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Veröffentlicht am 16.12.2018

Was geschah in Lynybrook Hall?

Das Herrenhaus im Moor
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2017 Deutschland. Laura und Frank sind ein glückliches Paar, bis Frank nach einem Streit bei einem Autounfall stirbt. Laura ist von Schuldgefühlen geplagt und findet bei der Durchsicht von Franks Sachen ...

2017 Deutschland. Laura und Frank sind ein glückliches Paar, bis Frank nach einem Streit bei einem Autounfall stirbt. Laura ist von Schuldgefühlen geplagt und findet bei der Durchsicht von Franks Sachen einen alten Brief, der sie stutzig macht. Im dem Brief erhält Frank eine Warnung, dass ihm jemand auf die Spur gekommen ist in Bezug auf das alte Herrenhaus Lynybrook Hall. Laura kann mit dem Brief nicht viel anfangen, aber sie ist überzeugt davon, dass Frank keines natürlichen Todes gestorben ist, denn sie hatte kurz vor dem Unfall noch jemanden an Franks Wagen bemerkt und konnte es ihm nicht mehr sagen. Da die Polizei keinerlei Anstalten macht, Lauras Hinweisen zu folgen, reist diese selbst ins englische Devon, um dort Franks Geheimnis auf die Spur zu kommen, von dem sie bisher nie erfahren hat…
Felicity Whitmore hat mit ihrem Buch „Das Herrenhaus im Moor“ einen sehr packenden, etwas düsteren teils historischen Roman über ein altes Familiengeheimnis vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und atmosphärisch dicht, der Leser klebt regelrecht an den Seiten und versinkt in ihnen, bis das Geheimnis mit den finalen Seiten endlich gelöst ist. Die Autorin hat ihre Handlung auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen angesiedelt, wobei die erste in der Gegenwart stattfindet und Lauras Reise nach England und ihre Nachforschungen beschreibt, während die zweite Ebene die Vergangenheit Ende des 19. Jahrhunderts darstellt und die Vorkommnisse mit dem alten Herrenhaus Lynybrook Hall als Schauplatz und Lady Victoria als Hauptprotagonistin schildert. Durch die wechselnden Perspektiven erhält der Leser nicht nur einen wunderbaren Rundumblick über die Gesamthandlung, sondern sie steigern auch die Spannung immer weiter in die Höhe und lassen Gänsehautfeeling aufkommen. Die Autorin hat sehr gut recherchiert und den ernsten historischen Hintergrund mit ihrer Geschichte wunderbar verwoben. Die damalige Vorgehensweise, unerwünschte Personen zu entmündigen und in eine Anstalt einweisen zu lassen, lässt einen ungläubig den Kopf schütteln. Die in der Einrichtung angewandten Methoden, die Patienten ruhig und gefügig zu halten, verursacht Schauer und ein unangenehmes Kribbeln im Magen. Vor allem ist es zwar kaum zu glauben, wie leicht es damals war, so eine unbequeme Person aus dem Weg zu räumen und diese noch nicht einmal etwas dagegen unternehmen konnte, aber leider die traurige Wahrheit. Die Beschreibungen der Örtlichkeiten sind sehr bildhaft und lassen die Landschaft sowie das alte Herrenhaus vor dem inneren Auge des Lesers regelrecht wieder auferstehen.
Die Charaktere sind sehr detailliert und liebevoll ausgestaltet und mit individuellen Eigenschaften versehen. Sie wirken durchweg realistisch und zeitgemäß authentisch. Durch das geschickte Händchen der Autorin für ihre Protagonisten kann sich der Leser nie sicher sein, wer Gutes oder Böses im Schilde führt. Erst nach und nach werden deren weitere Attribute offen gelegt und machen dem Leser die Entscheidung leichter. Laura ist eine freundliche Frau, die seit dem Tod ihres Mannes unter Schuldgefühlen leidet. Zusätzlich muss sie feststellen, wie wenig sie eigentlich von ihm wusste. Laura wirkt manchmal etwas naiv und zu gutmütig, sie lässt sich schnell beeindrucken. Doch sie hat auch eine hartnäckige und zähe Seite, die sie stark und mutig wirken lässt. Victoria hat ihren eigenen Kopf und lässt sich durch Konventionen nicht von ihrem Weg und ihrer Meinung abbringen. Dies bringt sie allerdings in größte Schwierigkeiten und lässt sie großes Leid erfahren. Richard ist ein Ungeheuer, wie man es sich schlimmer nicht vorstellen kann. Um seine Ziele zu erreichen, geht er wortwörtlich über Leichen. Die übrigen Protagonisten geben der Handlung einen wunderbar düsteren Rahmen und verleihen ihr zusätzliche Spannung.
„Das Herrenhaus im Moor“ ist ein wunderbar atmosphärisch dichter spannender Roman über ein gut gehütetes Familiengeheimnis mit vielen Lügen und Intrigen, das aufgedeckt werden will. Verdiente Leseempfehlung für ein Jahreshighlight – unbedingt lesen!!!

