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Veröffentlicht am 26.02.2024

Wie hat Ihnen das Anthropozän bis jetzt gefallen?:

Wie hat Ihnen das Anthropozän bis jetzt gefallen?
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Bestsellerautor John Green („Das Schicksal ist ein mieser Verräter“) weist hier in Anlehnung an die Rezensionen im Internet allerlei Dingen zwischen einem und fünf Sterne zu. Dieser Ansatz ist jedenfalls ...

Bestsellerautor John Green („Das Schicksal ist ein mieser Verräter“) weist hier in Anlehnung an die Rezensionen im Internet allerlei Dingen zwischen einem und fünf Sterne zu. Dieser Ansatz ist jedenfalls originell. Er bewertet alles Mögliche, wie CNN (zwei Sterne), Velociraptoren (drei Sterne), Super Mario Kart (vier Sterne) oder den Film „Mein Freund Harvey“ (fünf Sterne) – und sogar Eigenschaften seines Buches von der Schriftart (viereinhalb Sterne) bis zur Eigenwerbung am Ende (drei Sterne).

Eine Zeit lang ist die Lektüre ganz amüsant, und sie gibt aufschlussreiche Einblicke in die Lebensrealität der US-Amerikaner und ihre Sicht auf die Welt. Der Autor lässt auch viel Persönliches einfließen und geht offen mit seinen Schwächen und psychischen Problemen um.
Mit der Zeit wird es allerdings doch etwas langweilig, eine rein subjektive Betrachtung nach der anderen zu lesen. Die am Buchrücken angekündigten „großen Fragen der Menschheit“ werden höchstens mal kurz gestreift.

Alles in allem sind die Beiträge ziemlich egozentrisch und (sowohl von der Themenauswahl als auch vom Inhalt her) typisch amerikanisch. Den einen oder anderen zu lesen kann dennoch interessant sein. Ein ganzes Buch damit ist aber zu viel.

Veröffentlicht am 26.02.2024

Ein interessanter Fund, in den viel hineininterpretiert wird

Das Rätsel der Schamanin
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Die Autoren haben sich in früheren Werken bereits ausführlich mit der Himmelsscheibe von Nebra befasst, aus deren Existenz sie auf eine Hochkultur der Bronzezeit auf deutschem Boden schließen wollen.
Hier ...

Die Autoren haben sich in früheren Werken bereits ausführlich mit der Himmelsscheibe von Nebra befasst, aus deren Existenz sie auf eine Hochkultur der Bronzezeit auf deutschem Boden schließen wollen.
Hier reisen sie nun noch weiter in der Zeit zurück und begeben sich ins Mesolithikum, wo sie den Spuren einer mutmaßlichen Schamanin folgen. Ausgangspunkt ist ein 9.000 Jahre altes Grab in Bad Dürrenberg. Erstmals ausgegraben wurde es bereits 1934 (und damals als „Urarier“ interpretiert), eingehender untersucht aber erst ab 2019. Harald Meller war als Landesarchäologe von Sachsen-Anhalt für die neuen Ausgrabungen und Nachuntersuchungen verantwortlich. Der Bestsellerautor Kai Michel war von Beginn an hautnah dabei.
Dies ist einerseits natürlich vorteilhaft, können so doch sehr unmittelbare Einblicke in die Arbeit des interdisziplinären Forscherteams gegeben werden. Andererseits kommt doch der Verdacht auf, dass auf jeden Fall spektakuläre Ergebnisse produziert werden „mussten“.

Tatsächlich habe ich mich wiederholt gefragt, ob hier nicht manches überinterpretiert wird. Die Autoren betonen zwar ständig, man müsse unvoreingenommen bleiben und dürfe heutige Verhältnisse nicht in die Vergangenheit projizieren. Dennoch haben sie eine gewisse Tendenz zu weit hergeholten Schlussfolgerungen und Mutmaßungen. Und schon allein die Verwendung des Wortes Schamanin ist, wie sie selbst eingestehen, problematisch.
Außerdem nehmen allgemeine Ausführungen, die nicht direkt etwas mit dem Fall zu tun haben, zu viel Raum ein. Teilweise sind diese zwar durchaus aufschlussreich, wenn beispielsweise erklärt wird, dass sich die Evolution der menschlichen Psyche unter ganz anderen Bedingungen vollzogen hat als jenen, welche die moderne Welt bestimmen. Vielfach lenken sie aber eher von den eigentlich relevanten Aussagen ab. (Beispielsweise der Arierwahn der Nazis oder die Brutalität des Kolonialismus. Beides zweifellos wichtige Themen, die jedoch nichts mit dem Mesolithikum zu tun haben.)

