Profilbild von Sioux

Sioux

Lesejury Star
offline

Sioux ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Sioux über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.12.2019

Schöne „aus Freundschaft wird Liebe“ Geschichte

Never Too Close
0

Klappentext:
Seit sie gemeinsam in einem Aufzug eingeschlossen waren, sind Loan und Violette beste Freunde. Das zwischen ihnen ist vollkommen platonisch – zumindest bis jetzt. Denn als Violette beschließt, ...

Klappentext:
Seit sie gemeinsam in einem Aufzug eingeschlossen waren, sind Loan und Violette beste Freunde. Das zwischen ihnen ist vollkommen platonisch – zumindest bis jetzt. Denn als Violette beschließt, dass sie nicht länger Jungfrau sein will, ist es Loan, den sie bittet, ihr auszuhelfen. Schließlich vertraut sie niemandem so sehr wie ihrem besten Freund. Loan ist von der Idee zunächst alles andere als begeistert, doch schließlich willigt er ein. Es ist ja nur dieses eine Mal … oder?

Zum Cover:
Ich finde es wunderschön. Das leichte türkis ist mal was anderes, gleichzeitig in modernem pastell gehalten. Titel und Autorenname wirken sehr stimmig und beruhigend, die „Wolke“ dahinter lockert es auf.

Zum Schreibstil:
Ich war zunächst sehr skeptisch, ob die Autorin mich abholen können würde. Gerade erst habe ich in „Everything I didn´t Say“ gemerkt, was passiert, wenn Vergangenheit und Gegenwart nicht die richtige Symbiose eingehen. Zum Glück hat in „Never too Close“ alles harmoniert. Die Autorin erzählt in Vergangenheit und Gegenwart aus zwei verschiedenen Perspektiven. Dennoch konnte ich mich immer gut orientieren und fand jeden Abschnitt sehr spannend und ergiebig für die Geschichte. Der anachronistische Verlauf sorgt für Spannung und füllt die Geschichte der beiden nach und nach auf. Unterstützt wird alles durch den flüssigen Schreibstil, der mich gut fesseln konnte. Anfangs war ich vielleicht etwas irritiert, wie viel die Protagonisten über die Ausdrücke des anderen wissen, wie viel sie interpretieren können und somit dem Leser diese Aufgabe abnehmen. Letztlich passte es aber zu der engen Beziehung der beiden. Bei einer anderen Geschichte hätte ich es wahrscheinlich nicht so gut gefunden.

Die Charaktere:
Bei beiden Charakteren muss man sich damit abfinden, dass sie natürlich nicht mitkriegen, dass der andere etwas für sie fühlt. Jedenfalls zunächst nicht. Das möchte ich einfach einmal vorwegnehmen, weil ich weiß, dass einige Leser sich von so etwas schnell genervt fühlen. Für mich passte es allerdings, weil da tatsächlich immer eine Ahnung bei beiden ist und sie ihre Zuneigung auch irgendwo zeigen, auch wenn sie es nicht genau benennen. Das machte es für mich sehr viel authentischer und letztlich auch nicht so naiv.
Jetzt zu den einzelnen Protagonisten.
Violette ist mir irgendwie sofort ans Herz gewachsen. Sie ist tollpatschig, liebt Schokolade und hat einen komischen Humor. Es ist toll, es aus ihrer Perspektive zu erleben, da sie alles so herrlich unkompliziert und irgendwie doch verquer sieht. Ihre ehrliche Art macht sie dazu super sympathisch und es hat mir sehr gefallen, dass sie Fehler eingestehen und verzeihen kann. Ebenso wie Loan. Das hat die Geschichte an mehr als einer Stelle gerettet.
Natürlich ist sie auch etwas naiv. Ich denke bei dieser Ausgangssituation muss es fast so ein. Schließlich hat man nicht einfach so mit dem besten Freund Sex und nichts verändert sich, aber sie ist auch noch jung und darf Fehler und Dummheiten machen meiner Meinung nach. Loan ist da der passende Gegenpart, der die Vernunft bewahrt und sich für sie beide Gedanken macht.
Wo wir schon dabei sind: Loan. Er ist der Typ zurückhaltend, beschützend, gutmütig, aber auch in sich gekehrt und kämpferisch. Ich habe es sehr genossen, ihn kennenzulernen. Die Sache mit seiner Ex-Freundin lässt ihn immer wieder in Gedanken versinken und so habe ich bei ihm bildlich den Grund dafür gesehen, dass er Violette erst so spät als seine „wahre Liebe“ wahrnimmt. Er trägt viel mit sich rum und hat jede Menge Schutzmechanismen um sich herum aufgebaut. Ich finde ihn einfach toll. (Nur im Epilog war ich etwas über seine Entwicklung überrascht.)