Veröffentlicht am 16.12.2018

Dem Dieb auf der Spur

Das Gold der Fugger
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16. Jhr. Augsburg. Agnes ist die Tochter eines Fuhrwerkers. Ihr Vater diente lange der Familie Fugger und sie konnten sich stets auf ihn verlassen. Doch dann fehlt Gold, und ausgerechnet ihm wird der Diebstahl ...

16. Jhr. Augsburg. Agnes ist die Tochter eines Fuhrwerkers. Ihr Vater diente lange der Familie Fugger und sie konnten sich stets auf ihn verlassen. Doch dann fehlt Gold, und ausgerechnet ihm wird der Diebstahl angelastet. Die Beweisführung ist recht kläglich, aber das Wort des Patriziers Georg Sultzer hat mehr Gewicht als das eines einfachen Arbeiters, so wird Agnes Vater zum Tod auf dem Schindanger verurteilt und hingerichtet. Agnes kann nicht glauben, dass ihr Vater den Diebstahl begangen hat und will unbedingt herausfinden, wer das Gold wirklich gestohlen hat. So begibt sie sich auf Spurensuche und schließt sich mit Unterstützung von Hannes, einem Fuhrwerker, einem Zug nach Prag an. Die Reise ist nicht nur lang, sondern auch voller Gefahren, denen sich Agnes aussetzt. Wird sie den Dieb ausfindig machen und den Ruf ihres Vaters wiederherstellen können?
Peter Dempf hat mit seinem Buch „Das Gold der Fugger“ einen packenden unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und erzählt so fesselnd, so dass der Leser sich mit den ersten Seiten bereits in einem anderen Jahrhundert befindet und sich gemeinsam mit Agnes auf eine gefährliche Reise mit unbekanntem Ausgang begibt, wobei es einiges zu erleben gilt. Der Autor hat sehr gut recherchiert und seiner Handlung einen sehr interessanten Hintergrund gegeben. Eindrucksvoll informiert er den Leser über den damaligen Beruf des Fuhrwerkers, der mit vielen Strapazen, instabilem Fuhrwerk und gefährlichen Wegabschnitten sowie unvorhersehbaren Zwischenfällen zu kämpfen hatte, um kostbare Waren von einem Ort zum anderen zu schaffen. Kein Vergleich zum heutigen LKW-Fahrer, der ein vollfunktionsfähiges und fast automatisches Fahrzeug sein Arbeitsmittel nennen darf und der die zurückzulegende Strecke in einem Bruchteil der Zeit hinter sich bringt, als die Fuhrwerker damals. Ebenfalls zu erwähnen sind die farbenprächtigen Landschaftsbeschreibungen, die den Leser ein gutes Kopfkino bescheren und die beschwerliche Reise hautnah miterleben lassen. Die Spannung wird recht schnell aufgebaut und steigert sich während des Handlungsverlaufs immer weiter in die Höhe.
Die Charaktere sind detailliert ausstaffiert und mit den nötigen Ecken und Kanten versehen. Sie wirken authentisch und individuell, passen gut zu der dargestellten Handlung. Da finden sich raue Gesellen, die ihrer harten körperlichen Arbeit nachgehen und aus einfachen Verhältnissen kommen, sich und ihre Familien ernähren müssen. Komplett gegensätzlich dazu die vornehmen Patrizier in feinem Tuch, die sich nicht die Hände schmutzig machen und es genießen, ihre politische sowie gesellschaftliche Macht auszuüben und sich über das gemeine Volk zu stellen. Anne ist eine mutige Frau, die aus einfachen Verhältnissen stammt. Sie ist ehrlich und offen, kann Ungerechtigkeit nicht ausstehen und versucht hartnäckig, die Unschuld ihres Vaters zu beweisen, was sich oftmals als recht gefährlich erweist. Auch die weiteren Protagonisten fügen sich wunderbar und glaubhaft in die Handlung ein und wissen durch ihre Taten zu überzeugen.
„Das Gold der Fugger“ ist ein spannender und abenteuerlicher historischer Roman, der den Leser in eine vergangene Zeit eintauchen lässt, um hautnah an einer aufregenden Reise teilzunehmen. Verdiente Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 16.12.2018

