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Veröffentlicht am 11.03.2022

Bridgerton-Liebe

Bridgerton - Mitternachtsdiamanten
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Meine geliebte Bridgerton-Reihe aus der Feder von Bestsellerautorin Julia Quinn neigt sich leider langsam dem Ende zu. Noch möchte ich gar nicht daran denken, dass ich mich von den mir so liebgewonnenen ...

Meine geliebte Bridgerton-Reihe aus der Feder von Bestsellerautorin Julia Quinn neigt sich leider langsam dem Ende zu. Noch möchte ich gar nicht daran denken, dass ich mich von den mir so liebgewonnenen Figuren bald verabschieden muss, seufz! Im vorliegenden Band 7 erleben wir, wie die jüngste Tochter der sympathischen Großfamilie, die scharfsinnige, schlagfertige Hyacinth, sich amüsante Wortgefechte mit dem attraktiven Enkel der allseits verehrten wie gefürchteten Lady Danbury liefert und dabei feststellt, dass Gareth St. Clair von ihrer undiplomatisch-ehrlichen, äußerst direkten Art keinesfalls eingeschüchtert zu sein scheint. Mein Romantikerherz hoffte auf viel Herzklopfen und eine interessante Annäherung der beiden Hauptfiguren, und genau das habe ich bekommen.

In meinen Augen ist dies mit Abstand der bisher humorvollste Band der Reihe; eventuell hat die Autorin gespürt, dass ihre Leser:innen sich nach der recht ernsten Thematik des Vorgängerbandes ("Ein hinreißend verruchter Gentleman") um die früh verwitwete Francesca nach mehr Frohmut und Leichtigkeit sehnten. Was habe ich gelacht über die flotten Dialoge, speziell die bärbeißigen Kommentare von Lady Danbury, Gareths Verzweiflung angesichts Hyacinths Sturheit und vor allem die Wiedersehensszene mit Anthony Bridgerton, dem ältesten Bridgerton-Nachkömmling, der in vielerlei Hinsicht die Rolle des Familienoberhauptes hatte einnehmen müssen – einfach köstlich!

Prunkvolle Bälle gab es kaum, kein nervenaufreibendes Duell und deutlich weniger Raffinesse in Sachen Kuppelei, dafür aber ein spannendes Rätsel um Gareths wahre Herkunft und ein geheimnisvolles italienisches Tagebuch. Hyacinth ist Feuer und Flamme, als Mr. St. Clair ausgerechnet sie um Hilfe bittet, schließlich liebt alles Rätselhafte und kniffelige Aufgaben; zudem sehnt sie sich nach Ablenkung von einer bisher langweiligen (und, zum Leidwesen ihrer Frau Mama, ohne Heiratsantrag zu verbuchenden) Saison. Allerdings beschäftigt sie bald nicht nur die Aufgabe, das Versteck eines mysteriösen Diamantenarmbandes aufzuspüren, sondern auch die Tatsache, dass ihr währenddessen bewusst wird, welchen Mann sie gerne heiraten würde. Doch wie soll sie ihn dazu bewegen, ihr einen Antrag zu machen, ohne ihm nachzulaufen und dabei womöglich verzweifelt zu wirken? Könnte sie mit seiner Ablehnung leben? Und sind seine Motive wirklich ehrenhaft oder sollte sie ihr Herz besser festhalten?

Hyacinths Reaktion in einer gewissen Situation hat mich ziemlich überrascht – weder positiv noch negativ, ich war schlichtweg verblüfft, da ich sie aufgrund ihrer Erziehung und basierend auf den Moralvorstellungen ihrer Zeit diesbezüglich völlig anders, viel zurückhaltender eingeschätzt hätte.

In der aktuellen Staffel der gleichnamigen Netflixserie ist Hyacinth noch ein kleines Mädchen, deshalb hat es kurz gedauert, bis ich dieses Bild aus meinem Kopf verbannt hatte, immerhin beginnt die Handlung, als sie bereits zweiundzwanzig Jahre alt ist. Sie ist ein sehr eigenwilliger Charakter, liebevoll-rechthaberisch, nicht gerade für ihre Subtilität bekannt und in ihrem gesamten Wesen eine Mini-Ausgabe von Lady Danbury. Kein Wunder, dass Gareth in Bezug auf ihre Wortwahl mehrfach belustigt anmerkt, dass sie beinahe wie seine Großmutter klingt – was Hyacinth als großes Kompliment wertet.

