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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.07.2018

Ein Vampirkrimi

Dark Heroine
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ist es, den die erst 18jährige Abigail Gibbs hier als ihren Erstling vorlegt und als solcher war er für mich, die ich eigentlich mit Vampiren nichts anfangen kann, durchaus verlockend, steht die Krimihandlung ...

ist es, den die erst 18jährige Abigail Gibbs hier als ihren Erstling vorlegt und als solcher war er für mich, die ich eigentlich mit Vampiren nichts anfangen kann, durchaus verlockend, steht die Krimihandlung doch an erster Stelle.
Die junge Violet wartet nach einer durchgefeierten Nacht mitten in London, am Trafalgar-Square auf ihre Freundin und wird dabei Zeugin eines Mordes, nein gleich einer ganzen Reihe von Morden. Die Mörder entführen sie, ohne zu wissen, dass sie damit eine ganze Maschinerie in Gang setzen: ihr Vater ist nämlich der Verteidigungsminister. Und auch Violet erlebt eine handfeste Überraschung, nämlich die, dass ihre Entführer Vampire sind.
Und damit kommt die zweite Erzählperspektive ins Spiel, die von Kaspar, dem Vampir. Violet und er mögen sich nicht, bis... nun, diese Entwicklung ist für einen Teenagerroman, der das Buch ja schließlich und endlich ist, nicht überraschend und durchaus absehbar, wenn auch nicht in allen Feinheiten.
Für mich insgesamt dann doch zu viel Vampir, vor allem zum Ende hin, das ich mir anders gewünscht hätte und zu wenig Krimi. Ein bisschen flach war die Geschichte ingesamt dann doch, wobei aber zu berücksichtigen ist, dass ich, die ich mittleren Alters und kein Fantasy-Fan bin, definitiv nicht zur Zielgruppe zähle. Bei dieser wird das Urteil mit Sicherheit um Einiges gnädiger ausfallen, zumal die Autorin Potential hat. Das Buch ist nicht schlecht geschrieben - vor allem nicht, wenn man berücksichtigt, dass die Autorin gerade mal 18 war. Also können sich Fans von Vampir-Krimis hier in den nächsten Jahren aller Voraussicht nach auf eine reichhaltige Ausbeute freuen!

Veröffentlicht am 27.07.2018

Eine Meisterin der Verdrängung

Die stille Frau
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das ist die Psychologin Jodi Brett, die sich vormacht, dass bei ihr alles in bester Ordnung ist. Nein, ihr Mann Todd, in bestem Alter, immer schon ein Filou und inzwischen mitten in der Midlife Crisis, ...

das ist die Psychologin Jodi Brett, die sich vormacht, dass bei ihr alles in bester Ordnung ist. Nein, ihr Mann Todd, in bestem Alter, immer schon ein Filou und inzwischen mitten in der Midlife Crisis, betrügt sie nicht, alles ist bei ihr in bester Ordnung und absolut perfekt. Doch allmählich steuert ihre Partnerschaft Niederungen an, die sie nicht einmal in ihren tiefsten Befürchtungen beschritten hat.

In ihrem Erstling, bei dem es aufgrund ihres frühen Todes leider auch bleibt, schildert die Autorin A.S.A. Harrison ein Drama - wohlgemerkt ein Psychodrama. Es lebt sowohl von der eleganten, gewählten und teilweise reduzierten Sprache, vor allem jedoch durch die gelungene Abbildung der Dynamik, der die Figuren im Laufe der Handlung unterworfen sind.

Man mag meinen, man würde die groben Entwicklungen im Voraus kennen, voraussehen können, worum es der Autorin geht, doch ist dies ein Spannungsroman im besten Sinne mit etlichen unvorhersehbaren Wendungen. Tatsächlich ist "Die stille Frau" ganz klar ein eher stiller Roman, aber dabei ein ausgesprochen atmosphärischer.Diejenigen, die auf die Werbekampagne angesprungen sind, die sich auf Thriller wie "Gone Girl" oder "Ich.darf.nicht.schlafen" fokussiert, werden enttäuscht sein - für Freunde harter Kost ist dieses eher auf Stimmungen und Entwicklungen aufgebaute Buch eher nichts. Wer sich aber auf anspruchsvolle Weise entspannen und ebenso unterhalten werden will - für den ist dieses Buch sicher das Richtige!

Veröffentlicht am 27.07.2018

Ein Vögelchen, dem ab und zu die Puste ausgeht

Kolibri
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Eine neue Krimiautorin aus Finnland? Das weckte gleich meine Neugier und auch Klappentext bzw. Inhaltsangabe verhieß Vielversprechendes. Eine originelle Protagonistin, die Hauptkommissarin Anna Fekete, ...