Die Trennung der Schwestern

Die Villa an der Elbe
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1900. Die 17-jährige Helena van der Haard und ihre 12-jährige Schwester Anni sind mit ihren Eltern und deren Entourage auf dem Kreuzfahrtschiff „Kaiser Wilhelm der Große“ auf dem Weg nach New York. Noch ...

1900. Die 17-jährige Helena van der Haard und ihre 12-jährige Schwester Anni sind mit ihren Eltern und deren Entourage auf dem Kreuzfahrtschiff „Kaiser Wilhelm der Große“ auf dem Weg nach New York. Noch auf der Überfahrt soll die Verlobung zwischen Helena und dem Reedersohn Gustav Clausen gefeiert werden. Da bricht im New Yorker Hafen Hoboken ein Großfeuer aus, das sich so schnell ausbreitet und das auch viele Schiffe zerstört, wobei viele Menschen ihr Leben lassen oder als vermisst gelten. Helena und ihr Dienstmädchen Clara gehören ebenso unter die Vermissten. Die Familie ist verstört und tritt die Heimreise nach Hamburg an, weil sie fest vom Tod der Tochter überzeugt sind. Einzig Anni hält an ihrem Glauben fest, dass ihre Schwester noch lebt. Jahre später sieht Anni in einer Zeitung das Foto einer Frau, die ihrer Schwester zum Verwechseln ähnlich sieht, allerdings hat sie einen anderen Namen. Ist es wirklich Helena, oder ist es nur eine Täuschung?
Linda Belago hat mit ihrem Buch „Die Villa an der Elbe“ einen spannenden, bildhaften und unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und fesselt von Beginn an, der Leser verliert sich schnell in den Seiten und darf einer durchaus packenden Geschichte folgen. Die Autorin erzählt ihre Handlung in zwei verschiedenen Zeitebenen, wobei die eine die Vergangenheit mit den Ereignissen um 1900 mit Anni und Helena wieder aufleben lässt, die andere zieht einen Bogen in die Gegenwart ins Jahr 2017, wo die Erben Amely und Jonas jeweils unabhängig auf die alte Geschichte ihrer Vorfahren stoßen. Durch die abwechselnden Perspektivwechsel bleibt die Handlung lebendig und spannend. Der historische Hintergrund wurde ebenfalls gut mit der Handlung verwoben. Allerdings ist der Buchtitel irreführend, denn die Villa selbst kommt kaum in der Geschichte vor. Ebenso vermisst man als Leser eine etwas weitergehende Ausführung der gegenwärtigen Ereignisse, die doch ziemlich simple ihren Ausklang finden.
Die Charaktere wurden von der Autorin dem Zeitgeist entsprechend ausgearbeitet und mit Leben versehen. Sie alle besitzen ihre individuellen Eigenheiten, die es dem Leser leicht machen, seine Sympathien zu verteilen und sich in sie hineinzuversetzen. Helene ist eine mutige und starke Persönlichkeit. Mit dem goldenen Löffel im Mund aufgewachsen, scheut sie kein Risiko, um sich von fremden Erwartungen zu befreien und sich mit eigenen Händen ein neues Leben aufzubauen, auch wenn das bedeutet, ganz unten anzufangen, was ihr nicht leichtgefallen sein dürfte zur damaligen Zeit, denn sie hatte keine Hilfe zu erwarten von Vertrauten oder engen Freunden. Anni ist eine recht zwiegespaltene Frau. Einerseits wirkt sie manchmal oberflächlich, doch insgeheim sehnt sie sich nach ihrer Schwester und hat das Unglück noch immer nicht verdaut. Jonas fällt die Bürde zu, den alten verschuldeten Familienbetrieb zu übernehmen, dem nur noch ein Geldsegen helfen könnte. Amely braucht ebenfalls das nötige Kapital, um sich selbständig zu machen und hofft auf die erforschte Geldquelle. Sowohl Jonas als auch Amely denken hauptsächlich an das Erbe ihrer Vorfahren, was nicht gerade sympathisch wirkt. Ein Showdown zwischen den beiden wäre wünschenswert gewesen, was hier eindeutig ein Manko darstellt.
„Die Villa an der Elbe“ verwirrt mit seinem Titel, denn die Geschichte hat damit nicht viel zu tun. Trotzdem erzählt Linda Belago eine unterhaltsame Familiengeschichte über zwei Handlungsstränge, die dem Leser kurzweilige Lesestunden beschert und damit eine Leseempfehlung verdient hat.

