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Veröffentlicht am 06.10.2019

A man can never dream these kind of things

Songbird
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Worum geht’s?
Ella und Sam kennen sich schon ewig. Seit sie zwölf ist, schwärmt sie für ihn, den besten Freund, Mitbewohner und Bandkollegen ihres großen Bruders. Da sie nach einem Austauschjahr in Großbritannien ...

Worum geht’s?
Ella und Sam kennen sich schon ewig. Seit sie zwölf ist, schwärmt sie für ihn, den besten Freund, Mitbewohner und Bandkollegen ihres großen Bruders. Da sie nach einem Austauschjahr in Großbritannien die elfte Klasse wiederholen muss, weckt der Beginn des neuen Schuljahres nicht gerade besonders viel Freude in ihr. Wie auch, wird sie dadurch doch von ihren zwei besten Freunden Emma und Milo getrennt. Und was Sam ihr dann eröffnet, hebt ihre Laune auch nicht gerade in intergalaktische Sphären: Ab diesem Schuljahr wird er eine Stelle als Referendar an ihrer Schule antreten. Prompt übernimmt er dann auch noch ihren Sportkurs und ist damit so gut wie gar nicht aus ihren Gedanken zu vertreiben. Völlig verwirrt von ihren Gefühl bewegt sich Ella gefährlich nahe an einem Abgrund, aus dem sie sich ohne fremde Hilfe nicht mehr befreien kann. Denn sowohl durch seinen Job als Lehrer an ihrer Schule, als auch durch seine Beziehung zur scheinbar perfekten Sarah ist er für Ella unerreichbar. Als sie sich ihre Gefühle dann schließlich eingestehen kann, gefährdet sie damit nicht nur Sams noch junge Karriere, sondern auch ihre eigene Gesundheit.


Meine Meinung
Songbird habe ich zuerst vor etwas über einem Jahr auf Wattpad gelesen und war schon damals total begeistert. Als ich dann mitbekommen habe, dass die Autorin mit dieser Geschichte den ersten Platz des Schreibwettbewerbs des Piperverlags belegt hat, musste ich mir das fertige Buch einfach ins Regal stellen. Mittlerweile habe ich Songbird schon einige Male gelesen und kann immer noch sagen, dass ich es in meinem Bücherregal nicht mehr missen möchte.

Schon das Cover finde ich unglaublich schön gestaltet, die Farben sehen toll zusammen aus, harmonieren gut miteinander und einige Elemente glitzern sogar. Mit der wirklich schönen Aufmachung hat man mich als bekennendes Cover-Kauf-Opfer schon mal sehr glücklich gemacht, auch wenn das wirklich Interessante ja eigentlich der Inhalt ist.

Auch der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, er war angenehm zu lesen und ich bin bis zum Ende förmlich durch die Seiten geflogen.

Normalerweise bin ich ja absolut kein Fan von Lehrer – Schüler – Lovestorys, weil die meisten davon echt abgedreht und eher schlecht gemacht sind. Die Geschichte von Ella und Sam hat mich aber trotz der Thematik berührt und stellenweise wirklich arg verzweifeln lassen. Anders als in den meisten solcher Geschichten kennen sich die zwei schon praktisch ihr ganzes Leben lang, und auch der Altersunterschied zwischen ihnen beträgt keine Jahrzehnte. Das macht es für die beiden aber auch besonders schwer, Ellas Eltern und ihrem Bruder Kurt von ihrer Beziehung zu erzählen, da Sam für sie praktisch zu Familie gehört und in ihren Augen deshalb ganz sicher keinen geeigneten Partner für Ella darstellt.

Sam muss man einfach gern haben, weil er trotz bzw. gerade wegen seiner ziemlich tragischen Hintergrundgeschichte so ein toller Mann geworden ist. Er möchte immer nur das Beste für seine Mitmenschen – ganz besonders für Ella – schleppt aber gleichzeitig auch eine ganze Menge an seelischem Ballast mit sich herum, der ihm das Leben nicht unbedingt erleichtert. Für mich war damit dann auch ziemlich schnell klar, welcher der Charaktere mein Liebling sein würde, denn bei Sam klingeln alle Bookboyfriend-Alarmglocken, die ich so zur Verfügung habe.

