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Veröffentlicht am 02.05.2021

Interessante Idee, deren Umsetzung mich nicht völlig überzeugt

Fair Play
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Den Klappentext fand ich total interessant und auch die Idee der App, die hier entworfen wird, ist super spannend. Dennoch konnte mich die Geschichte nicht vollständig überzeugen.

Für ein Umweltprojekt ...

Den Klappentext fand ich total interessant und auch die Idee der App, die hier entworfen wird, ist super spannend. Dennoch konnte mich die Geschichte nicht vollständig überzeugen.

Für ein Umweltprojekt entwerfen Schüler/innen eine App, die ihr persönliches Energie-Tageskonto aufzeichnet. Dabei geht es um die Art, wie die Kids sich fortbewegen, womit sie ihre Freizeit verbringen oder welche Lebensmittel sie zu sich nehmen. Wird das Kontingent überschritten, wechselt ein Icon von grün auf rot, was für alle Nutzer sichtbar ist. Dabei greift die App alle möglichen Daten ab, von Bewegungsdaten bis zur Spracherkennung. Ziel ist es, dass möglichst viele Nutzer ihren täglichen Bedarf nicht überschreiten, damit das Gesamtkonto in grünen Bereich bleibt und somit die Umwelt geschont wird.

Erzählt wird die Geschichte aus vier verschiedenen Perspektiven. Die vier Schülerinnen und Schüler haben ganz unterschiedliche Antriebe, bei dem Projekt mitzuwirken. In ihrem Leben spielen natürlich viele Themen eine Rolle, sodass der Umweltaspekt oft nur nebenbei mitschwingt, während die Teenager, die jeweils in der Ich-Perspektive berichten, über ihr Schulleben, ihre Social Media-Aktivitäten, Familie und Verliebtheit erzählen.
Neben Umweltschutz werden auch Mobbing und Gruppenzwang behandelt. Denn je länger das Projekt läuft, desto unkontrollierter entwickelt es sich und spaltet die Schülerschaft in zwei Lager, die sich gegenseitig anfeinden. Fair Player gegen Foul Player. Aber was ist noch fair…?

Der Klappentext und das erste Kapitel geben bereits einen Hinweis, was am Ende passiert, sodass der Schluss nicht völlig überraschend kommt.
Die Geschichte hat einige spannende Momente, während das Geschehen durch die vielen Alltagsschilderungen an anderen Stellen relativ ruhig vor sich hin plätschert. Im Verlauf gibt es einige Wendungen, Intrigen und Geheimnisse, da die App öffentliche Aufmerksamkeit erreicht, sodass plötzlich auch noch andere Parteien mitmischen möchten.

Letztlich finde ich sowohl die App als auch das Ende des Buches nicht ganz ausgereift. Innerhalb der App-Umsetzung gab es für mich einige Unstimmigkeiten.
Und das Ende habe ich als unpassend empfunden. Zum einen wird hier plötzlich unnötig die Moralkeule geschwungen, zum anderen passiert etwas sehr Extremes, was für mich nicht nötig gewesen wäre und letztlich auch nur bedingt zum Rest der Geschichte und der eigentlichen Thematik passt.

Ungünstig finde ich auch die langen englischen E-Mails, die unübersetzt bleiben und deren grober Inhalt hinterher nur in einem kurzen Satz zusammengefügt wird.

Fazit

Über die Gedanken, die sich die Jugendlichen um ihren Verbrauch machen, gibt es Anregungen, das eigene Handeln zu überdenken und ein wenig Input, wie sich bestimmte Lebensmittel oder das Streamen von Serien auf unser aller Umweltkonto auswirken.
Letztlich konnte mich die Geschichte weder komplett fesseln noch vollständig überzeugen. Die Schicksale der vier sehr unterschiedlichen Jugendlichen sind nicht uninteressant, allerdings wirkt das Geschehen teilweise konstruiert und ich empfand die ganze App als nicht ganz stimmig. Auch das Ende, das mir zu extrem daherkommt, überzeugt mich nicht.

Veröffentlicht am 19.04.2021

interessante Fakten, leider sehr trocken verpackt

Die Erfindung von Alice im Wunderland
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Alice im Wunderland gehört zu den wohl bekanntesten Kinderbüchern. Ich habe das Buch vor Jahren auf Englisch gelesen und verschiedene Verfilmungen gesehen, würde mich aber nicht als größten Alice-Fan bezeichnen.

