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Veröffentlicht am 28.08.2021

Wie Nicht-Kommunikation menschliche Beziehungen erschwert

Wir für uns
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Sozialarbeiterin Josie ist hin- und hergerissen: Sie ist schwanger von Bengt. Doch Bengt möchte das Kind nicht, da er verheiratet ist und mit seiner Ehefrau bereits gemeinsame Kinder hat. Josie möchte ...

Sozialarbeiterin Josie ist hin- und hergerissen: Sie ist schwanger von Bengt. Doch Bengt möchte das Kind nicht, da er verheiratet ist und mit seiner Ehefrau bereits gemeinsame Kinder hat. Josie möchte Bengt nicht verlieren, ist sich jedoch auch klar darüber, dass es mit Anfang Vierzig wohl ihre letzte Chance ist, ein Kind zu bekommen. Dann trifft sie auf Kathi, die sich nach dem Tod ihres Mannes ebenfalls einsam fühlt, da die Beziehung zu ihrem einzigen Sohn abgekühlt ist. Die beiden auf den ersten Blick sehr unterschiedlichen Frauen nähern sich an, entdecken Gemeinsamkeiten – und entwickeln eine außergewöhnliche Freundschaft, in der sich füreinander da sind.
An „Wir für uns“ ist mir als erstes das fröhlich-optimistische Cover aufgefallen: Zwei hübsche Vögelchen im Baum mit dem großen Titel im Fokus. Das zarte khaki ist zwar etwas unauffällig, aber das machen die Vögel und die goldgelben Abstufungen wieder wett. Es wirkt friedlich, harmonisch und stimmig und ich erwarte dadurch einen emotionalen Frauenroman mit Tiefe.
Barbara Kunraths Schreibstil gefällt mir gut, er ist klar und flüssig und somit einfach zu lesen. Teilweise geht die Autorin sehr ins Detail, was für meinen Geschmack nicht an allen Stellen derart vertiefend notwendig ist. In anderen Szenen jedoch lässt gerade diese Art des liebevollen Beschreibens anschauliche Bilder in meinem Kopf entstehen. Insgesamt ist das Buch eher ruhig und unaufgeregt verfasst. Es wechselt zwischen den Perspektiven der beiden Protagonistinnen Josie und Kathi, wodurch wir Leser beide kennen und somit besser verstehen lernen sollen.
Dies gelingt leider jedoch nur in Teilen. Josie wirkt auf mich teilweise recht naiv und ihre tollpatschige Art hätte ich so nicht mit einer fast Vierzigjährigen in Verbindung gebracht. Sie wirkt an vielen Stellen irgendwie unreif und noch nicht ganz im Erwachsenenleben angekommen. Insbesondere hinsichtlich ihrer Beziehung zu Bengt ist sie für mich einfach nur realitätsfern. Durch die Schwangerschaft entwickelt sie sich glücklicherweise etwas weiter, aber glaubwürdig ist mir ihre schnelle Abnabelung nicht erschienen. Insgesamt ging mir die Veränderung der Figuren an einigen Stellen etwas zu plötzlich. Auch Kathi blieb bis zum Schluss irgendwie distanziert und ich konnte keine richtige Bindung zu ihr herstellen. Die Begegnung der beiden Frauen wurde zwar gut geschildert, aber das Näherkommen und Vertrauen-Lernen, sprich: die eigentliche Entwicklung der Freundschaft war auch nicht wirklich nachvollziehbar, da mir hier die gemeinsamen Szenen gefehlt haben.
Was mich ebenfalls gestört hat war die Vielzahl an aktuellen Themen - Klima, Flüchtlinge, Inklusion, Homosexualität… sämtliche Trendthemen wurden mit in das Buch gequetscht, ob passend oder nicht. Hier hätte ich mir mehr Fokus gewünscht. Melanies kurzen Ausbruch zum Thema Klimawandel fand ich ziemlich unnötig. Wirklich wichtige Ereignisse für die Figuren und die Geschichte hingegen wurden im Vorbeigehen kurz in einem Nebensatz abgehandelt – an vielen Stellen hätte ich mir mehr Hintergrund oder Gedanken und Gefühle gewünscht. Interessant fand ich die Behandlung des – für ein Buch eher ungewöhnlichen – Themas der Pränataldiagnostik, hier konnte ich noch etwas dazu lernen. Auch der Alltag mit einem Kind mit Trisomie 21 wurde passend und respektvoll geschildert.
Insgesamt fand ich das Buch mit Handlungssträngen und Baustellen der Protagonisten etwas überfrachtet – kein Wunder, dass es deren Lösungen nicht gerecht werden konnte. Als Leser merkt man, dass es potenzielle Probleme gibt, aber wirklich thematisiert oder bearbeitet wurden nicht alle. Dies liegt vor allem daran, dass sämtliche Figuren diese einfach totschweigen und nicht miteinander sprechen. Die endlosen Kommunikationsprobleme haben mich zunehmend ermüdet und am Ende genervt. Ständig gibt es Streit und (unausgetragene) Konflikte, keiner spricht wirklich das an, was Sache ist, vor dem ehrlichen Gespräch wird geflohen, eine Klärung wird immer weiter verzögert… das war sehr anstrengend. Am Ende lösen sich viele dieser Konflikte dann ganz plötzlich und schnell, was zu dem jahrelangen "Drama" davor nicht so wirklich passen will. Hier fehlten mir die Hinführung und der Prozess zum Happy End.
Dennoch hatte ich keine schlechte Lesezeit. Die Geschichte hatte Wendungen parat, die ich so nicht erwartet hatte und ich habe auch mit Josie mitgefiebert. Insgesamt hätte ich mir gewünscht, dass die generationenübergreifende Frauenfreundschaft stärker im Mittelpunkt gestanden und mehr kommuniziert worden wäre. Alles in allem hat mir das Buch zwar durchaus Spaß gemacht, aber es wird leider keines meiner Jahreshighlights werden.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.08.2021