Eine neue Krimiautorin aus Finnland? Das weckte gleich meine Neugier und auch Klappentext bzw. Inhaltsangabe verhieß Vielversprechendes. Eine originelle Protagonistin, die Hauptkommissarin Anna Fekete, eine Finnin mit Migrationshintergrund, was im Handlungsverlauf eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Sie hat es zurück in die Stadt verschlagen, in der sie aufgewachsen ist, in ein dynamisches Team mit etwas anstrengendem Chef und freundlichen Kollegen - mit einer Ausnahme: das ist ausgerechnet der schon etwas ältere, unflexible und wenig tolerante Esko, mit dem sie eng zusammenarbeiten muss.

Und es geht gleich los: auf einem Joggingpfad wird die Leiche einer jungen Frau, einer Abiturientin, deren Leben gerade erst angefangen hatte, gefunden. Brutal zugerichtet ist sie und bei ihr findet man ein mexikanisches Amulett. Dasselbe findet sich auch bei den nächsten zwei Opfern auf der Joggingstrecke, die das Verbrechen zum Serienmord werden lassen und zunächst - zumindest teilweise nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun haben? Was hat es mit diesen brutalen Verbrechen auf sich? Und was hat der Hauptgott der Azteken Huitzilopochtli, Gott der Sonne und des Krieges, der doch eigentlich nach Mexiko gehört, damit zu tun? Er ist es nämlich - in Verbindung mit einem Kolibri - der auf dem Amulett, das die Ermordeten verbindet, abgebildet ist. In einem zweiten Handlungsstrang hat es Anna mit einem weiteren Fall zu tun, einer kurdischen Schülerin, die den Notruf getätigt hat und ihre Eltern anzeigen will - wohl wegen Mißhandlung und Freiheitsberaubung, dies jedoch schnell zurückzieht. Aber Anna bleibt dran...

Dicht ist die Handlung, trotzdem tun sich zu Beginn einige Längen auf. Die Protagonistin Anna Fekete ist anders, aber nicht so anders als andere Protagonisten, sie hat eben auf ihre Weise gegen ihr Umfeld - Probleme mit dem Bruder, den Kollegen, mit Männern im Großen und Ganzen - anzukämpfen. Mit Camilla Läckberg, wie auf dem Bucheinband angepriesen, oder auch mit ihrer Landsmännin Leena Lehtolainen würde ich die finnische Autorin Kati Hiekkapelto nicht auf eine Stufe stellen, noch nicht jedenfalls. Immerhin ist dieses ihr Erstlingswerk und ein durchaus lesenswertes Buch, doch kommt mir der Plot ein wenig zusammengesucht vor - aus dem, was es schon vorher gab. Rückblickend enthält das Buch zwar Originelles, das aber so nicht zur Geltung kommt und auch die zwei Handlungsstränge verlaufen quasi jeweils im luftleeren Raum - komplett isoliert voneinander. Aber das Buch strotzt nur so von vielen, vielen guten Ideen, auch wenn diesem Vögelchen, diesem Kolibri doch immer wieder mal die Puste ausgeht. Doch es sind nur Atempausen, nicht endlose Unterbrechungen - hier gibt es noch sehr viel Potential und ich freue mich auf das nächste Buch der Autorin!

Veröffentlicht am 27.07.2018

Ein winterlicher Familienkrieg

Winterkrieg
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der nordischen, subtilen und sehr, sehr reduzierten Art findet in der Familie Paul statt. Passend zu ihrer Heimat Finnland geht es hier auch im Hochsommer recht kühl zu. Eigentlich leben sie ja ganz gut, ...

der nordischen, subtilen und sehr, sehr reduzierten Art findet in der Familie Paul statt. Passend zu ihrer Heimat Finnland geht es hier auch im Hochsommer recht kühl zu. Eigentlich leben sie ja ganz gut, die Eltern Max und Katriina, die sich in den letzten Jahren ihrer - jeweils sehr erfolgreichen - Berufstätigkeit stehen und die Töchter, die sich - in Helens Fall - mit Kindern, Familie und dem Beruf als Lehrerin - ganz gut, wenn auch völlig unspektakulär eingerichtet haben bzw. wie die jüngere Eva noch nach ihrem Weg im künstlerischen Bereich suchen.

Aber irgendwann gibt es einen Knacks im Leben der älteren Generation, eine Art von Störung im Ablauf und der bisher so gemütliche, ja gemächliche Weg gerät ins Wanken.

