Cover-Bild Die Kakerlake
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19,00
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  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 144
  • Ersterscheinung: 27.11.2019
  • ISBN: 9783257071320
Ian McEwan

Die Kakerlake

Bernhard Robben (Übersetzer)

Jim Sams hat eine Verwandlung durchgemacht. In seinem früheren Leben wurde er entweder ignoriert oder gehasst, doch jetzt ist er auf einmal der mächtigste Mann Großbritanniens – und seine Mission ist es, den Willen des Volkes in die Tat umzusetzen. Er ist wild entschlossen, sich von nichts und niemandem aufhalten zu lassen: weder von der Opposition noch von den Abweichlern in seiner eigenen Partei. Und noch nicht mal von den Regeln der parlamentarischen Demokratie. Die aberwitzige, kafkaeske Politsatire des großen britischen Erzählers.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.06.2020

Wider den Strom schwimmen

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„Das moderne gesellschaftliche Leben glich einem metaphorischen Arsenal zweckentfremdeter Waffen.“ [52]
„Die Kakerlake“ von Ian McEwan ist eine schöne Parabel, mischt sie Themen wie den Brexit, spielt ...

„Das moderne gesellschaftliche Leben glich einem metaphorischen Arsenal zweckentfremdeter Waffen.“ [52]
„Die Kakerlake“ von Ian McEwan ist eine schöne Parabel, mischt sie Themen wie den Brexit, spielt auf Kafka an und kommt als bitterböse Abrechnung mit der Entscheidung Großbritanniens über den Austritt aus der EU daher.
„Kehren wir den Geldfluss um, und das gesamte Wirtschaftssystem, die Nation selbst gar, wird geläutert werden, gereinigt von allen Absurditäten.“ [22] Und wie im wahren britannischen Leben heißt es auch hier im Roman für den Hauptcharakter Jim, ehemals Kakerlake, gegen den Strom zu schwimmen. Egal was da komme. Unbeirrt seinen Weg gehen. Allen zum Trotz.
„Jim hatte hervorragende Fühler für die öffentliche Gemütslage.“ [46]
McEwan liefert eine amüsant zu lesende Lektüre, die mir, bis auf den Mittelteil, recht gut gefallen hat. Die Verwandlung an sich gerät in den Hintergrund, dafür wird es umso mehr politisch. Gefallen hat mir auch der Seitenhieb auf den amerikanischen Präsidenten.
Sprachlich wäre durchaus noch etwas mehr drin gewesen.

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Veröffentlicht am 10.04.2020

Kurzweilige Unterhaltung, aber kein Werk das ewig im Gedächtnis bleibt

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"Die Kakerlake" ist skurril, satirisch und böse - also ein Buch genau nach meinen Geschmack. Komplett überzeugen konnte es mich trotzdem nicht so recht.

Mit „Die Kakerlake“ hat Ian McEwan kurzerhand ...

"Die Kakerlake" ist skurril, satirisch und böse - also ein Buch genau nach meinen Geschmack. Komplett überzeugen konnte es mich trotzdem nicht so recht.

Mit „Die Kakerlake“ hat Ian McEwan kurzerhand Kafkas „Verwandlung“ umgedreht. Hat sich bei Kafka unfreiwillig ein Mensch in eine Kakerlake verwandelt, so ist es bei McEwan genau anders herum. Das war es dann aber auch schon mit den Parallelen. McEwans Geschichte versteht sich als Satire auf den Brexit, den er in seinem Buch durch den herrlich absurden Reversalismus ersetzt. Seine skurrilen Ideen und die sarkastischen Beschreibungen haben mir sehr gut gefallen. Leider flacht die sehr unterhaltsam beginnende Erzählung aber recht schnell ab. Die Verwandlung an sich gerät immer mehr in Hintergrund, was ich sehr schade finde, denn hier wäre noch mehr Potential vorhanden gewesen. Vielleicht ist das auch der Kürze des Buches geschuldet, das gerade mal 120 Seiten hat. Der schwarze Humor blitzt zwar immer wieder auf, doch auf der anderen Seite fehlten mir die Überraschungen und eine deutlichere Kritik. ⠀

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Veröffentlicht am 21.01.2020

Ist das britischer Humor?