Bei Ella bin ich mir ziemlich sicher, dass sie ein Charakter ist, der bei den Lesern ziemlich zwiegespaltene Gefühle auslöst. Dass sie eine Essstörung hat, wird ja bereits im Klappentext angedeutet. Im weiteren Verlauf des Buches schwebt diese Krankheit förmlich wie eine dunkle Wolke über dem Geschehen, wesentlich genauer darauf eingegangen wird jedoch nicht. Mich persönlich hat das nicht gestört, gerade weil für mich auch wichtig war, dass Ella nicht ausschließlich über ihre Erkrankung definiert wird. Auf der anderen Seite verstehe ich aber auch, dass es für manch Anderen durchaus wichtig gewesen wäre, ein bisschen mehr über die Hintergründe und Ereignisse, die zu dieser Essstörung geführt haben, zu erfahren.


Fazit
Songbird zählt auch nach etwas mehr als einem Jahr noch immer zu einer meiner Lieblingsgeschichten. Ich habe die Charaktere mit ihren Macken und Eigenheiten sehr ins Herz geschlossen und bei allen Höhen, Tiefen und Konflikten mit ihnen mitgefiebert. Richtig gut gefallen hat mir auch, dass es immer wieder Bezüge zu richtig guter Musik gab, was bei dem Titel Songbird ja schon praktisch vorprogrammiert ist.

Mir ist durchaus bewusst, dass eine Beziehung wie die von Ella und Sam in der Realität auf wesentlich mehr Widerstand und Probleme stoßen würde, als es in Songbird tatsächlich der Fall war. Auch eine Essstörung wie die Magersucht wird im wahren Leben wahrscheinlich größere Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen und ihres Umfeldes haben, als wir als Leser das in der Geschichte gezeigt bekommen haben. Der Schreibstil und die Atmosphäre der Geschichte haben mich jedoch so mitgerissen, dass ich auf diese kleinen inhaltlichen Schwächen gar nicht so genau geachtet habe, sondern eher in die Handlung abgetaucht bin.

Dafür gibt es von mir insgesamt viereinhalb Bücherstapel und einen Preis für die beste Leseplaylist bisher.

Veröffentlicht am 23.08.2019

Und Schuld hatte Tinder

Mittwoch also
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Worum geht’s?
Hedda ist Anfang dreißig, hat ihren Job als freie Journalistin und ihre Langzeitaffäre Lukas verloren. Zur Frustbewältigung will sie nach Griechenland fliegen, entscheidet sich während einer ...

Worum geht’s?
Hedda ist Anfang dreißig, hat ihren Job als freie Journalistin und ihre Langzeitaffäre Lukas verloren. Zur Frustbewältigung will sie nach Griechenland fliegen, entscheidet sich während einer Notlandung in Sarajevo dagegen und will lieber auf dem sicheren Boden quer durch Europa zurück nach Norwegen reisen. Bei einem Zwischenstopp in Berlin lernt sie über Tinder Milo kennen, mit dem sie ein One-Night-Stand hat. Zuhause merkt sie dann, dass sie schwanger ist und möchte schnellstmöglich abtreiben, doch das Gesundheitssystem in Norwegen zwingt sie zu einer Bedenkzeit von drei Tagen. Kurzentschlossen nimmt sie sich eine Auszeit, um heraus zu finden, wie es mit ihr und ihrem Leben weiter gehen soll.


Meine Meinung
Das Cover sticht auf jeden Fall schon mal heraus und ist auch im Bücherregal ein echter Blickfang. Längere Zeit darauf zu starren, würde ich persönlich jetzt aber eher nicht empfehlen.

Die Grundidee der Geschichte finde ich super spannend zumal Abtreibung ja momentan auch eines der gesellschaftlichen Themen ist, welches äußerst kontrovers diskutiert wird. Diese Tatsache wird auch im Buch aufgegriffen, was ich persönlich schon ziemlich wichtig fand.

Den Schreibstil fand ich sehr leicht zu lesen, auch wenn ich manchmal ein wenig über die sehr zynische Art von Hedda gestolpert bin. Die teils harsche Wortwahl und den Sarkasmus der Protagonistin kann man so oder so deuten, vielleicht ist es einfach ihr Charakter, vielleicht sind es aber auch hormonbedingte Stimmungsschwankungen. Für mich hat das jedoch keinen besonders großen Aufhänger dargestellt, sondern maximal eine ab und an wiederkehrende Irritation.