Gareths innerer Konflikt und die Abneigung seinem Vater gegenüber sind unheimlich glaubwürdig und realistisch ausgearbeitet worden, ich habe jedes Wort davon gefühlt. Hinsichtlich einer bestimmten Entwicklung erschien er mir kurzzeitig etwas rücksichtslos, wobei ich seine Motivation nachvollziehen konnte.

Mama Bridgerton ist herzig wie eh und je, ich liebe die tiefgründigen Gespräche, die sie immer mit ihren Kindern führt. So eine herzensgute, verständnisvolle Mutter kann man sich nur wünschen. Auch die scheinbar unnahbare Lady Danbury hätte ich knuddeln können - ich kann ihr vorgetäuscht-genervtes "Pah!" förmlich in meinen Ohren hören und hüpfe schnell zur Seite, damit sie mich nicht mit ihrem Gehstock erwischt!

Fazit: Ich habe die Geschichte von Anfang bis Ende geliebt! Eine begeisterte Leseempfehlung für alle Bridgerton-Fans und Leser:innen von Regencyromanen!

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Veröffentlicht am 10.03.2022

Toxisch dominanter männlicher Protagonist

My Wish - Strahle wie die Sonne
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Auf den 2. Band der Wish-Reihe aus der Feder von Autorin Audrey Carlan war ich unheimlich gespannt, denn die weibliche Hauptfigur Evie - erfolgreiche Geschäftsfrau, rational, zuverlässig, klug, familienorientiert ...

Auf den 2. Band der Wish-Reihe aus der Feder von Autorin Audrey Carlan war ich unheimlich gespannt, denn die weibliche Hauptfigur Evie - erfolgreiche Geschäftsfrau, rational, zuverlässig, klug, familienorientiert und liebenswert - war mir bereits im Vorgängerband deutlich sympathischer als ihre flatterhafte Schwester Suda Kaye gewesen; folglich hatte ich mich sehr auf ihre eigene Geschichte gefreut.

Erneut spielt die Handlung dieses eigenständigen Romans im sonnenverwöhnten U.S. Bundesstaat Colorado, womit ich gleich zu meinem ersten Kritikpunkt komme – denn 'Handlung' ist eigentlich das falsche Wort, angesichts der Tatsache, dass so gut wie nichts passiert. Bereits im 1. Kapitel erfahren wir: Evie Ross war von klein auf heimlich in Milo Chavis verliebt. Jetzt ist Evie Ross dreißig Jahre alt und Milo Chavis verkündet ihr, dass er a) sie auch schon immer wollte und b) sie nun umwerben wird. – Ende.

Warum ich wiederholt die Nachnamen der Figuren anführe? Dies ist Kritikpunkt Nummer 2: Die Autorin wiederholt sie auch gerne, in sämtlichen Dialogen. Selbst in Liebeserklärungen. Das mag Ansichtssache sein, aber ich habe noch nie in meinem Leben jemanden, zu dem ich eine enge Bindung, sei es nur eine Freundschaft, habe, (immer und immer und immer wieder) mit dem vollen Namen angesprochen. Im vorliegenden Werk fand ich dies stilistisch nicht schön und es gab dem Ganzen einen recht weltfremden Touch.

Apropos weltfremd: Die Ausdrucksweise von Milo trieb mir teilweise die Tränen in die Augen, meistens vor Lachen (z.B. aufgrund von knackigen Sprüchen wie "»Das war ein heißblütiger, hungriger Mann, der nach eingehender Begutachtung in dir eine köstliche Mahlzeit erkannt hat. Aber er wird seinen Hunger nicht stillen können, denn der Einzige, der sich an dir laben wird, bin ich.«" - bei aller Liebe, aber so antiquiert redet heutzutage kein Mensch! -), leider aber auch vor Entsetzen, angesichts seines toxisch besitzergreifenden, als völlig selbstverständlich erachteten übertrieben dominanten Verhaltens Evie gegenüber. Dem Himmel sei Dank, dass sie ihn ohnehin anziehend fand und seit jeher für ihn geschwärmt hatte, andernfalls hätte sie seine Aufdringlichkeit gewiss als Stalking empfunden. – Er bombardiert sie mit Anrufen und Nachrichten, bedrängt sie (körperlich wie psychisch), lauert ihr frühmorgens im Dunkeln auf… Und wie reagiert die bis dahin besonnene, vernünftige Evie Ross auf seine grenzwertigen Avancen? - "Nachdem er mir mitgeteilt hatte, dass er mit mir schlafen wollte, schien mein Verstand komplett ausgeschaltet zu sein […]".