Anlässlich ...

Alice im Wunderland gehört zu den wohl bekanntesten Kinderbüchern. Ich habe das Buch vor Jahren auf Englisch gelesen und verschiedene Verfilmungen gesehen, würde mich aber nicht als größten Alice-Fan bezeichnen.

Anlässlich des 150. Geburtstages der Geschichte befasst sich Peter Hunt mit den Hintergründen zur Entstehung der verschiedenen Alice-Geschichten und ihren Veränderungen von der ersten, für ein Kind geschriebenen Version zur später veröffentlichten und weltweit bekannten Kinderbuchausgabe.

Viele dieser Hintergrundinformationen sind recht spannend. Hunt beschreibt Eckpunkte aus Lewis Carrolls Leben (eigentlich Charles Lutwidge Dodgson, der Name wird auch durchgängig verwendet), die ihn beim Schreiben beeinflusst haben. Es werden reale Personen und Begebenheiten aufgezeigt, die in die Geschichte eingeflossen sein könnten. Ebenso werden die Bezüge zur damaligen Literatur und zum Zeitgeschehen hergestellt.
Dabei beruft sich Hunt auf verschiedene Quellen: Briefe und Tagebucheinträge Carrolls, Zeitzeugenberichte, Interviews, die beteiligte Personen Jahre später gegeben haben und Literaturverweise. Es gibt aber auch ganz viele Spekulationen, wie der Autor selbst zugibt: Versuche, Szenen aus Alice im Wunderland eine politische Bedeutsamkeit zu geben, die sie möglicherweise gar nicht hatte. So bleibt es letztlich schwer zu sagen, welche der verrückten Figuren wirklich eine satirische Karikatur realer Persönlichkeiten aus Carolls Umfeld oder Zeit gewesen sein mag. Und auch, was im Kopf des Autors tatsächlich vorging, wenn er beispielsweise seine Faszination für Zahlen in die Erzählung einfließen lässt, kann nur gemutmaßt werden.

Dabei zeigt Hunt auf, wie vielschichtig Alice interpretiert werden kann. Zu zahlreichen Szenen führt er Bezüge und Deutungsmöglichkeiten an, die aufzeigen, wie komplex die Kindergeschichte daherkommt und dass sie eben nicht nur eine bunte, wilde Erzählung für die Kleinsten ist.

So interessant manche Fakten auch sind, geht mir das Buch an anderen Stellen unnötig ins Detail. So werden beispielsweise zahlreiche „bekannte Persönlichkeiten“ aufgezählt, die Hobbyfotograf Caroll irgendwann mal vor der Linse hatte.

Überhaupt empfinde ich das Buch insgesamt als unnötig kompliziert geschrieben. Es wirkt, als hätte der Autor oder zumindest die Übersetzerin versucht, sich an dem Sprachstil Carrolls zu orientieren. So gibt es die ein oder andere Formulierung, die ungewöhnlich oder einfach altertümlich klingt.
Und auch sonst liest sich das Buch leider wenig flüssig. Es ist eine wissenschaftliche Abhandlung mit vielen langen, stark verschachtelten Sätzen – selbst in Klammern gesetzte Einschübe reichen teils über mehrere Zeilen. Hinzu kommen die vielen Verweise und Quellenangaben, wodurch das Buch wie eine wissenschaftlicher Aufsatz wirkt, der mehr auf Faktenwiedergabe bzw. Interpreationsversuche abziehlt als auf die Unterhaltung der Leser/innen.

Erschwerend hinzu kommt, dass viele der Werke der englischen Literatur, seien es Kinderbücher, Gedichte oder ähnliches, die hier benannt und (übersetzt) zitiert werden, mir unbekannt waren, sodass ich nicht alle Anspielungen auf die Literatur der Zeit vollständig nachvollziehen konnte.

Gut gefallen hat mir die Aufmachung des Buches. Neben Fotografien von Personen aus dem Umfeld Carrolls, gibt es diverse Illustrationen, Karikaturen und Alice-Zeichnungen, beispielsweise aus der ersten Kinderbuchausgabe. Auch Skizzen von Carroll selbst sind vorhanden.

