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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.06.2022

Nichts für schwache Nerven

Das Letzte, was du hörst
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"Hilf mir! Ich bin am Baum!" Das sind Martinas Worte, mit denen sie Journalistin Roya anfleht. Martina ist fast besessen von dem Podcast "Hörgefühlt", von einem gewissen Marc Maria Hagen, der ...

"Hilf mir! Ich bin am Baum!" Das sind Martinas Worte, mit denen sie Journalistin Roya anfleht. Martina ist fast besessen von dem Podcast "Hörgefühlt", von einem gewissen Marc Maria Hagen, der die Frauen reihenweise in seinen Bann zieht. Als Martina gefunden wird, ist sie tot, Selbstmord soll es gewesen sein. Roya, die schon länger über den Podcast recherchiert, vermutet einen Zusammenhang und stellt eigene Ermittlungen an, in deren Verlauf sie mehr als einmal in Lebensgefahr gerät. Als weitere Leichen auftauchen, wird Roya in ihrer Annahme bestätigt, dass ein Zusammenhang zu "Hörgefühlt" besteht.

In eindringlichem Schreibstil erzählt uns Andreas Winkelmann eigentlich zwei getrennte Kriminalfälle, die durchaus auch jeweils alleine für einen Thriller taugen würden. Die Spannung reicht jedenfalls für zwei, denn die Gänsehaut-Momente waren so zahlreich, dass es mir manchmal tatsächlich zu viel war. Einen Spannungsaufbau in dem Sinne gibt es nicht, die Spannung ist von der ersten Zeile an hoch und so bleibt sie , mit einigen Spitzen, auch.
Die Story ist aufgeteilt in mehrere Handlungsstränge, besonders der Teil mit dem Gefangenen im Keller war wirklich gruselig.
Ein zweiter Handlungsstrang beschäftigt sich mit den Ermittlungen von Kommissarin Carola Barreis, die mir in ihrer Eigenartigkeit sehr sympathisch ist und sehr authentisch dargestellt wird. Sie lässt sich auf Royas Rechercheergebnisse ein, so dass diese beiden Stränge teilweise verschmelzen. In einem weiteren Handlungsstrang begleiten wir Sarah, eine weitere Anhängerin des Podcasts, und ihren Freund Björn, dem Sarahs Schwärmerei gar nicht recht ist.

Die Personen sind einfühlsam charakterisiert, so dass ich ihre Handlungen und Gefühle jederzeit nachempfinden konnte. Besonders zu Roya hatte ich direkt einen Draht und konnte spüren, dass hinter ihrer akribischen, fast schon besessenen Recherche noch etwas anderes steckt. Dieses andere ist es, was die Ermittlungen letztlich einen entscheidenden Schritt weiterbringt und zur überraschenden Aufklärung der beiden Fälle führt.

Insgesamt wurde ich von diesem spannenden Thriller ausgezeichnet unterhalten, auch wenn ich ihn zwischendurch aus der Hand legen musste, weil die Spannung einfach zu viel wurde. Also gibt es hier eine Leseempfehlung mit einem "aber" für empfindsame Gemüter.


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Veröffentlicht am 10.06.2022

Gerne mehr davon

City on Fire
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"City on Fire" ist der Auftakt einer Trilogie, die die Geschichte eines irischen Familienclans mit mafiösen Strukturen erzählt. Die Murphys haben sich mit der konkurrierenden italienischen Familie ...

"City on Fire" ist der Auftakt einer Trilogie, die die Geschichte eines irischen Familienclans mit mafiösen Strukturen erzählt. Die Murphys haben sich mit der konkurrierenden italienischen Familie Morretti arrangiert, man lebt ein friedliches Miteinander. Das geht so lange gut, bis ein Murphy einem der Morettis die Frau ausspannt. Ein regelrechter Mafiakrieg entsteht und rückt Danny Ryan, den Schwiegersohn des Murphy-Anführers, in den Mittelpunkt des Geschehens. Er möchte eigentlich nur raus aus diesem Kreislauf der Gewalt und mit seiner kleinen Familie irgendwo ein friedliches Leben führen, sieht sich jedoch gezwungen einige wichtige Entscheidungen für den Clan zu treffen.

