Cover-Bild Die lustlosen Touristen
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20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Edition CONVERSO
  • Themenbereich: Belletristik
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 240
  • Ersterscheinung: 11.03.2021
  • ISBN: 9783982225210
Katixa Agirre

Die lustlosen Touristen

Silke Kleemann (Übersetzer)

Die Baskin Ulia ist gescheiterte Mezzosopranistin, nun Doktorandin in Musikwissenschaften, der Spanier Gustavo ein erfolgreicher Jurist und Genussmensch. Kennengelernt haben sie sich in der Metro, am Tag der Terroranschläge in Madrid. Sie verlieben sich, heiraten bald, kein Blatt scheint zwischen sie zu passen. Doch auf einer Reise durchs Baskenland zeigt sich, dass jeder der beiden etwas zu gestehen hat.
Eine Reiseerzählung mit vielen überraschenden Wendungen, die in beschwingt-sarkastischem Ton Verletzungen und Leerstellen umkreist, Themen wie Terror, Herkunft, Zugehörigkeit, Engagement, die Bedingungen eines Scheiterns oder Gelingens der Liebe behandelt und dabei nie ihre Leichtfüßigkeit verliert.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.03.2021

Lügen und Geheimnisse

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In Katixa Agirres Roman „Die lustlosen Touristen" macht ein Paar eine Reise durch das Baskenland. Die Baskin Ulia will ihrem Mann Gustavo ihre Heimat zeigen. Diese Reise entwickelt sich zu einem Roadtrip ...

In Katixa Agirres Roman „Die lustlosen Touristen" macht ein Paar eine Reise durch das Baskenland. Die Baskin Ulia will ihrem Mann Gustavo ihre Heimat zeigen. Diese Reise entwickelt sich zu einem Roadtrip der besonderen Art.
Ulia musste ihren Traum von einer Karriere als Sängerin nach einer Stimmbanderkrankung aufgeben und studiert zur Zeit Musikwissenschaft. Sie bereitet eine Doktorarbeit über den englischen Komponisten Benjamin Britten vor, eventuell stattdessen eine Erzählung über Phasen seines Lebens, weil sie mit der Arbeit nicht weiterkommt.
Die Reise führt das Paar durch viele Städte und traumhaft schöne Landschaften. Die kulinarischen Freuden kommen dabei auch nicht zu kurz.
Dennoch ist die Reise kein entspanntes Vergnügen. Ulia hat erst kürzlich als erwachsene Frau das Geheimnis ihrer Herkunft erfahren, nachdem sie ihr Leben lang mit einer Lüge abgespeist worden war. Sie hat nie den richtigen Moment gefunden, ihren Mann einzuweihen. Hinzukommt, dass die englische Journalistin Sarah immer wieder wie zufällig ihren Weg kreuzt und Gustavo gut zu kennen scheint. Alles entwickelt sich buchstäblich auf einen großen Knall zu, bei dem die Wahrheit ans Licht kommt und das Paar eine Beziehungskrise zu bewältigen hat.
In dieser lesenswerten Geschichte wechseln Ulias tagebuchartige Aufzeichnungen über die Etappen der Reise ab mit essayähnlichen Ausführungen über den berühmten Pazifisten Britten. Pazifismus ist ein Thema, das Ulia als Baskin besonders beschäftigt. Es ist hilfreich, wenn man als Leser Kenntnisse über die jüngste Vergangenheit des Baskenlandes und die Gründe für das Entstehen der Terrororganisation ETA hat.
Vor diesem Hintergrund kommt eine Vielzahl von Themen zur Sprache: Identität, Vatersuche und Heimat, Lügen und Geheimnisse in Beziehungen, die Auswirkungen der Vergangenheit auf die Gegenwart. Ich empfehle diesen Roman ohne Einschränkung.

Veröffentlicht am 14.03.2021

Was ist Heimat?

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Es ist gar nicht so einfach, einem anderen Menschen die eigene Heimat zu zeigen. Vor allem, wenn sie so dermaßen mit Schuld beladen Aber wer und was ist Heimat? Klar, es ist der Ort, die Gegend, die Region, ...