Fazit

Die Abhandlung über die Entstehung Alice-Bücher ist nicht uninteressant, für mich aber doch mit vielen wilden Interpretationen und unnötig komplizierten Formulierungen überladen. Sich innerhalb der Alice-Bücher ein wenig auszukennen, hilft auf jeden Fall, um all die Anspielungen und Spekulationen zu verstehen. Sich zusätzlich in der englischen Literatur dieser Zeit auszukennen, hilft vermutlich noch besser, um alles einzuordnen.
Wirklich spannend fand ich, wie Carroll sich von der vorherrschenden Kinderbuchliteratur der Zeit, die hier als „Schreckenswarnungen“ bezeichnet werden, abhebt. Und auch die Bezüge zur echten Alice fand ich sehr interessant. Die Aufmachung mit den vielen Alice-Zeichnungen sowie Fotos und Karikaturen der Zeit finde ich gelungen.
Insgesamt habe ich mich mit dem Buch, das so vollgestopft mit spekulativem Wissen, das in eine komplizierte, veraltet wirkende Sprache verpackt wurde, aber schwergetan. Dass es sich um eine Übersetzung handelt, trägt vermutlich seinen Teil dazu bei, dass es sprachlich für mich etwas unrund wurde. Gerade auch die Übersetzung (alter) englischer Gedichte ist verständlicherweise immer etwas schwierig und hat einfach eine ganz andere Wirkung.

Veröffentlicht am 17.04.2021

lebensnahes Jugendbuch, das viele wichtige Themen anschneidet

Mein Leben als lexikalische Lücke
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Der 18-jährige Benni möchte Arzt werden und absolviert dafür ein Praktikum im Krankenhaus. Seine Mutter versucht derweil, ihn statt von der Wissenschaft von ihrem Glauben an Gott zu überzeugen.
Die 16-jährige ...

Der 18-jährige Benni möchte Arzt werden und absolviert dafür ein Praktikum im Krankenhaus. Seine Mutter versucht derweil, ihn statt von der Wissenschaft von ihrem Glauben an Gott zu überzeugen.
Die 16-jährige Jule macht sich Gedanken um den Umweltschutz und ihre Ernährung. Zuhause finden diese Themen allerdings wenig Anklang.
Beide fühlen sich teilweise fehl am Platz, unzugehörig und zerrissen: wie lexikalische Lücken. Als die zwei sich kennenlernen, versuchen sie gemeinsam, diese Lücken ein wenig zu schließen.

„Mein Leben als lexikalische Lücke“ bietet unglaublich viel. Es ist ein Jugendroman über das Erwachsenwerden und bezieht dabei unglaublich viele Themen mit ein, die auf Jugendliche/ junge Erwachsene einwirken.

Die beiden sympathischen Hauptfiguren machen sich Gedanken über ihr Leben, ihre Träume und Ziele. Sie stellen sich die Frage, wie viel ihrer Eltern in ihnen steckt und suchen ihren Platz im bzw. ihren Weg für ihr Leben.
Es geht um das Erwachsenwerden und zu sich selbst finden. Unweigerlich findet dabei der Vergleich mit Gleichaltrigen statt, der Unsicherheiten schafft.
Es geht darum, sich von den Eltern abzunabeln und eigene Ziele zu entwickeln, aber auch darum, zu seiner eigenen Meinung zu stehen bzw. anderen aufzuzeigen, wenn ihre Ansichten nicht ok sind. Besonders Jule hat damit zu kämpfen. Nicht nur, dass sie sich vegan ernähren möchte, was auf Unverständnis in ihrer Familie trifft, immer wieder kommt es in ihrer Familie zu rassistischen Äußerungen, die Jule wütend machen. Doch sie traut sich nicht, ihrem Ärger Luft zu machen.
Aber auch Ben muss zuhause psychisch einiges aushalten, sodass beiden Protagonisten im Verlauf der Handlung ein Entwicklungsprozess bevorsteht.
Dabei fand ich beide Familien aber so extrem dargestellt, dass ich sie teilweise als unrealistisch und übertrieben empfunden habe.