Es gelingt Don Winslow meisterhaft, den Gewissenskonflikt Dannys sehr einfühlsam darzustellen. Geleitet von Pflichtgefühl und Ehre, aber teilweise gegen seine eigene Überzeugung trifft er Entscheidungen, die zu brutalen und eiskalten Verbrechen führen und im gleichen Stil beantwortet werden.

Obwohl fiktiv, gibt diese Geschichte einen guten Einblick in die Strukturen und das Denken der Gruppierungen des organisierten Verbrechens. Hier ist offenbar sehr gründlich recherchiert worden. Personen sind authentisch dargestellt, Handlungen nachvollziehbar. Die Spannung steigt kontinuierlich an, zum Ende hin kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Das hätte ich beim Lesen des sehr entspannten Beginns nicht für möglich gehalten. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung!

Mein Fazit: Unbedingt lesen!


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Veröffentlicht am 05.06.2022

Düster, eiskalt und spannend

Das Haus der stummen Toten
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Das Cover strahlt die Eiseskälte des schwedischen Winters aus, in der dieser Thriller spielt. In kurzen, prägnanten Sätzen und sehr detailliert erzählt Camilla Sten die düstere Geschichte des ...

Das Cover strahlt die Eiseskälte des schwedischen Winters aus, in der dieser Thriller spielt. In kurzen, prägnanten Sätzen und sehr detailliert erzählt Camilla Sten die düstere Geschichte des Mordes an Eleanors Großmutter Vivianne. Die beiden verband eine Art Hassliebe, Eleanors regelmäßige Besuche werden durch eine Vereinbarung geregelt, die sicherstellt, dass Vivianne sie die übrige Zeit der Woche in Ruhe lässt. Als Eleanor auf dem verlassenen Gutshof der Großmutter ihr Erbe antreten will, passieren rätselhafte Dinge. Sie finden den Verwalter tot in der Jagdhütte, die Einfahrt wird blockiert, so dass sie den Hof im Schneesturm nicht verlassen können.

Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen. Neben den Erlebnissen von Eleonor auf dem Gutshof lesen wir die Geschichte von Viviannes Ehe und der Kindheit ihrer beiden Töchter Veronika und Vendela. Die Kapitel sind jeweils mit den Namen der beiden Hauptakteurinnen Eleanor und Anuschka überschrieben, so dass man nicht den Überblick verliert. In Anuschkas Zeit liegt der Ursprung des Familiengeheimnisses, das zu Viviannes Tod geführt hat.
Die Geschichte liest sich von Anfang bis Ende spannend und hat die Bezeichnung Thriller wirklich verdient. Besonders interessant ist die Entwicklung von Eleanor. Zu Anfang traut sie sich selbst nicht, gehandicapt durch ihre Gesichtsblindheit und noch nicht ganz erholt von einem Zusammenbruch nach Viviannes Tod traut sie sich zunächst nicht viel zu. Im Verlauf des unheimlichen Besuchs auf dem geerbten Gutshof wird sie jedoch zusehends stärker und übernimmt die Führung der kleinen Gruppe. Ihr Freund Sebastian dagegen kann mit der Situation so gar nicht umgehen. Die handelnden Personen sind authentisch dargestellt, man kann ihre Gefühle und Ängste jederzeit nachvollziehen. Die Lösung des Rätsels ist überraschend aber schlüssig.
Mein Fazit kann nur eine absolute Leseempfehlung sein, dieser Thriller ist von der ersten bis zur letzten Seite spannend und hat echtes Gänsehaut-Potential.

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Veröffentlicht am 23.05.2022

Krimi mit kulinarischer Note

Kalte Blüten
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Kommissarin Marie Mercier hat sich von Paris nach Saint-Andre-du-Perigord, in die Region der Sommer ihrer Kindheit versetzen lassen. Sie hat dort das Haus ihrer Großmutter geerbt und hat nun auch ihren ...

