Profilbild von Wacaha

Wacaha

Lesejury Star
offline

Wacaha ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Wacaha über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.12.2020

Mystisches Mittelalter

Die siebte Schwester
0

Die junge Tryngen lebt im Jahr 1215 als Novizin in einem kleinen Kloster bei Köln. Wie ihre Ziehmutter Maria hat sie sich ganz der Heilkunst verschrieben und sieht ihre Berufung darin, als Nonne Kranke ...

Die junge Tryngen lebt im Jahr 1215 als Novizin in einem kleinen Kloster bei Köln. Wie ihre Ziehmutter Maria hat sie sich ganz der Heilkunst verschrieben und sieht ihre Berufung darin, als Nonne Kranke zu pflegen. Nachdem sie Dompropst Engelbert von Berg das Leben gerettet hat ruft dieser sie an seinen Hof, um ihm als Leibärztin zur Verfügung zu stehen. Dort hat sie nicht nur mit einem mächtigen Konkurrenten zu tun, sondern muss sich auch noch bewähren, da ihr Vater ihr mit der Vermählung mit einem ihr ungeliebten Mann droht. Engelbert ist kurz davor, zum Erzbischof von Köln gewählt zu werden. Plötzlich geht es ihm gesundheitlich immer schlechter und Tryngen versucht alles in ihrer Macht stehende zu tun, um ihn zu retten – und steckt plötzlich mitten in einem Komplott, der auch sie und Maria in Lebensgefahr bringt.

„Die siebte Schwester“ ist der dritte Teil der Rhein-Trilogie der Autorin Marion Johanning. Man kann das Buch auch ohne Kenntnis der Vorbände problemlos eigenständig lesen. An der ein oder anderen Stelle haben mir kleinere Hintergrundinformationen gefehlt (z.B. zu Wilem oder dem Verhältnis von Maria und Alexander), aber das hat die Geschichte und deren Verständnis nicht beeinträchtigt.

Das Cover mit der jungen Nonne vor einem Kloster gefällt mir gut und ist absolut passend zur Geschichte. Weniger stimmig empfinde ich im Nahhinein den Titel, da der Handlungsstrang auf den er referenziert eher nebensächlich war und ich ihn als nicht so wichtig und interessant erachtet habe, als das er dem Buch seinen Titel verleihen könnte.

Der Schreibstil lässt sich anschaulich und flüssig lesen und entführt den Leser gut ins Köln des Mittelalters. Teilweise hatte ich etwas Probleme mit den vielen ungewohnten Namen, v.a. am Hofe und so kam es zu einigen Verwirrungen. Eine Personenübersicht wäre für mich sicherlich hilfreich gewesen.

Tryngens Geschichte fand ich sehr interessant, bereits zu Beginn geht es rasant los und wir befinden uns bereits mitten im Geschehen. Im Folgenden wird gut deutlich, wie es Tryngen mit ihrer neuen Situation ergeht und auch die Beziehung zwischen ihr und Engelbert wird immer interessanter. Gegen Ende hin nimmt die Geschichte sehr an Fahrt auf, es wird immer spannender und zahlreiche Verwicklungen der Personen kommen ans Licht. Die Verschwörung gegen Engelbert war gut nachvollziehbar und ich habe mitgefiebert, fand es nur schade, dass man nicht erfährt was aus Waldever wird. Weniger gut gefallen hat mir der parallele Handlungsstrang im Kloster mit der dubiosen Priorin Katharina und dem Geheimbund, welchen ich nicht wirklich verstanden habe. Mit der mystischen Schwesternschaft konnte ich mich leider gar nicht anfreunden und ich habe sie auch als nicht besonders glaubwürdig empfunden.

Protagonistin Tryngen stehe ich ebenfalls etwas widersprüchlich gegenüber: Einerseits ist sie eine junge, unsichere, ängstliche und teilweise etwas naive Novizin, die sich sehr fremdbestimmen lässt und kindlich reagiert. Andererseits ist sie hinsichtlich ihrer Heilkunst wieder eher selbstbewusst, wagt zu widersprechen und wirkt sehr verantwortungsbewusst, wissbegierig, klug und kompetent. Diese beiden Seiten haben für mich nicht wirklich zusammen gepasst und somit konnte ich sie – trotz großer Sympathie – eher schlecht greifen. Andere Figuren wie Engelbert oder Maria hingegen waren authentisch dargestellt und haben mir gut gefallen.