Nichtsdestotrotz handelt es sich bei der alten Dame (unabhängig davon, ob man sie nun als „Schamanin“ bezeichnen möchte oder nicht) um einen beeindruckenden Fund und diejenigen Passagen, die sich tatsächlich mit seiner wissenschaftlichen Analyse befassen, sind sehr interessant. Vor allem, was die Gene der Frau und des mit ihr bestatteten Säuglings betrifft. Doch auch die Grabbeigaben haben einiges zu bieten. Wenn Gespräche mit den beteiligten Forschern geschildert werden, kommt bisweilen sogar etwas Spannung auf.
Ich hätte es aber eben besser gefunden, sich auf die Fakten zu konzentrieren und den Inhalt außerdem generell zu straffen. Die wirklich relevanten Informationen hätte man auch auf der halben Seitenzahl untergebracht.

Veröffentlicht am 26.02.2024

Spannende Geschichte mit unbefriedigendem Ende

Der langsame Tod der Luciana B
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Der namenlose Ich-Erzähler (dabei handelt es sich offenbar um eine Spezialität des Autors) wird unversehens in einen ebenso spektakulären wie rätselhaften Fall verwickelt, als er eines Sonntags überraschend ...

Der namenlose Ich-Erzähler (dabei handelt es sich offenbar um eine Spezialität des Autors) wird unversehens in einen ebenso spektakulären wie rätselhaften Fall verwickelt, als er eines Sonntags überraschend den Anruf einer Frau erhält, mit der er seit zehn Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Damals war Luciana eine hübsche junge Studentin, die als Sekretärin des geheimnisvollen Schriftstellers Kloster arbeitete. Nun wirkt sie völlig verändert und psychisch angeschlagen. In den letzten Jahren hatte sie einige Todesfälle in ihrem Umfeld zu verkraften und ist überzeugt davon, dass Kloster dahinter steckt.
Unser Ich-Erzähler hat Zweifel, lässt sich aber dennoch dazu überreden, mit Kloster Kontakt aufzunehmen. Dessen Erklärungen für die Geschehnisse unterscheiden sich natürlich deutlich von Lucianas.
Wer sagt die Wahrheit? Sowohl Lucianas als auch Klosters Versionen wirken einerseits glaubwürdig, gleichzeitig aber auch weit hergeholt. Es gibt am Ende jedoch keine wirkliche, oder jedenfalls keine überzeugende Auflösung.

Außerdem ist das Buch relativ kurz, weshalb sich die Handlung nicht gut entfalten kann. Zudem sind manche Verhaltensweisen der Protagonisten schwer nachvollziehbar und es gibt zahlreiche Ungereimtheiten.
Obwohl zwischendurch und vor allem gegen Ende durchaus einige Spannung aufkommt, konnte mich der Roman daher nicht wirklich überzeugen.
Im Gegensatz zu anderen Büchern von Guillermo Martinez spielt hier übrigens die Mathematik (von ein paar oberflächlichen Ausführungen zur Wahrscheinlichkeit abgesehen) keine besondere Rolle.

Veröffentlicht am 26.02.2024

Originelle Geschichte mit österreichischem Flair

Dunkelgrün fast schwarz
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2017: Moritz verbringt mit seiner schwangeren Freundin einen gemütlichen Abend in der gemeinsamen Wohnung, als überraschend sein (ehemals?) bester Freund Raffael vor der Tür steht. Seit sechzehn Jahren ...

2017: Moritz verbringt mit seiner schwangeren Freundin einen gemütlichen Abend in der gemeinsamen Wohnung, als überraschend sein (ehemals?) bester Freund Raffael vor der Tür steht. Seit sechzehn Jahren haben sie einander nicht mehr gesehen. Sein Auftauchen wird letztlich dazu führen, dass Moritz sich Erinnerungen an seine Jugend stellen muss und einige schmerzhafte Wahrheiten erfährt.
Gleichzeitig ist die psychisch angeschlagene Jo auf der verzweifelten Suche nach Raffael, der plötzlich verschwunden ist.
1986: Die 25jährige Marie zieht mit ihren zwei kleinen Kindern in ein altes Haus in einem abgelegenen Dorf am Dürrnberg. Ihr Mann wird die nächsten Jahre überwiegend in Wien verbringen und so ist Marie allein mit den Kindern an einem Ort, wo sie niemanden kennt und schwer Anschluss findet. Dennoch reagiert sie skeptisch, als ihr dreijähriger Sohn Moritz sich mit dem gleichaltrigen Raffael anfreundet und dessen Mutter auch ihre Nähe sucht.

