Cover-Bild Dunkelgrün fast schwarz
Band der Reihe "Debütromane in der FVA"
(10)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Frankfurter Verlagsanstalt
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 480
  • Ersterscheinung: 05.03.2018
  • ISBN: 9783627002480
Mareike Fallwickl

Dunkelgrün fast schwarz

Raffael, der Selbstbewusste mit dem entwaffnenden Lächeln, und Moritz, der Bumerang in Raffaels Hand: Seit ihrer ersten Begegnung als Kinder sind sie unzertrennlich, Raffael geht voran, Moritz folgt. Moritz und seine Mutter Marie sind Zugezogene in dem einsamen Bergdorf, über die Freundschaft der beiden sollte Marie sich eigentlich freuen. Doch sie erkennt das Zerstörerische, das hinter Raffaels stahlblauen Augen lauert. Als Moritz eines Tages aufgeregt von der Neuen in der Schule berichtet, passiert es: Johanna weitet das Band zwischen Moritz und Raffael zu einem fatalen Dreieck, dessen scharfe Kanten keinen unverwundet lassen. Sechzehn Jahre später hat die Vergangenheit die drei plötzlich wieder im Griff, und alles, was so lange ungesagt war, bricht sich Bahn – mit unberechenbarer Wucht. Mareike Fallwickl erzählt von Schatten und Licht, Verzweiflung und Sehnsucht, Verrat und Vergebung. Ihr packendes Debüt bringt alle Facetten der Freundschaft zum Leuchten, die Leidenschaft, die Sanftheit – und die Liebe, in ihrer heilsamen, aber auch funkelnd grausamen Pracht.

Weitere Formate

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.08.2019

Düster und wunderschön

0

Inhalt:
Da sind zuerst Motz und Raf, Anhängsel und Anführer, da sind Gewalt, Freundschaft, Familienzwiste und ein Gefühl von Macht und Ohnmacht. Immer wieder erfahren wir auch die Sicht von Marie, der ...

Inhalt:
Da sind zuerst Motz und Raf, Anhängsel und Anführer, da sind Gewalt, Freundschaft, Familienzwiste und ein Gefühl von Macht und Ohnmacht. Immer wieder erfahren wir auch die Sicht von Marie, der Mutter von Motz, die so lange schon wusste, wie alles enden würde, aber immer weggeschaut hat. Ausserdem springt die Geschichte zwischen den einzelnen Figuren und Jahren hin und her. Und dann kommt Jo ins Spiel und die Geschichte wird komplizierter. Denn jetzt geht es auch um Liebe, um Verrat, um Selbstzerstörung. Vielleicht um Hass.
Und auch wenn es immer wieder um Schuld geht und um Unschuld, um die Tatsache, dass ein Hinsehen vielleicht besser gewesen wäre als ein Wegschauen, so geht es doch am Ende immer um die Kraft, die fehlt, damit sich wirklich etwas ändern kann. Die Kraft, sich von jemandem loszusagen, die Kraft, treu zu bleiben oder sich ganz zu trennen, die Kraft, gar nicht erst anzufangen mit dem Betrug, dem Verrat, mit den Lügen und die Kraft, den Mund aufzumachen, bevor alles zu spät ist. Und warum fehlt diese Kraft? Weil alle Figuren, auch die, welche eher glücklich sind und sich auf eine eigensinnige Art und Weise mit ihrem Leben arrangiert haben, gelähmt sind von einer Dunkelheit, von einer Angst und von einem erstickten Zorn auf die eigene Situation und die Macht der anderen und auf diesen verdammten Ort, an dem alle über alle sprechen und an dem alles seinen Anfang nimmt.