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Der Autor hatte mich mit "Kindeswohl" und "Abbitte" geflasht, weshalb ich gern wieder etwas von ihm lesen wollte. Und da die Inhaltsangabe mich an Kafkas "Die Verwandlung" erinnerte, war meine Neugier ...

Der Autor hatte mich mit "Kindeswohl" und "Abbitte" geflasht, weshalb ich gern wieder etwas von ihm lesen wollte. Und da die Inhaltsangabe mich an Kafkas "Die Verwandlung" erinnerte, war meine Neugier direkt groß.

In der Geschichte geht es um Jim Sams, der plötzlich vom ehemaligen Ungeziefer zum wichtigsten Mann von Großbritannien wird. Wie wird sich sein Leben verändern? Und kann das gut gehen, wenn eine ehemalige Kakerlake an der Macht ist?

Interessant fand ich noch zu lesen wie Jim seine Verwandlung wahrnimmt und was sich für ihn ändert. Da musste ich auch immer mal kurz schmunzeln.

Die Aktionen im Parlament und die Erklärungen zu politischen Themen haben mich leider so gar nicht angesprochen und eher gelangweilt, leider.

Die Anspielungen auf andere Politiker, die sehr viel Ähnlichkeit zu real existierenden Persönlichkeiten haben, waren eine nette Idee, aber von der Umsetzung her leider recht schwach, dass mir das nicht wirklich ein Lächeln entlocken konnte.

Ich kann mir gut vorstellen was der Autor dem Leser damit vermitteln wollte, aber die Thematik des Brexit ist mittlerweile so durchgekaut wie ein alter Kaugummi, dass ich diesen Roman leider nicht gern gelesen habe.

Fazit: Ich hatte mir mehr Satire erwartet und der Autor kann eindeutig besser schreiben als er hier gezeigt hat, weshalb ich keine Leseempfehlung aussprechen möchte.

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Veröffentlicht am 16.01.2020

Ob Kafka das gefallen hätte?

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„Die Kakerlake“ von Ian McEwan (Rezension)
Der britische Schriftsteller Ian McEwan hat sich nun, ein halbes Jahr nach „Maschinen wie ich“, mit „Die Kakerlake“ eine Antwort auf den Brexit-Ausstieg einfallen ...

„Die Kakerlake“ von Ian McEwan (Rezension)
Der britische Schriftsteller Ian McEwan hat sich nun, ein halbes Jahr nach „Maschinen wie ich“, mit „Die Kakerlake“ eine Antwort auf den Brexit-Ausstieg einfallen lassen.

In Form einer dystopischen Novelle bediente er sich bei Franz Kafka und schrieb die „Verwandlung“, diese Metamorphose neu.

Während Kafka die Geschichte in drei Kapiteln geschehen lässt, nimmt sich McEwan vier Kapitel lang Zeit.

Schon die ersten Worte zeigen die Richtung an.

„Diese Novelle ist ein Werk der Fiktion; Namen und Figuren entspringen der Phantasie des Autors, und jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Kakerlaken wäre rein zufällig.“
Die Kakerlake, Seite 7.

Aber erinnern wir uns zuerst nochmal an die „Metamorphose“ von Kafka.
Gregor Samsa wacht eines morgens auf und stellt fest, dass er sich in einen Käfer verwandelt hat. Seine Familie zieht sich immer weiter von ihm zurück. Nur seine Schwester Grete kümmert sich noch um ihn. Aber auch Grete wendet sich von ihm ab und Gregor stirbt einsam und wird wie Müll entsorgt.

Zurück zu „Die Kakerlake“
„Er lag auf seinem panzerartig harten Rücken und sah, wenn er den Kopf ein wenig hob, seinen gewölbten, braunen, von bogenförmigen Versteifungen geteilten Bauch, auf dessen Höhe sich die Bettdecke, zum gänzlichen Niedergleiten bereit, kaum noch erhalten konnte. Seine vielen, im Vergleich zu seinem sonstigen Umfang kläglich dünnen Beine flimmerten ihm hilflos vor den Augen.“ (Franz Kafka)



Genau wie Gregor Samsa setzt sich Jim Sams im ersten Kapitel damit auseinander, dass er in anderer Gestalt erwacht. Während Gregor ein Mensch war und zum Käfer wurde, ist Jim eine Kakerlake, die als Mensch aufwacht.