Natürlich spielen auch Freundschaften eine große Rolle. Besonders Jule ist viel mit Gleichaltrigen unterwegs. Ihre kleine, schräge Gruppe hat große, bewundernswerte Ziele. Allerdings gibt es auch einige Situationen, in denen ihre Freunde nicht besonders sympathisch wirken.
Auch Bens Freunde, Jake und Mia, kommen in diesem Buch vor. Mit „Sicherheit ist eine verdammt fiese Illusion“ haben die beiden bereits ihre eigene Geschichte, zu der es im Grunde keine inhaltlichen Spoiler gibt, außer das, was sich aus der aktuellen Lebenssituation der zwei nun schließen lässt. Umgekehrt ist die Kenntnis des Buches für das Verständnis der lexikalischen Lücke nicht notwendig, da die Handlungen eigenständig sind.

Und zusätzlich gibt es auch noch eine Liebesgeschichte, die sich ganz langsam und zaghaft entwickelt, was sie sehr nachfühlbar und authentisch macht.

Die Geschichte ist unglaublich toll geschrieben. Der Schreibstil ist flüssig, jugendlich und anschaulich. Die beiden wechselnden Ich-Erzähler/innen Jule und Ben schildern ihre Erlebnisse und geben ausführliche Einblicke in ihre verwirrte Gefühlswelt.
Besonders gefallen haben mir all die sprachlichen Feinheiten und Seitenhiebe. Jedes Kapitel enthält ein Wort aus unterschiedlichen Sprachen, für das es in anderen Sprachen kein Pendant gibt (bekanntes Beispiel: Déjà-vu), was ich total spannend fand.
Dabei sind nicht nur die sprachlichen Aspekte schön eingebunden. Auch die eingestreuten Fakten, zum Beispiel zum Soja, fügen sich ganz natürlich ein, ohne das man das Gefühl bekommt, belehrt zu werden.

Das Ende ist mir ein klein wenig zu knapp gefasst. Zwar bleiben nicht direkt Fragen offen, dennoch gibt es ein paar Aspekte, zu denen ich gern noch ausführlicher gelesen hätte, wie sie sich in der Folge entwickeln.

Fazit

Das Buch greift ein breites Spektrum an lebensnahen und aktuellen Themen auf, die Jugendliche auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden begegnen und bewegen: Umweltschutzaspekte, Rassismus, Zukunftssorgen, Freundschaft, Familie, Verliebtsein… Eigentlich fehlt nur noch Corona.
Dabei fügen sich all diese Aspekte ganz natürlich in eine süße Geschichte über zwei Teenager, die ihren Platz im Leben suchen und dabei fast wortwörtlich übereinander stolpern.
Aus dem Buch lässt sich viel mitnehmen: Dass jeder etwas tun und beitragen kann. Dass man anderen aufzeigen sollte, wenn sie falsch liegen. Und das man auch mit ganz kleinen Schritten die Welt – auch im Zwischenmenschlichen – ein kleines bisschen besser machen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.03.2021

ernste Thematik in einer spannenden, abenteuerlichen, aber auch emotionalen Geschichte

Calypsos Irrfahrt
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Oscar verbringt die Ferien mit seinen Eltern auf einem Segelboot auf dem Mittelmeer. Eigentlich wollen sie verschiedene Häfen ansteuern und zum Sightseeing an Land gehen. Doch der Plan ändert sich, als ...

Oscar verbringt die Ferien mit seinen Eltern auf einem Segelboot auf dem Mittelmeer. Eigentlich wollen sie verschiedene Häfen ansteuern und zum Sightseeing an Land gehen. Doch der Plan ändert sich, als sie zwei Flüchtlingskinder aus dem Meer ziehen. Nun steuern sie die Städte an, auf der Suche nach einem Ort, wo die Kinder bleiben können. Doch niemand fühlt sich zuständig…

Ich mag Kinderbücher, die ernste Themen mit einer spannenden Story verbinden: das ist hier definitiv der Fall. Das Schicksal der Flüchtlingskinder in einem Buch zu behandeln, welches mit einer Altersempfehlung ab 10 Jahren versehen ist, empfinde ich als mutig. Denn es handelt sich um eine ziemlich tragische Geschichte, die hier den jungen Leser/innen präsentiert wird. Und das nicht nur zwischen den Zeilen: ganz offen wird die traurige Reise von Nala und Moh beschrieben – ihre Mutter war bereits tot, ihr Vater ist auf dem Weg gestorben und die Kinder sind von dem Schlauchboot, welches sie über das Mittelmeer bringen sollte, gefallen und wurden ihrem Schicksal überlassen.

