ist etwas schwierig zu lesen, aber sehr stimmungsvoll. Viele Wörter wie Toftkote, Gákti, Fjäll, joiken und immer wieder eingestreute wörtliche Rede hätten eine Übersetzung gebraucht. Auch die fremden Namen machen es nicht ganz einfach. Aber das Leben dieser einfachen Leute berührt.

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Veröffentlicht am 28.05.2025

Ein Skandal im hohen Norden Europas

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Das Echo der Sommer erzählt über das Leben und die Widrigkeiten des indigenen Volks der Samen, das im hohen Norden Europas lebt. Eigentlich eine Vorzeigeregion in Sachen Menschrechte, Umweltschutz und ...

Das Echo der Sommer erzählt über das Leben und die Widrigkeiten des indigenen Volks der Samen, das im hohen Norden Europas lebt. Eigentlich eine Vorzeigeregion in Sachen Menschrechte, Umweltschutz und harmonisches Zusammenleben. Um so überraschender, geradezu schockierend sind die Nöte dieses Volkes, das in unserer modernen Kultur keinen Platz zu haben scheint. Dabei wirkt die unerschütterliche Friedfertigkeit der Samen, die alles weitgehend zu erdulden scheinen, ebenso verstörend wie der Schauplatz im beschaulichen Schweden.

Das Cover des Buches ist mit den Birkenstämmen und der Farbgestaltung wunderschön und spiegelt den Einklang der Samen mit der skandinavischen Natur wieder.

Insgesamt ein aufwühlendes Buch, das über eine ungeheuerliche Gegebenheit erzählt die man in dieser Weltregion so nicht erwarten würde und die vielen in dieser Intensität wohl nicht bekannt ist. Das das Buch von einem Mitglied der Samen geschrieben wurde, macht es nur umso eindrucksvoller.

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Veröffentlicht am 30.05.2025

Ertrunkenes Sommerland

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Durch die Romane "Das Leuchten der Rentiere" und "Die Zeit im Sommerlicht" der schwedisch-samischen Autorin Ann-Helén Laestadius wurde mein Interesse an der Geschichte und Kultur der Sámi, dem indigenen ...

Durch die Romane "Das Leuchten der Rentiere" und "Die Zeit im Sommerlicht" der schwedisch-samischen Autorin Ann-Helén Laestadius wurde mein Interesse an der Geschichte und Kultur der Sámi, dem indigenen Volk im Norden Europas, geweckt. Bei einer unvergesslichen Reise durch den finnischen Teil Lapplands und die norwegische Finnmark im Sommer 2024 gehörte der Besuch des großartigen samischen Museums und Naturzentrums Siida in Inari zu den vielen Höhepunkten.

Deshalb habe ich mich sehr gefreut, dass der Verlag S. Fischer nun den Debütroman der schwedisch-samischen Autorin Elin Anna Labba mit einem so wunderschönen Cover veröffentlicht hat. Die Journalistin erhielt 2020 den renommierten Augustpreis für ihr bisher nicht ins Deutsche übersetzte Sachbuch "Herrerna satte oss hit" (deutsch: Die Herren brachten uns hierher) über die Zwangsumsiedlung der Sámi bei der Aufteilung ihres angestammten Siedlungsgebietes zwischen den nordischen Ländern und Russland. Auf Interviews, die sie für ihr Sachbuch führte, sowie auf realen Ereignissen basiert nun ihr Debütroman.

In "Das Echo der Sommer" geht es nicht um den Verlust samischer Heimat durch neu gezogene Landesgrenzen, sondern durch die Nutzung von Wasserkraft zur Stromgewinnung für die Industrialisierung Schwedens im 20. Jahrhundert. Insgesamt viermal wird die samische Nomadin Rávdná Opfer der Überflutung ihres Dorfes.

Der Preis des billigen Stroms
Als der Roman 1942 einsetzt, ist ihre Torfkote im „Sommerland“ am Fuße des Hochfjälls, in der sie nach dem Tod ihres Mannes mit ihrer 13-jährigen Tochter Iŋgá und ihrer Schwester Ánne die Sommer verbringt, bereits zum dritten Mal ohne Vorwarnung, Entschädigung oder Entschuldigung des schwedischen Staates überflutet:

"Der See stand in ihrem Zuhause." (1. Satz, S. 15)

Ihr Besitz ist genau wie der Wald „ertrunken“, der lebensnotwendige Fischfang kaum noch möglich. Wieder werden provisorische Zeltkoten errichtet, wird das Dorf am Hang weiter auseinandergezogen und geht Gemeinschaft verloren. Wütend steigt Rávdná noch höher ins Fjäll und baut, obwohl es für die unter behördlicher Vormundschaft stehenden Sámi gesetzlich verboten ist und Sámi keine Hauskredite bekommen, ein eckiges Haus mit Fenstern.

