Cover-Bild Sommerkind
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20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Eichborn
  • Themenbereich: Biografien, Literatur, Literaturwissenschaft
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 224
  • Ersterscheinung: 24.04.2017
  • ISBN: 9783847906261
Monika Held

Sommerkind

Ein einsamer Junge auf einer Bank, seine Hand ruht auf einem Kleiderbündel - auf dem Grund eines Schwimmbads liegt ein Mädchen mit offenen Augen: Woher kommen plötzlich diese Erinnerungen? Die vierzigjährige Wissenschaftlerin Ragna fürchtet, verrückt zu werden. Denn die Bilder, die plötzlich in ihrem Kopf auftauchen, kann sie keiner Erinnerung zuordnen. Das Gedächtnis ist keine Bibliothek, man kann dort nicht stöbern wie nach einem verlegten Buch. Ganz langsam setzt sie Puzzleteil für Puzzleteil zusammen und macht sich auf die Suche nach dem - heute erwachsenen - Jungen auf der Bank und seiner Schwester, die nach dem Schwimmunfall zum Sommerkind wurde.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.07.2017

Herz-ergreifend

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Ragna, ca. 40-jährig, schaut auf den Strand, sieht Familien mit ihren Kindern, fröhliches Treiben, bunte Wasserbälle. Plötzlich wird dieses reale Bild für eine Sekunde überlagert von einer „Schwarz-Weiß-Aufnahme“ ...

Ragna, ca. 40-jährig, schaut auf den Strand, sieht Familien mit ihren Kindern, fröhliches Treiben, bunte Wasserbälle. Plötzlich wird dieses reale Bild für eine Sekunde überlagert von einer „Schwarz-Weiß-Aufnahme“ eines Erinnerungsfetzens, den sie ihrem Leben nicht zuordnen kann. Dieser kurze Moment einer Erinnerung lässt Ragna nicht mehr los und sie beginnt, sich auf die Suche zu machen. Was ist in der Vergangenheit geschehen, was hat das mit ihr selbst zu tun? Auf der Suche nach Erinnerung begegnet Ragna vielen Menschen, meist sind es spröde Begegnungen, sperrig ist die Reise zurück.
Wie gehen Menschen, insbesondere Kinder, mit erlittenem Leid um, mit der Schuldfrage, mit der Frage nach Sinn und der unendlichen Suche nach Liebe? Ich könnte mir vorstellen, dass je nach persönlichem Hintergrund jeder Leser eine andere Frage entdeckt, einen anderen Zugang zum Buch findet. Das Buch ist so reich – und es gibt auch Antworten, ganz leise, subtile Antworten.
Für mich ist dieses Buch ein Kleinod! Was für eine feine Sprache! Was für eine feine Beobachtung, in feine, zarte Worte gefasst. Die Autorin beschreibt mit dem „Bruegel-Blick“ - mit einer Liebe zum kleinsten Detail und mit Augen, die die gesehenen Bilder entweder zu Standbildern oder zu bewegten Bildern formen. Am liebsten würde ich Bild für Bild Wort für Wort wiedergeben, weil ich so verzaubert bin von der Wortmagie der Autorin. Verzaubert, ja, aber mehr noch er-griffen, gepackt von einer unendlich tiefen, namenlosen, sprachlosen Traurigkeit. Stumm geworden fühle ich mich von der Autorin unter Wasser gezogen. Tiefgang.
Was habe ich nicht alles aus diesem Buch gelernt. Geduld. Genaues Hinschauen.
Und selten habe ich so viel gegoogelt wie beim Lesen dieses Buches. Weder kannte ich die fulminanten, expressiven Bilder von Séraphine Louis noch so manche der angesprochenen Bücher. Mir war der amerikanische Fotograf Gregory Crewdson unbekannt. Entdeckung um Entdeckung machte ich. Und sehr viel nachgedacht habe ich… Ein Buch zum Wieder- und Wieder-Lesen.

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Veröffentlicht am 24.07.2017

Alles ist gut?

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Alles ist gut? Nein, manchmal gibt es diese Option nicht. „Kolja verzweifelte an den Sätzen, die mit begannen. Wenn wir das Haus nicht gebaut hätten…wenn wir den Teich nicht angelegt hätten…wenn wir den ...