Geschildert wird die Handlung aus der personalen Sicht von Oscar, dessen Langeweile an Board in dem Moment verschwindet, als sie Nala und Moh aus dem Wasser ziehen. Nun hat er Spielgefährten – allerdings müssen sie erst mal die Sprachbarriere überwinden. Die Interaktion zwischen den Kindern, die sich nach anfänglicher Vorsicht annähern, finde ich toll beschrieben.
Natürlich bekommt Oscar auch immer wieder mit, was seine Eltern umtreibt. Sie schildern die grundsätzliche Thematik, wie Griechenland und Italien mit den Flüchtlingsströmen umgehen. Ebenso erfährt Oscar, wie die Eltern auf jedem Landgang mit dem selben Ergebnis zurückkommen: niemand möchte sich um die Kinder kümmern.
Dazwischen gibt es ein paar wenige Gesprächspassagen zwischen Nala und Moh, die einen Eindruck geben, wie die Kinder die Ereignisse wahrnehmen und wie viel sie von den Gesprächen in der fremden Sprache und den Plänen mitbekommen.
Der Schreibstil ist der Zielgruppe entsprechend einfach gehalten. Die Beschreibungen sind grundsätzlich bildhaft und anschaulich, auf allzu grausame Details wird aber überwiegend verzichtet.

Auch schon junge Leser/innen für das Thema zu sensibilisieren und darauf Aufmerksam zu machen, welche Tragödien sich immer wieder auf dem Mittelmeer abspielen, finde ich wichtig und gelungen umgesetzt. So dramatisch die Ereignisse sind, die Eltern und Kindern dann bevorstehen, so spannend wird die Handlung dadurch. Stürme und diverse Landausflüge sorgen für eine Geschichte voller Abenteuer und kleiner Wendungen, die sich toll lesen lässt und bei der man unbedingt wissen möchte, wie sie ausgeht.
Das Ende ist schön und empfinde ich für ein Kinderbuch auch als passend – auch wenn das, was dort passiert, wohl leider weniger realistisch ist und die ganzen Ereignisse ein wenig verklärt und verharmlost.

Deswegen und wegen des ohnehin harten Themas empfiehlt sich in meinen Augen bei der anvisierten Altersgruppe eine begleitete Lektüre – beispielsweise auch als Schullektüre, sodass auch weitere Fakten aufgearbeitet werden können. So sind in die Geschichte zwar immer wieder kleinere Informationen zur Flüchtlingsthematik eingestreut, das Buch ist aber nicht mit Hintergrundwissen überladen. Auch die Gründe, warum die Kinder ihre Heimat verlassen haben, werden beispielsweise nicht erwähnt.

Fazit

Sehr einfühlsam wird hier ein ernstes Thema in eine abenteuerliche Geschichte verpackt, die Unterhaltung bietet aber auch auf Missstände aufmerksam macht und mir dabei mehrfach Tränen in die Augen getrieben hat. Das Ende verharmlost die tatsächlichen Umstände, dennoch finde ich es als Abschluss für ein Kinderbuch passend. Nach der Lektüre bleibt aber wohl Gesprächsbedarf…

Veröffentlicht am 18.03.2021

bleibt mir zu oberflächlich und unreflektiert

Fürchtet uns, wir sind die Zukunft
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Der 18-jährige Theo ist ein begnadeter Klavierspieler, der kürzlich einen der begehrten Plätze an einer angesehenen Kunstakademie ergattert hat.
An der Schule erwarten ihn nicht nur harter Unterricht, ...

Der 18-jährige Theo ist ein begnadeter Klavierspieler, der kürzlich einen der begehrten Plätze an einer angesehenen Kunstakademie ergattert hat.
An der Schule erwarten ihn nicht nur harter Unterricht, sondern auch Mitstudenten, die sich gegen die Strukturen der Akademie auflehnen. Besonders Aida, die Anführerin der ZUKUNFT fasziniert ihn und plötzlich ist das Studium viel weniger wichtig…

Der Klappentext hat mich direkt angesprochen, doch die Geschichte konnte mich leider nicht überzeugen.