Prinzipiell habe ich ja nichts gegen ein bisschen Dominanz beim männlichen Gegenpart – solange die Bedürfnisse von IHR dabei nicht komplett übergangen werden. Milo jedoch ignoriert Evies wiederholte Bitte, sich doch etwas mehr Zeit zu lassen konsequent: "»Von wegen einen Gang zurückschalten, wir geben Gas. Das lernst du schon noch. Ich bring es dir bei«, verkündet er […]". Kein Wunder, dass sie prompt eine Panikattacke erleidet, wenn er sie nach ein, zwei Küssen bereits permanent als 'seine Frau' (bzw. sich selbst als 'ihren Mann') bezeichnet und von Ehe und Kindern spricht, als sei alles beschlossene Sache. Überhaupt scheint seine favorisierte Kommunikationsmethode die eines Alphamännchens zu sein, er redet kaum, dafür "verlangt", "fordert", "grollt" oder "knurrt" er. Was wahrscheinlich animalisch, selbstbewusst und sexy, mysteriös und weise an ihm wirken sollte, kommt eher bevormundend (trag' diese Kleidung, ruh' dich aus, etc.) bzw. übertrieben und unauthentisch rüber. Evie ist doch nicht sein Besitz, was er allerdings anders zu sehen scheint: "»Du bist die Schönheit, die ich mir verdient habe.«"

Kaum signalisiert er Interesse, ist von der gestandenen Businessfrau nichts mehr übrig als williges Fleisch; sie idealisiert ihn auf eine beinahe schon ungesunde, selbsttorpedierende Weise, als wäre sie nicht gut genug für ihn ("ein imposanter Gott, der auf seine Schülerin herabblickt"). Zwischenzeitlich hätte ich Evie wahrlich am liebsten kräftig geschüttelt und ihr einen kalten Waschlappen ins Gesicht geworfen. Milos Ansagen wurden immer bedenklicher: von Ansagen wie "»Wir treffen uns heute Abend zum Dinner. Keine Widerrede. Und denk gar nicht dran, vor mir davonzulaufen. Ich werde dich finden«" über indirekte Drohungen wie"Evie, wann verstehst du endlich, dass ich nie aufhören werde, dir zu folgen?«" bis hin zu Evies eigener Einschätzung: "Seine Miene ist zornig. Er ist ein Gott, der sich auf die Schlacht vorbereitet. Ein Krieger. Ein Jäger. Und soeben habe ich mich in seine Beute verwandelt."

Tut mir leid, aber in meinen Augen wird hier ein völlig rückständiges, gefährliches Verhalten nicht nur normalisiert, sondern sogar als Romanze hingestellt. (Genau wie in Band 1, nur mit anderem Protagonisten; scheinbar hat die Autorin ein Faible dafür.) Er gibt Anweisungen ("»Begleite mich zur Tür«, verlangt er. »Äh, okay.« […] »Und jetzt küss mich.«") und wenn das Weibchen brav spurt, gibt es ein Lob ("»Genauso sollst du deinen Mann küssen«").

War ich vielleicht sauer über Milos Charakterzeichnung! - So viel Potenzial wurde damit verschenkt! Denn, angesichts meiner harschen bisherigen Kritik mag man es kaum glauben, zu Beginn des Romans hatte ich tatsächlich das Gefühl, es könnte ein 5-Sterne-Read werden: ein berührendes Vorwort der Autorin, das zum Nachdenken anregt, eine tolle Einführung von Evies überaus sympathischer Figur, die Hervorhebung ihres innigen Verhältnisses zu ihrer Schwester…alles war super. Und dann kam Milo (- der sich, wie aus einem Rückblick deutlich wird, bereits als Zwölfjähriger geschwollen-philosophisch und nicht seinem damaligen Alter entsprechend ausgedrückt hat, kurzum, von der Autorin insgesamt leider mit höchst unpassender Wortwahl ausgestattet worden ist). Die Dominanz in Person, immer unter Strom. Allein auf Seite 37 wird seine Attitude mehrfach nicht gerade schmeichelhaft beschrieben: "Seine Stimme klingt streng und anklagend"; "Seine Stimme klingt wie das leise, warnende Donnergrollen, kurz bevor das Gewitter so richtig losgeht".