Meine Meinung:
Normalerweise lasse ich die Hände von Büchern, die einen Hype auslösen. So lange, bis sich der Hype beruhigt hat. Bei diesem Buch konnte ich mich nicht zurückhalten und ich wurde belohnt. Denn alles, was über dieses Buch gesagt und geschrieben wurde, ist wahr (mit Ausnahme der Aussage, dass das Ende nicht passen würde, das stimmt überhaupt nicht, das Ende passt perfekt, es ist sogar so, dass ich mir für dieses Buch gar kein anderes Ende hätte vorstellen können).
"Dunkelgrün fast schwarz" ist fordernd, laut, schmerzhaft, manchmal unangenehm. Und die Gefühle und Abgründe sind so unbarmherzig direkt und mitten ins Herz hinein beschrieben, dass man gar nicht anders kann, als berührt zu werden.
In schillernden, sanften, schrillen und schmerzenden Farben sieht Motz die Menschen und erkennt ihr Innerstes manchmal besser, als sie selber. Seine sensible und auch ein wenig naive Art lassen ihn aber so sehr an das Gute im Menschen glauben, dass er nur mit einem Kohlestift auf Papier erfassen kann, was er wirklich fühlt. Klar, dass dies ausgenutzt wird, von Raf, einer Figur, für die man nur Abscheu und Faszination zugleich empfinden kann und weil Jo das Duo zu einem Trio macht, weil alle älter werden und die Verletzungen damit auch grösser und tiefer und weil es Marie nicht mehr immer gelingt, die Fäden zusammenzuhalten, wird das Chaos perfekt.

Meine Empfehlung:
Die Kunst der Autorin Mareike Fallwickl besteht nicht in erster Linie darin, eine Geschichte aus mehreren Perspektiven, mit Rückblenden und Zeitsprüngen, so zu erzählen, dass plötzlich alles zusammenpasst, dass alles Sinn macht. Und dass man sich auf den letzten Seiten an die ersten Seiten erinnert und ein Lächeln im Gesicht hat. Und die Kunst besteht auch nicht in erster Linie darin, dass jede Figur für sich so einen eigenen Charakter hat, dass Jo, Motz und Raf so verschieden denken und fühlen, als wären sie von unterschiedlichen Autoren geschaffen worden. Obwohl das schon so viel ist, mehr als andere Bücher zuweilen bieten können (leider), dass dies allein vielleicht sogar schon ausreichen würde. Aber nein, Fallwickl toppt dies noch. Sie schreibt nicht nur eine grandiose und mitreissende Geschichte voller Figuren, von denen man ausgehen muss, dass es sie gibt (wie sonst hätten sie so fesselnd beschrieben werden können). Nein, sie erzählt dies alles und auch alles, was zwischen den Zeilen steht, in einer Sprache, für die es keine Worte gibt. Es gibt darum keine Worte, weil Mareike Fallwickl alle Worte, denen eine aussergewöhnliche Kraft und Härte und Derbheit und Verletzlichkeit und Ästhetik innewohnt, schon verwendet hat, sie stehen alle in diesem Buch. Lest es.

Veröffentlicht am 02.05.2019

Eines meiner Lese-Highlights dieses Jahres

0

„Freundschaft ist ein Gift, das langsam wirkt. Es ist nicht tödlich, aber es macht weich. […] Freundschaft macht, dass die Schreie, die die du auf der Innenseite deiner Haut tätowiert hast, hörbar werden.“ ...

„Freundschaft ist ein Gift, das langsam wirkt. Es ist nicht tödlich, aber es macht weich. […] Freundschaft macht, dass die Schreie, die die du auf der Innenseite deiner Haut tätowiert hast, hörbar werden.“ (S. 55)