Das Buch liest sich sehr zügig, den Schreibstil fand ich angenehm. Theo ist der Ich-Erzähler der Geschichte und schildert seine Erlebnisse an der Akademie und seine Gedanken rund um die Ereignisse mit der ZUKUNFT.
Dabei habe ich Theo sein Handeln aber leider oft nicht abgenommen. Ich habe mich immer wieder gefragt, ob er hinter dem steht, was er tut bzw. wozu er sich anstiften lässt, oder ob er aus Verliebtheit treudoof jeden Unsinn mitmachen würde.
Auf jeden Fall sucht er noch nach seinem Weg und seinen Zielen für sein Leben. Leider hinterfragt er das zweifelhafte Vorgehen der ZUKUNFT dabei nicht.

Die Gruppe von Studenten, die sich DIE ZUKUNFT nennt, prangert verschiedene Missstände an. Kritisiert werden zum Beispiel die Machtstrukturen der Schule, die aus Profitgründen einen fragwürdigen Geldgeber duldet, obwohl hinter vorgehaltener Hand über dessen Schandtaten gesprochen wird. Aber es geht auch ganz allgemein um die Manipulation und Abstumpfung der Menschen durch Wirtschaft und Medien. Sie begehren dagegen auf, von der Schule und der Gesellschaft zu passiven Regelbefolgern getrimmt zu werden, die ihre Freiheiten und ihre Menschlichkeit verlieren.

Wichtige Gedanken. Aber um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen, tun sie allerlei Illegales. Randalieren, Sachbeschädigung, Diebstahl, Einbruch. Die Liste ihrer (Straf-)Taten ist lang.
Und das meiste davon bleibt nicht nur unreflektiert, sondern auch unkommentiert. Es gibt keinerlei Konsequenzen und auch keine Informationen, ob Menschen ihre Botschaften in Form von beschmierten Wänden oder umdekorierten Kaufhäusern wahrgenommen haben.
Dabei versteht es Aida (die ich aus verschiedenen Gründen wenig sympathisch fand und die mir im Verlauf sogar noch unsympathischer wurde), ihre Mitverschwörer durch dramatische Reden anzustacheln.

Letztlich kratzt das ganze Thema für mich nur an der Oberfläche und eine tatsächliche Entwicklung findet nicht statt. Die Gruppe tut etwas. Theo geht zur Uni. Oder geht nicht, weil er nachts irgendwo einbricht und am Tag entsprechend müde ist. Neue Aktion, neue Rede, die die Taten rechtfertigen soll. Bisschen Schulleben dazwischen. Wichtige Probleme werden nur angeschnitten und in den entscheidenden Momenten nicht weiter verfolgt.
Zwar fand ich das Buch nicht langweilig, aber ich bleibe nach dem Lesen eher enttäuscht zurück, zumal am Schluss so ziemlich alles offen gelassen wird. Man bekommt nur eine Ahnung davon, dass in Theo ein Entwicklungsprozess eingesetzt hat und er seine Zukunft anders gestalten möchte… Für mich wäre es nun erst interessant geworden, so viele wichtige Punkte sowie die Frage, wie all diese Ereignisse nun auf verschiedenen Ebenen nachwirken, bleiben offen.

Interessant fand ich hingegen die Akademie an sich – sowohl von ihrem Aufbau mit den verschiedenen Übungsräumen, als auch mit ihren unterschiedlichen Lehrkräften. Dabei sticht besonders ein Lehrer heraus, der Theo in seiner Leidenschaft für die Musik (die toll beschrieben ist, wenn er sich dafür mal Zeit nimmt) unterstützt und mit ungewöhnlichen Lehrmethoden inspiriert.

Fazit

Wichtige Gedanken fragwürdig hervorgebracht. Um ihre Botschaft zu vermitteln, wählt die ZUKUNFT ausschließlich kriminelle Wege. Dabei haben ihre Taten aber anscheinend keinerlei Konsequenz und werden von den Ausführenden auch nicht kritisch hinterfragt. Protagonist Theo kommt für mich leider zu oft als verliebter Trottel rüber, der nur bedingt hinter den Ansichten der ZUKUNFT steht, sich aber wunderbar selbst manipulieren lässt. Am Ende bleibt die Zukunft sehr offen…

Es werden ganz knapp 3 Sterne, da es einige Punkte in der Geschichte gab, die ich mochte. Allerdings wäre noch viel mehr möglich gewesen…