Veröffentlicht am 15.12.2018

Diese Frau kann nichts erschüttern

Die Sehnsucht der Albatrosse
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1904 San Francisco. Sarah Tanner stammt aus einer reichen Familie und feiert unter dem Namen Emilia Rossi als Opernsängerin große Erfolge. Das Doppelleben macht ihr ebenso zu schaffen wie die Beziehung ...

1904 San Francisco. Sarah Tanner stammt aus einer reichen Familie und feiert unter dem Namen Emilia Rossi als Opernsängerin große Erfolge. Das Doppelleben macht ihr ebenso zu schaffen wie die Beziehung zu ihrer Mutter und die Probleme, die ihre Stimme ihr in der letzten Zeit bereiten. Um sich etwas Ruhe zu gönnen, möchte Sarah eine Seereise nach Hawaii antreten und lässt ihre 18-jährige Tochter Anne bei ihrer Mutter zurück. Auf hoher See gerät das Schiff in einen Sturm und nur mit viel Glück wird Sarah von der Crew des Robbenfängers „Victoria“ gerettet, deren Kapitän Sarahs Jugendliebe John Brandon ist, den sie allerdings nicht erkennt. John hingegen weiß genau, wen er vor sich hat. Die „Victoria“ nimmt Kurs aufs Eismeer und Sarah ist monatelang als einzige Frau unter Männern wohl oder übel mit von der Partie. Dabei macht der harte Alltag auf See auch vor Sarah nicht halt. Als sie John endlich erkennt, hält er dem Vergleich zu früher nicht mehr stand. Aber auch die rauen Sitten auf See machen Sarah zu schaffen. Einzig der Matrose Peer Svensson ist für sie ein Lichtblick auf hoher See…
Karin Seemayer hat mit ihrem Buch „Die Sehnsucht der Albatrosse“ einen wunderbaren gefühlvollen historischen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur mit einem flüssigen, lebhaften und bildgewaltigen Schreibstil verführt, sondern auch ins 19. Jahrhundert zurückversetzt. Durch die bildhafte Sprache gelingt es der Autorin wunderbar, den Leser an Sarahs Seite zu stellen, um ihm gleichzeitig die salzige Meeresluft, die starken Winde und die damaligen Sitten und Gebräuche an Bord eines Robbenfängers miterleben zu lassen. Der Schreibstil ist so einnehmend, dass der Leser das Buch kaum aus der Hand legen kann. Als Sarahs Schatten erlebt er aus erster Hand, wie hart das Schiffsleben ist und wie sich Sarah als einzige Frau unter all den Männern durchschlagen muss, hat sie doch keine andere Wahl, als die Situation so hinzunehmen und das Beste daraus zu machen. Sarahs Gedanken und Gefühle liegen wie ein offenes Buch