Moritz, genannt ‚Motz‘, und Raffael, genannt ‚Raf‘, sind seit dem Kindergarten miteinander befreundet. Doch diese Freundschaft ist von Anfang an toxisch. Moritz ist sensibel, ein Synästhetiker, der die Menschen um sich in Farben wahrnimmt. Raf ist ungebärdig, gemein, hinterhältig; er drangsaliert seinen kleinen Bruder, die Kinder im Kindergarten und später in der Schule – und ja, auch Motz. Und doch hält Motz ihm die Treue, teils, weil es in dem Dorf, in dem sie leben, nur wenig andere Kinder gibt, teils, weil er Raf aufrichtig gernhat. Mit Raf befreundet zu sein, ist „das Schlimmste und das Beste zugleich“ (S. 119). Als sie im Teenageralter sind, stößt Johanna zu ihnen, Vollwaise und einsam. Aus der Zweier- wird eine Dreierfreundschaft, und, man ahnt, es, das geht auf Dauer nicht gut. Sie verlieren sich aus den Augen, bis Raf nach sechzehn Jahren unvermutet vor Motz‘ Tür steht, noch immer außergewöhnlich gutaussehend, mit einem Lächeln, „das Männer versöhnlich macht und Frauen ruhelos“ (S. 11). Raf „sieht aus wie einer, der das Leben leicht nimmt, weil das Leben es gut mit ihm meint. Man bekommt das Gefühl, etwas von dieser Leichtigkeit könnte abfärben, stünde man nur nah genug bei ihm“ (S. 38). Doch Raf ist noch immer undurchsichtig, sein Motiv, nach so vielen Jahren bei Motz aufzutauchen, rätselhaft. Dennoch lässt sich Motz, der beständige, freundliche, liebe Motz, dessen Freundin gerade ihr erstes gemeinsames Kind erwartet, erneut auf diese unheilvolle Freundschaft ein, lässt sich von dem Charme des Freundes wieder einfangen, unterwirft sich zunehmend Rafs Einfluss. Bis er schließlich erkennen muss, dass sich die Vergangenheit nicht einfach abschütteln lässt, denn „irgendwann holen dich die Dinge, vor denen du weggelaufen bist, ein. Oder du rennst ihnen entgegen und bist blöd genug, zu glauben, du könntest ihnen ausweichen“ (S. 422).

Dieser Roman ist eines meiner unangefochtenen Lese-Highlights dieses Jahres (wenn nicht überhaupt). „Dunkelgrün fast Schwarz“ ist eine Geschichte von Freundschaft und Abhängigkeit, von Liebe und Einsamkeit, von Enttäuschung und Erlösung. Und das ist so eindringlich – ich möchte fast sagen: meisterhaft – erzählt, dass ich während der Lektüre das Gefühl hatte, die Geschichte sickert in mich ein, setzt sich in mir fest und ‚macht was mit mir‘. Dass man eine Erzählung während des Lesens ‚sieht‘ und ‚hört‘, ist eine alltägliche Leseerfahrung. Manchmal konnte ich einen Roman auch ‚riechen‘ („Das Parfum“ von Patrick Süskind), bisweilen sogar ‚schmecken‘ („Der Duft von Schokolade“ von Ewald Arenz). Mareike Fallwickls Buch ging für mich noch einen Schritt weiter, diese Geschichte konnte ich überdies förmlich fühlen: Eine Berührung fühlt sich an „als säße eine Spinne auf meiner Haut, genau da, wo ihre Finger sie gestreift haben“ (S. 29), die Luft ist „plötzlich nicht mehr luftförmig […], sondern klebrig. Es juckt auf ihrer Haut, überall“ (S. 423).
Meine Lektüre wurde, ich kann es nicht anders sagen, zu einem multisensorischen Erlebnis – wenn nicht sogar zu einem synästhetischen. Mareike Fallwickl vermischt unterschiedliche Sinneseindrücke miteinander, und das auf einzigartige, kunstvolle Weise:

„Ihre Wohnung ist keine Wohnung, sondern ein Zimmer und das Zimmer ist ein Loch. Umgeben von dicken Mauern ist das Loch, grausig riecht es und gruftig, nach saurem Käse und schwarzgeriebenen Fingern.“ (S. 52)

„Ein Zorn, den man nicht haben darf, der einem vom anderen aberkannt wird, ist kühl und blau und halbflüssig, er hat eine Konsistenz wie Pudding, füllt den Kopf aus und das Herz.“ (S. 118)