Zur Geschichte allgemein:
Das Buch beginnt in der Vergangenheit mit dem Kennenlernen. In der Gegenwart wird man dann als Leser vor vollendete Tatsachen gestellt. Ehrlich gesagt war ich ziemlich überrumpelt, dafür aber auch umso gespannter darauf, wie es bis dahin gekommen ist.
Durch die Perspektivwechsel ist alles sehr persönlich und gut nachvollziehbar.
Die eigentliche Situation der „besten Freunde“ fand ich überraschend gut gelöst. Die beiden zeigen ihre Zuneigung zueinander von Anfang an. Die Grenze ist hauchdünn. Kein plötzliches „oh seine Berührung fühlt sich an wie ein Blitzschlag“, sondern: “ ich fühle mich wohl, sie in meinen Armen zu halten“. Das und die Entwicklung dieser Situation hat mir im Laufe der Geschichte mehr und mehr gefallen.
Etwas merkwürdig fand ich es, dass es viele dramatische Dramen gab, diese sich aber immer relativ schnell verliefen oder klärten. Einerseits fand ich das erfrischend und hat die Geschichte locker gehalten – und natürlich für Spannung gesorgt – andererseits kam es mir dann aber auch oft so vor, als hätte man sie nur eingebaut, um die Beziehung enger werden zu lassen. Ein paar Punkte auf einer Skala bis zum vollständigen Vertrauen. So wird Loans Familiengeschichte zum Beispiel noch schneller abgehandelt als Violettes, obwohl seine ihn wesentlich mehr beeinflusst hat.
Dann war da natürlich diese Situation mit dem einem Mal Sex. Ehrlich? Jeder von uns weiß sofort, wie so etwas ausgeht. Mich störte es aber ehrlich gesagt gar nicht so. Wie ich oben bereits erwähnte, habe ich es mit Violettes Naivität vereinbaren können. Loan hat sich entsprechende Gedanken gemacht und schon war es für mich etwas, dass einen Anfang bedeutete. Und so war es dann auch. Dass Violette zu dieser Zeit einen Freund hat, fand ich dann auch irgendwie ganz passend. Es war dieses typische Hin und Her zwischen: ich darf nicht und ich muss und ich will. Ihre Art, die Grenze aufrecht zu erhalten und sich und Loan zu schützen. Denn letztlich ist das Ungewisse das, was uns am meisten Angst macht.
Die Geschichte ließ sich für mich super gut lesen und war am Ende wirklich sehr schön gefühlvoll. Es ging nicht zu schnell, ließ aber auch nicht zu lange auf sich warten
Den Epilog fand ich etwas übertrieben, aber er hat letztlich seinen Zweck erfüllt und uns eine Zukunftsaussicht präsentiert.

Fazit:
Eine schöne Geschichte für Zwischendurch, die die Situation „beste Freunde verlieben sich“ sehr schön umgesetzt hat. Sie ließ sich super lesen, hielt viele Gefühle und wunderbare Szenen bereit. Ein solch vertrautes Paar habe ich schon lange nicht mehr erlebt.
Zwischendurch war mir das Drama ein wenig zu unausgefeilt, aber das ist auch mein einziger Kritikpunkt.

4 von 5 Sterne von mir.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.11.2019

Sehr authentisch!

Das Leben ist auch nur eine Wolke
0

„Glaubst du, dass man von einer Wolke fallen und trotzdem auf einer anderen landen kann? Irgendwann? Und dass sich das dann auch anfühlt, wie zu Hause zu sein?“ [Max:] „Wenn das Leben eine Wolke ist, Dalia, ...

„Glaubst du, dass man von einer Wolke fallen und trotzdem auf einer anderen landen kann? Irgendwann? Und dass sich das dann auch anfühlt, wie zu Hause zu sein?“ [Max:] „Wenn das Leben eine Wolke ist, Dalia, dann befinden wir uns auf derselben.“

DAS LEBEN IST AUCH NUR EINE WOLKE – KRISTINA MONINGER – POS 1980
Klappentext:
Dalia weiß, dass Glück nur geborgt ist. Deshalb hält sie gut fest, was das Leben ihr gelassen hat. Als sich ihr Freund von ihr trennt, steht sie vor den Scherben ihres sorgsam zusammengekitteten Lebensgerüsts. Gut, dass es Max gibt, eine flüchtige Bekanntschaft, der nun vor ihrer Tür steht und sich als Mitbewohner bewirbt. Aus der Zweckgemeinschaft der beiden wird Freundschaft … und mehr. Doch während sich Dalia mit Max‘ Hilfe von ihren Ängsten löst und ihn viel zu tief in ihr Herz lässt, hütet er ein folgenschweres Geheimnis.

Das Cover:
Ich finde das Cover wirklich schön. Es passt sehr gut zu dem ebenfalls schönen Titel (der durchaus in der Geschichte begründet ist) und erweckt fast den Eindruck, es wäre ein 3D-Bild. Dies entsteht, weil die Schrift ein wenig von den verschiedenfarbigen Wolken verschluckt zu werden scheint.

Der Schreibstil:
Kristina Moninger schreibt sehr fein, flüssig und detailliert. Dadurch schafft sie es sehr gut, dem Leser sämtliche Gefühle zu vermitteln, die die Hauptprotagonistin und Erzählerin Dalia empfindet. So konnte ich alles nachvollziehen und war richtig in der Figur drin. Die Autorin schreibt einfach so schön komplex, dass man als Leser vergisst, dass es nur Figuren sind, die da agieren und keine echten Personen.

Was bringt es einem, zu wissen, wie schön es ist, auf derselben Wolke zu sitzen, wenn man dafür eines Tages umso tiefer fällt?