Ein Mann, der hält, was er verspricht

Alles, was du mir versprichst
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Amelie ist verzweifelt – in einer überhasteten Aktion hat sie sich ihren fünfjährigen Bruder Ben geschnappt und ist auf und davon. Ihr Ziel: Weg, einfach nur weg aus München. Ihre Bekannte Linda fällt ...

Amelie ist verzweifelt – in einer überhasteten Aktion hat sie sich ihren fünfjährigen Bruder Ben geschnappt und ist auf und davon. Ihr Ziel: Weg, einfach nur weg aus München. Ihre Bekannte Linda fällt ihr ein, welche auf einer Hacienda in Andalusien lebt. Voller Hoffnung, aber ohne Plan stranden Amelie und Ben auf der „Hacienda de los Caballos Blancos“. Dort begegnen sie nicht nur Linda, sondern auch Ramón, dem mittleren der drei Álvarez-Brüdern, denen die Hacienda gehört. Der sensible Tierarzt merkt schnell, dass hinter Amelies Besuch die pure Verzweiflung steckt und sein Beschützerinstinkt ist geweckt – er möchte nicht nur Amelie, sondern auch dem kleinen Ben helfen. Die Gefühle zwischen Ramón und Amelie wachsen, doch Amelie fällt es schwer, sich Ramón gegenüber öffnen – denn sie trägt ein Geheimnis mit sich herum, dass die aufkeimende Beziehung gefährden wird…

„Alles, was du mir versprichst“ ist der dritte Band von Nora Wellings „everything for you“-Reihe, die sich um die drei Álvarez-Brüder auf deren Hacienda in Andalusien dreht. Luis und Damian kommen im Buch zwar auch regelmäßig vor, der Fokus liegt aber eindeutig auf dem mittleren Bruder Ramón. Mir hat sehr gut gefallen, dass ich ohne Probleme der Geschichte folgen konnte, ohne die vorherigen Bände zu kennen. Dass so wenige Fragen im letzten Buch einer Reihe offen bleiben ist wirklich selten. Für Leser, welche die ersten Bände kennen, war es sicherlich ein schönes Wiedersehen mit bekannten Figuren und Orten, für mich als Quereinsteiger aber dennoch eine runde Geschichte – das wurde hier wirklich sehr gut gelöst!