Alles ist gut? Nein, manchmal gibt es diese Option nicht. „Kolja verzweifelte an den Sätzen, die mit begannen. Wenn wir das Haus nicht gebaut hätten…wenn wir den Teich nicht angelegt hätten…wenn wir den Hund nicht gekauft…wenn wir ihr beigebracht hätten, beim ersten Rufen zu kommen…wenn, wenn, wenn. Wenn das Kind schwimmen gelernt hätte, wäre es nicht ertrunken.“ S. 50 Koljas Schwester Malu konnte schwimmen, gut sogar. Trotzdem liegt auch sie in der Klink für Kinder mit Nerven- und Hirnschäden, viele davon lagen vorher im Wasser, oft in Gartenteichen. „Jetzt geh und schau, was du angerichtet hast.“ S. 5, das hört er von der Mutter, die ihn auf den Weg schickt, zur Schwester, in die Klinik. „Damals, sagte der Vater, als der Hund starb, hast du Rotz und Wasser geheult, warum keine Träne für Malu? Er [Kolja] wäre gerne windelweich geschlagen worden, aber ohne Schläge, dachte er, dürfe er nicht weinen, weil es für einen, der ein so großes Unglück angerichtet hatte, kein Recht auf Tränen gab.“ S. 6

Ich könnte über dieses Buch schreiben nur mit Zitaten, in der wunderbaren Sprache von Autorin Monika Held, die berührt, bewegt, Zusammenhänge erklärt, ohne damit alle Fragen zu beantworten. Es sind Fragen, die dieses Buch stellt, die sich seine Protagonisten stellen, für die es oft keine Antworten gibt, mindestens keine leichten, oft wirklich gar keine. Es ist nicht nur die Geschichte von Kolja und seiner kleinen Schwester, von der Familie, die überfordert ist. Es ist auch die Geschichte von Ragna, die sich nicht mehr erinnert, die von Max, die… Es ist eine Geschichte vom „Vielleicht“ und von der Geduld, vom „Heim-Weh“ und von Sehnsucht. Ohne kitschig zu werden, ist das Buch berührend, melancholisch. Bitterkeit tritt es mit Wut gegenüber, Zärtlichkeit, der Härte mit Weichheit. Dadurch ist es kein trauriges Buch, oft eher tröstend.

Die Menschen gehen unterschiedlich um mit ihrem jeweiligen Schicksal in diesem Buch; doch selbst dort, wo ich nicht im Ansatz mit ihrem Verhalten einverstanden bin, bleiben sie nachvollziehbar selbst in ihren Extremen, menschlich, individuell, situativ wie ihre Art der Bewältigung. Der Text lotet Fragen aus, wenn man möchte: Wie weit darf ich mit meinem Kummer gehen? Es ist MEIN Kummer – aber vielleicht bin ich auch Mutter, Vater, Partner. Was macht Leben aus? Was ist Heimat? Das Buch bietet fast immer alternative Verhaltensweisen, Reaktionen, Strategien – ein „Richtig“ oder „Falsch“ ergibt sich daraus nicht zwingend. Alles wird gut? Nicht notwendig. Aber doch möglicherweise, manchmal.

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Veröffentlicht am 24.07.2017

Kindheit

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Inhalt:
Kolja ist 15 Jahre alt als er und seine jüngere Schwester Malu eines abends (wie so oft im Sommer) zanken, ob sie lieber ins Meer oder ins Schwimmbad gehen wollen. Doch dieses Mal ist Kolja nicht ...

Inhalt:
Kolja ist 15 Jahre alt als er und seine jüngere Schwester Malu eines abends (wie so oft im Sommer) zanken, ob sie lieber ins Meer oder ins Schwimmbad gehen wollen. Doch dieses Mal ist Kolja nicht bereit Malu nachzugeben, setzt sich zum Meer und lässt sie alleine ins Schwimmbad laufen. Als ihm dann seine Schulkollegin Ragna Gesellschaft leistet, bemerkt sie, dass Malu schon viel zu lange alleine ist, beeilt sich zu dieser und zieht sie geistesgegenwertig auf dem Pool. Dieser Unfall verändert das Leben von Koljas Familie sowie auch vieler anderer Wegbegleiter viele lange Jahre darüber hinaus...