Beim Lesen wird sehr deutlich, wie intensiv sich die Autorin mit der damaligen Zeit befasst hat: Das Buch ist wirklich sehr gut recherchiert und lässt das Köln des 13. Jahrhunderts aufleben. Der Einbezug wirklicher historischer Ereignisse und Vorbilder der Figuren wie z.B. Engelbert war sehr gelungen und hat zusätzliche Authentizität verliehen. Auch sehr interessant waren die Informationen über das damalige medizinische Wissen.

Fazit: Ein gut recherchiertes Buch, das interessant zu lesen war, inhaltlich aber nicht zu hundert Prozent überzeugen konnte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.12.2020

Die Kult-Gallier für die ganze Familie sind zurück!

Asterix - Der Goldene Hinkelstein
0

Ach wie habe ich sie vermisst, die Gallier aus meiner Kindheit! Ich liebe Asterix seit ich lesen kann und inzwischen ist auch meine ganze Familie Asterixverrückt: Wir haben jedes einzelne Heft in unserer ...

Ach wie habe ich sie vermisst, die Gallier aus meiner Kindheit! Ich liebe Asterix seit ich lesen kann und inzwischen ist auch meine ganze Familie Asterixverrückt: Wir haben jedes einzelne Heft in unserer großen Familiensammlung stehen - umso überraschter war ich, vom bisher unveröffentlichten Werk „Asteris und der goldene Hinkelstein“ zu erfahren! Noch dazu, weil dieses noch von den beiden Asterix-Erfindern persönlich illustriert und getextet wurde. Ich war so traurig, als der große Uderzo dieses Jahr gestorben ist und habe es dementsprechend sehr genossen, ein weiteres Werk dieses genialen Künstlers zu lesen.

Bereits das Cover ist wie immer wahnsinnig vielversprechend, ich musste direkt schmunzeln und liebe die Abbildung des Barden Troubadix und die aussagekräftig gezeichneten Figuren. Allein dieses Cover anzusehen macht direkt Spaß! Insgesamt sind die Illustrationen in „Asterix und der goldene Hinkelstein“ sofort als typisch Uderzo zu identifizieren – kunstvoll, wunderschön und einzigartig. Insofern wurde ich sofort in die Asterix-Welt der Gallier entführt und hatte viel Spaß beim Betrachten der Bilder und dem Wiedersehen mit den vertrauten Figuren – auch wenn ich den kleinen Hund Idefix vermisst habe.

Zunächst war mir die Bilderbuch-Form etwas befremdlich, da ich Asterix nur in der Comic-Version mit Sprechblasen über den Figuren kannte. Nach kurzer Zeit bin ich aber gut in die Dialoge hineingekommen und hatte keinerlei Schwierigkeiten beim Lesefluss mehr. Gut gefallen hat mir auch die farbliche Abgrenzung der einzelnen Kapitel.
Auch passt die Idee hinter der Geschichte an sich ist witzig und passt wahnsinnig gut in unsere momentane Zeit voller Castingshows und Gesangswettbewerben - da haben Uderzo und Goscinny bereits 1967 Weitsicht bewiesen. Auch wenn klar war, das Troubadix keinerlei Chancen bei dem Wettbewerb hat war es schön, dass seine Freunde ihn begleitet und schlagkräftig unterstütz haben, sei es gegen Wegelagerer, die typische römische Übermacht oder wie in diesem Fall das Publikum. Alle Figuren sind dabei ihren Charakteren treu geblieben und auch die geliebten Eigenheiten der Personen wurden kreativ eingebaut.

Interessant fand ich auch den Anhang, der die Hintergründe und Entstehungsgeschichte des bisher unveröffentlichten Asterixabenteuers und die enorme Bedeutung des Jahres 1967 für das Asterix-Universum dargestellt hat – sehr informativ.

Asterix gefällt mir zwar als Comic nach wie vor besser, aber dennoch habe ich den Ausflug in mein geliebtes Gallien sehr genossen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.12.2020

Authentisches Jugendbuch, das in den Schulunterricht gehört

Verraten
0

Der 16jährige Sebastian lebt 1986 in der DDR, als das Schicksal gnadenlos zuschlägt: Seine Mutter stirbt an Krebs und seiner Oma traut die Jugendfürsorge nicht zu, auf den Heranwachsenden aufzupassen. ...