DAS LEBEN IST AUCH NUR EINE WOLKE – KRISTINA MONINGER – POS 3463
Die Charaktere:
Erzählt wird aus der Perspektive Dalias. Das heißt, dass wir alle anderen Empfindungen der anderen Charaktere nur vermuten können. Besonders spannend ist dieser Aspekt im Hinblick auf Max, der anfangs ein wenig als Dalias rettender Engel erscheint, später aber dann doch noch viel mehr verbirgt und keineswegs so eindeutig zu deuten ist, wie man es vielleicht annehmen könnte.
Aber bleiben wir zunächst bei Dalia. Dalia fand ich für mich anfangs etwas schwierig, da die ersten Kapitel von einer Abhängigkeit und Depressivität zeugen, die ich mit mir selbst als Person, die sehr optimistisch und selbstständig ist, nicht ganz zusammenbringen konnte. So fehlte mir da einfach die Identifikationsmöglichkeit. Es ging einfach zu sehr gegen meinen eigenen Charakter. Rein stilistisch kann ich aber an diesem Abschnitt der Geschichte nichts aussetzen. Es war alles super dargestellt und ich konnte Dalia auch verstehen. Es war durchaus eine logische Reaktion und sehr authentisch. Manchmal ist es einfach schwierig für den Leser, jedenfalls für mich, wenn es gleich zu Anfang so beginnt. Man wird dann mit in diese Abwärtsspirale gezogen, dabei hat man noch gar nichts „Spannendes“ erlebt. Dieser Teil gehörte aber zur Geschichte dazu und hat Dalia sehr gut zu charakterisieren vermocht. Mir war als Leser so sehr früh klar, wie ich sie einzuschätzen habe und dann baute auch alles auf diesem „Down“ auf. Dadurch gab es natürlich eine unheimlich große Entwicklung, die der Leser bei Dalia sehr gut miterleben konnte
Ich glaube nicht, dass Dalia für jeden etwas ist. So mancher bevorzugt bestimmt die starken Kämpferinnen oder jene, die zu träumen wagen. Die große Nähe zur Realität ist für mich aber eine Stärke des Buches und diese spiegelt sich auch in seiner Hauptprotagonistin wider.

Max war wie oben schon angedeutet vielschichtiger, als man zunächst dachte. An ihm könnte man super gut soziale Abwehrmethoden analysieren. Anfangs erschien er als gutgelaunter Lebemensch, nach und nach muss man als Leser begreifen, dass auch er eine Vergangenheit und eine Gegenwart hat, in der nicht immer alles glatt gelaufen ist und läuft.
Er war für mich aber das perfekte Gegenstück zu Dalia, da er sie unheimlich in ihrer Entwicklung unterstützt hat. Erst, indem er sie aufgemuntert und ihr eine neue Aufgabe gegeben hat, dann als er der Hilfsbedürftige war und es an Dalia lag zu kämpfen. Die beiden Charaktere liefen perfekt aufeinander zu (oder jedenfalls zu perfekt, wie es die Realität zulässt) und ich habe mich sehr gefreut, sie kennengelernt zu haben.
Beide sind einfach sehr tiefgründig und komplex und durch ihre Vergangenheit bildeten sie Geheimnisse, die die Geschichte stets vorangetrieben haben und Spannung erzeugten.

Zur Geschichte allgemein:
Wie ich bereits sagte, liegt die Stärke der Geschichte in ihrer Authentizität. Demnach wird hier viel geredet, Emotionen ergründet und auch vieles nicht gesagt. Dennoch gab es auch lustige und abenteuerliche Passagen, die die Geschichte für mich immer wieder etwas auflockerten.
Um von vorne anzufangen: Der erste Abschnitt des Buches gefiel mir nicht so sehr. Das lag einfach an der Atmosphäre, die Dalia mit sich trug und die es mir ziemlich schwer gemacht hat, das Buch schnell zu lesen. Danach wurde es aber immer besser. Die Geschichte startet eben ganz am Boden um sich schließlich in den Wolken wiederzufinden:)
Gelegentliche Zeitsprünge haben die Geschichte vorangetrieben und gleichzeitig noch mehr Authentizität geschaffen, denn die Protagonisten befinden sich hier in einem Prozess der Bewältigung, der nicht von einem auf den anderen Tag funktioniert. Ab ca. 70 % wurden die ungefähren Zeitangaben zu expliziten und die Geschichte nahm zunehmend an Fahrt ab. Ich bin förmlich durch die Seiten geflogen. Es war wirklich geschickt gemacht, denn der Tag der Abreise (mehr will ich nicht sagen, sonst wäre es spoilern) rückt immer näher und das spürt somit nicht nur Dalia, sondern auch der Leser.
Die Geschichte wendet sich dann. Die schweren Problematiken werden nach und nach abgehakt und man bekommt die Liebesgeschichte, von Hoffnung geprägt, die man sich bei Liebesromanen so erhofft. Hier aber fußt sie auf einer komplexen Basis, die mir versichert, dass das Ende kein Ende sondern der Anfang dieser beiden sein wird (wie man so schön sagt:).

Ich fand es gut, wie eine regelrechte „Umproblematisierung“ durchgeführt wurde, die zeigte, wie tiefgründig dieser Roman ist und die auch Max einen gebürtigen Platz zuordnete. Jetzt am Ende kann ich sagen, dass ich den beiden alles abnehme. Ich habe mit ihnen gelitten, gelacht und gehofft, geliebt, gestritten und getrauert. Nun sehe ich ihre Zukunft vor mir und auf genau das hat das Buch sehr schön hingearbeitet.