Schreibstil / Layout:
Die Geschichte ist in eher kurze Kapitel gegliedert, welche immer mal wieder wechselnd aus Koljas und Ragnas Sicht erzählt werden. Weiters springt man mit den Personen auch durch die Erzählzeiten, was aber ganz klar und nicht schwer zu erfassen ist.

Das Cover mit und ohne Schutzumschlag gefällt mir sehr gut und das Format und die Schriftgröße sind angenehm zu lesen. Das Werk ist mit seinen 222 Seiten doch eher handlich, hat aber fürs diesen Inhalt total gepasst.

Die Sprache ist an sich ziemlich leicht, obwohl auch immer wieder lyrische Teile eingestreut werden und auch das Thema alles andere als einfach ist. Für mich war die Art und Weise des Buches aber jedenfalls passend und hatte ich beim Lesen keinerlei Probleme.

Meine Meinung:
Anfangs habe ich mir ein wenig schwer getan in die Geschichte hineinzukommen. Es sind gerade zu Beginn doch sehr viele Fragen offen, die man als Leser erst einmal erfassen muss.

Ganz besonders gut an diesem Roman hat mir die Konstruktion und Zeichnung der Personen gefallen. Es häufen sich auch gerade aufgrund der Zeitsprünge doch einige Wegbegleiter an, die mir aber alle gut gefallen haben und sehr stimmig waren! Auch konnte ich diese immer ohne Probleme zuordnen.

Ferner mochte ich die Ausführungen zum Thema Erinnerungen, die über weite Teile des Buches immer wieder vorkommen gerne. Die Parallelen, die die Autorin hier zu Erkrankungen bzw. einfach nur Erklärungen, wie ein gesundes Gedächtnis funktioniert, gezogen hat, waren wirklich ganz schön und nachvollziehbar. Auch die offene Frage des Lebens "Unter welchen Voraussetzungen ist ein Leben lebenswert" wurde in diesem Buch einfühlsam behandelt. Beantworten kann sie natürlich aber auch die Autorin nicht.

Leider handelt es sich bei diesem Buch um ein offenes Ende und bei mir blieben auch ein paar Fragen ungeklärt. Das entspricht leider gar nicht meinem persönlichen Geschmack. Dies wäre sehr passend für einen Leser, der gern noch einige Zeit über das Gelesene sinniert.

Alles in allem habe ich das Buch sehr gern gelesen und finde das Thema wirklich wichtig und interessant. Ich war wirklich immer wieder positiv von der Umsetzung überrascht und finde den Stil der Autorin wirklich beeindruckend. Irgendetwas - ohne es genau definieren zu können - hat mir aber leider gefehlt und das Ende war einfach nicht nach meinem Geschmack. Deshalb bekommt es auch die positive Mittelbewertung von 3 Sternen.

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Veröffentlicht am 24.07.2017

Ein Kind, einsam, verzweifelt und voller Schuld

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Kolja lebt mit seiner Schwester Malu, seiner Mutter und seinem Vater in einem Haus nahe des Meeres. Am Strand gibt es auch ein Schwimmbad. Eines Abends besucht er mit seiner Schwester den Strand. Sie wollen ...

Kolja lebt mit seiner Schwester Malu, seiner Mutter und seinem Vater in einem Haus nahe des Meeres. Am Strand gibt es auch ein Schwimmbad. Eines Abends besucht er mit seiner Schwester den Strand. Sie wollen schwimmen gehen, können sich aber nicht einigen ob im abgeschlossenen Schwimmbad oder im Meer. Trotzig setzt sich Kolja auf eine Bank. Malu klettert über den Zaun ins Schwimmbad um zu schwimmen. Eine Weile sitzt Kolja auf der Bank, dann taucht Ragna auf. Ein Mädchen, dass er unglaublich gerne mag er schon ihr zu, wie sie eine Weile wie eine Meerjungfrau durch die Wellen taucht. Als sie rauskommt und den Kleiderstapel leben Kolja entdeckt fragt sie, wem er gehöre. Kolja erzählt, dass Malu im Schwimmbad schwimmen wollte. Wie lange das her sei fragt Ragna, Kolja weiß ich nicht. Fragt nach endlos und kann nur noch seine leblose Schwester aus dem Wasser ziehen. Als Malu mit dem Hubschrauber in eine Spezialklinik geflogen wird beginnt die tragische Geschichte eines verzweifelten Kindes.