Am besten gefallen haben mir an dem Buch die grandios vermittelten Emotionen! Nora Welling ist es wirklich wunderbar gelungen, mich in die Story hineinzuziehen und mit ihren Protagonisten mitfühlen zu lassen. Da es sowohl Kapitel aus Amelies, als auch aus Ramóns Sicht gab, konnte ich beide gut kennen- und verstehen lernen – auch wenn ich Amelies Gedanken und Handlungen teilweise nicht gutheißen konnte und sie mich etwas genervt hat. Die Gefühle zwischen den beiden wurden aber wunderschön beschrieben, so dass ich emotional mitgefiebert habe und sehr berührt war. Insgesamt ist Nora Wellings Schreibstil sehr bildhaft, enthält passend eingebaute Lebensweisheiten und lässt sich schnell und flüssig lesen. Außerdem hat sie es innerhalb kürzester Zeit geschafft, mich komplett nach Andalusien zu entführen: Ich konnte die Hacienda, das Leben dort, das leckere Essen und die komplette Umgebung live vor mir sehen! Die authentischen Beschreibungen haben mich komplett wegträumen lassen! Dennoch wurde nichts beschönigt und auch auf die negativen Seiten des Lebens in Spanien eingegangen, was dem Buch einen glaubhaften Realismus verliehen hat.

Die Geschichte an sich startet sehr schnell, wir befinden uns sofort mit Amelie und Ben auf der Flucht und es stellen sich tausend Fragen nach dem warum. Der Spannungsbogen wird durch zahlreiche Andeutungen hoch gehalten und erst nach und nach kommen immer mehr Puzzlesteine ans Licht. Die Lösung von Amelies „großem“ Geheimnis erscheint dann aufgrund dieser Andeutungen fast etwas zu trivial, da hätte ich mir etwas mehr versprochen als das, was ich mir bereits selbst zusammengereimt hatte. Aber wichtiger war die Liebesgeschichte zwischen Ramón und Amelie, die sehr realistisch und romantisch ausgearbeitet wurde. Außerdem wurde Ben sehr passend eingebaut, in auf der Hacienda aufblühen zu sehen hat mein Herz erwärmt. Dass das Ende absehbar war, hat mich nicht gestört, vielmehr habe ich mich auf das schöne Happy End gefreut. Leider habe ich dieses als etwas übertrieben und fast schon ins Kitschige abdriftend empfunden, für meinen Geschmack wäre hier weniger mehr gewesen – aber das gute Ende für die Protagonisten, die mir sehr ans Herz gewachsen sind, ist für mich das, was letztendlich zählt.

Gut ausgearbeitet fand ich des Weiteren die Protagonisten: Ramon als intelligenter, introvertierter und zuverlässiger Schwiegermuttertraum, Amelie als starke aber auch verunsicherte Persönlichkeit und der unschuldige Ben, der es trotz seiner fünf Jahre schon schwer hatte im Leben. Die Bindungen und die Liebe zwischen den Personen wurden sehr gut dargestellt und insbesondere das Prickeln zwischen Ramon und Amelie wurde spürbar. Auch die Álvarez-Familie und die große Gemeinschaft auf der Hacienda war sympathisch und einfach nur zum Wohlfühlen. Etwas unrealistisch fand ich das unproblematische Sprachen-Mischmasch, mit dem sich alle unterhalten haben – Ben konnte innerhalb kürzester Zeit Spanisch sprechen, Amelie als Krankenschwester spricht fließendes Englisch… das war mir an einigen Stellen etwas zu rund. Auch wirkte der fünfjährige Ben manchmal, als hätte er bereits das Sprachverständnis eines Erwachsenen. Elhan war sehr stereotyp gezeichnet, aber ein passender Antagonist.

Alles in allem hat mir „Alles, was du mir versprichst“ aber sehr gut gefallen. Für mich ist es ein perfekter, lockerer Roman für ein leichtes Lesevergnügen und besticht durch seine großen Emotionen und das wahnsinnig schöne andalusische Setting, dass zum Wegträumen einlädt.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Charaktere
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  • Cover
  • Gefühl
Veröffentlicht am 31.07.2021

Freundschaft oder Zweckgemeinschaft?!

Heldinnen werden wir dennoch sein
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Seit ihrer Jugendzeit sind Susi, Elli, Ute und Helma im selben Freundeskreis. Ende der 1970er Jahre gehörten zu dieser Clique auch noch Frankie und Marie, wobei letztere inzwischen leider verstorben ist. ...