Die Geschichte wird aus unterschiedlichen Perspektiven und auf verschiedenen Zeitebenen erzählt; sie spielt in der Gegenwart und auf verschiedenen Vergangenheitsebenen, die die vergangenen Geschehnisse indes nicht chronologisch wiedergeben, sondern springen von der früheren zur späteren Kindheit der Jungen und dann wieder in ihre Teenager- bzw. Junge-Erwachsene-Jahre. Doch ist dies niemals verwirrend, sondern fügt sich zu einem harmonischen Ganzen, zu einem umfassenden Psycho- und Soziogramm dieser Freundschaft zusammen. Die Ereignisse werden aus der Perspektive dreier Figuren geschildert: Moritz‘ Sicht (in der dritten Person) sowie die seiner Mutter Marie und Johannas (jeweils aus der Ich-Perspektive). Allein durch diese Erzählperspektiven wird Moritz‘ Zurückhaltung, seine Passivität unterstrichen – er ist irgendwie immer der, mit dem ‚etwas gemacht‘ wird. Interessanterweise wird die Geschichte niemals aus Rafs Sicht erzählt – er bleibt immer Anschauungs-, Beobachtungsobjekt, seine Handlungen und Motivationen bleiben unerklärt und undurchsichtig. Überhaupt hat dieser Roman so unglaublich vielschichtige Figuren mit Ecken und Kanten, mit wunden Punkten, Schwächen, Talenten, Stärken, wie ich sie selten erlebt habe: echte Charaktere statt oberflächlicher Typen.

Und dann gibt es da noch etwas, das mich mitten ins Herz getroffen hat. Ich weiß nicht, vielleicht ist es so ein „Mama-Ding“ –aber wie Mareike Fallwickl in diesem Roman über Kinder schreibt – über die Liebe zu ihnen, die Gefühle, die sie auslösen, die Bedingungslosigkeit der Liebe, die man ihnen entgegenbringt (oder auch nicht), das argwöhnische Beobachten all dessen, was um sie herum geschieht, das niemals endende Beschützen-Wollen –, sprach mir dermaßen aus der (Mama-)Seele, dass ich das Buch streckenweise mit einem Kloß im Hals aus der Hand legen und das Gelesene erst einmal sacken lassen musste. Dazu einige meiner liebsten, eindringlichsten, berührendsten Textstellen:

„Seit ich Kinder habe, weiß ich, dass Wärme einen Geruch hat, Ein Kind riecht nach Wärme, vor allem an den Schläfen, am Haaransatz, es duftet nach einem Gefühl, für das es keinen Namen gibt, nach Weichheit, nach Vertrauen. […] Seit ich Kinder habe, friere ich nicht mehr.“ (S. 16)

„Kinder kennen keine Zurückhaltung. Wenn sie etwas schmerzt, körperlich oder seelisch, verziehen sie ihr Gesicht, und die Tränen springen ihnen aus den Augen. Die Reaktion ist unmittelbar. Ihr Zorn ist eine Urgewalt, ihr Schmerz ist es auch.“ (S. 211)

„Kinder sind Jo ein Graus, auch die hübschen, die mit den Leuchtaugen und Zuckergoscherln. Sie sind so unmittelbar, sie halten keinen erlernten Abstand ein, noch nicht, sie haben diesen ausgehängten Blick, der nicht mit einem Gehirn verbunden zu sein scheint, der überall hineingeht. Kinder starren, sie schauen nicht weg, mit offenem Mund glotzen sie. Ihre Finger sind klein und klebrig, wie Spinnenbeine so flink.“ (S. 352)

Wenn ich mir vorstelle, dass es sich bei diesem wort- und sprachgewaltigen Werk um einen Debütroman (sic!) handelt, kann ich mir kaum ausmalen, was Mareike Fallwickl zustande bringt, wenn sie sich erst einmal ‚warmgeschrieben‘ hat. Ihr neues Buch erscheint voraussichtlich im August dieses Jahres – und ich weiß schon, wer am Erscheinungstag mit scharrenden Hufen vor der Buchhandlung stehen und sie gleich bei Öffnung stürmen wird. Ich.