„Und er fand heraus, dass es bequemer war, die Zunge im trieffeuchten Mundkerker zu verwahren, statt sie einfach über die Lippen hängen zu lassen, so dass es hin und wieder auf seine Brust tropfte. Grässlich. Allmählich bekam er ein Gefühl dafür, wie sich seine neue Gestalt steuern ließ.“ (Ian McEwan S. 14)

Der geneigte Leser hat natürlich sofort die Namensähnlichkeit zwischen Gregor Samsa und Jim Sams entdeckt. Der britische Premier wird sozusagen von einer Kakerlake unterwandert. Aber schnell erfährt der Leser, dass ganz Groß-Britannien von Kakerlaken regiert wird. Es könnte sogar sein, dass Amerikas Präsident der gleichen Spezies angehört.

Ian McEwan ändert das Wirtschaftssystem in den „Reversalismus“. Ein Gedankenspiel, das „Schrödingers Katze“ vor Neid erblassen lässt.

Wie sehe mein Alltag im System des Reversalismus aus?
Ich gehe zuerst in den Bioladen und „kaufe“ mir Lebensmittel und was ich noch so benötige ein. An der Kasse bezahlt mich die Verkäuferin für meine Waren.

Dann gehe ich zur Arbeit und gebe meinem Chef erst einmal Geld dafür, dass ich arbeiten darf. Und wenn ich kein Geld für Arbeit ausgeben möchte? Ja, dann fangen die Probleme an, weil ich kein Geld sparen oder sammeln darf. Das ist bei Strafe verboten.

Jeden Monat bezahlt mir mein Vermieter die „Miete“. Damit der Vermieter genügend Geld verdient, um meine Miete zu bezahlen, kann er z. B. die Wohnung hochwertig einrichten und renovieren, denn dafür erhält er von den Handwerkern Geld, wenn er sie beauftragt.

Den Rest dürft ihr euch zusammenreimen und den Wirtschaftskreislauf darstellen, ich habe jetzt Kopfweh!

„Die Kakerlake“, eine böse Satire, Blödsinn oder Beleidigung?
Das muss der Leser selbst entscheiden, wie viel künstlerische Freiheit und moralisches Fingerspitzengefühl er dem Autor zugesteht. Ich finde es sprachlich gut gelungen.

Jim Sams der fiktive britische Premier bricht Verträge. Ein Politiker bricht Verträge oder Vereinbarungen? Fiktion oder trauriges Zeitgeschehen?

McEwan zeigt uns ein fiktives Groß-Britannien, das in zwei Lager gespalten ist. Die Brexit-Gegner und -Anhänger. Bei McEwan haben die Brexit Gegner, die Vor-Dreher, keine Stimmen mehr. Und wir, das Volk, lassen uns von den Reversalisten einlullen.

Auch hier frage ich, „Ein Land, das in zwei Lager gespalten ist?“, ist das Phantasie oder ein Abbild der Wirklichkeit?

Letztendlich gibt es nur einen Gewinner: die Kakerlaken. Ohne Moral, Skrupel oder Rechtsempfinden haben sie erkannt:

„In schwierigen Zeiten wie diesen brauchte das Volk einen verlässlichen Feind.“

„Die Kakerlake“ ist ein McEwan, den der Leser noch nicht kennt. Aber ich finde das Buch lesenswert, amüsant und böse. Man muss nicht lange darüber nachdenken, ob McEwan ein Brexit-Gegner ist.

Ich finde es sehr mutig, Kafkas „Verwandlung“ als Bühne zu benutzen. Der Autor hat Kafkas Stil faszinierend umgesetzt. Respekt! Der Text ist wirklich kafkaesk.

Die Novelle ist hoch aktuell und es macht ein wenig betroffen, dass manche „Kakerlake“ uns bekannt vorkommt, bzw. dass es Menschen gibt, deren Verhalten unmoralisch, böse, hetzerisch und kriminell ist. Erinnern wir uns daran, dass wir in einer Demokratie die Wahl haben!

@Diogenes Verlag
Herzlichen Dank für die Bereitstellung dieses erbaulichen Rezensionsexemplars.