Seit ihrer Jugendzeit sind Susi, Elli, Ute und Helma im selben Freundeskreis. Ende der 1970er Jahre gehörten zu dieser Clique auch noch Frankie und Marie, wobei letztere inzwischen leider verstorben ist. Frankie hingegen ist nach einem verhängnisvollen Abend aus dem Leben der Frauen verschwunden, jahrelang hat kein Kontakt mehr bestanden. Dann erfahrt der Freundeskreis, dass Frankie sich das Leben genommen hat – und die Vergangenheit holt die Frauen ein.
Das Cover von „Heldinnen werden wir dennoch sein“ passt optisch gut zu einem Vorgängerbuch der Autorin und hat somit Wiedererkennungswert. Mir persönlich ist es allerdings etwas zu schlicht und unauffällig. Die Farbkombination aus grau und rostrot gefällt mir persönlich nicht besonders, allerdings mag ich die Kirschen. Sie erinnern mich an den Sommer und rufen in Zusammenhang mit dem Titel irgendwie Nostalgie hervor. Den Titel finde ich ehrlich gesagt etwas sperrig und auch nicht unbedingt passend, auch wenn am Ende darauf referenziert wird.
Die Struktur des Buches fand ich sehr interessant aufgebaut: Jeder Freundin ist abwechselnd ein Kapitel gewidmet, so dass der Leser sie nach und nach immer tiefer kennen und verstehen lernt. Auch kursiv gedruckte, briefartige Kapitel von Frankie finden zu Beginn, am Ende sowie zwischen den Kapiteln über die Frauen Einzug und geben der Geschichte einen Rahmen und roten Faden. Hinter jeder Person verbirgt sich mehr, als es zunächst den Anschein macht und diese Hintergründe und deren Einfluss auf die Entwicklung und Gegenwart der Freundinnen nach und nach zu begreifen fand ich sehr interessant. Zunächst war ich etwas überfordert mit der Vielzahl an Personen, die relativ schnell zu Beginn des Buches eingeführt wurden, aber hier wurde clever durch die Grafik unterstützt: In der vorderen Buchklappe befindet sich eine Kurzvorstellung jeder der Freundinnen, auf die ich des Öfteren zurückgegriffen habe. Toll gemacht! Auch das Interview mit der Autorin auf der Innenseite der Buchrückseite war gelungen eingebaut. Es wechseln jedoch nicht nur die Perspektiven, sondern auch die Zeiten. Trotzdem blieb es zu jeder Zeit verständlich und übersichtlich. Nach und nach lernt man so die Geschehnisse aus der Vergangenheit mit deren Auswirkungen auf die Gegenwart einzuschätzen und versteht, wie es zu Frankies Selbstmord kommen konnte.
Leider brauchte ich etwas, um in die Geschichte hinein zu kommen, die Beziehungsgeflechte zu durchdringen und mit den meisten Figuren warm zu werden. Sie wurden doch an vielen Stellen etwas klischeehaft dargestellt und waren mir zunächst bis auf Helma und Frankie eher unsympathisch. Auch hätte ich mir etwas mehr Tiefgang gewünscht, gerade in Hinblick auf das Thema der enttäuschten Freundschaft und des Verrats, das mehr Potenzial hatte, als genutzt wurde. Einige Stellen waren dann doch recht unglaubwürdig und wirkten konstruiert. So wirkten z.B. auch viele Dialoge sehr „geschrieben“. Dennoch liest sich die Geschichte spannend und lebhaft, ich wollte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Durch zahlreiche Andeutungen wurde meine Neugier ins Unermessliche gesteigert und ich wollte unbedingt herausfinden, was damals geschehen ist und die Frauen so zusammengeschweißt hat – dass ihr Aneinander-Festhalten nicht allein aus freundschaftlichen Gefühlen besteht wurde nämlich sehr deutlich. Die „Clique“ kam mir – sowohl in der Vergangenheit, als auch in der Gegenwart mehr wie eine Zweckgemeinschaft vor. In schwierigen Situationen war kein Zusammenhalt spürbar und auch die gegenseitige Empathie lässt zu wünschen übrig. Nach und nach wird die Vergangenheit enthüllt und somit ihre Auswirkungen auf die zwischenmenschlichen Beziehungen bis hin in die Gegenwart nachvollziehbar. Dieses Rätseln und Entschlüsseln hat mir großen Spaß gemacht. Etwas seltsam erschien mir die kurze, beiläufige Abhandlung der Corona-Zeit. Diese Kapitel wirkten sehr eingeschoben und ich kann mir gut vorstellen, dass sie erst im Nachhinein noch hinzugefügt wurden. Das Ende war dann wieder sehr versöhnlich, Frankies Abschiedsbrief hat vieles abschließend erklärt und die Geschichte rund gemacht. Für mich wäre das ein guter Schluss gewesen, stattdessen wurden noch neue Handlungsstränge eingebaut, um noch lose Fäden abzuschließen, die für meinen Geschmack hätten offen bleiben können. So wirkte der Schluss mit den vielen Versöhnungen und Vergebungen etwas zu gewollt harmonisch für mich.
Insgesamt hat mir das Buch dennoch gut gefallen, da es zum Nachdenken darüber anregt, was Freundschaft und Zivilcourage ausmacht und wie sich zwischenmenschliche Beziehungen über die Jahre hinweg entwickeln können. Auch fand ich schön, wie die Charaktere der Protagonistinnen sich erst nach und nach zusammengesetzt haben und sich von unsympathisch bis hin zu authentisch-nachvollziehbar entwickelt haben.