Kommissarin Marie Mercier hat sich von Paris nach Saint-Andre-du-Perigord, in die Region der Sommer ihrer Kindheit versetzen lassen. Sie hat dort das Haus ihrer Großmutter geerbt und hat nun auch ihren beruflichen Schwerpunkt dort. Ihr erster offizieller Fall ist der Fund eines Skeletts auf der Baustelle für eine Ölmühle. Dieser Fall führt sie zur ihr schon lange bekannten Familie Barthes, die einige Geheimnisse zu verbergen scheint. Sie stößt auf eisernes Schweigen und bekommt zusammen mit ihrem Kollegen Richard Martin eine harte Nuss zu knacken.
Mit ihrem detaillierten, bildhaften Schreibstil lässt mich Julie Dubois den Duft des Flieders ebenso riechen wie die großartigen Kochkünste von Großtante Leonie schmecken. Sie lässt in die Krimihandlung reichlich Lokalkolorit einfließen und zeichnet die Menschen so authentisch, dass man sich in Maries Familie direkt heimisch fühlt, vor allem wenn Tante Leonie kocht. So entsteht ein spannender Krimi der ganz ohne Actionszenen und Waffengewalt daherkommt. Die Ermittlungen laufen mit einer gewissen Leichtigkeit ab, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass in dem beschaulichen Ort jeder jeden kennt und jeder irgendetwas mitbekommt. Trotzdem tappt man als Leser lange im Dunkeln, was die Spannung bis zum Schluss hochhält. Für diese gelungene Mischung gibt es von mir fünf Sterne und eine klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 15.05.2022

Leider vorstellbar

Schmelzpunkt
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Das Eis schmilzt, die Fische sterben und ansässige Unternehmen werden sabotiert. Was ist los im ewigen Eis? Inuit Nanoq schlägt Alarm, so dass das Alfred-Wegener-Institut Biologin Hanna schickt, ...

Das Eis schmilzt, die Fische sterben und ansässige Unternehmen werden sabotiert. Was ist los im ewigen Eis? Inuit Nanoq schlägt Alarm, so dass das Alfred-Wegener-Institut Biologin Hanna schickt, um die Ursache für das Fischsterben zu erforschen. Auch der BND wird aktiv und entsendet die Agenten Nelson und Diana ins Nordpolarmeer, die die Sabotage-Akte aufklären sollen. So entwickelt sich auf verschiedenen Handlungsebenen ein rasanter Thriller vor dem Hintergrund dieser einzigartigen Naturlandschaft. Wolf Harlanders eindringlicher Schreibstil sorgt für atemlose Spannung, ist aber nicht so abgehoben, dass die Geschichte wie Science Fiction wirkt. Im Gegenteil, ich kann mir durchaus vorstellen, dass all das passiert. Die Geschichte handelt ja auch von der grenzenlosen Gier nach Macht und vor allem nach Rohstoffen für unseren ausufernden Konsum, die auch in der Realität ungebrochen ist.
Mitgefiebert habe ich vor allem mit Biologin Hanna, die völlig unbedarft in gefährlichste Situationen geraten ist und trotzdem von ihrem Auftrag nicht abgerückt ist und sich nach Kräften gewehrt hat. Auch mit Nanoq, der bei der unvermeidlichen Naturkatastrophe alles verloren hat, konnte ich gut mitfühlen. Ihm liegt an seiner Heimat, dafür kämpft er. Nelson und Diana kamen mir manchmal ein bisschen vor wie James Bond, aber ich weiß ja nicht, wie es im Außendienst des BND tatsächlich zugeht.

Insgesamt hat mich dieses Buch begeistert und geängstigt, denn ich kann mir vorstellen, dass all das tatsächlich genau so passieren kann. So muss ich eine eindeutige Leseempfehlung geben.

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