Die Kakerlake Ian McEwan
Aus dem Englischen von Bernhard Robben
Hardcover Leinen
144 Seiten
erschienen am 27. November 2019
„Die Kakerlake“ als Hörbuch gelesen von Burghart Klaußner


Burghart Klaußner hat in Berlin Germanistik und Theaterwissenschaft studiert und eine Schauspielausbildung an der Max-Reinhard-Schule absolviert. Ende März 2019 war er in der ARD im zweiteiligen Dokudrama „Brecht“ von Heinrich Breloer zu sehen. Viele kennen ihn vielleicht aus Filmen wie „Rossini“, „Good Bye Lenin“ und „Das weiße Band“, oder aus Serien wie „Solo für Schwarz“ und „Adelheid und ihre Mörder“. Und er spielte die Titelrolle in „Der Staat gegen Fritz Bauer“, wofür er mehrfach ausgezeichnet wurde.

Burghard Klaußner spielt Theater. „Kaufmann von Venedig“. Auch mit folgenden Stücken „Der Gott des Gemetzels“, „Das weite Land“, „Iphigenie“ und „Don Carlos“ stand er schon auf der Bühne.

Am 8.8.2019 las er auf den Salzburger Festspielen „Ulyssys“.

Burghart Klaußner singt. Im Repertoire hat er Lieder von Charles Trenet, Cole Porter, Tom Waits, den Stones, Karl Valentin und Johnny Cash.

Burghard Klaußner hat einige Hörbücher gesprochen: „Warte nicht auf bessere Zeiten“ von Wolf Biermann, „Solar“ von Ian McEwan, „F“ von Daniel Kehlmann, „Stoner“ von John Williams, mehrere Bücher von Ferdinand von Schirach und natürlich von Paul Auster.

Also du siehst, Burghart Klaußner ist ein sehr begabter und vielseitiger Künstler. Ich empfehle einen Besuch seiner Website. Besonders das Video „Ein Koffer für Berlin“ lohnt sich nicht nur musikalisch, sondern auch der Text ist eine Bereicherung.

Ein Besuch auf seiner offziellen Seite lohnt sich.

Die Kakerlake Hörbuch Ian McEwan, gelesen von Burghart Klaußner

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Veröffentlicht am 02.01.2020

Die Mission der Kakerlaken

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Ein ekelerregendes Tier, Ungeziefer … eine Kakerlake! Und gerade sie verwandelt sich in der 112-seitigen satirischen Novelle „Die Kakerlake“ von Ian McEwan, im November 2019 bei Diogenes erschienen, in ...