Veröffentlicht am 10.07.2018

Grandioser Debütroman

0

Auf das Buch gestoßen bin ich, wie so oft in letzter Zeit, durch Instagram. Dort haben einige Leute total darüber geschwärmt und ich wollte mehr darüber wissen. Zugegeben, der Klappentext hat mir persönlich ...

Auf das Buch gestoßen bin ich, wie so oft in letzter Zeit, durch Instagram. Dort haben einige Leute total darüber geschwärmt und ich wollte mehr darüber wissen. Zugegeben, der Klappentext hat mir persönlich nicht sehr viel verraten, er hat mich nur noch neugieriger gemacht. Für mich war klar: Dieses Buch möchte ich unbedingt lesen.

Als ich es dann zuhause in die Hand genommen habe, konnte ich es kaum wieder weglegen. Die Geschichte ist sowohl spannend als auch tragisch und wirklich sehr berührend. Erzählt wird aus der Sicht mehrerer Personen und auch aus verschiedenen Jahren. Je mehr man in diesem Buch gelesen hat, desto mehr fügt sich das Bild zusammen und desto mehr versteht man auch den Klappentext. Aber auch den Titel des Buches versteht man, da immer wieder in gewisser Weise darauf zurückgekommen wird. Die immer wieder vorkommenden Zeitsprünge und Sichtwechsel sind nicht störend, im Gegenteil, dadurch wird die Spannung nur noch größer.

Die Charaktere haben mir sehr gut gefallen, vor allem ist sich jeder seiner Art treu geblieben und war er selbst, ob das nun liebenswert war oder nicht. Es war einfach stimmig. Man konnte eigentlich die Entwicklung jedes Charakters nachvollziehen, die durch verschiedene einschneidende Ereignisse stattgefunden hat.

Über Mareike Fallwickls Schreibstil kann man ohne Ausnahme nur positiv berichten. Das Buch war wundervoll geschrieben, sehr ausschmückend und passendere Worte als sie es getan hat, hätte man einfach nicht wählen können.
Durch den Aufbau und die Handlung hat mich das Buch sehr an „Ein wenig Leben“ von Hanya Yanagihara erinnert, aber es war doch auf seine Weise anders und besonders, auch nicht ganz so tragisch.

„Dunkelgrün fast schwarz“ ist ein Buch für jeden, der „Ein wenig Leben“ auch schon geliebt hat. Wirklich sehr berührend und emotional!

Veröffentlicht am 18.06.2018

Begeisterndes Romandebüt

0

Die Österreicherin Mareike Fallwickl beschreibt in ihrem Debütroman „Dunkelgrün fast schwarz“ die Geschichte einer Freundschaft. Raffael und Moritz sind sich im Beisein ihrer Mütter und Geschwister im ...

Die Österreicherin Mareike Fallwickl beschreibt in ihrem Debütroman „Dunkelgrün fast schwarz“ die Geschichte einer Freundschaft. Raffael und Moritz sind sich im Beisein ihrer Mütter und Geschwister im Alter von vier Jahren auf dem Spielplatz des kleinen Ortes Hallein in der Nähe von Salzburg zum ersten Mal begegnet. Seit diesem Tag sind die beiden Jungen befreundet, gehen zusammen in den gleichen Kindergarten und die Schule. Als sie siebzehn Jahre alt sind bekommen sie eine neue Mitschülerin, Johanna, die fortan die dritte in ihrem Bunde sein wird. Ein Jahr später geschieht etwas Unerwartetes nachdem die Freunde ihre eigenen Wege gehen. Erst 16 Jahre später begegnen sie sich wieder.