Gleichzeitig gibt es jedoch auch etliche Passagen, in denen mich Heddas Art ziemlich zum Lachen gebracht hat, ebenso wie Milo, der mit seinen verrückten Geschäftsideen und dem Talent, auf die unmöglichsten Arten Geld zu verdienen eine echte Persönlichkeit darstellt.

Ob sein Lebensentwurf – oder das, was vorgibt eine Art Lebensentwurf zu sein – überhaupt in irgendeiner Art und Weise zukunftsfähig oder auch nur halbwegs realistisch ist, sei jetzt mal dahingestellt. Trotzdem wirken sein Einfallsreichtum und seine Spontanität auflockernd auf die durch die Verwirrung von Hedda sonst ein wenig konfus anmutende Geschichte.

Hedda habe ich während des Lesens als relativ verloren wahrgenommen. Ihre mehr-oder-weniger Beziehung zu Lukas wirkte auf mich sehr einseitig, vor allem in Bezug auf das Einbringen von Gefühlen. Die im Klappentext angesprochene Selbstbestimmung der Protagonistin wirkte auf mich damit ehrlich gesagt nicht wirklich authentisch, auch wenn es natürlich jedem selbst überlassen bleibt, sich für oder eben auch gegen eine glückliche und emotional gesunde Beziehung entscheiden zu können.

Ein wenig enttäuscht war ich auch davon, dass die drei Tage Bedenkzeit, die dann ja eigentlich zu sechs Tagen wurden, nur so oberflächlich behandelt wurden. Ich hätte mir ein bisschen mehr Tiefgang gewünscht, oder zumindest ein paar mehr Einblicke in die Gedanken und die Gefühlswelt der Protagonistin. Dass sie eigentlich nicht nachdenken will – okay. Aber sie wird ja trotzdem Beweggründe für ihre Entscheidung haben, und die hätten mich persönlich schon ziemlich interessiert.

Ziemlich überrascht war ich deshalb auch, als sie dann auf einmal nach dem Ablauf der vorgeschriebenen Bedenkzeit und kurz bevor sie dann im Behandlungszimmer ihres Arztes sitzt einfach aufsteht und die Praxis verlässt. Sie wollte das Kind ja trotzdem nicht haben, deswegen konnte ich ihre Reaktion in dieser Situation ehrlich gesagt nicht so ganz einordnen.

Ein weiterer Punkt, der mir persönlich nicht so gut gefallen hat, war immer wieder das Auftauchen von Seiten, auf denen dann nur ein oder zwei Zeilen standen. Gerade bei den Foreneinträgen bin ich der Meinung, dass man die gut und gerne auch gemeinsam auf eine Seite hätte packen können. Wenn ich damit jetzt einen dramaturgischen Effekt verkenne, kann ich mich für meine analytische Inkompetenz nur entschuldigen. Für mich war allerdings der Lesefluss dadurch relativ häufig unterbrochen, was ich bei relativ kurzen Büchern – und dazu zähle ich Bücher mit weniger als 300 Seiten „echter“ Geschichte nun einmal – ein wenig problematisch finde.


Fazit
Obwohl ich „Mittwoch also“ an einigen Stellen ein wenig schwächeln sehe, hatte ich grundsätzlich schon Spaß beim Lesen. Die Charaktere sind – manchmal mehr, manchmal weniger gewollt – lustig, und werden mit Problemen konfrontiert, wie sie auch so ziemlich jeder Leser theoretisch kennen oder kennen lernen kann. Bei der Umsetzung der grundsätzlich viel Diskussionspotential bietenden Thematik hätte ich mir ein wenig mehr Tiefgang gewünscht, wobei ich auch durchaus verstehe, dass dies im Rahmen eines relativ kurzen Buches auch relativ schwer umzusetzen gewesen wäre. Insgesamt hatte das Buch zwar ein paar Schwächen, aber grundsätzlich hat mir das Lesen trotzdem gefallen.

Dafür gibt es drei Bücherstapel von mir.