Fazit:
Ein Buch, dass durch seine Authentizität und Emotionen besticht. Die Charaktere sind tiefgründig und zeigen durch die Geschichte eine große Entwicklung. Anfangs war es etwas schwer zu lesen, auch manchmal langatmig, danach war es mir jedoch ein wahres Vergnügen. Ich kann dieses Buch jedem ans Herzen legen, der sich nach einer Liebesgeschichte sehnt, die mehr Gefühle intus hat als Wut, Enttäuschung und Liebe und der bereit ist, Charaktere zu treffen, die durchaus echt sein könnten.

4 von 5 Sterne von mir.

Veröffentlicht am 17.11.2019

Leider etwas zu vorhersehbar und es konnte mich auch nicht berühren

Everything I Didn't Say
3

Hier ist der Klappentext für euch:

Als Jamie und Carter sich zum ersten Mal gegenüberstehen, sprühen zwischen ihnen augenblicklich die Funken. Dabei wissen sie beide, dass sie unbedingt die Finger voneinander ...

Hier ist der Klappentext für euch:

Als Jamie und Carter sich zum ersten Mal gegenüberstehen, sprühen zwischen ihnen augenblicklich die Funken. Dabei wissen sie beide, dass sie unbedingt die Finger voneinander lassen müssen: Jamie hat gerade erst ihren Job als Dramaturgieassistentin angetreten, und Carter ist als Star der Show vertraglich dazu verpflichtet, sich nicht mit einer Frau an seiner Seite in der Öffentlichkeit zu zeigen. Doch mit jedem Tag, den sie miteinander verbringen, knistert es heftiger zwischen ihnen, bis sie der Anziehungskraft nachgeben – nicht ahnend, dass das ihre Leben gehörig durcheinanderbringen wird …


Das Cover:
Wirklich, ich habe keine Ahnung warum, aber diese bunten, hingeklatschten Streifen auf dem Cover sind irgendwie wunderschön, oder? Ich meine, es gibt durchaus Cover, die sich mehr Mühe geben, allerdings bin ich ja ein Vertreter des schlichten Designs und finde es deshalb einfach wundervoll. Der LYX-Verlag hat da wirklich ein Design ausgegraben, mit dem sie jetzt noch die nächsten zwanzig Bücher bedrucken können, bevor irgendwem auffällt, dass es immer das gleiche Prinzip ist. Man denke nur an „Follow Me Back“.

Der Schreibstil:
Die Autorin schreibt seh schön flüssig und locker. (Ja ich weiß, dass sagt man über viele.) Meiner Meinung nach ist es aber schon eine Leistung, wenn ich es schaffe, den Leser die ganze Zeit nah an der Geschichte zu halten. Für den Leser ist es immer noch Vergnügen, eine Freizeitbeschäftigung, die er jederzeit abbrechen kann. Und doch schafft es die Autorin, wie eben einige andere auch, den Leser an die Geschichte zu binden, ihn mitfiebern zu lassen und im Buch zu versinken.
Ich habe es gerne gelesen und fand es wieder schön, dass aus zwei Perspektiven erzählt wird.
Einzig bemängeln muss ich vielleicht, dass die Zeitsprünge, die irgendwann aufhören, immer wieder sehr verwirrend waren. Irgendwie waren mir die Abschlüsse zu abgehackt, weshalb ich mich jedes Mal erst wieder in der Zeit einfinden musste. Gerade, wenn ich das Buch zwischendurch mal weggelegt hatte und dann wieder anfing zu lesen, war es schwierig.

Die Charaktere:
Jamie fand ich anfangs wunderbar entspannt, direkt und auch sehr ehrgeizig. Sie wusste, was sie wollte und hat sich davon nicht abhalten lassen. Ihr erstes Aufeinandertreffen mit Carter zeigt schön, wie sehr sie sich von gesellschaftlichen Rängen beeindrucken lässt. (Ironie) Gleichzeitig war sie total süß, weil sie sich in Carters Gegenwart so schüchtern verhielt, dennoch natürlich bei ihrem wahren Charakter bleibt und ihre Bestimmtheit und Zurückhaltung ihm gegenüber einen kleinen Kampf ausfechten. Leider ging ihre taffe Haltung irgendwann mehr und mehr verloren und sie war nur noch die kleine Praktikantin, deren Kopf in Gegenwart des heißen Schauspielers rot anläuft. Das fand ich wirklich schade, weil sie eigentlich das Potential gehabt hätte, eine echt tolle Protagonistin zu werden.

Achtung! Es geht bereits mit den ersten Spoilern los!

In ihrer Rolle als Mutter verändert sich Jamie. Sie stellt Lila, wie es sich gehört, an die erste Stelle und sich selbst ein wenig zurück, wird aber auch unsicher und konzentriert sich manchmal zu sehr auf das, was ihr in ihrer Vergangenheit passiert ist. Dadurch entgeht ihr natürlich ein großer Teil Leben. Das fand ich etwas schade, weil ich sie so leider nur als Mutter und nicht richtig als junge Frau wahrnahm.

Als sie dann wieder in Interaktion mit Carter tritt, fand ich es ganz schön, dass sie ihre Tochter trotz allem nicht vergisst und damit Verantwortungsbewusstsein beweist, gleichzeitig aber auch oft viel zu voreilig agiert und nicht richtig nachdenkt. Generell fehlen da manchmal für den Leser zur Erklärung einfach die Gedanken, die ihre Gefühle und Überlegungen beschreiben.

