Roman | Ein kluges und schwarzhumoriges Buch über das prekäre Leben junger Frauen in der modernen Konsumgesellschaft
»Bildet Banden - lest dieses Buch!« ALENA SCHRÖDER
Wer sich an die Regeln hält, hat das Spiel nicht verstanden
Leonie handelt nach ihren eigenen Vorstellungen von Moral. Sie verwüstet das Büro ihres Chefs, sie prellt die Zeche, sie lügt im Bewerbungsgespräch - aber sie hat stets gute Gründe. Als ihr das Geld ausgeht, nimmt sie einen Job in München an. Doch die Stadt ist zu teuer für ein normales Gehalt. Als sie drei Frauen kennenlernt, die sich ihren Lifestyle mit zweifelhaften Methoden finanzieren, ist sie fasziniert. Schnell findet Leonie ihr eigenes Geschäftsfeld: Menschen mit frisch gebrochenem Herzen bezahlen sie für raffinierte Racheaktionen. Doch nach einer Weile kommen ihr Zweifel: Wie viel Geld braucht man wirklich für ein gutes Leben? Und wie viel Risiko ist sie bereit, dafür einzugehen?
»Dieses Buch ist die witzigste Antwort auf die Frage, wie wir im Kapitalismus überleben können: Wer gründet jetzt eine kriminelle Freundinnengruppe mit mir?«
MAREIKE FALLWICKL
„Hustle" von Julia Bähr ist für mich ein Buch voller Gegensätze. Was mich sofort überzeugt hat, war die Sprache. Diese ist flüssig, anschaulich, leicht sarkastisch und mit etwas Humor versehen. Julia Bähr ...
„Hustle" von Julia Bähr ist für mich ein Buch voller Gegensätze. Was mich sofort überzeugt hat, war die Sprache. Diese ist flüssig, anschaulich, leicht sarkastisch und mit etwas Humor versehen. Julia Bähr gelingt es, gesellschaftskritische Themen einzuflechten, ohne belehrend zu wirken. Auch die queeren Elemente sowie die Ansätze von Female Rage fand ich spannend. Dadurch entsteht ein Tonfall, der angenehm modern wirkt und mich der Gegenwart geht.
Die Figuren hingegen bleiben ein zwiespältiger Punkt. Zwar mochte ich die meisten Charaktere, allerdings blieben viele eher blass. Lediglich Leonie als Protagonistin habe ich mehr kennenlernen können. Bei den Handlungen konnte ich zudem nicht immer folgen. Manche Entscheidungen, insbesondere von Leonie selbst, wirkten für mich nicht nachvollziehbar oder blieben unaufgelöst. Insbesondere gegen Ende des Buches.
Das führt auch zu meinem größten Kritikpunkt, nämlich der Botschaft des Romans. Soll das Buch suggerieren, dass man sich durchs Leben hustlen muss – notfalls auch kriminell – um etwas zu erreichen? Auf den letzten Seiten nimmt die Kriminalität plötzlich stark zu, ohne dass dies größere Konsequenzen hätte oder eine klare Essenz sichtbar wird. Vieles schien wie nebenbei zu passieren, ohne echten Spannungsbogen oder roten Faden. Das Versprechen auf dem Cover „Bildet Banden und lest dieses Buch“, hatte bei mir große Erwartungen geweckt, die letztlich nicht erfüllt wurden.
Zwar ist Leonie als Protagonistin mit ihrer Liebe zur Naturwissenschaft interessant angelegt, doch bleibt sie für mich merkwürdig emotionslos. Ihre Reflexionen eröffnen Fragen, die jedoch selten beantwortet werden. So entsteht zwar keine Langeweile, aber auch kein wirklicher Sog. Am Ende hatte ich das Gefühl, dass mir Fokus und Motivation in der Erzählung fehlten. Sicherlich wurde Interpretationsspielraum für die Lesenden geschaffen, aber m.E. etwas zu stark.