Veröffentlicht am 23.08.2019

Ein Ausflug in Schottlands erste offizielle Buchstadt

Tagebuch eines Buchhändlers
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Worum geht‘s?
Seit knapp zwanzig Jahren führt Shaun Bythell seinen „Bookshop“ in der schottischen Bücherstadt Wigtown. Im Laufe der Jahre haben große Buchhandelsketten und der Ausbau des Onlinehandels ...

Worum geht‘s?
Seit knapp zwanzig Jahren führt Shaun Bythell seinen „Bookshop“ in der schottischen Bücherstadt Wigtown. Im Laufe der Jahre haben große Buchhandelsketten und der Ausbau des Onlinehandels seinem Geschäft merklich zugesetzt, und der Alltag in einem Buchladen ist weder so gemütlich, noch so entspannt, wie man sich das als Nicht-Buchhändler vielleicht vorstellen würde. In seinem „Tagebuch eines Buchhändlers“ nimmt uns Bythell mit in eine Welt der zerschossenen Kindles, unhöflichen Kunden und dem obligatorisch fetten Kater Captain.


Meine Meinung
Das Cover finde ich schon mal sehr schön gestaltet, es wirkt kuschelig und ich könnte mich speziell in so einer Buchhandlung sicherlich eine halbe Ewigkeit lang aufhalten.

Dass der Autor selbst eine Buchhandlung führt, hat mich auf jeden Fall schon mal neugierig darauf gemacht, wie er die Welt zwischen nervigen Kunden und sinkenden Einkünften wahrnimmt.

Damit, dass die einzelnen Beiträge tatsächlich in Tagebuchform verfasst wurden, hatte ich vor dem Lesen des Buches ehrlich gesagt nicht wirklich gerechnet. Obwohl ich eigentlich kein besonders großer Fan von Tagebuch- oder Chatgeschichten bin, haben mich die teilweise ziemlich kurzen Einträge hier überraschenderweise nicht wirklich gestört. In keinen wirklich Lesefluss, zumindest keinen über eine längere Zeitspanne hinweg kommen zu können, war zu Anfang etwas gewöhnungsbedürftig für mich. Ich habe mich allerdings relativ schnell daran gewöhnt und kam dann auch problemlos durch den Rest des Buchs.

Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass „Tagebuch eines Buchhändlers“ durch diese meist sehr kurzen Textpassagen gerade für Zeiten einer Leseflaute oder bei kurzen Konzentrationsspannen sehr praktisch sein kann. Man kann ohne viel Mühe auch mal eben kurz etwas lesen und hat trotzdem das „Erfolgserlebnis“ eines beendeten Kapitels bzw. in diesem Fall eines beendeten Tages.

Auch der Schreibstil ist ziemlich locker gehalten, und so würde ich mir auch Shaun Bythell selbst vorstellen. Er selbst hält sich in manchen Situationen für eine ziemlich klischeehaften Buchhändler, zieht aber auch gerne mal über seine Kunden und deren teils seltsame Angewohnheiten her. Insgesamt wirkt er auf mich manchmal ein wenig zynisch, aber das hält sich immer noch so in Grenzen, dass er nicht unsympathisch oder durchgehend herablassend wird.

Während des Lesens und auch nach Beendigung des Buches habe ich mich des Öfteren gefragt, als was für eine Art von Kunde mich Bythell wahrnehmen würde, und ob ich einen Tagebuch- oder Facebookeintrag wert wäre. Ob das aber wirklich ein Kompliment wäre, liegt vermutlich auch im Auge des Betrachters.

Besonders lustig fand ich Nicky, die im „Bookshop“ arbeitet und so ziemlich immer genau das Gegenteil von dem tut, was Bythell zu ihr sagt. Ob sie die gestapelten Bücher erst wegräumen soll, bevor sie eine neue Kiste auspackt, oder ihr Essen nicht einfach im Laden herum liegen lassen soll – Nicky hat meistens einen ausgesprochen plausiblen Grund, warum ihr das absolut unmöglich ist. Bei ihrem „Feinschmecker Freitag“ ist mir teilweise echt schlecht geworden, aber irgendwo war es dann auch schon wieder lustig, was sie so alles an mehr oder weniger Essbarem angeschleppt und im Laden verteilt hat.