Carter war mir im ersten Moment gar nicht so sympathisch. Erst durch den ersten Perspektivwechsel habe ich gemerkt, dass er wohl das „Objekt der Begierde“ werden wird. Er ist eben doch ein kleiner Player, nimmt alles außer seinem Job nicht ganz so ernst und denkt auch nicht wirklich mit, als er die junge Praktikantin umgarnt.
Mir war er so von Anfang an etwas suspekt. Dazu kam noch, dass seine Gefühle offensichtlich sehr stark und sehr schnell schwanken können. Ich war wirklich mehr als einmal überrascht über die Schnelligkeit seiner Handlungen und Reaktionen.
Ehrlich gesagt war er so nicht ganz der Kerl, den ich gerne als Hauptprotagonisten gesehen habe. Dafür war er mir einfach nicht sympathisch und auch nicht gefühlsdurchsichtig genug.

Auf dieser Grundlage befindet man sich dann sechs Jahre später als Leser auf der Seite von Jamie. Carter ist nicht präsent und will dann auf einmal alles richtig machen. Ab dann fand ich seinen Charakter eigentlich ganz schön. Er bemüht sich, ist lustig und liebevoll, denkt nach und lässt sich nicht von jedem herumschubsen, nur um sein schönes Leben genießen zu können. Nach und nach kam dann aber wieder der Punkt durch, dass ich bei ihm einfach nicht genügend Gefühle spüren konnte. Lila betrachtet er noch lange distanziert und Jamie liebt er auf einmal. Dabei scheint es die ganze Zeit, als sei er nur körperlich an ihr interessiert. Irgendwie hat mir da allgemein die Kommunikation zwischen ihnen gefehlt.

Zur Geschichte allgemein:
Ich war anfangs total euphorisch. Die Geschichte begann mit einem zugegebenermaßen ziemlich klischeemäßigem Thema. Umso neugieriger und gespannter war ich aber darauf, wie die Autorin dies nun weiterspinnen wird. Der Anfang war dann auch gar nicht so schlecht. Allerdings war ich irgendwann genervt, wie klar die Situation für den Leser ziemlich schnell und wie wenig stark Jamie wurde. Es war einfach zu offensichtlich, wie es ausgehen würde und ruhte sich zu viel auf dem Klischee aus.
Den Zeitsprung fand ich dann aber ganz passend. Natürlich muss man sich ein wenig in der Geschichte zurechtfinden, da die Zeiten parallel laufen und sich die Gegenwart nach und nach den Ereignissen der Vergangenheit annähert. Aber wenn man das Buch mit nicht allzu großen Lesepausen liest, funktioniert es eigentlich ganz gut und baut natürlich Spannung auf.
Die Gegenwart gefiel mir dann um einiges besser. Jedenfalls zunächst. Jamie ist taffer, erwachsener und es fühlte sich authentischer an.
Dann verliert es jedoch an realitätsnähe, als Jamie ohne große Aussprache bei Carter einzieht. Ich wette ihr habt jetzt auch schon eine Vorstellung davon, wie die Geschichte ihren weiteren Verlauf genommen haben könnte. Genauso trifft es dann auch ein. Es war mir einfach zu vorhersehbar. Was ich zwischendurch wirklich süß fand, waren die Szenen mit Lila und auch die Problematik Carter’s Promistatus fand ich sehr gut einbezogen.
Die Entwicklung der Beziehung zwischen Carter und Jamie fand ich aber weniger gut. Erst war es mir zu körperlich, dann ist auf einmal von Liebe die Rede und dann Friede, Freude, Eierkuchen. Es wirkte auf mich einfach, als würden sie sich nur wegen Lila lieben und das auch noch, ohne es zu hinterfragen.
Von dem Ende war ich richtig richtig richtig enttäuscht. Ich habe es genauso vorhergesehen und dann kam es auch noch genau so. Das sollte eigentlich nicht passieren. Schließlich lesen wir sowieso schon so viele Geschichten, die sich in irgendeinem Punkt immer ähneln. Das ist ja auch nicht schlimm. Ich könnte jetzt mit Aristotelis‘ Memisis argumentieren, lasse es aber und sage, dass die Details es ausmachen und die haben mich bei diesem Buch einfach nicht überzeugen können.

Fazit:
Ein Buch mit guten Ansätzen, sowohl in der Geschichte als auch bei den Charakteren. Letztlich war es mir aber zu vorhersehbar und es sind nicht genug Gefühle zu mir (dem Leser) durchgedrungen. Das war leider ein wenig enttäuschend.

3 von 5 Sterne von mir.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Gefühl
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.11.2019

Leider sehr enttäuschend, dabei hatte die Story Potential

Dieser eine Augenblick
0

Der Klappentext:
Als Charlotte auf Adam trifft, ist es, als würden sie sich schon ewig kennen. Sie verbringen eine wunderbare Nacht zusammen, am nächsten Morgen jedoch ist er wie verwandelt und zeigt ihr ...

Der Klappentext:
Als Charlotte auf Adam trifft, ist es, als würden sie sich schon ewig kennen. Sie verbringen eine wunderbare Nacht zusammen, am nächsten Morgen jedoch ist er wie verwandelt und zeigt ihr die kalte Schulter. Aber Charlotte kann den mysteriösen Fremden nicht vergessen, der ihr in nur einer Nacht das Herz gebrochen hat. Sie macht sich auf die Suche nach ihm, um endlich Klarheit zu bekommen. Doch sie ahnt nicht, dass Adam ein Geheimnis hat, das ihr Leben für immer verändern wird.