Dunkelgrün fast schwarz ist die Farbwahrnehmung die Moritz mit Raffael verbindet als dieser ihn nach all den Jahren in Hallein unangekündigt besucht. Moritz ist Synästhetiker und nur sein bester Freund weiß darüber Bescheid. Kleine Geheimnisse wie diese verbinden Moritz und Raffael und stärken ihr Vertrauen zueinander. Raffaels Aura war für ihn immer grün, das er aber inzwischen dunkler wahrnimmt. Für mich als Leser ging diese Änderung in der Wahrnehmung von Moritz einher mit der Vorstellung, dass die Gesinnung von Raffael noch beängstigender geworden ist. Raffael ist die treibende Kraft in der Freundschaft, der sich Aktivitäten ausdenkt und auch zu Schabernack aufruft. Moritz dagegen ist ein guter Beobachter und besonnener, lässt sich aber gerne zu Spaß und Unsinn verführen. Einige werden sich in der Konstellation dieser Freundschaft sicher wiedererkennen. Als Johanna die beiden Jugendlichen kennenlernt ist altersmäßig weit mehr im Spiel als nur Freundschaft. Die Gefühle sind nun tiefer und eindringlicher, sie können heilsam sein und glücklich stimmen, aber auch verletzen.

Der Roman wird abwechselnd aus der Sicht der drei Freunde erzählt, aber auch von Moritz‘ Mutter als Ich-Erzählerin. Auf diese Weise erreicht die Autorin, dass bestimmte Ereignisse aus unterschiedlichen Winkeln erzählt werden können, aber keine wichtigen Details verloren gehen. Bereits von Anfang an wusste ich als Leserin, dass es einen tiefen Schnitt in der Vergangenheit der Freundschaft gegeben hatte und wollte natürlich unbedingt erfahren, was damals geschehen ist. Mareike Fallwickl versorgt den Leser nach und nach in wohldosiertem Maß mit Wissen, um dieses große Geheimnis zu entschlüsseln.

Die Autorin kratzt an der Oberfläche der Fassade ihrer Figuren und lässt uns unter den Anschein von Freundschaft und Integrität schauen. Sie zeigt auf vielfache Weise, wie unsere Gefühle uns beherrschen und wie stark unser Sehnen nach Gesellschaft ist. Mit glasklarer Sprache hat Mareike Fallwickl ein begeisterndes Romandebüt geschrieben, das ich jedem gerne empfehlen möchte.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Ein ganz besonderes Leseerlebnis

0

Kurzmeinung:
Ein großartiges Buch. Einmal begonnen, entwickelt die Geschichte einen so starken Sog, dass ich es kaum noch aus der Hand legen konnte. Die Charaktere und die Handlung sind irgendwie erfrischend ...

Kurzmeinung:
Ein großartiges Buch. Einmal begonnen, entwickelt die Geschichte einen so starken Sog, dass ich es kaum noch aus der Hand legen konnte. Die Charaktere und die Handlung sind irgendwie erfrischend anders und das Buch hat mich an ganz unerwarteten Stellen gepackt und berührt. Die Sprache ist poetisch, aber auch klar und authentisch. Die Charaktere haben Tiefe, Ecken und Kanten und sind echt. Die Sätze sind voll Weisheit. Ich kann nur sagen: lest dieses Buch!

Meine Meinung:
Wow, was für ein Buch. Die Geschichte hat mich echt von der ersten Seite an gefesselt und mich nicht wieder losgelassen, bis ich das Buch zu Ende gelesen hatte. Eigentlich nicht mal dann.
Die einzelnen Charaktere sind wahnsinnig gut beschrieben. Sie sind speziell, haben Ecken und Kanten und wirken dadurch sehr echt und authentisch.
Da gibt es die zunächst die Mutter, Marie. Sie war der Charakter, der mir beim Lesen am nächsten war, was wahrscheinlich auch daran lag, dass nur ihre Abschnitte in der Ich-Perspektive geschrieben waren.
Dann gibt es noch den Sohn, den lieben, treuen Moritz. Manchmal wollte ich ihn aber auch einfach nur schütteln und seine Passivität hat mich öfters die Haare raufen lassen. Seine Entwicklung hat mir aber gut gefallen. Eine Besonderheit bei ihm ist außerdem, dass er Auren sehen kann. Das hat ihm und dem ganzen Buch eine ganz besondere, etwas mystische Note gegeben.
Und dann haben wir natürlich noch den charmanten, geheimnisvollen Raffael. Ein wirklich einzigartiger Charakter, der sehr viel in mir ausgelöst hat. Er ist nicht nur Draufgänger und Weiberheld, sondern auch ein natürlicher Anführertyp, der seine Macht genießt und sie gern dafür ausnutzt, andere Menschen zu manipulieren, sie bloßzustellen oder gegeneinander auszuspielen.
Und schließlich gibt es noch Johanna. Mit ihr hatte ich die größten Schwierigkeiten, weil sie große psychische Probleme hat und ihre Verletzungen und Verwundbarkeit sehr offen dargestellt werden. Das war teilweise schwer zu ertragen, wirkte aber im Gesamtbild des Romans stimmig.