Evies allgemeine Verunsicherung konnte ich gut nachvollziehen. Ihre Mutter hatte sie und Suda Kaye während ihrer gesamten Jugend immer wieder verlassen, was tiefe Narben in Evies Seele hinterlassen und sich natürlich auch auf ihre späteren Beziehungen ausgewirkt hat. "Solange ich denken kann, habe ich immer nur einen einzigen Traum gehabt. Jemanden zu finden, den ich liebe und dessen Liebe zu mir groß genug ist, dass er mich nie verlassen will." Sie fühlt sich minderwertig (daher überrascht es mich nicht, dass sie sich zum vor Selbstsicherheit strotzenden Milo hingezogen fühlt) und hatte neben den meist abwesenden Eltern obendrein damit zu kämpfen, dass sie - im Gegensatz zu ihrer Schwester - nicht wie eine Native American aussieht. "Zur Hälfte amerikanische Ureinwohnerin und zugleich väterlicherseits Weiße mit europäischen Wurzeln […]. Ich stand immer mit dem einen Fuß in der einen und mit dem anderen in der anderen Welt. War nirgends wirklich zu Hause." Ihr Leben lang hat sie stets 'das Richtige' getan, Familie steht für sie an oberster Stelle ("Ich habe dieses Bedürfnis umherzuziehen, aus reiner Abenteuerlust die Menschen, die man liebt, im Stich zu lassen, nie verstanden"). Sie erzielte Bestnoten in der Schule, zog nach dem Tod der Mutter ihre kleine Schwester groß, schaffte als Familienerste einen Collegeabschluss, etablierte sich mit ihrem eigenen Unternehmen erfolgreich im Finanzsektor. Aber bezeichnet sie sich selbst als glücklich? - Nein, denn sie seht sich nach einer Familie, nach einem Mann, nach Kindern.

Warum genau Milo so auf Evie fixiert ist (abgesehen von ihrem Aussehen, das ihm schon immer gefallen hat), erschloss sich mir nicht; er kennt sie im Grunde nicht wirklich, was sie irgendwann sogar selbst anspricht. Mir fehlten hier die echten, greifbaren Emotionen.

Abschließend noch ein paar positive Anmerkungen.
1. Der Titel passt perfekt. Evie wird wegen ihrer hellblonden Haare von allen "taabe" genannt, was Comanche für "Sonne" ist.
2. Das Cover ist traumhaft schön und sieht neben Band 1 richtig hübsch aus im Regal; ich liebe den glitzernden Schriftzug!
3. Kurz vor Schluss kommt Spannung auf, Band 3 wird mit der Einführung einer neuen Person clever angeteasert.
4. Die Konfliktaufarbeitung zwischen Suda Kaye und Evie verdient großes Lob. Evies Gefühle werden absolut nachvollziehbar beschrieben.

Ich bin froh, dass ich nun über Evies Schicksal Bescheid weiß, und für mich wird diese Buchreihe damit enden.

Fazit: Ein durchaus vielversprechender Anfang, wobei das Lesevergnügen letztlich durch die platten bis dreisten Aussagen des männlichen Protagonisten nicht durchgehend anhielt. Kaum Handlung, dafür eine schöne Geschwisterverbindung, viele Erotikszenen, und ein Fokus auf die indigenen Wurzeln der Hauptfiguren. Ich vergebe 3 wohlgemeinte Sterne (für die Covergestaltung, Evies an sich positive Figur sowie den flüssigen Schreibstil).

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Veröffentlicht am 08.03.2022

Wunderschönes Setting

Golden Hill Touches
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Im Auftakt ihrer bei MIRA Taschenbuch erschienenen Golden-Hill-Trilogie entführt uns Nicole Böhm in die romantisch-raue Natur des U.S. Bundesstaates Montana, wo für die Hauptprotagonisten Parker und Clay ...