Insgesamt liest sich „Hustle“ leicht weg, bringt wichtige Themen und einen großartigen Schreibstil mit. Dennoch verfehlte für mich die inhaltliche Schlagkraft. Ein Buch, das mehr andeutet, als es wirkt. Daher lässt es mich eher nachdenklich als begeistert zurück.
Hallo alle zusammen, ich habe das Buch nun auch beenden können, nachdem bei mir das echte Leben voll dazwischen gekommen ist. Ich habe etwas Abstand und Zeit nach dem Beenden des Buches benötigt und teile ...
Hallo alle zusammen, ich habe das Buch nun auch beenden können, nachdem bei mir das echte Leben voll dazwischen gekommen ist. Ich habe etwas Abstand und Zeit nach dem Beenden des Buches benötigt und teile hier einmal meine Meinung mit euch:
„Hustle“ hat mich beim Lesen sehr beschäftigt, aber auch ein Stück weit überfordert. Die Geschichte dreht sich um Leonie, die versucht, in einer teuren Stadt über die Runden zu kommen, und dabei Wege einschlägt, die moralisch nicht immer eindeutig sind. Genau diese Mischung aus Alltag, Geldsorgen, Freundschaften und der Frage „Wie viel Risiko ist erlaubt?“ fand ich spannend, auch wenn ich nicht alles sofort verstanden habe.
Der Schreibstil liest sich wir auch promoted mit dem schwarzhumorigem Unterton, und an vielen Stellen sehr treffend. Gleichzeitig hatte ich manchmal Mühe, den roten Faden oder die Botschaft ganz klar zu erkennen. Ich hatte das Gefühl, dass mir etwas entgeht oder ich Unterschwelliges übersehe/nicht richtig wahrnehme. Im Nachhinein glaube ich aber, dass es genau darum geht: „Hustle“ will keine einfachen Antworten liefern, sondern zeigt die Grauzonen im Leben, in denen man sich immer wieder bewegt.
Leonie als unsere Protagonistin habe ich eher als naiv, impulsiv und nicht immer nachvollziehbar wahrgenommen. Manchmal war mir ihr Verhalten ein bisschen „too much“. Trotzdem bleibt sie dadurch auf eine gewisse Art auch authentisch – weil sie eben keine Vorzeigefigur ist, sondern eine Figur voller Widersprüche, die auch Fehler macht.
Auch wenn ich mich manchmal schwergetan habe, würde ich sagen: Das Buch hat mich gefordert, aber auch dazu gebracht, länger über bestimmte Fragen nachzudenken. Für mich ist es ein Roman, der eher Zwischentöne setzt als eindeutige Antworten gibt.
Mein Fazit: „Hustle“ von Julia Bähr ist ein unterhaltsames Buch mit gesellschaftskritischem Kern.Wer Lust hat, sich auf Ambivalenzen und offene Fragen einzulassen, wird viel daraus mitnehmen. Für Leser*innen, die eher klare Handlungsstränge und eindeutige Botschaften bevorzugen, kann es herausfordernd sein.
✨ REZENSION zu „Hustle“ von Julia Bähr (@comeonbaehr), erschienen im Pola Verlag (@pola_stories)
📖 Inhalt (spoilerfrei): In „Hustle“ zieht Leonie nach einer Kündigung nach München und sieht sich dort ...
✨ REZENSION zu „Hustle“ von Julia Bähr (@comeonbaehr), erschienen im Pola Verlag (@pola_stories)
📖 Inhalt (spoilerfrei): In „Hustle“ zieht Leonie nach einer Kündigung nach München und sieht sich dort mit überteuerten, wenig attraktiven Wohnungen und einem monotonen Job konfrontiert. Durch Zufall findet sie Anschluss an einen Freundeskreis, der mit ungewöhnlichen „Side-Hustles“ sein Geld verdient. Inspiriert davon startet Leonie schließlich ihr eigenes Geschäft: Gegen Bezahlung übernimmt sie Racheaktionen für Menschen mit gebrochenem Herzen. Dabei stellt sich für sie immer wieder die Frage, was ein gutes Leben eigentlich kostet und welche Risiken sie dafür tragen möchte.