Der Schreibstil:
Die Autorin schreibt sehr klar, trocken und an vielen Stellen etwas übertrieben. Zudem hat sie ihren eigenen Humor (oder lässt ihn jedenfalls ihre Figuren haben). Man wusste als Leser deshalb oft nicht, wann etwas ernst gemeint ist und wann nicht. Dazu wirkte der Schreibstil sehr distanziert, was durch das Siezen in der direkten Anrede an den Leser noch weiter verstärkt wird. Mir fehlten da einfach auch oft Emotionen. Es wird einfach Knall auf Fall hintereinander wegerzählt, hinterlässt bei dem Leser aber keinen bleibenden Eindruck. Es war mir einfach nicht möglich, Zugang zu der Geschichte zu finden, obwohl die Story an sich eine sehr emotionale Geschichte hätte abgeben können.

Die Charaktere:
Charlotte war mir ehrlich gesagt von Anfang an unsympathisch. Sie hat bisher nichts in ihrem Leben richtig durchgezogen, treibt einfach nur dahin und kämpft nicht. Gleichzeitig beschwert sie sich aber die ganze Zeit über ihre Lebenssituation. Auf mich wirkte sie einfach nur wie ein nörgelndes Kind und ich habe bis zuletzt versucht, mich in sie einzufühlen, was mir aber nicht gelungen ist.
Zu ihrer anfänglichen Sitatuation gesellen sich dann noch die Geschehnisse mit Adam und Seth. Ehrlich gesagt habe ich Charlotte in Gegenwart beider Männer nicht verstanden. Adam verhielt sich total bizar und Charlotte findet ihn toll, sieht in ihm etwas Tieferes. Dies wurde für den Leser aber nicht nachvollziehbar. Stattdessen wirkte sie auf mich naiv und völlig abgehoben und realitätsfern. Ich bin mir vor allem jetzt nach dem Ende sicher, dass sie niemals ein normales Leben wird führen können, weil sie nicht bereit ist, etwas dafür zu tun.
Mit Seth wurde es dann noch schlimmer. Es wurde einfach nicht deutlich, was Charlotte ihm gegenüber fühlt. Sie ist sprunghaft, steht zu keiner ihrer Entscheidungen und lässt keine Emotionen zu. Das zu lesen, war wirklich hart. Sie behandelte Seth quasi wie einen fünfzehnjährigen, den man nicht für voll nehmen muss.
Ich weiß, dass die Geschichte mit einigen Handlungen Charlottes gerne darauf hinaus will, dass sie kein Selbstbewusstsein hat und sich unter den Scheffel stellt. Aber ehrlich gesagt gibt es ihr dadurch noch lange nicht das Recht sich so zu verhalten und es machte auf mich auch eher den Eindruck, als sei ihr ganzer Charakter instabil und nicht nur der Teil dem Selbstbewusstsein fehlt. Mir hat Charlotte einfach nicht gefallen.

Jetzt würde ich eigentlich einfach über den zweiten Hauptprotagonisten schreiben, aber wer ist das? Eigentlich ja wahrscheinlich Adam. Schließlich soll es so sein. Aber Seth war für mich die Geschichte über ehrlich gesagt präsenter. Ich habe mehr von seiner Verstoßung mitbekommen, als von der großen Liebe zwischen Adam und Charlotte (vom Ende mal abgesehen).

Dennoch ist Adam derjenige, der hier Charakter haben durfte, während Seth nur dazu diente, Charlotte immer und immer wieder unrealistischerweise zu verzeihen und unheimlich nett zu sein.
Also zu Adam: Er war mir ebenfalls anfangs total unsympathisch und ich bin auch im Laufe der Geschichte nicht mit ihm warm geworden. Sein Verhalten am Anfang war so bizarr, dass ich mich ernsthaft gefragt habe, ob der Teil zum Buch gehört. Aber ja und es wird ja auch ein wenig erklärt und schon lernt man den „wahren“ Adam kennen. Der ist aber nicht minder verrückt meiner Meinung nach. Adam redet unheimlich viel Quatsch, ist sprunghaft, führt sich die meiste Zeit auf wie ein Kleinkind und hat dann auf einmal die Weisheit schlechthin gelöffelt. Für mich war er auf jeden Fall kein Typ, in den ich mich verliebt hätte und ich fand es einfach nicht gut gemacht, dass ich so gar nichts Liebenswertes (bis auf vielleicht sein grenzdebiles Grinsen) an ihm finden konnte.