Im Auftakt ihrer bei MIRA Taschenbuch erschienenen Golden-Hill-Trilogie entführt uns Nicole Böhm in die romantisch-raue Natur des U.S. Bundesstaates Montana, wo für die Hauptprotagonisten Parker und Clay Gegenwart und Vergangenheit aufeinanderprallen. Ich hatte schon viel Positives über den Schreibstil der Autorin gehört und kann diesen Eindruck nun aus eigener Erfahrung bestätigen, insbesondere im Hinblick auf die intensiv ausgearbeiteten Figuren sowie das atemberaubend schöne Setting, welches mich direkt zu Beginn für die Geschichte eingenommen hatte.

Ich liebe es, wenn Tiere ein tragendes Element der Handlung sind, zudem haben Pferde mich schon immer enorm fasziniert. Folglich kam ich an diesem Buch, in welchem es um den Wiederaufbau einer Familienranch - inklusive Pferdetherapiestätte – geht, nicht vorbei.

Elf lange Jahre sind vergangen, seitdem Parker die Ranch seiner Großeltern in Boulder Creek verlassen hat. Wider Erwarten hatte er einst genau an jenem Ort sein Herz verloren, wohin er eigentlich zur Strafe geschickt worden war – der verwöhnte Sohn aus reichem Hause hatte sich in Denver, Colorado einen Fehltritt nach dem anderen geleistet und seine Eltern waren der Meinung gewesen, etwas Abstand täte ihnen allen gut. Nie hätte Parker damit gerechnet, dass ihm ausgerechnet diese Natur, die ihm zunächst wie eine trostlose Einöde und der Inbegriff von Langeweile vorgekommen war, eines Tages Trost spenden würde und dass er seine gesamten Ersparnisse aufbrauchen, sich sogar haushoch verschulden würde, um das von seinen Großeltern verkaufte Land zurückzugewinnen. Vorläufig scheint sein Plan aufzugehen, aber die Einwohner des gemütlich-verschlafenen Städtchens sind nicht bereit, ihm das rebellische Verhalten seiner wilden Teenagerjahre zu verzeihen. Hier, wo der wilde Westen noch lebendig ist und ein Handschlag als ein schriftlicher Vertrag gilt, muss Parker sich ihr Vertrauen erst wieder verdienen. Und auch Clay, deren Welt damals nach Parkers überstürzter Abreise zusammengebrochen war, ist nicht gerade begeistert, dass er nun zurückgekehrt ist – und bleiben möchte.

So wundervoll das Setting Boulder Creek von der Autorin gezeichnet worden ist, ich habe mich dort lange Zeit ebenso unbehaglich gefühlt wir Parker. Man spürt die allgemeine Abneigung, die ihm von allen Seiten entgegenschlägt und teilweise tat er mir richtig leid. Umso empörter war ich, als er obendrein mit offensichtlichen Sabotageakten zu kämpfen hatte. Auch in Clay konnte ich mich prima hineinversetzen, wobei Parkers Perspektive für mich unterm Strich angenehmer zu lesen war bzw. er durchgehend mein Lieblingscharakter des Romans geblieben ist. Die innige Beziehung zwischen ihm und seiner Schwester Sadie gefiel mir ausgesprochen gut und ich freue mich schon sehr auf ihre eigene Geschichte!

Zwar gab es spannungstechnisch ein paar Passagen, in denen ich mir etwas mehr Action bzw. ereignisreichere Szenen gewünscht hätte, doch dafür konnten mich die Pferdeszenen ausgleichend verzaubern.

Fazit: Ein stimmungsvoller, gut durchdachter Liebesroman, der Pferdeliebhaber ebenso überzeugen wird wie Naturfreunde, USA-Fans und Leser:innen, die einen ruhigen Handlungsverlauf schätzen. Band 2 und 3 stehen bereits auf meiner Wunschliste!

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Veröffentlicht am 07.03.2022

Very British

Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar
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Judith Potts ist eine 77-jährige, schrullig-sympathische, exzentrische Seniorin mit einem messerscharfen Verstand, die für ihr Leben gerne puzzelt, beruflich Kreuzworträtsel für Zeitungen anfertigt, immer ...