🖋️ Erzählstil und -struktur: Der Einstieg hat sich für mich nicht ganz stimmig angefühlt. Am Anfang erzählt Leonie in einer Art Zeitraffer von den Geschehnissen in ihrem Job. Dadurch wird viel übersprungen und nur teilweise über ein Gespräch mit ihrem besten Freund vermittelt, der die meisten Dinge ohnehin schon weiß („ich weiß, du hast mich doch mehrfach weinend vom Klo angerufen“). Das wirkte auf mich ein wenig konstruiert. Hier hätte ich mir eine direktere, retrospektive Erzählweise gewünscht. Der Ton ist teilweise satirisch, insgesamt leicht und flüssig zu lesen. Manche Szenen, vor allem die Racheaktionen, erschienen mir allerdings sehr unglaubwürdig und haben mich ein wenig aus der Geschichte herausgerissen (z. B. das Pinkfärben von Haaren, als wäre dies nicht rückgängig zu machen).
👥 Figuren: Leonies Entwicklung bleibt für mich eher unausgeglichen. Einerseits grenzt sie sich von Konsumdenken ab, andererseits lässt sie sich stark vom Münchner Umfeld und den Erwartungen ihrer Freundinnen beeinflussen. Das ist menschlich nachvollziehbar, bleibt im Buch aber eher oberflächlich ausgearbeitet. Die Nebenfiguren wirkten auf mich in vielen Punkten eher flach. Statt als eigenständige Charaktere mit Tiefe treten sie vor allem als funktionale Rollen auf, mal als Impulsgeber, mal als Kontrast oder Sparringspartner.
🌙 Symbole und Themen: Den zu Beginn geschilderten Konflikt mit Mosweti habe ich als Anspielung auf Monsanto gelesen. Monsanto (heute Teil von Bayer) steht vor allem wegen Glyphosat, gentechnisch veränderten Pflanzen, patentrechtlich gesichertem Saatgut und dem damit verbundenen Druck auf Landwirte sowie wegen seines aggressiven Markt- und Lobbyverhaltens in der Kritik. Diese Praktiken gelten als umweltschädlich, gesundheitlich riskant und als Symbol für die problematische Macht großer Agrarkonzerne und prägen bis heute den umstrittenen Ruf des Unternehmens. Aufgefallen ist mir auch die Symbolik in der Szene, in der Leonie an ihrem letzten Arbeitstag bevor sie die Büroräume von Mosweti verlässt, überall Kresse-Samen verstreut. Sie hat dort buchstäblich ein Keim für ihren Neuanfang gelegt. Die Kresse symbolisiert in vielen Kulturen Hoffnung, Neubeginn und neues Leben, was ich an der Stelle des Buches sehr passend eingesetzt fand. Besonders stark fand ich die Authentizität, mit der das Leben in München eingefangen wird (vermutlich deshalb, weil die Autorin selbst bis 2014 dort gelebt hat). Hohe Lebenshaltungskosten, verdrängte Geschäfte, unbezahlbare Wohnungen mit Schimmel und Kakerlaken. All das zeigt schonungslos, wie absurd und ungerecht das System ist. Auch der Anpassungsdruck an Konsumstandards wird nüchtern und realistisch geschildert. Was zunächst widersprüchlich wirken mag, aber die Kapitalismus- bzw. Gesellschaftskritik sogar bereichert, ist die Tatsache, dass die Figuren diesen Mechanismen nachgeben und selbst nach Luxus, Kleidung und Statussymbolen streben. Für mich spiegelt das sehr menschlich den inneren Zwiespalt zwischen Kritik und Mitmachen wider.