Fazit
Eine groß angelegte Storyline oder einen ausgearbeiteten Spannungsbogen hatte das „Tagebuch eines Buchhändlers“ jetzt vielleicht nicht, aber dadurch muss ein Buch ja nicht unbedingt schlecht sein. Ich konnte wirklich oft lachen, sei es über einige echt schräge Kunden, über Nicky, die hin und wieder lieber die Facebookseite an sich reißt, als sich um das Einsortieren und Auspreisen von Büchern zu kümmern, oder über Shaun Bythell selbst, der mit trockenem Humor auf die seltsamsten Fragen antwortet und auch selbst manchmal für die eine oder andere peinliche Situation sorgt.

Wer sich ab und an mal mit einem Buchhändler unterhält, der keiner großen Handelskette angehört, dem werden die von Bythell beschriebenen Probleme seines Geschäfts nicht völlig fremd sein. Dass Onlinehändler und große Buchhandelsgesellschaften den Gewinn kleiner und unabhängiger Buchhandlungen und Antiquariate nicht gerade steigern, ist auch kein Geheimnis.

Trotzdem fand ich es sehr spannend, einmal aus der Perspektive eines solchen „bedrohten“
Geschäfts auf den Buchhandel und das Konsumverhalten unser heutigen Gesellschaft zu blicken.

Was wir daraus lernen können? Sicherlich kann man als eine Absicht hinter dem „Tagebuch eines Buchhändlers“ vermuten, dass wir als Leser und Kunden unser Konsumverhalten auch einmal überdenken sollten, um lokale und unabhängige Buchhandlungen zu unterstützen. Das ist sicherlich nicht verwerflich und für mich persönlich ein Gedanke, auf den ich bei meinen zukünftigen Bücherkäufen hoffentlich vermehrt achten werde.

Insgesamt vergebe ich dafür vier Bücherstapel und überlege, vielleicht auch mal einen Urlaub im schottischen Wigtown zu verbringen.

Veröffentlicht am 19.07.2019

In der Toskana ist die Welt noch in Ordnung

Das Licht der Toskana
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Worum geht’s?
Julia, Camille und Susan, drei Frauen zwischen Ende fünfzig und Anfang sechzig, die sich bei der Besichtigung einer Seniorenwohnanlage kennen gelernt haben beschließen, ihren Lebensabend ...

Worum geht’s?
Julia, Camille und Susan, drei Frauen zwischen Ende fünfzig und Anfang sechzig, die sich bei der Besichtigung einer Seniorenwohnanlage kennen gelernt haben beschließen, ihren Lebensabend nicht dort, sondern lieber in der sonnigen Toskana verbringen zu wollen. Einmal dort angekommen, werden sie nicht nur von einer ganzen Menge an freundlichen Menschen willkommen geheißen, sie können sich auch endlich den Dingen widmen, für die sie bisher keine oder nur wenig Zeit fanden. Zwischen aufwendigen Gerichten und Kunstwerken finden die drei Grazien nicht nur Freundschaft und sogar die Liebe, sondern erkennen auch, dass das Leben auch in der zweiten Hälfte noch einige Überraschungen bereithalten kann. Das gilt nicht nur für diese drei, auch die Schriftstellerin Kit wird mit einigen Veränderungen in ihrem Leben konfrontiert und bildet trotzdem eine wichtige Stütze in der Fremde für die Auswanderinnen.


Meine Meinung
Das Licht der Toskana war für mich ein Buch, dass mich zwischenzeitlich ein wenig zwiegespalten zurückgelassen hat.

Das Cover ist zunächst einmal schön gestaltet, aber in wie weit die Früchte tatsächlich mit der Geschichte zusammen hängen, erschließt sich mir ehrlich gesagt nicht so ganz. Hübsch ist es trotzdem.

Beim ersten Blick in das Buch springt einem direkt das Inhaltsverzeichnis ins Auge, was ja mittlerweile kein selbstverständlicher Bestandteil eines Buches mehr ist. Ich finde das sehr praktisch, um den Überblick zu behalten, denn darauf war ich nach circa dem ersten Drittel des Buches auch definitiv angewiesen. Die Erzählung wechselt zwischen Parts aus Kits Perspektive und Parts aus den Perspektiven des drei Damen hin und her, teilweise auch schon nach sehr wenigen Seiten. Für mich persönlich war das ein wenig gewöhnungsbedürftig, auch wenn man das Buch so problemlos in mehreren Etappen lesen konnte.