Judith Potts ist eine 77-jährige, schrullig-sympathische, exzentrische Seniorin mit einem messerscharfen Verstand, die für ihr Leben gerne puzzelt, beruflich Kreuzworträtsel für Zeitungen anfertigt, immer ein Döschen Fruchtbonbons in der Tasche parat hat und sich jeden Abend - gerne nach einem Nacktbad in der Themse - ein Schlückchen Whisky gönnt. In Marlow ist die Witwe mit ihrer unverblümten, schnörkellos-frechen Art bekannt wie ein bunter Hund, wohnt sie doch in dem wunderschönen alten Herrenhaus, dessen beeindruckende Fassade zum Glück nicht darauf schließen lässt, wie unaufgeräumt und verstaubt es drinnen aussieht. Judith kümmert sich nicht groß um Ordnung, gemütlich muss es sein. In vielen von Judiths Eigenarten habe ich mich wiedererkannt, sei es ihr Schimpfen über Tauben oder ihre Wertschätzung von Kindern, ihr Optimismus, ihr Gerechtigkeitssinn oder ihre Neugier. Sie ist sehr facettenreich ausgearbeitet worden und hat die klassischen Ecken und Kanten, die man sich von Romanfiguren immer wünscht, damit sie glaubwürdig erscheinen. Selbiges gilt für ihre neuen Bekanntschaften, die Hundesitterin Suzie, die nie ein Blatt vor den Mund nimmt, und die ordnungsliebende, perfektionistische Pfarrersfrau und Anwärterin auf den Titel 'Hausfrau des Jahres': Becks Starling – "also eigentlich Becky Starling, also eigentlich Rebecca". Dass diese drei so gänzlich unterschiedlichen Damen plötzlich zueinander gefunden und sich angefreundet haben, liegt daran, dass Judiths beschauliches Leben und die von ihr geschätzte Ruhe empfindlich gestört worden sind, denn "Stefan Dunwoody, ihr Freund und Nachbar, war erschossen worden" – und die Polizei tritt auf der Stelle. Detective Sergeant Tanika Malik, die neben Becks aufgrund ihrer unterschwelligen Liebenswürdigkeit und nahbaren Art zu meinen Lieblingsfiguren des Werks zählt, staunt nicht schlecht über die eigenmächtigen Ermittlungen des sonderbaren Trios. Und als es zu einem zweiten Mord kommt, wird es immer gefährlicher im malerischen Marlow.

Die Gesamtkonstellation der Figuren gefiel mir hervorragend, obwohl ich mich nicht für alle weiblichen Hauptfiguren 100%ig erwärmen konnte. Sowohl Judiths als auch Suzies zum Teil dreistes Verhalten und ihre oftmals (grundlos) trotzige Wortwahl empfand ich als einen Tick zu respektlos. Mag sein, dass man sich im Alter sagt, man müsse auf gewisse gesellschaftliche Gepflogenheiten keine Rücksicht mehr nehmen, doch ein wenig mehr Taktgefühl hätte ich schön gefunden. Von den Hintergründen der Mordfälle war ich sehr überrascht, auf diese clevere Lösung wäre ich nie gekommen. Der Weg dorthin hatte vor allem im letzten Drittel ein paar Längen, die der Geschichte leider etwas an Spannung und Tempo geraubt haben.

Das wundervolle Setting war eines der Highlights für mich, ich würde sofort nach Marlow ziehen! Die Beschreibungen dieses reizenden Städtchens haben es mir total angetan. "An einem Ende der High Street befanden sich eine elegante georgianische Hängebrücke und eine alte Kirche am Flussufer, am anderen stand ein prunkvoller Obelisk, und dazwischen säumten historische Gebäude aus mehreren Jahrhunderten die Straße. Über der High Street waren auf ganzer Länge rot-blaue Wimpel angebracht, die alles zu einem ästhetischen Ganzen, zu einer kleinstadttypischen Postkartenidylle zusammenfügten".

Fazit: Herrlich charmantes Setting, größtenteils sympathische Figuren und ein interessanter Plot, wenn auch mit kleinen Längen. Ich freue mich auf den 2. Band der Reihe und spreche eine Leseempfehlung für alle Fans von Cosy-Crime-Storys aus.