Der Schreibstil in diesem Buch ist nicht gerade einfach, er passt sich wunderbar mit der Wortwahl und ich möchte schon fast sagen mit der Farbe der Sprache der Stimmung im Buch an. Man liest die Geschichte aus mehreren Betrachtungswinkeln. Nämlich aus der von Kolja und aus der Sicht von Ragna. Anfänglich ist es schwierig in das Buch zu finden, da es sehr verwirrend ist dass manche Gedankengänge, gerade die von Ragna für einzelne Sprünge machen. Die Darstellung und Umsetzung der einzelnen Charaktere finde ich sehr gut gelungen und ist sehr authentisch. Es ist schwierig, sich schnell eine Meinung zu bilden, wenn man aber das ganze Buch gelesen hat kann man sich nicht nur eine Meinung über die einzelnen Charaktere bilden, man hat sogar noch viel, viel Stoff zum Nachdenken. Gerade die Frage der Schuld und die Frage nach Lebensqualität im Wachkoma sind vorherrschend im Hauptteil des Buches. Es ist von der Umsetzung her wirklich gut gelungen.


So schnell werde ich dieses Buch nicht vergessen, ich habe noch sehr viel Stoff zum Nachdenken und kann dieses Buch wärmstens empfehlen. Ich habe zwar anfänglich Probleme gehabt, kann im Endeffekt aber nicht anderes als 5 von 5 Sternen zu vergeben, denn der Darstellung war der verwirrende Anfang notwendig und somit kann ich oder werde ich dafür keine Punkte abziehen.

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Veröffentlicht am 23.07.2017

Spröde

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Ragna ist eine erwachsene Frau und Wissenschaftlerin. Als sie eine vergessen geglaubte Erinnerung überfällt, macht sie sich auf, um herauszufinden, was aus den Personen geworden ist, die damals daran beteiligt ...

Ragna ist eine erwachsene Frau und Wissenschaftlerin. Als sie eine vergessen geglaubte Erinnerung überfällt, macht sie sich auf, um herauszufinden, was aus den Personen geworden ist, die damals daran beteiligt waren.
Es gab damals eine zarte Liebesbeziehung zwischen Ragna und Kolja. Während eines Treffens der beiden ist Koljas kleine Schwester Malu beim Schwimmen im Schwimmbecken verunglückt und beinahe ertrunken. Ragna hat sie aus dem Wasser gezogen. Seither liegt Malu im Wachkoma. Koljas Eltern gaben ihm vollständig die Schuld an dem Unglück und verpflichteten ihn dazu, sich zweimal in der Woche in die Klinik zu begeben, in der seine Schwester liegt, um mit ihr zu sprechen. Kolja kann mit diesen Begegnungen nur schlecht umgehen, doch er lernt dort Max kennen, der zu seinem besten Freund wird.
Beim Lesen lernt man viel über das Koma und was ein solches Unglück mit einer Familie machen kann. Die Autorin schreibt einen sehr klaren, poetischen Stil. Sie verwendet unglaublich viele Verweise auf Bücher oder Kunstwerke, die man entweder nicht versteht, weil es sich nicht um die Gängigen handelt, oder googeln muss. Ihre Sätze sind klar und eindeutig, die Rechtschreibung gelegentlich etwas eigenwillig. Die fehlende wörtliche Rede macht das Buch zudem etwas spröde.
Leider bleiben am Ende viele Fragen ungeklärt, sodass einem die Figuren noch lange im Kopf herumspuken. Besonders das Schicksal Koljas, der von seinen Eltern zum Schuldigen abgestempelt wurde und nun lange braucht, um sein Leben in den Griff zu bekommen, hat mich sehr bewegt.