💡 Fazit: „Hustle“ liest sich unterhaltsam und greift spannende gesellschaftliche Themen auf. Die Sprache ist metaphorisch und teilweise fast poetisch. Ich mochte Böhrs originelle Vergleiche sehr: Schleimpilze werden als Metaphern für gesellschaftliche Strukturen und zum Sinnbild für das menschliche Leben und dessen Entwicklungen. Gleichzeitig fehlte mir aber ein klarer roter Faden, die Figurenentwicklung blieb für mich unbefriedigend und das Ende wirkte ein wenig richtungslos. Insgesamt hatte das Buch Potential, das für mich nicht ausgeschöpft wurde. Auf ihrer Webseite beschreibt Bähr „Hustle“ als literarisches Experiment: Sie wollte bewusst etwas ganz anderes schreiben als ihre bisherigen, eher romantischen oder humorvollen Werke. Für sie fühlte es sich an, „als wäre sie ganz gut im Klavierspielen gewesen und plötzlich bekam sie eine Geige gereicht“. Auch ein Instagram-Post von 2016, in dem sie die Redaktionsräume der FAZ mit „Hamsterrad“ kommentierte, wirkt im Rückblick wie ein leiser Hinweis auf das kapitalismuskritische Grundthema des Romans.
Irgendwie hatte ich mir mehr versprochen von Julia Bährs Roman Hustle. Das Cover ist stark, der Klappentext macht neugierig:
„Doch nach einer Weile kommen ihr Zweifel: Wie viel Geld braucht man wirklich ...
Irgendwie hatte ich mir mehr versprochen von Julia Bährs Roman Hustle. Das Cover ist stark, der Klappentext macht neugierig:
„Doch nach einer Weile kommen ihr Zweifel: Wie viel Geld braucht man wirklich für ein gutes Leben? Und wie viel Risiko ist sie bereit, dafür einzugehen?“
Ich hatte erwartet, dass die Story genau diesen Fragen nachgeht, dass das Risiko wirklich ausgeleuchtet wird und Leoni am Ende zu einem greifbaren Ergebnis kommt. Leider blieb das für mich eher oberflächlich.
Die Protagonistin Leoni ist zunächst eine reizvolle Figur mit spannenden Charakterzügen. Besonders die immer wieder eingestreuten naturwissenschaftlichen Themen fand ich interessant und eine tolle Abwechslung. Vor allem ihr Hobby, die Schleimpilze, hat mich fasziniert.
Ihre Clique und ihr bester Freund blieben für mich dagegen etwas blass, hier hätte ich mir mehr Tiefe und Entwicklung gewünscht. Auch die Eltern waren für mich nicht ganz so ausgearbeitet (was nicht dramatisch ist bzw wäre, hätten sie nicht auch irgendwie einen gewissen Plot bekommen)
Leonis Nebenverdienst mit den Rachatkionen war zunächst spannend und witzig beschrieben. Und auch die Sozialkritik, die durch einige Gespräche unter den Figuren geäußert wurde ist super eingearbeitet. Allerdings bleibt diese für mich zu sehr an der Oberfläche hängen und wiederholt eher bekannte Plattitüden (etwa das Beispiel mit dem Hundefutter und den Babyglässchen). Teilweise fand ich die moralischen Aussagen sogar fragwürdig, wenn z. B. Diebstahl bei großen Konzernen quasi fast schon abgenickt wird. Auch bei den Racheaktionen und Geschäften der Clique hätte ich mir deutlich mehr Reflexion bzw Entwicklung gewünscht.
Viele angerissene Themen und Szenen wurden leider nicht konsequent weitergeführt, obwohl darin viel Potenzial steckte. (SPOILER: Leoni wird einmal fast erwischt, aber wirkliche Konsequenzen oder Entwicklung bleiben aus./Ihre Eltern sind nur am Streiten plötzlich nicht mehr, wie kommts?/Wer klaut im Museum und warum? SPOILER ENDE).
Insgesamt wirkt die Handlung dadurch etwas richtungslos, und das Ende bricht eher ab, ohne eine spürbare Spannungskurve aufzubauen.
Der Schreibstil selbst ist großartig: Flüssig, leicht, die Seiten fliegen nur so dahin. Lesen macht definitiv Spaß, aber inhaltlich hätte ich mir mehr Tiefe, Entwicklung und weniger lose Handlungsfäden gewünscht.
Alles in allem ein Roman, den man durchaus mal zwischendurch lesen kann, aber nicht unbedingt muss.