Der 16jährige Sebastian lebt 1986 in der DDR, als das Schicksal gnadenlos zuschlägt: Seine Mutter stirbt an Krebs und seiner Oma traut die Jugendfürsorge nicht zu, auf den Heranwachsenden aufzupassen. So wird Sebastian in einem Durchgangsheim untergebracht, in dem schreckliche Verhältnisse herrschen. In diesem „Kinderknast“ lernt er flüchtig Katja kennen, eine Ausreißerin, die sich alles andere als gesellschaftskonform verhält. Glücklicherweise gelingt es einem der Erzieher des Heimes, Sebastians Vater ausfindig zu machen, welcher die Familie vor langer Zeit verlassen hat. Der quasi Unbekannte holt Sebastian aus dem Heim und nimmt ihn bei sich auf. Was Sebastian nicht weiß: Sein Vater gilt in der DDR als Staatsfeind und saß im Gefängnis. Schnell wird die Staatssicherheit somit auf Sebastian aufmerksam und möchte, dass Sebastian für sie arbeitet, indem er seinen Vater, aber auch seine neuen Mitschüler bespitzelt. Die Drohung: Sollte er nicht kooperieren muss er zurück ins Heim. Eine schwierige Situation für Sebastian, der noch dazu ein Geheimnis birgt: Er versteckt Katja, die seine Abholung zur Flucht genutzt hat, auf seinem Dachboden – und bringt sich somit auch selbst in größte Gefahr.

„Verraten“ ist ein Jugendbuch von Grit Poppe, die sich bereits in ihren anderen Büchern intensiv mit der Thematik der Jugendlichen in der ehemaligen DDR auseinandergesetzt hat. Bereits das Cover verdeutlicht für mich die innere Zerrissenheit, die Protagonist Sebastian verspürt: Die rissige Schrift, hinter der das Schwarzweiß-Foto eines resigniert blickenden Jugendlichen sowie das Wappen der DDR abgebildet ist, passt meiner Meinung nach perfekt zum Inhalt des Buches.

Die Geschichte selbst beginnt rasant, die wichtigsten Personen sowie ihre Hintergründe werden ausgiebig dargestellt. Inhaltlich ging es mir an manchen Stellen leider etwas zu schnell, z.B. das Auffinden und die sofortige Zusage des Vaters, Sebastian zu sich zu holen oder das Aufeinandertreffen mit Möller bereits am ersten Schultag. Manche Handlungen hätten sich für meinen Geschmack ruhig etwas langsamer entwickeln können. Überrascht war ich vom Schluss des Buches, da ich bei einem Jugendbuch mit einem Happy End gerechnet hätte – das von Grit Poppe gewählte ist meiner Meinung nach aber absolut realistisch und somit passend und mutig. Einige offene Fragen und Unstimmigkeiten sind geblieben, aber diese tun der Hauptstory keinen Abbruch.

Das Buch ist sowohl aus Sicht von Sebastian, als auch Katja geschrieben, was deren unterschiedliche Lebenserfahrung und Einstellungen verdeutlicht. Während Sebastians Kapitel beschreibend in der dritten Person verfasst sind wurde für Katja die Ich-Erzählperspektive gewählt. Beide erscheinen mir authentisch wie sympathisch und ich glaube, dass sie gerade für jugendliche Leser ein hohes Identifikationspotenzial bieten.
Sebastian ist behütet aufgewachsen und kennt die „harte Realität“ der DDR bisher nicht. Er ist höflich, wohlerzogen und glaubt an das Gute. Umso mehr hat er mir leidgetan, völlig unverschuldet in diese schreckliche Situation geraten zu sein, die er nur schwer fassen kann. Noch dazu ist er den psychologischen Tricks der Stasi hilflos ausgeliefert, da sie mit seinen Ängsten spielen und ihn regelrecht erpressen. Seine innere Zerrissenheit und Verzweiflung wird spürbar und die Veränderung, die mit dem ungeheuren Druck und seiner ungewollten Verantwortung einhergeht ist nachvollziehbar.
Katja hingegen ist mit allen Wassern gewaschen, sie hat in der Vergangenheit bereits lernen müssen, alleine zurecht zu kommen und sich durchzuschlagen – ein wahnsinnig taffes Mädchen! Sie lässt sich von niemandem etwas sagen und zeigt hohe Kreativität darin, sich den Erziehungsmethoden der DDR zu entziehen. Ein wirklich starker Charakter, der aber auch von Angst und Verzweiflung getrieben ist.
Es ist schön zu sehen, wie beide miteinander umgehen, einander helfen und eine Bindung zueinander entwickeln, da sie (zunächst) die einzigen beiden vertrauenswürdigen Menschen füreinander sind.
Auch Nebenfiguren wie Sebastians Vater oder seine Mitschülerin Sabine gewinnen im Laufe des Buches an Tiefe und werden in ihrem Denken und Handeln für den Leser begreifbar.
Eine spannende wenn auch unsympathische Figur war der MfS-Mitarbeiter Möller: Seine "zwei Gesichter" und perfiden Durchsetzungsmethoden einen Jugendlichen gegenüber sich schockierend wie faszinierend gleichermaßen. Erschreckend, welche Taktiken und Erpressungen er dabei ungeschoren anwenden kann und welche Macht er über Sebastian besitzt. Die früheren Stasi-Methoden werden anschaulich und eindrücklich dargestellt und schockieren den Leser umso mehr.