Rávdná, die das „Sommerland“ und die Freiheit dort liebt und die Wanderung mit den Rentieren nach Westen im Frühling kaum erwarten kann, fühlt sich zunehmend fremd.

Im zweiten Teil springt der Roman zunächst ins Jahr 1968. Wieder soll der Staudamm ohne Rücksicht auf die Nomaden erhöht werden. Aus dem See wird ein Ozean.

Unbedingt lesenswert
Elin Anna Labba erzählt in ihrem erschütternden Roman von Rassismus, kulturellem Unverständnis, diskriminierender Gesetzgebung und Missachtung der Rechte der Ureinwohner durch den schwedischen Staat und die Mehrheitsbevölkerung. Gleichzeitig ist "Das Echo der Sommer" ein Roman über drei Frauen, die grundverschiedene Strategien angesichts von schmerzlichem Heimatverlust, Trauer, Ausgeliefertsein, Diskriminierung und Naturzerstörung entwickeln und zeigt den Preis des Widerstands (Rávdná) genauso wie den von Schweigen (Ánne) und Anpassung (Iŋgá).

Durch die Verwendung nordsamischen Vokabulars erhält der Roman eine besondere Authenzität, überraschenderweise ohne das Textverständnis zu schmälern, wenn man sich darauf einlässt. Wunderschöne Sprachbilder stechen poetisch hervor, wie das über die tief verwurzelte nomadische Unrast bis ins hohe Alter:

"Jeder wusste, dass im Frühling das Altersheim zu einer Rentierglocke wurde, die läutete und läutete." (S. 437)

Sprachliche Höhepunkte sind auch die kleinen Einschübe mit der ebenso melancholischen wie melodischen Stimme des Sees, wie der ganze Romane äußerst einfühlsam übersetzt von Hanna Granz:

"Ich wachse, denn die mich groß wollen,
kennen kein Ende.
Nie haben sie eines gekannt." (Schlusssätz S. 461)

Elin Anna Labba lebt inzwischen in Norwegen, wo die klimatischen Bedingungen für die Rentierhaltung besser und das Verständnis für die Sámi größer sind als in Schweden. Ich freue mich sehr auf weitere Romane von ihr.

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Veröffentlicht am 10.05.2025

Steigende Wasser

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Inga lebt mit Mutter und Tante nomadisch im Norden Schwedens. Sie gehören dem Volk der Samen (Lappen) an. Als sie eines Tages in ihr Sommerhaus zurückkehren wollen, ist das ganze Dorf überflutet: Man hat ...

Inga lebt mit Mutter und Tante nomadisch im Norden Schwedens. Sie gehören dem Volk der Samen (Lappen) an. Als sie eines Tages in ihr Sommerhaus zurückkehren wollen, ist das ganze Dorf überflutet: Man hat einen Staudamm zur Stromgewinnung gebaut und das Tal geflutet, ohne die Menschen vorher auch nur zu informieren. Und der Wasserspiegel steigt weiter. Vieles an der Geschichte und der geschilderten Lebensweise erinnert an die indigenen Völker Nordamerikas.
Die Frauen sind sehr lebensnah geschildert, sie sind emotional, naturverbunden und pragmatisch. Das Dorf ist eine lose Gemeinschaft, in der man einander hilft, und die Jahreszeiten geben den Rhythmus vor, zusammen mit den Rentieren. Das Leben ist hart und voller Herausforderungen. Ingas Mutter will etwas Dauerhaftes schaffen, für sich und ihre Familie. Doch das Tal, in dem sie leben, verschwindet im Stausee und mit ihm, nach und nach, auch die Lebensweise der Samen.
Was fehlt, ist ein Glossar. Es kommen zahlreiche samische Begriffe vor, die nicht erklärt werden und die man sich aus anderen Quellen erschließen muss. Es wird auch samisch gesprochen, ohne dass eine Übersetzung angegeben ist. Nur wenige Ausdrücke erschließen sich aus dem Zusammenhang.
Die Autorin hat mit einem Sachbuch zum Thema schon Preise gewonnen. Hier die fiktionale Bearbeitung der Vertreibung der Samen durch den Staudammbau im 20. Jahrhundert. Das ist sehr gelungen und mehr als lesenswert. Es ist großartige Literatur.

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