Ein ekelerregendes Tier, Ungeziefer … eine Kakerlake! Und gerade sie verwandelt sich in der 112-seitigen satirischen Novelle „Die Kakerlake“ von Ian McEwan, im November 2019 bei Diogenes erschienen, in einen Menschen. Doch nicht in einen gewöhnlichen Menschen, sondern gleich in den englischen Premierminister, Jim Sams, himself. Und schon bald soll sich herausstellen, dass dieser nicht der einzige Parasit in der britischen Regierung ist, nein, sie ist unterlaufen von diesen Schmarotzern. Allein schon dieser Umstand lässt erkennen, was der Autor von der Regierung seiner Heimat und der momentanen politischen Situation hält.
Doch von vorn. Ähnlich wie in Kafkas berühmtem Werk „Die Verwandlung“ findet sich Jim Sams, auch dieser Name neben der Verwandlungsidee an sich eine Hommage an den großen Vorgänger, eines Morgens „in eine ungeheure Kreatur“ verwandelt vor. Jedoch spielt sich dieser Prozess hier umgekehrt ab: Eine Kakerlake findet sich im Körper eines Menschen, des englischen Premiers, wieder. Nach einigen, literarisch leider wenig ausgearbeiteten Eingewöhnungsschwierigkeiten macht sich dieser daran, die Politik und Wirtschaft seines Landes zu revolutionieren. Er folgt seiner Mission, den „Reversalismus“ zu etablieren: „Kehren wir den Geldfluss um, und das gesamte Wirtschaftssystem, die Nation selbst gar, wird geläutert werden, gereinigt von allen Absurditäten, von Verschwendung und Ungerechtigkeit.“ Die Menschen zahlen keine Steuern mehr, nein, sie erhalten die Steuern vom Staat. Beim Einkauf bekommt man nicht nur die Waren, sondern gleich obendrauf auch noch den passenden Betrag. Dafür arbeiten Arbeitnehmer/innen allerdings nicht mehr für Geld, sondern sie arbeiten, um ihre Einkünfte loszuwerden, sprich sie ihrem Arbeitgeber auszuzahlen. Und damit dieses System auch gut funktioniert, soll gleichzeitig verboten werden, Geld „anzuhäufen“, zu sparen. Die Wirtschaft wird aufblühen! Wie abstrus diese Idee ist, stellt man allerdings spätestens fest, wenn man nachzuvollziehen versucht, wie dieses System im internationalen Handel funktionieren soll. Schnell steht für die klar denkende Leserschaft fest: Dieses kann nur in einer Isolation Großbritanniens enden. Um seine Absicht entgegen aller Vernunft durchzusetzen, erhält Sams durch andere Politiker/innen, die fast ausnahmslos verwandelte Kakerlaken sind, Unterstützung und greift zu politischen Mitteln, die der Realität sehr nahe kommen, in ihrer geballten und irrwitzigen Darstellung jedoch mehr als unlauter erscheinen.
Das Erscheinungsdatum des Romans sowie die Darstellung einzelner Charaktere und Abläufe lassen schnell klarwerden, was hier kritisiert wird: der Brexit. Die Übertreibungen und das Groteske führen Leserinnen und Lesern unverblümt vor Augen, was McEwan selbst von der Idee und den aktuellen politischen Praktiken hält. Insbesondere der Umstand, wie Sams seine Idee in den Medien durchsetzt, lässt tief blicken. Auf die Frage der deutschen Kanzlerin, warum Jim Sams das alles tue, gibt es nur eine Antwort seitens des britischen Regierungschefs: „Weil. Weil wir das nun mal tun.“ Was hat man von Politiker/innen zu halten, die nicht nur aberwitzig und egoistisch handeln, sondern darüber hinaus nicht einmal die Motivation für ihre eigenen Entscheidungen benennen können? Richtig: nichts! So wird die ganze Praxis des Brexit und ihrer Befürworter/innen an den Pranger gestellt.
Sprachlich ist der Roman ausgefeilt: McEwans Schreibstil ist literarisch und nicht ohne Anspruch, doch auch vor einem etwas derberen Ton schreckt der Autor nicht zurück – was eben sehr gut zum Inhalt und zur Realität, die dahintersteht, passt.
Allerdings fehlt es an einigen Stellen des Romans dann doch an Feinschliff: So sind die ersten Minuten in Sams neuem Leben zwar sehr ansprechend und plastisch geschildert, jedoch verliert sich die Kakerlake zu schnell, sodass von dem ursprünglichen Wesen nicht mehr viel übrig ist und nur noch Menschen agieren. Und auch wenn die Übertreibung der Satire immanent ist, hat es mich wenig angesprochen, dass fast die gesamte Regierung aus diesen Tieren besteht, denn dadurch geht die Eigentümlichkeit – und damit die Faszination – desselben leider verloren. An einigen Stellen driftet das Satirische fast in Klamauk ab: „Walking back to happiness, wuppaa oh yeah yeah.“ – Hier hatte ich beim Lesen förmlich tanzende Kakerlaken vor Augen, was ich persönlich ebenfalls sehr schade und dem Anliegen des Autors wenig angemessen finde.
Insgesamt hat man beim Lesen den Eindruck, als habe der Autor ein Sprachrohr gesucht (und gefunden), um sich seinen ganzen Frust über die aktuelle politische Lage von der Seele zu schreiben – allerdings sind Gefühle allein in der Regel ein schlechter Ratgeber. Daher fehlt es auch hier teilweise an Tiefe und Substanz, was dem eigentlichen Anliegen zuwiderläuft und höhere Ansprüche nicht unbedingt befriedigen kann. Dennoch handelt es sich bei „Die Kakerlake“ um ein Werk, das Denkanstöße mit Unterhaltung vereint und das ich – mit einigen Abstrichen freilich – zur Lektüre durchaus weiterempfehlen kann.