Es ist gar nicht so einfach, einem anderen Menschen die eigene Heimat zu zeigen. Vor allem, wenn sie so dermaßen mit Schuld beladen Aber wer und was ist Heimat? Klar, es ist der Ort, die Gegend, die Region, in der man geboren wurde. Steine, Flüsse, Bäume haben kein Schuldbewusstsein. Aber was ist mit den Menschen? Klar gehören sie zur Heimat, besser gesagt zum Heimatgefühl. Familie, Nachbarn, Freunde, all jene, die die gleiche Sprache sprechen, mit denen man gemeinsam aufgewachsen sind, die den gleichen geschichtlichen Hintergrund haben. Kann man sich mit all diesen Menschen identifizieren? Normalerweise ja. Aber ohne eine Differenzierung müsste man mit dem Tod von 830 Menschen einverstanden sein, die bei den vielen Attentaten der ETA umkamen. Darf man Gewalt gutheißen? Heiligt der Zweck wirklich die Mittel? Können wir mit der „Michael Kohlhaas Attitüde“ leben? Ist sein Wahlspruch „Es soll Gerechtigkeit geschehen, und gehe auch die Welt daran zugrunde“ noch annehmbar? Die ETA hat auch Basken getötet, nicht nur spanische Politiker oder Polizisten. Die ETA hat von allen, Spanier und Basken gleichermaßen Schutzgelder und Lösegelder erpresst. Was für eine Gerechtigkeit ist das dann? In diesem Buch kommt die Tochter eines solchen ETA Attentäters zu Wort. Sie wusste das nicht, Mariluz, ihre Mutter hat es ihr erst vor Kurzem erzählt. Unter diesem Eindruck macht sie sich auf, eine Reise durch die spanisch-baskische Heimat und sucht immer wieder den richtigen Moment, es ihrem Mann zu erzählen, zu erklären. Ihr Mann ist Spanier. Wird er es verstehen?
Während der Reise taucht immer wieder eine Journalistin auf, Sarah Blagrove. Die Journalistin hat schon einige ablehnende Artikel über die ETA und ihre Anhänger veröffentlicht. Ulia, die Ich-Erzählerin, hat das Gefühl, Sarah hat sie nun auf den Kieker und will sie über ihren Vater ausfragen. Dabei hat Ulia sich geweigert ihren physischen Vater im Gefängnis zu besuchen. Sie kennt ihn nicht, sie ist mit seinen politischen Gewalttaten nicht einverstanden. Was also könnte sie Sarah erzählen, im Falle eines Interviews. Nur stellt es sich heraus, Sarah ist gar nicht an ihr interessiert. Jemand anderer ist Sarahs Zielperson, Und nicht aus beruflichen Gründen.
Das Buch schlägt oft einen ironischen Ton an, leicht distanziert. Als ob dies für Ulia die einzige Möglichkeit wäre, die nötige Entfernung zu ihrem Leben und zu ihrer Heimat zu finden. Denn die Menschen ihrer Heimat haben Schuld auf sich geladen, unter ihnen auch ihr Vater.
Anfangs hatte ich leichte Schwierigkeiten, herauszufinden, wann von Ulia und wann von Mariluz berichtet wurde. Als ich beschloss, mich nicht auf den Unterschied zu konzentrieren, sondern die Seiten auf mich zukommen zu lassen, wie sie von Agirre geschrieben wurden, fiel es mir leichter. Mutter und Tochter haben einiges gemeinsam, auch wenn Ulia das so nicht empfindet.
Fazit: ein interessantes Buch, auch wenn der Zugang nicht leicht ist.

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Veröffentlicht am 02.04.2021

Roadtrip zur Wahrheit

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Ulia ist Musikwissenschaftlerin, schreibt ihre Doktorarbeit über Benjamin Britten und dessen Pazifismus. Gustavo ist spanischer Jurist und Professor an einer Hochschule. Das Paar ist auf Sightseeingtour ...