Zu Anfang bin ich trotz der Stückelung eigentlich ganz gut in die Geschichte rein gekommen. Der Schreibstil in den Teilen aus Kits Perspektive ist an manchen Stellen ein wenig sperrig, besonders dann, wenn man mit Namen berühmter und einflussreicher Persönlichkeiten überschüttet wird. Insgesamt hätten es meiner Meinung nach besonders am Anfang des Buches aber ruhig noch ein paar Teile mehr aus ihrer Perspektive geben können, denn sie war mir irgendwie am sympathischsten und ihre Geschichte und ihr Schicksal haben mich von allen Protagonisten tendenziell am meisten interessiert. Besonders die Sache mit ihrer Freundin Margaret fand ich sehr spannend, auch wenn es für mich zunächst relativ lange so klang, als handele es sich bei dieser Freundin um ein Produkt ihrer Fantasie bzw. um Margaret Mitchell, die Autorin von Vom Winde verweht. Mittlerweile bin ich mir selbst nicht mal mehr ganz sicher, wie ich auf die Idee gekommen bin.

Bei der Figur Margaret bin ich mir noch immer nicht ganz sicher, was ich von ihr halten soll. Auf der einen Seite hat sie, genau wie auch die anderen Charaktere, einige harte Schläge im Leben einstecken müssen. Sicherlich wirkt sich das auf den Charakter aus, aber trotzdem macht sich Margaret in den Erzählungen von Kit nicht gerade besonders beliebt bei mir.

Camille, Julia und Susan fand ich als Protagonisten eigentlich ganz nett, auch wenn ihre Anteile an der Handlung nicht durchgehend gleichmäßig verteilt waren. Mein größtes Problem beim Lesen war tatsächlich, dass ich die drei relativ lange nicht unterscheiden konnte und immer wieder hin und her blättern musste, um ihre Geschichten und Namen nicht zu verwechseln. Dem Lesefluss in diesen Abschnitten war das absolut nicht zuträglich, was ich durchaus schade fand.
Etwas unrealistisch kam mir dann irgendwann auch vor, dass es so absolut gar keine Probleme mehr in ihrem Leben zu geben schien, seit die drei in die Toskana gezogen sind. Es gibt keine Streitigkeiten, obwohl sich die Damen alle noch nicht so lange kennen und dann direkt in ein gemeinsames Haus gezogen sind. Auch Sprachbarrieren sind kaum vorhanden und das Erlernen einer neuen Sprache klappt mit einigen Ausnahmen fast mühelos. Finanziell scheinen alle drei überdurchschnittlich gut abgesichert zu sein, denn Ausgaben gibt es wirklich viele. Seien es opulente Mahlzeiten mit Nachbarn oder kostspielige Kunstutensilien – ganz zu schweigen von dem Kauf der Villa nach dem Ablauf des ersten Jahres – alles scheint problemlos machbar zu sein.

Realistisch ist das vielleicht nicht unbedingt gerade, aber nett zu lesen ist es trotzdem. Nach einiger Zeit wäre dann etwas Abwechslung doch noch ganz schön gewesen, denn gerade im letzten Drittel zog sich die Geschichte für meinen Geschmack einfach ein wenig zu sehr hin. Im Gegensatz zum Anfang kam ich gefühlt einfach nicht vorwärts mit dem Buch und musste mich ein wenig durchbeißen. Im Prinzip war es immer das selbe: Es wurde eingekauft, aufwändige Gerichte gekocht und viel gemalt. Bei einem Roman darf man zwar nicht mit großen Spannungsbögen rechnen, und in gewissen Maßen ist das traumhafte Toskana – Leben auch angenehm zu lesen, aber nach knapp 600 Seiten war die Geschichte meiner Meinung nach dann doch einfach ein bisschen ausgekaut.