Insbesondere hier, aber auch an vielen anderen Stellen des Buches merkt man deutlich, wie intensiv und umfassend die Autorin recherchiert hat, um „Verraten“ möglichst authentisch zu gestalten – was ihr absolut gelungen ist! Dies ist zudem ihrem bildhaften Schreibstil zu verdanken, der die DDR mit all ihren Gegenständen, Häusern und Personen lebendig heraufbeschwört. Gerade junge Leser, die die DDR-Zeit lediglich aus dem Schulunterricht kennen, können somit den damaligen Alltag und die Repressalien, denen die Menschen ausgesetzt waren, nachempfinden. Auch gut gefallen hat mir, das reale Ereignisse wie die Tschernobyl-Katastrophe in die Handlung eingebaut wurden und der Umgang der Bevölkerung mit dieser Bedrohung dargestellt wurde.
Unterstützt wird der Eindruck der guten Recherchearbeit der Autorin noch zusätzlich durch den Anhang des Buches. Die Informationen inkl. Abdruck der Original-Dokumente und das Interview mit dem Zeitzeugen Christian Ansehl am Ende fand ich wahnsinnig interessant, auch wenn sie mich echt erschreckt haben. Unvorstellbar, wie damals strategisch und perfide die Anwerbung unschuldiger Jugendlicher durch die Stasi vonstattenging, das hat mich wirklich angewidert.

Mein Fazit:
„Verraten“ von Grit Poppe ist ein authentisch geschriebenes Jugendbuch, das auf bildhafte und anschauliche Weise den Alltag zweier junger Menschen in der DDR aufzeigt. Es bietet für die Zielgruppe zahlreiche Ansätze, über die innerhalb des Schulunterrichts diskutiert werden könnte – meiner Meinung nach eine gelungene Möglichkeit, SchülerInnen die damalige Zeit greifbar zu machen und gesellschaftskritisch zu betrachten. So können sich Jugendliche auch noch einmal intensiver mit scheinbar selbstverständlichen Errungenschaften und Werten der aktuellen Zeit auseinandersetzen und überlegen, wie sie sich wohl an Sebastians Stelle verhalten hätten. Ein absolut lehrreiches Buch, das unbedingt in den Schulunterricht gehört.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.12.2020

Spannender Thriller mit Gänsehautgarantie – aber enttäuschendem Ende

Hexenjäger
4

Die junge Polizistin Jessica Niemi hat es mit einem außergewöhnlichen Fall zu tun: Maria Koponen, die Frau eines berühmten Bestsellerautors wird in ihrem Haus ermordet und auf sehr spezielle Weise aufgebahrt. ...

Die junge Polizistin Jessica Niemi hat es mit einem außergewöhnlichen Fall zu tun: Maria Koponen, die Frau eines berühmten Bestsellerautors wird in ihrem Haus ermordet und auf sehr spezielle Weise aufgebahrt. Der Mord ähnelt sehr einem Ritual zur Hexenvernichtung, das Marias Mann in einem seiner Bücher beschreibt. Kurz darauf kommt es zur nächsten Tötung, die ebenfalls Parallelen zu Koponens Hexen-Trilogie aufweist. Ist ein Fan der Bücher durchgedreht und stellt die Morde nach? Oder handelt es sich um okkulte Ritualmorde? Jessica und ihr Team arbeiten unter Hochdruck, doch der Mörder scheint ihnen immer voraus zu sein. Doch spätestens nach dem nächsten Opfer fällt den Ermittlern eine weitere Parallele auf: Das fast identische Aussehen der ermordeten Frauen – ein Schema, in das auch Jessica Niemi perfekt hineinpasst…

Das Buch „Hexenjäger“ des finnischen Autors Max Seek besticht zunächst einmal durch seine Optik: Das Cover erscheint sehr durchdacht, da es zunächst schlicht aussieht, aber sich auf den zweiten Blick weitere Details wie der düstere Wald im Nebel abzeichnen. Auch das Spiel mit den Farben gefällt mir sehr gut, das große rote „X“ unterstreicht den Titel des Buches und der ebenfalls rote Buchschnitt ist sehr aufsehenerregend. Insgesamt vermittelt das Cover bereits eine bedrohliche Stimmung und passt somit perfekt zu einem skandinavischen Thriller.