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Veröffentlicht am 02.03.2022

Solider Reihenauftakt

Sternstunde
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Das mit glänzendem Golddruck veredelte Cover sah so einladend aus, dass ich unbedingt mehr über diesen am Originalschauplatz in Berlin-Zehlendorf spielenden Roman von Autorin Corina Bomann erfahren wollte, ...

Das mit glänzendem Golddruck veredelte Cover sah so einladend aus, dass ich unbedingt mehr über diesen am Originalschauplatz in Berlin-Zehlendorf spielenden Roman von Autorin Corina Bomann erfahren wollte, welcher den Auftakt zu ihrer beim Penguin Verlag erschienenen Buchreihe "Die Waldfriede-Saga" bildet und auf rund 600 Seiten einen Bogen von 1916 bis ins Jahr 1929 spannt.

Wir erleben die von zahlreichen Hindernissen und Intrigen geprägte Anfangszeit der neu gegründeten Klinik Waldfriede unter Leitung von Herr Dr. Louis Conradi, wo auch die junge Krankenschwester Hanna nach einem schweren Schicksalsschlag einen Neuanfang wagt.

Der Schreibstil ist recht ruhig und angenehm, oftmals sehr detailreich; hin und wieder erschien mir die Story ein wenig langatmig. Erzählt wird in der dritten Person, wobei wir sowohl in Hannas als auch Dr. Conradis Gedanken und Gefühle einen Einblick erhalten. Hanna ist eine sympathische, anfangs leicht naive, äußerst gutmütige Frau, die sich aufgrund eines traumatischen Erlebnisses kaum mehr in der Lage sieht, ihrer Arbeit nachzugehen. "Was taugte eine Krankenschwester, die nicht jeden Kranken pflegen konnte?" Sie hat ein Faible für Technik, was sich als entscheidendes Kriterium erweist, als man ihr einen neuen Job anbietet, der auch einen Röntgenkurs beinhalten wird. Hanna zögert keine Sekunde, denn im Sanatorium Friedensau hält sie nichts mehr. - "Manche Kolleginnen tuschelten bereits hinter ihrem Rücken und behaupteten, dass sie sich nur vor der Arbeit mit den Soldaten drücken wollte." Ihr neuer Vorgesetzter, Dr. Conradi, ist sehr verständnisvoll und freundlich – allerdings ist er auch nur ein - verheirateter - Mann, was ihm im Laufe der Handlung zum Verhängnis zu werden droht. Neben Patientenschicksalen gingen mir vor allem die Geschehnisse um den Klinikhund Prinz zu Herzen.

Angereichert mit (größtenteils persönlichen) Dramen wie boshaften Kolleginnen und Kollegen, Verrat oder verbotenen Gefühlen, entfaltet sich die Geschichte im gemächlichen Tempo. Ich muss gestehen, dass die Entwicklung der zwischenmenschlichen Beziehungen für mich insgesamt spannender war als das an sich unheimlich interessante Setting, von dem ich mir etwas mehr Atmosphäre erwartet hatte. Auch die Schilderung der Nachkriegszeit blieb für mich – im Vergleich mit anderen historischen Romanen – eher schwach, hätte gerne einen Hauch intensiver eingefangen werden können. Manche Intrigen scheinen im Sande zu verlaufen und ließen mich mit unbeantworteten Fragen zurück; ich gehe jedoch stark davon aus, dass in den Folgebänden weiter darauf eingegangen werden wird.

Der christliche Glaube der Adventisten, über den mir zuvor noch nichts bekannt gewesen war, ist ein zentraler Bestandteil der Handlung. Viele im Roman erwähnten Personen und beschriebenen Ereignisse basieren auf wahren Begebenheiten und wurden von der Autorin aus der echten Chronik des Krankenhauses entnommen, welchem sie (nach einem persönlichen Aufenthalt) gerne ein Denkmal setzen möchte. Ihre intensive Recherche und Auseinandersetzung mit der Entstehungsgeschichte des Hauses ist deutlich spürbar.

Fazit: 3 ½ Sterne und eine klare Empfehlung für alle Fans von historischen Romanen und Geschichten mit Krankenhaus-Setting.

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