Die Geschichte wird in mehreren Zeitebenen erzählt.
Der eine Teil der Handlung spielt im Jahr 2017. Moritz, Raffael und Johanna sind Erwachsen. Moritz wird bald Vater werden und ist mit sich und seinem Leben ganz glücklich. Bis plötzlich Raffael, den Moritz seit 16 Jahren nicht gesehen hat, an seine Tür klopft und sein Leben durcheinanderbringt und Erinnerungen ans Tageslicht bringt, die Moritz eigentlich gut vergraben hatte.
Der andere Handlungsstrang führt uns zurück in die Vergangenheit, in die Kindheit von Motz, Raf und Jo. Motz und Raf sind beste Freunde. Unzertrennlich. Allerdings sind sie ein sehr ungleiches Paar. Raf ist der unangefochtene Anführer, der Motz herausfordert, ihn dazu bringt Sachen zu tun, die er eigentlich nicht tun möchte. Und Motz gehorcht. Diese asymmetrische Freundschaft zu verfolgen ist sehr spannend. Beim Lesen hatte ich aber auch die ganze Zeit ein ungutes Gefühl, weil man ahnt, dass diese toxischen Beziehungen irgendwann zu einer Katastrophe führen wird.
Die Geschichte entwickelt eine ungeheure Sogkraft, die aber nicht künstlich durch Cliffhanger erzeugt wird, sondern die der Handlung selbst innewohnt. Ich wollte das Buch am liebsten nicht mehr aus der Hand legen und war völlig in den Bann gezogen von Marie, Motz, Raf und Jo.

Was mich neben den tollen und besonderen Charakteren und den unguten Gefühlen, die das Buch beim Lesen bei mir ausgelöst hat, noch sehr begeistern konnte, was die schöne Sprache. Manchmal war sie sehr poetisch, wunderschön und mit Sätzen, die man sich als Zitat an die Wand hängen wollte. Andererseits war sie aber auch sehr präzise und echt und klar.

Außerdem hat das Buch mich auch zur Selbstreflexion angeregt. Wie hätte ich wohl reagiert, wenn ich jemanden wie Raffael getroffen hätte?
Oder mit Moritz zusammen habe ich überlegt, ob ich eigentlich wirklich das Leben lebe, das ich will, oder ob ich nicht einfach oft die bequemste Option wähle.

"Was hat er alles nicht getan in den letzten Jahren? Wann hat er aufgehört, einen eigenen Weg zu gehen, und angefangen, durch vorgefertigte Bahnen zu schlurfen, sich auszuruhen in seiner Bequemlichkeit?"
Aus Dunkelgrün fast schwarz von Mareike Fallwickl, S. 130


Fazit:
Ich möchte "Dunkelgrün fast schwarz" von Mareike Fallwickl am liebsten allen empfehlen. Denn mich hat es absolut begeistert. Allerdings muss man wissen, dass es ein unbequemes Buch ist. Eins, das mich beim Lesen erschauern ließ mich mitgenommen hat und eine ganze Bandbreite an Gefühlen ausgelöst hat. Es ist wirklich eine besondere Geschichte, besondere Charaktere und eine besondere Sprache. Es ist kein Buch zum nebenher Lesen und rundum wohlfühlen. Aber wenn man sich auf die Geschichte einlässt, wird man mit einem außergewöhnlichen Leseerlebnis belohnt, dass einen so schnell nicht wieder loslässt