Von all dem wird abwechselnd aus den Perspektiven von Moritz, Marie und Jo erzählt, wobei viel zwischen den verschiedenen Zeiten herumgesprungen wird. Trotzdem hatte ich keine Probleme damit, der Geschichte zu folgen und es wird durch verschiedene Andeutungen auch etwas Spannung erzeugt.
Die Handlung als solches ist zwar nicht gerade spektakulär, aber doch originell und hebt sich vom sonstigen Einheitsbrei auf dem Buchmarkt ab. Deswegen konnte ich leicht darüber hinwegsehen, dass manches unlogisch oder schwer nachvollziehbar ist und ein paar Fragen offen bleiben.
Wirklich überzeugen kann der Roman aber mit den interessanten Protagonisten und dem gut gezeichneten Ambiente. So nimmt Moritz die Welt und die Menschen um ihn herum auf ganz spezielle Weise wahr, sieht beispielsweise bei jedem eine farbige Aura. (Daraus erklärt sich auch der Titel.) Besonders gut hineinversetzen konnte ich mich aber in Marie, die unter schwierigen Bedingungen immer ihr Bestes gibt.
Man kann hier nachempfinden, was das Aufwachsen in einem kleinen Dorf bedeutet, wie Erlebnisse aus Kindheit und Jugend das ganze weitere Leben beeinflussen, oder auch, wie schwer es für Mütter ist, alles richtig machen zu wollen und ihre Kinder dennoch nicht vor allem Übel bewahren zu können.

Ein weiterer großer Pluspunkt ist das österreichische Flair, insbesondere auch die Verwendung einer erkennbar österreichischen Sprache, was heutzutage leider auch bei Büchern von österreichischen Autor(inn)en keine Selbstverständlichkeit ist.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.02.2024

Oberflächliche Zusammenstellung von Worst-Case-Szenarien

Erstkontakt
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Die Erkenntnis, dass es sich bei der Erde nicht um den einzigen belebten Ort im Universum handelt, dass es gar technisch weiter fortgeschrittene Zivilisationen gibt als die Menschheit, wäre zweifellos ...

Die Erkenntnis, dass es sich bei der Erde nicht um den einzigen belebten Ort im Universum handelt, dass es gar technisch weiter fortgeschrittene Zivilisationen gibt als die Menschheit, wäre zweifellos einer der bedeutsamsten Momente der Menschheitsgeschichte. Die Aussage des Untertitels, dass wir uns auf Außerirdische vorbereiten müssen, ist daher sicher nicht falsch. Wirklich konkrete Ausführungen dazu, woraus diese Vorbereitung bestehen oder wie sie ablaufen sollte, sucht man hier jedoch vergebens.
Nach allgemeinen Überlegungen darüber, welche psychologischen Faktoren bei der Begegnung mit fremdartigen Lebewesen eine Rolle spielen, einem Überblick über die Darstellung von Außerirdischen in Filmen und einer kurzen Zusammenfassung der Geschichte von SETI (Search for Extraterrestrial Intelligence) und SETA (Search for Extraterrestrial Artifacts), betrachtet der Autor diverse Szenarien, wie ein Erstkontakt ablaufen könnte. Dies reicht von der bloßen Entdeckung eines außerirdischen Radiosignals ohne Inhalt bis hin zur Ausbreitung eines tödlichen außerirdischen Krankheitserregers. Ihnen allen ist gemeinsam, dass es sich um „Worst-Case-Szenarien“ handelt. Dies hat zwar eine gewisse Berechtigung, denn vorbereiten sollte man sich natürlich vor allem auf Negatives, wirkt andererseits aber doch einseitig.
Außerdem konnte ich mich während des Lesens des Eindrucks nicht erwehren, dass der Autor selbst über kein besonders tiefes Verständnis der Materie verfügt. Gerade seine Beschreibungen der wissenschaftlichen Hintergründe wirken oftmals als hätte er sie irgendwo abgeschrieben. Nebenbei bemerkt scheint er auch unter einer Spinnenphobie zu leiden. Zumindest ist es auffällig (und nicht besonders originell), dass immer gerade eine Ähnlichkeit mit Spinnen als Beispiel für ein möglicherwiese abschreckendes Äußeres genannt wird.

Insgesamt bleiben seine Betrachtungen jedenfalls sehr an der Oberfläche. Eine tiefergehende Auseinandersetzung mit juristischen, ethischen oder philosophischen Implikationen fehlt völlig.
Zwar haben die hier angestellten Gedankenspiele dennoch ihren Reiz. Was man daraus mitnehmen kann, ist aber eigentlich nur, dass alles ganz furchtbar schiefgehen wird und dass die Medien (erst recht die sozialen) alles noch schlimmer machen werden.
Viel mehr haben das Buch bzw der Autor leider nicht zu bieten und das ist angesichts des grundsätzlich interessanten Themas doch enttäuschend.