Fazit
Das Licht der Toskana war für mich vor allem ein netter Roman mit ganz viel italienischem Flair, mit sehr vielen Gerichten und einem durchgehenden Gute – Laune – Setting unter der glänzenden Sonne der Toskana, den man sicherlich gut über den Sommer lesen kann – wenn man ihn in mehreren Stücken liest. Sobald man den Überblick über die Figuren und ihre Geschichten gewonnen hat und sie wirklich sicher unterscheiden kann, leidet auch der Lesefluss nicht mehr so sehr unter der Stückelung in relativ kurze Unterkapitel.
Kit bleibt meine Lieblingsprotagonistin und rettet den etwas unnötig in die Länge gezogenen Schluss der Geschichte mit ihrer Anwesenheit ein wenig, so dass ich nicht nur mit einem monotonen Gefühl der Langeweile aus dem Leseprozess gehen musste.
Mit etwa 100 Seiten weniger und einem Verzicht auf die Wiederholung der immer gleichen Ereignisse und Tätigkeiten zum Ende hin hätte mir die Geschichte mit Sicherheit um einiges besser gefallen und nur das leichte Gefühl von ganz viel Toskana – Liebe hinterlassen.
So fand ich das Buch aber trotzdem ganz nett, um einen entspannten Nachmittag im Garten zu verbringen und ein wenig vor mich hin zu lesen.

Dafür gibt es von mir insgesamt drei Bücherstapel

Veröffentlicht am 14.06.2019

Ein Science - Fiction - Roman für Menschen, die kein Science - Fiction mögen

Seelen
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Darum geht's
Die Erde wurde von Außerirdischen, sogenannten Seelen, besetzt, die sich in die Körper von Menschen einnisten und sich ihres Verstandes bemächtigen.
Die Rebellin Melanie lebt mit ihrem kleinen ...

Darum geht's
Die Erde wurde von Außerirdischen, sogenannten Seelen, besetzt, die sich in die Körper von Menschen einnisten und sich ihres Verstandes bemächtigen.
Die Rebellin Melanie lebt mit ihrem kleinen Bruder Jamie und ihrem Freund Jared versteckt in der Wildnis und konnte so einer Besetzung durch eine Seele bisher aus dem Weg gehen. Doch als sie sich auf der Suche nach überlebenden Verwandten macht, wird sie von den sogenannten Suchern entdeckt und gefangen genommen.
Die ihr eingesetzte Seele Wanda hat schon auf einigen Planeten gelebt und wurde so zu einer wahren Legende unter den Außerirdischen. Im Körper von Melanie gelingt es ihr jedoch nicht, diese vollständig zu verdrängen. Von den menschlichen Gefühlen und Melanies Liebe zu Jared überwältigt, macht sich Wanda auf die unmöglich erscheinende Suche nach anderen Überlebenden und ahnt dabei noch nicht, welchen Einfluss der Planet Erde auf sie haben wird.


Meine Meinung
Stephenie Meyer war mir bis dato nur als Autorin der Twilight – Reihe bekannt, von der ich persönlich eigentlich kein besonders großer Fan bin. Umso überraschter war ich deshalb, als ich Seelen entdeckt und gelesen habe.

Das Cover ist mir in der Buchhandlung witzigerweise sofort ins Auge gesprungen, obwohl es eigentlich ziemlich unauffällig gestaltet ist. Da ich Teile des Films schon kannte, bevor ich das Buch gelesen habe, ist mir hier besonders die relativ dezente Darstellung des Rings um die Pupille aufgefallen, die meiner Meinung nach einfach passender ist als das leuchtende Blau in der Verfilmung.

Schön gestaltet war auch das Worldbuilding, das in seiner Gesamtheit zwar ziemlich komplex ist, aber von Anfang an mühelos in den Erzählfluss eingebunden wird. Alle wichtigen Hintergrundinformationen bekommt man ganz einfach nebenbei, ohne durch unnötig ausschweifende Erklärungen im Lesefluss gestört zu werden. Besonders spannend fand ich die anderen von den Seelen besetzten Planeten und ihre unterschiedlichen Lebewesen, weil sie alle noch unglaublich viel Potenzial für weitere spannende Geschichten bieten. Für mich hätte Wanda gerne noch wesentlich mehr Geschichten aus ihren vorherigen Leben erzählen können, aber vermutlich wäre das dem Gleichgewicht zwischen Handlung und Hintergründen eher weniger zuträglich gewesen.

