Klassischer Krimi plus queere Identität
Selten hat mich ein Cover so angesprochen wie es bei der deutschen Ausgabe von "Lavender House" von Lev AC Rosen der Fall war. Versteht mich nicht falsch, das englische Cover ist auch schön echt hübsch, ...
Selten hat mich ein Cover so angesprochen wie es bei der deutschen Ausgabe von "Lavender House" von Lev AC Rosen der Fall war. Versteht mich nicht falsch, das englische Cover ist auch schön echt hübsch, aber die Dunkelheit des deutschen setzt dem Ganzen nochmal die Krone auf. Die Treppen darauf, die leichten Blutspuren, die Blütenblätter (und das alles in meiner absoluten Lieblingsfarbe) ist förmliche Perfektion.
Dann kam der Titel, der wiederum an die Lavendelehen erinnert und da ich dieses Thema schon immer spannend fand, war somit klar, dass ich das Buch lesen muss.
(Ich weiß nicht, WIE ich auf die Idee gekommen bin, aber irgendwie ging ich davon aus, hier einen Fantasyroman in den Händen zu halten. Dem ist NICHT der Fall! Es ist ein historischer Krimi, wie er auch vollkommen korrekt auf dem Klappentext beworben wird.)
Das Setting an sich ist so klassisch, wie man es kennt: Wir haben einen Excop, der sich nun auf andere Weise durchs Leben schlagen muss.
Der Grund für diese Entlassung ist jedoch nicht ganz so klassisch: Unser Protagonist Andy Mills wurde nämlich bei einer Razzia in einer Schwulenbar erwischt, was 1952 schließlich ein No-Go war.
Umso schöner ist, was er im namengebenden Lavender House findet.; ein echtes Safe Space, ein Zuhause für Menschen, die anderswo verstecken und lügen müssten. Hier leben queere Menschen wie er offen, ohne Angst vor Anfeindungen. Doch gerade in diesem vermeintlich sicheren Hafen lauert das Verbrechen – und schnell wird klar: Wenn Irene tatsächlich ermordet wurde, dann war es jemand aus dem Inneren der Familie.
Der Roman ist eine Mischung aus klassischem Whodunit und queerer Geschichtsschreibung. Rosen bringt ein spürbares Film-noir-Flair in seine Erzählung, gleichzeitig fühlt sich die Geschichte an vielen Stellen mehr nach Cozy Mystery an als nach „Knives Out“ (mit dem es oft verglichen wird). Wer auf überdrehte Charaktere, bissigen Humor und absurde Twists hofft, wird vielleicht enttäuscht. Stattdessen stehen Atmosphäre, Identität und Andys innere Reise im Vordergrund.
Ich mochte besonders die Grundidee: Ein queeres „Haus voller Geheimnisse“ in einer Zeit, in der es draußen gefährlich war, man selbst zu sein. Die Figuren sind interessant, auch wenn einige eher blass bleiben, und der Fall selbst ist nicht übermäßig komplex – eher geradlinig erzählt, ohne große Überraschungen. Für mich funktionierte das als ruhiger, nachdenklicher Krimi, andere könnten sich jedoch mehr Tempo wünschen.
Der Sprecher des Hörbuchs schließt sich dabei der angenehmen Ruhe an. Seine Stimme ist unaufgeregt und beruhigend, sodass er perfekt zu unserem Protagonisten passt.
Fazit: Kein nervenzerreißender Thriller, sondern ein queerer Cozy-Krimi mit starker Atmosphäre, viel Herz und einem spannenden Setting. Wer sich davon mehr erhofft als ein „Knives Out in gay und 1950s“, sollte die Erwartungen justieren – dann kann Lavender House ein richtiges kleines Juwel sein.