Ulia ist Musikwissenschaftlerin, schreibt ihre Doktorarbeit über Benjamin Britten und dessen Pazifismus. Gustavo ist spanischer Jurist und Professor an einer Hochschule. Das Paar ist auf Sightseeingtour mit Gustavo‘s neuem Auto durch Ulias Heimat, das Baskenland. Solch ein Urlaub sollte eigentlich eine Freude sein. Doch man merkt schnell, dass viel Unausgesprochenes zwischen den beiden schwelt. Ulia hat immer wieder wenig respektvolle Gedanken zu ihrem Mann. Zudem scheinen sie vollständig unterschiedliche Herangehensweisen an eine Reise zu haben. Während Gustavo minutiös plant, wäre Ulia eigentlich lieber spontan. Sie behält ihr Ansinnen für sich, fügt sich seinen Vorstellungen. Bald nach Antritt der Reise gesellt sich weiteres Konfliktpotenzial in Person der Journalistin Sarah zu den Beiden.

In dieser Grundstimmung bewegte ich mich durch diesen vielschichtigen Bericht. In meiner Wahrnehmung gab es drei Erzählebenen, die Reise an sich, die Rückblicke auf Erlebnisse von Ulias Mutter Mariluz und die Auseinandersetzung mit Benjamin Britten.
Die Ausrichtung der Sprache ist in jeder Ebene etwas anders, wodurch das Lesen ein durchaus anspruchsvolles Vergnügen wird. Die Geschichte der Mutter in der Hochphase des „ETA-Terrors“ wird aus beobachtender Perspektive erzählt, Britten’s Pazifismus dokumentarisch aufbereitet. Die Reise selbst ist als Reflexion an Gustavo gerichtet, so als ob Ulia darin alles aufschreibt, was sie nicht imstande ist, Gustavo direkt zu sagen. Diese Ansprache mit Du empfand ich etwas ungewöhnlich, weil nicht die Leser innen an sich gemeint sind, sondern eben nur Gustavo.

Lange hatte ich den Eindruck, dass Ulia mit den Konflikten ihrer Vergangenheit einseitig die Beziehung toxisch beeinträchtigt. Doch auch Gustavo hat seine Geheimnisse. Nach und nach gewährt uns die Autorin wie auch dem Paar weitere Einblicke und lässt schließlich ein Gesamteindruck entstehen. Das Ende lässt sie offen. Die Leser innen werden mit der Wahrheit konfrontiert, sozusagen eingeweiht in all die Probleme. Welche Konsequenzen Ulia und Gustavo daraus ziehen, übergibt sie den weiterdenkenden Leser innen.

Für mich war der Roman eine kluge Auseinandersetzung mit der baskischen Lebenswirklichkeit. Katixa Agirre ließ mich einen neuen Blickwinkel einnehmen im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen Spanien und dem Baskenland. Es war wie das Anhören der anderen Seite, ein wichtiger Schritt, wenn man sich zu einer Kontroverse ein Urteil erlauben möchte.

Da der Roman durch seine Komplexität mit drei Ebenen in Zeit und Raum nicht mal eben weg zu lesen ist, beschränke ich meine Leseempfehlung auf Liebhaber des gehobenen Lesegenusses.

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Veröffentlicht am 27.03.2021

Kunstvoll komponierte Kippkonstruktion

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Es funktioniert (wider alle Erfahrung): ein kapriziöser Tonfall, eine pointierte Darstellung von Menschen und Dingen, eine abwechslungsreiche Szenerie - und gänzlich verstörende Einblicke in eine ernste ...