Wanda als Hauptprotagonistin ist einfach von Grund auf nett und liebenswürdig und verkörpert damit die positiven Eigenschaften und Charakterzüge, die den Menschen manchmal und ganz besonders in einer Ausnahmesituation wie der Besetzung der Erde durch Außerirdische fehlen. Man merkt relativ schnell, dass Wanda anders als die übrigen Seelen ist und nicht ganz so gut mit dem Leben auf dem neuen Planeten klar kommt, wie eigentlich gedacht. Deshalb wirkte es auf mich auch nicht so unglaubwürdig, dass Wanda und Melanie währen ihrer Koexistenz eine Freundschaft zueinander aufbauen. Auch die Tatsache, dass Wanda eigene Beziehungen zu den übrigen Menschen aufbaut und sich schlussendlich gegen ihre eigene Spezies entscheidet, passt somit zu ihrem Charakter und wirkt durch den Entwicklungszeitraum auch nicht überstürzt.

Zu Melanie, in deren Körper Wanda eingesetzt wurde, konnte ich irgendwie keine Beziehung aufbauen, obwohl auch ihr und ihrer Persönlichkeit relativ viel Platz in der Geschichte eingeräumt wird. Vielleicht leide ich da an einer Wahrnehmungsstörung, aber mir kam es irgendwie so vor, als sei sie relativ schnell und häufig beleidigt, was mir – selbst unter den extremen Bedingungen, denen sie in ihrer Situation ausgesetzt ist – einfach ein wenig zu anstrengend war. Auch die Liebesgeschichte zwischen Melanie und Jared war mir am Ende relativ egal, da auch er nicht unbedingt meine Nummer eins bei den männlichen Hauptcharakteren war.

Jamie dagegen, den kleine Bruder von Melanie, mochte ich richtig gerne. Er war einfach süß und hat Wanda als eigenständige Person gesehen, was mich tatsächlich sogar ein wenig überrascht hat. Gleichzeitig fungiert er aber auch als Bindeglied zwischen Wanda, Jared und Melanie, da sie ihn alle lieben und nur das beste für ihn wollen. Ich bin mir relativ sicher, dass die Geschichte ohne ihn größtenteils nicht funktionieren würde, da sonst sicherlich irgendjemand schon wesentlich früher versucht hätte, Wanda umzubringen.

Der Spannungsbogen war überwiegend gut gestaltet, besonders in Anbetracht der Tatsache, dass das Buch knapp 900 Seiten hat. Die Szenen in der Höhle der Überlebenden waren an vereinzelten Stellen ein wenig langatmig, aber im Großen und Ganzen kommt während des gesamten Buchs keine Langeweile auf. Das Ende kam dann ein bisschen plötzlich, weil gerade noch einmal Fahrt in die Geschichte kam und ich nicht damit gerechnet hatte, so schnell schon wieder aus dem Lesefluss gerissen zu werden. Die Ereignisse waren schlussendlich aber ganz intelligent platziert, da man so ein offenes Ende mit Potenzial für hoffnungsvolle Zukunftsszenarien gestalten konnte. Als Leser war ich schon ein wenig enttäuscht über das abrupte Ende, weil ich gerne noch erfahren hätte, wie es mit den Protagonisten weiter geht.


Fazit
Seelen hat bei mir einen überraschend positiven Eindruck hinterlassen, mit dem ich vor dem Lesen des Buchs nicht gerechnet hätte. Das apokalyptische Setting ist spannend und von einem gut durchdachten Worldbuilding untermalt, was mir beim Lesen besonders positiv aufgefallen ist. Die Hauptcharaktere sind überwiegend sympathisch und machen es leicht, mehr über sie und ihr Leben erfahren zu wollen. Etwas mäkeln könnte man in Bezug auf das leicht hektisch wirkende Ende, aber das macht die integrierte Zukunftsvision schon fast wieder wett. Im Großen und Ganzen hat mir Seelen sehr gut gefallen und ich kann der Autorin nur zustimmen, wenn sie sagt, dass Seelen ein Science – Fiction – Roman für Menschen sei, die eigentlich kein Science – Fiction mögen.

Dafür gibt es von mir viereinhalb Bücherstapel