Max Seeks Schreibstil ist sehr angenehm und flüssig zu lesen, was auch den eher kurzen Kapiteln geschuldet ist. Ihm gelingt es sehr gut, Bilder und Szenen im Kopf des Lesers zu erschaffen und untermalt diese mit gelegentlichen Metaphern. So steigert sich die Spannung permanent und fesselt den Leser regelrecht an die Seiten, das Grauen wird langsam aufgebaut und immer weiter gesteigert. Auch einige überraschende Wendungen waren sehr clever eingebaut und haben mir Gänsehaut verschafft. Durch wechselnde Sichtweisen ist man beim Lesen zum Mitdenken angeregt und muss aufmerksam bei der Geschichte bleiben, was aufgrund des hohen Tempos teilweise etwas schwerfällt. Auch hatte ich etwas Probleme mit den zahlreichen Personen und den finnischen Namen.

Sehr irritiert war ich vom zweiten, parallel verlaufenden Handlungsstrang, welcher ohne weitere Einführung immer wieder während der Ermittlungen eingeschoben wurde. Es hat jedes Mal etwas gedauert, aus der spannenden Gegenwart in diese vergangenen Szenen an einen anderen Ort zu wechseln und da lange nicht klar war, auf was diese Parallelhandlung hinauslaufen wird haben sie mich sehr in meinem Lesefluss gestört. Besonders ernüchtert war ich am Ende davon, wohin diese Szenen geführt haben – nämlich zu einer meiner Meinung nach eher unwichtigen Begebenheit, für die die hohe Anzahl an gefüllten Seiten keineswegs gerechtfertigt war. Ärgerlich! Sowieso ist sehr viel Privates neben den Morden erzählt worden, wo ich mir mehr Einblick in die Ermittlungen und Hintergründe zur Hexenthematik erhofft hatte. Am meisten hat mich jedoch das Ende und die Auflösung des Falles enttäuscht. Nach der permanenten Hochspannung mit Gruselfaktor und aufwendig aufgebauter Story hatte ich etwas Aufregendes, Fulminantes zum Schluss erwartet. Letztendlich kam das Ende sehr abrupt und war einfach nur verwirrend, ich hatte das Gefühl, dass einige Kapitel zum Verständnis fehlten. Das letzte „Ein-Satz-Kapitel“ hat die Verwirrung dann endgültig besiegelt und ich habe das Buch mit einigen Fragezeichen zugeklappt.


Fazit:
„Hexenjäger“ war für mich zum großen Teil ein absoluter Page-Turner, der mich gefesselt hat. Die permanent hohe Spannung und gruselige Atmosphäre haben mich wirklich begeistert. Die Grundidee mit dem Hexenhammer und einer Buchtrilogie nachgestellten Morden fand ich sehr kreativ und bietet in meinen Augen den perfekten Stoff für einen Thriller. Umso enttäuschender war das abrupte Ende, das mich dann doch sehr ernüchtert zurückgelassen hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.12.2020

Brutal und grausam

Der Heimweg
0

Jules Tannberg übernimmt eigentlich nur aus einem Freundschaftsdienst heraus die Schicht seines Kumpels Caesar beim dessen ehrenamtlicher Tätigkeit am Begleittelefon, einem Service, der einsame Frauen ...

Jules Tannberg übernimmt eigentlich nur aus einem Freundschaftsdienst heraus die Schicht seines Kumpels Caesar beim dessen ehrenamtlicher Tätigkeit am Begleittelefon, einem Service, der einsame Frauen nachts auf ihrem Heimweg begleiten und die Angst nehmen soll. Niemals hätte Jules damit gerechnet, ausgerechnet Klara ans Telefon zu bekommen – eine junge Mutter, die panisch durch die Stadt läuft auf der Flucht vor einem gefährlichen Mörder, den die Medien als „Kalender-Killer“ bezeichnet haben. Vor einiger Zeit hatte dieser Klara Gewalt angetan und mit ihrem Blut das Datum ihres Todes an die Wand gemalt. Das Datum des Tages, welcher in eben dieser Nacht anbricht, in der Jules mit ihr telefoniert…