Zur Geschichte allgemein:
Die Geschichte fing ziemlich normal an. Ziemlich bald merkte man aber, dass es bei Charlotte und Helen immer alles sehr überstürzt zugeht. Charlotte geht also mit diesem Künstler und dann folgen die wohl absurdesten Seiten, die ich je gelesen habe. Und das Verrückteste daran? Charlotte verliebt sich ihn ihn. Bitte was? Warum? Nicht nachvollziehbar.
Dann folgt ein Zeitsprung von sechs Monaten, bis der Leser Seth präsentiert bekommt und dieser Handlungsstrang seinen Lauf nimmt. Viel geredet wird allerdings nicht. Es spielt sich nur in wiederholenden Handlungen ab, die ziemlich nichtssagend für den Leser sind, weil Charlottes Gedankengänge fehlen und man sich als Leser einfach nicht in sie hineinversetzen konnte. Das machte es wirklich schwer, den Handlungsverlauf zu verstehen. Zudem wurde es zunehmend langweiliger, weil Charlotte einfach so wenig Charakterstärke beweist und die. Story irgendwie auch nicht vorankommt.
Im dritten Abschnitt erfahren wir dann, dass in diesen sechs Monaten anscheinend doch viel passiert ist. Es ist nicht die einzige Stelle, an der die Autorin den Leser nicht an allem teilhaben lässt. Gespräche werden ebenso gerne abgekürzt, was ich gerade beim ersten Date von Charlotte und Seth zum Beispiel sehr schade fand, weil es mir wieder die Möglichkeit nahm, ihre Charaktere besser kennen zu lernen. Vor allem Seth.
Nun tritt Adam aber wieder auf den Plan und die Geschichte scheint sich ein wenig an „Ein ganzes halbes Jahr“ orientieren zu wollen. Auf einmal hat alles eine tiefergehende Bedeutung, die Gefühle sind so stark wie eh und je und die Handlung könnte gar nicht noch dramatischer sein. So war jedenfalls mein Eindruck davon, was der Leser eigentlich hätte denken sollen. Tatsächlich aber wird es so emotionslos und unauthentisch dahererzählt, dass ich es nur mit mäßigem Interesse verfolgt habe. Es konnte mich einfach nicht packen.
Und dann der letzte Abschnitt des Buches. Warum war er da? Ich dachte eigentlich, es wäre endlich zu Ende. Ehrlich gesagt, hat Charlotte ihr Leben meiner Meinung nach genauso verdient, wie es dann gekommen ist. Aber es ging noch weiter und das nicht gerade kurz. Auf ein paar Seiten hätte ich es noch verstanden, aber so lang, waren es nur zusätzliche Seiten, auf denen ich Charlotte null verstanden habe und einfach nur gehofft habe, dass sie den armen Seth in Ruhe lässt.

Fazit:
Für mich ein leider sehr enttäuschendes Buch. Die Story hätte wirklich das Potential zu einer sehr emotionalen Geschichte gehabt. Draus geworden ist allerdings leider eine emotionslose, klischeebehaftete, wirklich schwer nachvollziehbare und unauthentische Geschichte. Ich konnte mich weder in die Charaktere hineinversetzen, noch mit dem Schreibstil anfreunden. Wirklich sehr schade, aber ich kann dieses Buch nicht empfehlen.

2 von 5 Sterne von mir.

Veröffentlicht am 12.11.2019

Eindinglich, obwohl recht emotionslos

Winterbienen
0

Klappentext:
Januar 1944: Während über der Eifel britische und amerikanische Bomber kreisen, gerät der wegen seiner Epilepsie nicht wehrtaugliche Egidius Arimond in höchste Gefahr. Er bringt nicht nur ...

Klappentext:
Januar 1944: Während über der Eifel britische und amerikanische Bomber kreisen, gerät der wegen seiner Epilepsie nicht wehrtaugliche Egidius Arimond in höchste Gefahr. Er bringt nicht nur als Fluchthelfer jüdische Flüchtlinge in präparierten Bienenstöcken über die Grenze, er verstrickt sich auch in Frauengeschichten.

Der Schreibstil:
Der Autor erzählt diese Geschichte in Tagebuchform. Damit einhergehend erwartet man natürlich eine sehr persönliche Erzählung. Sehr schnell wird jedoch klar, dass dies nicht auf dieses Buch zutrifft. Der Erzählstil ist eher emotionslos, nahezu objektiv bzw. berichtend und sehr bildreich erzählt. Dem Tagebuchstil treu erfährt der Leser aber keine näheren Beschreibungen zum Aussehen des Erzählers oder nähere Erklärungen zu den anderen Figuren in der Geschichte, da Egidius sie ja schon kennt.
So ist der Schreibstil etwas gewöhnungsbedürftig, mir hat er aber recht gut gefallen. Ich habe mich schnell an den Erzählstil gewöhnt und fand es einfach sehr authentisch gehalten, dadurch, dass die Situation eben nicht so ausgeschmückt, sondern direkt beschrieben wurde.
Einzig anmerken möchte ich aber noch, dass anfangs ein wenig Verwirrung beim Leser eintrifft, weil recht viele Fachbegriffe genutzt werden (die erklären sich aber nach und nach).