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Veröffentlicht am 24.07.2021

Anspruchsvolle und anstrengende Charaktere

Schicksal
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Die Geschichte zweier Frauen in Israel, die indirekt miteinander verbunden sind: Atara sucht nach dem Tod ihres Vaters, zu dem sie kein gutes Verhältnis hatte, nach dessen geheimnisvoller erster Frau. ...

Die Geschichte zweier Frauen in Israel, die indirekt miteinander verbunden sind: Atara sucht nach dem Tod ihres Vaters, zu dem sie kein gutes Verhältnis hatte, nach dessen geheimnisvoller erster Frau. Über Rachel durfte nicht gesprochen werden und alles was Atara über sie herausfand war rätselhaft. Als es Atara schließlich gelingt, Rachel aufzuspüren verläuft die Begegnung ganz anders als verhofft. Und dann schlägt das Schicksal zu und schafft Verbindungen zwischen den Frauen und ihren ewig andauernden Schuldgefühlen.
Das Cover von „Schicksal“ ist schlicht gehalten und zeigt eine Frau, die melancholisch und geheimnisvoll auf mich wirkt. Das Cover ist stimmig zur Geschichte, in der es ja auch primär um Atara geht, ansonsten mag ich allerdings keine Gesichter auf Covern, da ich mir die Personen lieber selbst vorstelle. Gut gefällt mir allerdings die Farbgebung, das Gelb im Kontrast zum Schwarz-weißen wirkt eindrucksvoll. Seltsam erscheint mir lediglich, dass der Autorenname in Größe und Farbe den Buchtitel doch sehr stark überstrahlt.
Die Sprache des Buches ist sehr besonders und herausfordernd. Sie ist sehr literarisch, beinahe poetisch und voll von Metaphern – mal passend, mal weniger nachvollziehbar. Ich fand das Buch an vielen Stellen zäh und mühselig zu lesen. Viele Satzkonstruktionen waren kompliziert. Keine leichte Lektüre war es zudem, da über der gesamten Geschichte ein melancholischer Nebel aus Trauer, Sehnsucht, Ohnmacht, verpassten Chancen und verbrauchtem Leben hängt. Es hat mich schon etwas schwermütig werden lassen. Gut fand ich, dass ich als Leser nebenher etwas über die israelische Geschichte lernen konnte, insbesondere durch das Glossar zu verschiedenen Begrifflichkeiten im Anhang.
Im Buch wird abwechselnd aus zwei Perspektiven erzählt, der von Atara und der von Rachel. Innerhalb dieser Kapitel wird aber auch des Öfteren unvermittelt zwischen den Zeiten sowie Erleben und Reflexion gesprungen, so dass es mir an manchen Stellen schwer fiel den Kontext einzuordnen und die Handlung zu erfassen. Noch dazu wird sehr viel Nebensächliches bis ins kleinste Detail beschrieben, dass es meiner Meinung nach nicht gebraucht hätte. Am meisten gestört hat mich allerdings, dass unglaublich wenig passiert. Das Buch hat sich sehr gezogen und die vielen (unnötigen) Geheimnisse voreinander, Streitigkeiten und die traurige Stimmung haben es mir nicht ermöglicht, mich wirklich auf das Buch einlassen zu wollen.
Was mich aber am meisten gestört hat war die Protagonistin selbst: Atara hat mich in ihrer Art unheimlich abgestoßen! Ständig kreist sie nur um sich selbst, bemitleidet sich und ist in unendlicher Reflexion und Aufarbeitung. Alles andere gerät ihr dabei völlig aus dem rein selbstbezogenen Blick. Sie ist sprunghaft, streitlustig und ruhelos, verlangt Dinge von anderen, die sie selbst nicht umsetzt. Diese Lebenskrise war mir zu ausgeschlachtet, ihr Selbstmitleid zu überbordend und ich wollte irgendwann einfach nichts mehr von ihrer Charakterstudie hören. Auch sämtliche andere Charaktere waren mir unsympathisch und wurden primär durch ihre negativen Eigenschaften charakterisiert.
Insgesamt empfand ich das Buch als ungemein anstrengend und Atara als die unsympathischste Protagonistin seit langem. Ich kann verstehen, dass anderen Leser sicherlich die Wortgewandtheit der Autorin und ihr literarisch-sprachliches Können gut gefallen, meinen Geschmack hat sie dabei leider aber überhaupt nicht getroffen. Schade, der Kern der Geschichte hatte Potenzial, aber die Ausführung konnte mich alles andere als überzeugen.