Es funktioniert (wider alle Erfahrung): ein kapriziöser Tonfall, eine pointierte Darstellung von Menschen und Dingen, eine abwechslungsreiche Szenerie - und gänzlich verstörende Einblicke in eine ernste Zeit mit ernsten Problemen, wenn der Blick auf die Auswirkungen der Politik auf das Schicksal von Individuen fällt. Ehegeschichte, Reisegeschichte, Familiengeschichte, Geschichtegeschichte - die Lektüre dieses Romans hat sich definitiv gelohnt!
Bereits die Figur der Ich-Erzählerin entfaltet eine diffizile Persönlichkeitsstruktur: komplizierte Familienverhältnisse offenbaren sich ihr vergleichsweise spät im Leben, glückhaft der Umstand, im Ehemann der Mutter einen Menschen zu finden, der bereits dem instabilen Teenager Halt und Orientierung zu bieten vermag, während die Mutter der Tochter nicht zutraut, mit der Hypothek ihrer Herkunft fertig zu werden.
Stimmverlust der Sängerin, stockender Arbeitsfortschritt der Doktorandin - auf jeden Fall im Zusammenhang zu sehen mit ihrer inneren Last. Ihr Forschungsgegenstand, die pazifistische Gesinnung des britischen Komponisten Benjamin Britten, ein dezidiertes Gegengewicht zur politischen Gesinnung des leiblichen Vaters.
Was für einen romantischen Akzent stellt da der Beginn der Liebesgeschichte dar, die inmitten der Gefahr eines terroristischen Anschlags ihren Ausgang nimmt! Welch neue Herausforderung, wenn gerade die vorgeblich entspannte Feriensituation einer Reise in die Heimat der Protagonistin den gegenseitigen Vertrauensbruch der Liebenden offenbart!
So anregend, fordernd und befriedigend sich die Lektüre dieses Romans auch erweist - der Verlag hätte dem Leser durch kleine Gestaltungsentscheidungen den Zugang erheblich erleichtern können:
Der gesamte baskische Hintergrund stellt für das deutsche Publikum doch eine beachtliche Hürde dar. Warum also einzelne verwendete Wörter nicht direkt unten auf der Druckseite in einer Fußnote übersetzen? Komplexere Zusammenhänge sind tatsächlich in den Anmerkungen am Ende des Buches bestens untergebracht. Da jedoch die Geschichte der baskischen Separatistenbewegung ETA in Deutschland nicht so präsent sein dürfte, wäre ein äußerst knapper Abriss zu Beginn des Buches hilfreich gewesen. Die verfremdete Europakate auf dem Buchdeckel ist äußerst dekorativ, aber keinesfalls zielführend, eine Landkarte des Baskenlandes mit der eingezeichneten Reiseroute des Paares wär wesentlich aufschlussreicher. Die in einem Wirbel angeordneten exotischen Ortsnamen auf dem Vorsatzpapier können dieses Informationsdefizit nicht kompensieren. Auch die Formulierung des Titels, selbst wenn direkt vom Original übernommen, erweist sich für den deutschen Leser als verwirrend.
Diese rein äußerlichen Kritikpunkte schmälern aber keinesfalls das Lesevergnügen an diesem thematisch und kompositorisch überaus originellen Roman!

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Veröffentlicht am 18.03.2021

Roadtrip durch das Baskenland

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Ulia ist Musikwissenschaftlerin und möchte ihrem Mann Gustavo,der Jurist ist,ihre Heimat, das Baskenland zeigen. So starten sie einen Roadtrip mit dem heissgeliebten Auto.Auf dieser Fahrt möchte ...

Ulia ist Musikwissenschaftlerin und möchte ihrem Mann Gustavo,der Jurist ist,ihre Heimat, das Baskenland zeigen. So starten sie einen Roadtrip mit dem heissgeliebten Auto.Auf dieser Fahrt möchte sie auch ein Geheimnis über ihren Vater loswerden,welches sich nicht als so einfach gestaltet.

Ich hatte anfangs Schwierigkeiten in das Buch reinzufinden, da es von Ulia, an Gustavo gerichtet geschrieben ist und das in der "Du" Form,auch wird immer mal wieder in das Leben der Mutter geschwenkt. Als ich das aber verstanden habe, war es ein Genuss und es hat wahnsinnig Spaß gemacht, die Beiden auf ihrer Reise begleiten zu dürfen.Das in der Geschichte so viele unterschiedliche Themen vorkommen, wie Terrorismus, Liebe, die Beziehung zu der Mutter, die Suche nach den Wurzeln und noch vielem mehr, hat mich nachhaltig beeindruckt.
Man erfährt so einiges über Musik und Künstler, die damaligen Spannungen Spaniens und dem Baskenland,dem Terror der ETA und das alles mitten auf einer Fahrt durch Ulias Heimat.
Das Cover hat auch ein grosses Lob verdient, sehr schön gestaltet, eine Landkarte mit Blumen zu veredeln, tolle Idee.
Den Titel finde ich nicht gut gewählt, weil die Beiden ja doch einiges unternehmen und erleben,daher passt lustlos für mich eher weniger.
Trotzdem kann ich das Buch jedem nur wärmstens empfehlen, auch wenn der Schreibstil ein wenig gewöhnungsbedürftig ist, lohnt sich das dranbleiben.

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