Gelesen als eBook
Die Erben der AscheAh … schwierig – von der Idee über den Stil bis hin zu der detailreichen Ausarbeitung der einzelnen Protagonisten fand ich „𝐃𝐢𝐞 𝐄𝐫𝐛𝐞𝐧 𝐝𝐞𝐫 𝐀𝐬𝐜𝐡𝐞“ echt klasse. Doch fehlte es mir persönlich an Mehr – vor ...
Ah … schwierig – von der Idee über den Stil bis hin zu der detailreichen Ausarbeitung der einzelnen Protagonisten fand ich „𝐃𝐢𝐞 𝐄𝐫𝐛𝐞𝐧 𝐝𝐞𝐫 𝐀𝐬𝐜𝐡𝐞“ echt klasse. Doch fehlte es mir persönlich an Mehr – vor allem in den ersten 60 % hätte ich mir mehr Spannung, Tempo und stellenweise auch mehr signifikante Ereignisse erhofft. Dementsprechend kam es mir öfter so vor, als dehnten sich die 583 eBook-Seiten immer weiter aus, statt weniger zu werden. Ein weiterer Kritikpunkt ist das flotte Ende, das konträr zu der slowen Reise steht, und das Fehlen von Kapitelüberschriften bzw. jenen Namen, von dessen Gedanken wir gerade Teil sind.
Denn erzählt wird aus vier Perspektiven: Azran und Morrow, die sich hinter der Mauer, an einem Ort, der die Stadt gegen mysteriöse Monster verteidigt, kennenlernen – aus Rivalen werden Verbündete und Liebende. Außerdem begleiten wir den vor seiner Bürde flüchtenden Dian und den tierfreundlichen Assassinen Kemlen. Auch das erste Aufeinandertreffen dieser beiden stand unter einem – mehr oder weniger – schicksalhaften Stern und machte aus einem Mörder und dessen Auftrag nicht nur Weggefährten und Freunde …
Während wir einiges über diese unterschiedlichen Figuren, ihre individuellen Geschichten, inneren Blessuren und gegenwärtigen Situationen erfahren, ihren Weg verfolgen, gerät etwas in Schieflage: Laut einer Prophezeiung des – niemals fälschlich sprechenden – Orakels bleiben der Menschheit und der Welt, wie sie im Jetzt besteht, nur noch 592 Schimmer – kein ganzes Jahr mehr, bevor sie untergeht. …
Wie würdest du die letzten Monate deines Lebens verbringen?
Wahrscheinlich nicht hinter Gittern, auf der riskanten Jagd nach Killcounts, nicht in den Fängen von Fanatikern, mit Angst in jeder Faser, nicht als Werkzeug, mit blutgetränkten Händen.
Auf der Suche nach Antworten, die das Volk weder von dem Ersten Morgen noch von anderen Obrigkeiten oder irgendwelchen Historikern erhielt, nach Lösungen, Freiheit (…) kommen die – nicht ganz freiwillig gebildeten – Zweierteams Geheimnissen nahe, finden Gefahren, stolpern von Hoffnungslosigkeit in Schwärze – auch in die eigene …
~ 𝗔𝗹𝗹𝗲 𝗠𝗲𝗻𝘀𝗰𝗵𝗲𝗻 𝘀𝗶𝗻𝗱 𝗴𝗲𝗳𝗮𝗲𝗵𝗿𝗹𝗶𝗰𝗵. 𝗘𝘀 𝗶𝘀𝘁 𝗻𝘂𝗿 𝗲𝗶𝗻𝗲 𝗙𝗿𝗮𝗴𝗲 𝗱𝗲𝗿 𝗨𝗺𝘀𝘁𝗮𝗲𝗻𝗱𝗲. ~
Dieser High-Fantasy-Roman war mein erstes Buch von Gabriella Queen – stilistisch fand ich Ton und Formulierungen sehr passend, das Setting kam vorstellbar zur Geltung und auch die bedrückende, ausweglose Stimmung lastet, entsprechend der Umstände, schwer auf dem Geschehen. Hierarchien und Gegebenheiten kristallisieren sich im Verlauf greifbar heraus, genau wie die Facetten und Intentionen der Charaktere. Queens Figurenausarbeitung, die (inneren) Konflikte und Motivationen, ihre Hintergründe sorgen dafür, dass Leser:innen sie trotz moralischer Fragwürdigkeit verstehen und mitfühlen können.
Wenn Morrow auch schwerer zu greifen war als die anderen, generiert die Autorin mit diesem – körperlich überlegenen – Mann durchweg Interesse und Neugier, genau wie mit Kemlen, der erst später seine eigenen Wahrheiten findet. Azran und Dian sind die treibenden Kräfte, die uns hauptsächlich mit Informationen versorgen und durch die Story tragen.
Wie erwähnt fehlte es mir großflächig an Spannung und Catch-Moments, dabei bietet die Handlung interessante Entwicklungen, Mysterien und reichlich Gefühl. Auch die eine oder andere Nebenfigur ist dem Gesamtpaket und dem Vorankommen zuträglich, genau wie Verluste und der hier und da mitschwingende Humor. Zwar verzichtet die Autorin nicht auf romantische Empfindungen und Intimitäten, jedoch sind diese passend dosiert und übertünchen zu keiner Zeit den über allem schwelenden Untergang … Apropos Zeit: Erklärungen zu Queens Zeitrechnung finden sich zu Beginn.
Sowohl die Zusammenführung der Paare als auch das Ende selbst hätte ich mir aufregender, spektakulärer gewünscht, doch letztlich ist „Die Erben der Asche“ eine gelungene, logisch ausgearbeitete High-Fantasy-Geschichte, die trotz kleiner Kritikpunkte überzeugen konnte.