Ist eigentlich wirklich Krieg? Hat der Gott des Gemetzels in dieser sehr modernen, wohlhabenden und ganz und gar dem Zeitgeist entsprechenden Familie Einzug gehalten. Ich würde sagen, es ist eher der ganz normale Wahnsinn, der bei den Pauls Einzug gehalten hat, sie sind eher Opfer der gepflegten Langeweile als der Schlachten des Winterkriegs, der in der finnischen Historie eine so große Rolle spielte, geworden. Und die Verlierer - wenn man sie überhaupt als solche bezeichnen kann oder will - sind eindeutig die Eltern, den Töchern - vor allem Eva - offenbart sich eine durchaus aussichtsreiche Perspektive. Ein nicht ungewöhnlicher Kreislauf im Leben einer Familie also, der hier dargestellt wird, auf eine angenehm zu lesende, aber alles andere als spektakuläre Art.

Philipp Teir schreibt gekonnt, eloquent und sehr, sehr nordisch - und gerade dieser sehr zurückgenommenen Art ist es in diesem Fall zu verdanken, dass ich nicht restlos begeistert bin. Man muss es ja nicht drauf anlegen, orgininell zu sein, aber diesem Werk merkt man ein wenig zu sehr die vorangegangene Lektüre von Franzen und Buwalda, aber auch von Ibsen und Mann an. Ein guter Autor, der seinem nächsten Werk seinen eigenen Stempel ein wenig intensiver und nachhaltiger aufdrücken könnte, aber ganz klar auf einem guten Weg ist!

Veröffentlicht am 27.07.2018

Es sind immer die anderen

Die Lügen der Anderen
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.. die etwas Falsches, Verbotenes tun, zumindest nach Außen hin - Hauptsache, man selbst schafft es, den Schein zu wahren!

Lügen und Betrügen - man lernt schon als kleines Kind, dass man das nicht tun ...

.. die etwas Falsches, Verbotenes tun, zumindest nach Außen hin - Hauptsache, man selbst schafft es, den Schein zu wahren!

Lügen und Betrügen - man lernt schon als kleines Kind, dass man das nicht tun sollte. Später lernt man dann, dass kleine Notlügen das Leben enorm erleichtern können, sie werden verständlich und entschuldbar. Doch hier geht es um den Tod eines 13jährigen, geistig zurückgebliebenen Mädchens.

Eines Mädchens in Sarasota, Florida, wo drei britische Paare aus der Mittelklasse gemeinsam Urlaub machen. Sie lernen sich dort erst kennen, freunden sich an und machen viel, aber nicht alles gemeinsam. Da sind die rundliche Angie mit ihrem aufbrausenden Ehemann Barry, beide irischstämmig, die eine Patchworkfamilie mit recht komplexen Strukturen bilden. Dann die ruhige, überlegen wirkende Lehrerin Sue, die einen tiefen Schmerz in sich trägt mit ihrem lebenslustigen Gatten Ed, der seine Blicke ständig schweifen lässt und gelegentlich in fremden Gefilden wildert. Schließlich das etwas jüngere, ein wenig geheimnisvoll wirkende Paar Dave und Miriam - er IT-Experte, sie Arzthelferin und eine milchkaffeefarbene Schönheit, die von einer Karriere als Schauspielerin träumt. Bei ihnen wundern sich alle, was sie zusammengebracht hat. Auch dem 13jährigen Mädchen begegnen sie, allerdings nur flüchtig, bis es an ihrem letzten Urlaubstag verschwindet.

Es gibt Wiedersehen im heimatlichen London - reihum laden sich die Paare zum samstäglichen Dinner ein, während dieser Zeit wird die Leiche des Mädchens gefunden und der Fall kehrt mit voller Wucht ins Bewusstsein der Engländer zurück, da sie befragt werden. Aber hatten sie, hatte eine oder einer von ihnen tatsächlich was damit zu tun?

Mark Billingham schreibt eloquent und eindringlich, er entwickelt gekonnt eine gewisse Spannung, die er aus meiner Sicht aber nicht durchgehend halten kann. Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet, man kann sich jeden der sechs Engländer wie auch weitere Figuren, die im Erzählverlauf eine Rolle spielen, sehr gut vorstellen. Es ist ein eher ruhiger Spannungsroman, der überhaupt nicht auf Knalleffekte setzt, sondern auf subtile Schwingungen und Verwebungen. Leider zeichnete sich für mich der mögliche Täter sehr früh ab, eine Annahme, die sich dann auch bestätigte. Auch wurden einige - und zwar gerade die interessantesten - Erzählstränge nicht aufgelöst. Ein solider, aber nicht herausragender Krimi nicht ohne Anspruch, der sich für Leser eignet, die nicht auf blutdrünstige Sensationen, wohl aber auf durchdachte, gut strukturierte Handlung und auf gewählte Sprache setzen.