vor dem Leser und lassen ihn Verständnis dafür aufbringen, dass es ihr so schwer fällt, sich zurückzunehmen oder unterzuordnen. Der Spannungsbogen ist erst gemächlich angelegt, steigert sich während der Handlung aber immer weiter in die Höhe. Durch geschickte Wendungen gelingt es der Autorin, den Leser immer wieder neu für die Geschichte zu faszinieren. Auch die Ausstattung des Buches muss erwähnt werden, denn das Glossar erleichtert dem seeunkundigen Leser das Verständnis für die nautischen Begriffe, ebenso helfen die Anmerkungen der Autorin zum historischen Hintergrund, sich besser in die damalige Zeit einzufühlen.
Die Charaktere sind wunderbar und detailliert ausgearbeitet, sie alle besitzen individuelle Ecken und Kanten, was sie so authentisch und lebensecht macht. Der Leser kann seine Sympathien gleichmäßig verteilen und sich in sie hineinfühlen, mit ihnen fiebern und bangen. Sarah ist eine recht starke, emanzipierte und selbstbewusste Frau. Sie wurde früh Witwe und begann ihre Karriere als Opernsängerin erst nach dem Tod ihres Mannes. Sarah ist eine Verfechterin des Frauenwahlrechtes und Tochter Anne ist ihr Ein und alles. Sie gibt nicht so schnell auf und krempelt die Ärmel hoch. Auf der Reise lernt sie so einiges über sich selbst. Kapitän Brandon ist ein undurchsichtiger Mann, der es gewohnt ist, das Wort zu führen. Er wirkt geheimnisvoll und manche seiner Handlungen sind erst auf dem zweiten Blick verständlich. Peer ist ein hilfsbereiter Mann, der andere unterstützt und sich sehr gut in Nautik auskennt. Er ist offen und ehrlich und scheut sich nicht, seine Meinung zu sagen, was ihn nicht bei allen beliebt macht. Aber auch die übrigen Protagonisten wie der Gus, Anderson oder Willi tragen mit ihrem Auftreten zur Spannung der Handlung bei.
„Die Sehnsucht der Albatrosse“ ist ein durch und durch gelungener historischer Roman, der den Leser auf eine Achterbahn der Gefühle schickt und ein Abenteuer in einer anderen Zeit erleben lässt. Die Leseempfehlung ist mehr als verdient, denn das hier ist großes Kino!

Veröffentlicht am 15.12.2018

Mit Foodtruck zu neuen Ufern

Einmal Liebe zum Mitnehmen
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Die fast Dreißigerin Lily ist die begnadete Chefköchin eines Münchner Luxushotels, die ihre Gäste mit ausgefallenen Events und exklusiven Speisen bei Laune hält. Freund Torsten ist zwar verheiratet und ...