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Veröffentlicht am 20.07.2021

Das Böse in Jedem

Böse Seele: Thriller
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Ein Mann wird auf brutalste Weise ermordet und verblutet auf einem Feld vor Berlin. Das Ermittlerteam rund um Martyn Becker und Milla Rostow übernimmt den Fall mit den gewohnt unkonventionellen Methoden, ...

Ein Mann wird auf brutalste Weise ermordet und verblutet auf einem Feld vor Berlin. Das Ermittlerteam rund um Martyn Becker und Milla Rostow übernimmt den Fall mit den gewohnt unkonventionellen Methoden, die bereits des Öfteren ihren Vorgesetzen gegen sie aufgebracht hat. Doch Martyn hütet ein Geheimnis, von dem nur Milla weiß: Sein leiblicher Vater ist ein verurteilter Serienmörder, der ihm aus dem Gefängnis heraus bereits des Öfteren hilfreiche Tipps zur Lösung seiner Fälle gegeben hat. Auch diesmal scheint er eine dunkle Vorahnung zu haben - eine Vorahnung, die Martyn persönlich in den Fall involviert.
„Böse Seele“ von Ariana Lambert macht durch das auffällige Cover einer in rot gekleideten Frau auf einer Brücke Richtung Berlin auf sich aufmerksam. Die Farbgebung ist sehr geschickt gewählt, so dass das Cover bedrohlich und faszinierend zugleich wirkt. Die einzelnen Kapitel sind nicht zu lang und aus verschiedenen Perspektiven beschrieben, so dass es sich zugig lesen lässt. Der Erzählstil könnte für meinen Geschmack etwas flüssiger sein und auch sind mir teilweise Schreibfehler und fehlende Satzelemente aufgefallen, aber inhaltlich wurden Gefühle und Gedanken gut beschrieben, was für mich persönlich wichtiger ist.
Das Buch startet direkt im Geschehen mit einem blutigen Prolog, der sofort Fragen aufwirft – ein krasser Einstieg, der nichts für schwache Nerven ist. Die Story schreitet schnell voran und wird zunehmend verwirrender. Es werden immer mehr Fragen aufgeworfen, zu denen der Leser nur häppchenweise Informationen erhält. Die Vergangenheit beider Ermittler sowie ihr Privatleben nehmen einen großen Platz ein und weben sich immer stärker in das Netz der Handlung ein. Das Ende war dann etwas vorhersehbar, hatte aber dennoch überraschende Momente. Auf jeden Fall war es absolut schlüssig und hat einen schönen Bogen zum Prolog geschaffen, ohne dass dieser noch einmal gesondert hätte erklärt werden müssen. An manchen Stellen hätte ich mir etwas mehr Tiefgang und detailliertere Hintergrundinformationen gewünscht, auch sind einige Fragen offen geblieben. Für meinen Geschmack waren auch ein paar eingebaute Cliffhanger etwas übertrieben und wirkten konstruiert. Das Potenzial eines Serienkillers als Vater hätte ich mir noch verstärkter ausgebaut gewünscht.
„Böse Seele“ ist ein spannender Thriller voller Blut und recht vielen Leichen auf wenigen Seiten, das durch ein interessantes Ermittlerduo besticht. Das Buch hat mir schöne Lesestunden beschert, wird aber leider dennoch kein Buch sein, dass lange in Erinnerung bleibt.

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