Die Figur Egidius Arimond:
Der Hauptprotagonist der Geschichte ist ein etwas spezieller Typ. Man muss sich vorstellen, dass er schon lange mit dem Krieg lebt, sogar den ersten Weltkrieg mitbekommen hat, und durch seine Krankheit ein wenig zum Einsiedler geworden ist.
Interessant fand ich ihn besonders, weil er mehrere Handlungsstränge der Geschichte zusammenbringt. Da ist die Gegenwart mit ihm, seiner Krankheit, den Kriegsgeschehnissen, dann die Bienen und ihr Leben, seine Vergangenheit und Gegenwart mit seinem Bruder, der mitten drin ist im Kriegsgeschehen und dann noch die Geschichte seines Vorfahren, die er zu recherchieren versucht. Das macht ihn natürlich zu einem Charakter, der selber nicht so viel erlebt, dennoch viel zu erzählen hat.
Trocken, fast emotionslos erzählt Egidius von den Juden und seinem Leben. Ich fand, dass man daran sehr gut erkennen konnte, wie sehr ihn seine Lebensumstände mit dem Krieg im Rücken verändert und auch abgehärtet haben. So haben die Hintergrundgeschehnisse für mich mehr Präsenz in der Geschichte bekommen, was ich sehr gut fand.
Ich könnte Egidius jetzt keinesfalls mit nur wenigen Charaktereigenschaften beschreiben, einfach weil er recht undurchsichtig bleibt und man sich am Ende vielleicht doch die Frage stellt, inwieweit er psychisch krank ist. Diese Idee kommt dem Leser erst nach und nach und zeigt ein wenig, wie sich der Protagonist entwickelt. Diese Entwicklung fand ich allerdings sehr gut, weil man stets merkte, wieviel Einfluss das Leben auf ihn nimmt und das ihm auch einfach etwas fehlt, woran er sich festhalten kann.
Sagen kann ich aber, dass man ihm meiner Meinung nach viel andichten kann, im Prinzip vermute ich aber, dass er sich einfach nur retten will und das die ganze Geschichte über. Er ist schlau, durchschaut die Propaganda und spricht vom Ende, gleichzeitig weiß er aber auch, dass er als Epileptiker eigentlich ein Ausgestoßener ist und im Volk der Bienen schon längst kein Teil des Volkes mehr gewesen wäre.
Ich sehe ihn einfach als sehr komplexe Figur, die mir eigentlich ganz gut gefallen hat. Er passte in die Geschichte, war für mich der ideale Erzähler, denn durch ihn wurde alles ganz leise sehr eindringlich.

Zur Geschichte allgemein:
Ich weiß, dass viele die Bienen als Analogie zu Egidius Leben sehen und ständig den Vergleich suchen. Ich habe mir natürlich auch meine Gedanken gemacht, konnte aber diese These, dass man es alles vergleichen kann, nicht unterstützen. Klar gibt es Parallelen, aber für mich waren die Bienen vielmehr ein Mittel zur Verstärkung der sonstigen Erzählung.
Also, die Geschichte ist in die Jahreszeiten aufgeteilt und erzählt dann wie oben schon erwähnt in Tagebuchform. Es gibt mehrere Handlungsstränge. Darunter die Einträge des Ambrosius Arimond, die ich nicht ganz so interessant fand, aber irgendwie in den Gesamtkontext gepasst haben, und die recht objektiven und sachlichen Berichte über die Bienen.
Es fällt auf, dass das wahre Leben hier oft als Nebensächlichkeit erscheint, die weniger Beachtung bekommt, als der Leser vielleicht erwarten würde. Schließlich spielt das Ganze zu Zeiten des zweiten Weltkrieges und dann schwingt ja schon eine gewisse Erwartungshaltung und Atmosphäre mit.
Die Bienen dagegen werden sehr ausführlich beschrieben und Egidius scheint sie gänzlich zu verstehen. Ganz im Gegensatz zu dem, was die Menschen machen. Den Krieg muss man fast aus der Handlung herausfiltern. Er schlägt immer wieder brutal in die Geschichte ein, ist aber auch genauso schnell wieder verschwunden. Die Bienen dagegen haben eine gewisse Ordnung, sind aber auch nicht friedlich.
Anders als andere, habe ich die Berichte über die Bienen aber keinesfalls als eine Meinungsäußerung von Egidius verstanden, sondern als pure Sachberichte, die einfach die Menschen der Natur gegenüberstellen.
Interessant waren auch die Bilder von Flugzeugen innerhalb der Geschichte. Sie verdeutlichten nochmal, dass der Protagonist wirklich schon lange in dieser Welt lebt und soll vielleicht auch einen Zusammenhang zu den Bienen schaffen, die ebenso bedrohlich über die Menschen hinwegsurren können, wie Flugzeuge es tun. Die Bilder der Flugzeuge ähneln nämlich im weiteren Verlauf der Geschichte immer mehr den Bienen. Dies passt dann wiederum auch zum Handlungsverlauf. Zum Ende hin wird die Story immer drängender, schneller, die Tagebuchabstände sind länger, Egidius bringt den Leser immer mehr dazu, ihn zu hinterfragen.
Dieser schnellere Abschnitt war teilweise natürlich etwas verwirrend, hat die Geschichte für mich zum Ende hin aber auch noch mal wieder gerettet, weil es dann zwischendurch doch etwas langweilig wurde. Einfach, weil über einige Passagen hinweg relativ wenig passiert und die Bienen für den Leser eben auch nicht so interessant sind.

Fazit:
Ein Buch, das sicherlich viel Potential zu Diskussionen liefert. Ich würde es aber an eurer Stelle einfach offen angehen und euch überraschen lassen. Ich bin völlig ohne Erwartungen an das Buch herangegangen und konnte es am Ende dennoch für mich verstehen. Zu viele Vorkenntnisse führen, glaube ich, einfach dazu, dass man zu viel hineininterpretiert.
Die Geschichte fand ich ganz interessant und auch gut umgesetzt. Natürlich ist es nicht für jeden etwas, aber es hat erzählt, was es erzählen wollte. Einzig negativ bemerken kann ich, dass es teilweise ein paar Längen hatte und ich auch nicht alles so interessant fand.

4 von 5 Sterne von mir.