Die fast Dreißigerin Lily ist die begnadete Chefköchin eines Münchner Luxushotels, die ihre Gäste mit ausgefallenen Events und exklusiven Speisen bei Laune hält. Freund Torsten ist zwar verheiratet und gleichzeitig einer der Hotelchefs, doch mit ihm scheint sie neben dem beruflichen Erfolg ihr privates Glück gefunden zu haben. Umso schlimmer, als Lily einen Tag nach einem Megaevent die Kündigung aufgrund von Fehlverhalten bekommt und Torsten sie auch noch fallen lässt. Tief verletzt lässt Lily München hinter sich und reist zu ihrer Familie, die allerdings auch nichts anderes zu tun hat, als ihr ständig in die Parade zu fahren und sie am liebsten als Leihmutter an einen abgehalfterten Herzog verschachern würde. Da wird es Lily zu bunt und besucht ihren Vater in Irland, wo sie ihre Wunden lecken kann und sich mit einem eigenen Foodtruck wieder ins Arbeitsleben zurückkämpft, wobei auch ihr Hobby Surfen nicht zu kurz kommt. Ihr köstliches Essen ist bald in aller Munde, so dass auch Collum Sullivan dem nicht wiederstehen kann. Oder ist es etwa die Köchin, die ihm nicht aus dem Kopf geht?
Frieda Bergmann hat mit ihrem Buch „Einmal Liebe zum Mitnehmen“ einen sehr unterhaltsamen und gefühlvollen Roman vorgelegt, der den Leser von der ersten Seite an in die Handlung hineinzieht, wo er an der Seite von Lily so einige Höhen und Tiefen erlebt, aber auch eine emotionale Reise mitmacht, die an die schönsten Plätze Irlands führt. Der Schreibstil ist locker-flockig und gleichzeitig bildhaft, die irischen Schauplätze werden ebenso farbenprächtig geschildert wie der Event zu Beginn des Buches. Der Leser hat ein schönes Kopfkino und kann sich alles wunderbar vorstellen. Die Autorin lässt den Leser hautnah an Lilys Seite gleiten und sie von Grund auf kennenlernen. Dabei bleiben ihre Gefühle und Gedanken ebenso wenig verborgen wie ihre Eigenheiten, mit sich selbst oder Toten zu sprechen, sich in Selbstzweifeln zu ergehen, aber ihre Zähigkeit und Schlagfertigkeit zu bewundern, mit der sie sich durch ihre engste unangenehme Verwandtschaft kämpft und ihren Gegnern Paroli bietet.
Die Charaktere sind sehr lebensecht und detailliert ausgearbeitet, so dass sie realitätsnah und authentisch wirken. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen, mit ihnen fühlen, leiden und sich ihnen nah fühlen. Lily ist eine ehrgeizige und resolute Frau, die genau weiß, was sie will. Als Chefin einer Küchencrew muss sie einen harten Kurs fahren, der nicht jedem gefällt und ihr zum Verhängnis wird. Sie liebt das Kochen und ihre Gäste zu verwöhnen, gleichzeitig ist sie durch den Jobverlust verunsichert und innerlich gekränkt, da sie sich angegriffen fühlt. Das macht sich in ihren schnellen und explosiven Ausbrüchen bemerkbar. Collum ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, der sich zwar immer mit einer neuen Dame an seiner Seite zeigt, sich aber nicht binden will. Er ist einfühlsam, offen und freundlich, und bleibt auch bei Konflikten eher sachlich, als sich aus der Reserve zu locken. Lilys Vater Nial ist ein feiner Kerl, der seine Tochter unterstützt, während der Rest ihrer Familie leider nur Snobs und Egoisten sind, die Lily auf jede nur mögliche Art unterbuttern oder rumkommandieren wollen.
„Einmal Liebe zum Mitnehmen“ bezieht sich nicht nur auf Lilys Foodtruck-Menüs, sondern ist ein Roman, der sich mit Verlustängsten und der Suche nach dem wahren Glück beschäftigt. Beschwingt und unterhaltsam erzählt, schenkt er dem Leser kurzweilige Lesestunden mit tollen Bildern. Eine verdiente Leseempfehlung!