Bereits die äußere Aufmachung des neuen Werkes von Bestseller-Autor Sebastian Fitzek ist bemerkenswert: Das Buch ist recht minimalistisch komplett in schwarz gehalten und wirkt so direkt düster und bedrohlich. Lediglich ein kleines silbern schimmerndes Fenster ist auf dem Cover zu sehen, in dem der Leser die Silhouette einer wegrennenden Frau erkennt. Die silberne Schrift ist definitiv ein Eyecatcher, die Gestaltung sehr hochwertig. Insgesamt passt die Aufmachung des Buches sehr gut zur Geschichte und wirkt bereits beängstigend.

Der Titel „Der Heimweg“ ist interessant gewählt und referenziert direkt auf das real existierende „Heimwegtelefon“, auch wenn dieses – wie Fitzek im Anhang erklärt – sich in einigen Punkten vom fiktiven „Begleittelefon“ des Buches unterscheidet. Rückblickend muss ich aber sagen, dass der Titel und auch der Klappentext etwas irreführend sind, da sie meiner Meinung nach nicht hundertprozentig zum Inhalt passen, ich hatte eine etwas anders fokussierte Geschichte erwartet.

Fitzeks Schreibstil ist wie gewohnt düster und temporeich, die Geschichte wird durch kurze Kapitel, die meist mit einem Cliffhanger enden, zügig vorangetrieben. Es wechseln sowohl die Sichtweisen von Klara und Jules, als auch die Zeitebenen (es wird vieles in Rückblenden dargestellt), was aber aufgrund der deutlichen Kennzeichnung gut nachzuvollziehen ist.

Zu Beginn des Buches befindet sich der Leser sofort mitten im Geschehen ohne lange Vorgeschichte. Mit Fortschreiten des Buches wird es Fitzek-typisch immer schwieriger, zu unterscheiden, welche der Personen auf welcher Seite steht, wer ehrlich ist und was Realität und was Einbildung ist. Wieder geht es um psychische Probleme der Protagonisten und wieder wird der Leser zunehmend auf Glatteis geführt. Ständig wird alles Gegebene in Frage gestellt und man weiß irgendwann gar nicht mehr, was man wem noch glauben kann. Dieses Verwirrspiel mag ich einerseits sehr, da es psychologisch sehr gut durchkonstruiert wurde und hochspannend ist, andererseits kommen mir in „Der Heimweg“ etwas zu viele „Zufälle“ zusammen und ich habe das Gefühl, gar keine reale Chance zu haben, selbst auf die Lösung zu kommen. Des Weiteren konnte ich durch die permanente Skepsis keine wirkliche Bindung zu den Protagonisten aufbauen. Am Ende wird – wieder typisch Fitzek – alles noch einmal in einem überraschenden Plot-Twist umgeworfen. Leider wirken einige Wendungen sehr gewollt und nicht unbedingt nachvollziehbar. Auch insgesamt betrachtet ist die Geschichte zu wirr, um noch glaubwürdig zu sein – was aber laut Nachwort auch gar nicht Fitzeks Absicht war.

Insgesamt finde ich die Grundidee hinter dem „Heimweg“ sehr interessant und Fitzek ist es mal wieder gelungen, ein hochspannendes Setting zu generieren, auch wenn mir die Umsetzung dieses Mal aufgrund der ausschweifenden Gewaltdarstellungen eher weniger zugesagt hat – und hier kommen wir zu meinem größten Kritikpunkt, der mir das Buch ehrlich gesagt ziemlich vermiest hat. Im „Heimweg“ kam ein dermaßen hohes Maß an brutalster und perversester psychischer wie physischer Gewalt vor, dass ich teilweise gar keine Lust mehr hatte weiter zu lesen. Einige Szenen waren so jenseits des guten Geschmacks, dass mir vor lauter Ekel regelrecht schlecht geworden ist. Ich finde es ebenfalls sehr wichtig, auf das immer dringender werdende Thema der häuslichen Gewalt aufmerksam zu machen, aber in dem Ausmaß und Detaillierungsgrad wie Fitzek es getan hat wirkt die Gewaltdarstellung eher wie Effekthascherei, die primär schockieren will. Die widerwärtigen Beschreibungen sind echt keine leichte Kost und der „Heimweg“ somit nicht unbedingt als Abendlektüre zu empfehlen. Weniger Schockmomente hätten auch ausgereicht, um die Spannung hoch zu halten und die Geschichte voranzutreiben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere