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Veröffentlicht am 11.06.2022

Paralleluniversen

Ein unendlich kurzer Sommer
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Lale steigt in einen Zug und fährt bis zur Endstation. Sie landet auf einem Campingplatz. Es ist Sommer. Sie ist am Ende der Welt.
Christophes Mutter ist gerade gestorben. In einem Buch findet er beim ...

Lale steigt in einen Zug und fährt bis zur Endstation. Sie landet auf einem Campingplatz. Es ist Sommer. Sie ist am Ende der Welt.
Christophes Mutter ist gerade gestorben. In einem Buch findet er beim Aufräumen einen 38 Jahre alten Brief seiner Mutter an den Mann, der eigentlich sein Vater ist. Er steigt in ein Flugzeug und fliegt ans Ende der Welt, auf einen Campingplatz.
Gustav ist ein alter Mann, er sitzt am Ende der Welt auf einem Campingplatz und ist froh, dass er seine Ruhe hat. Bis zwei Menschen auftauchen in einem Sommer, der das Leben aller verändern wird.
Was als leichte Sommerlektüre beginnt endet als tiefgründige, aber auch tieftraurige Geschichte über das was man vom Leben lernen kann, vor allem von dem nicht gelebten Leben. Aber trotz aller traurigen Zwischentöne findet das Buch immer wieder zu einer locker leichten, heiteren Sommerstimmung zurück, den die Autorin dem Leser mit vielen Stimmungsbildern schmackhaft, fühlbar, hörbar und überhaupt mit allen Sinnen wahrnehmbar macht. Beim Lesen kommen immer wieder Erinnerungen hoch an eigene verbrachte Sommer, deren ganz eigene Stimmung plötzlich ganz präsent wird.
Auf einem Campingplatz mit seinen herrlich schrägen, skurrilen, aber umso liebenswerteren Figuren ereignen sich Dinge, die den Leser zum Schmunzeln, zum lauten Lachen, aber auch zum Nachdenken und zum Traurigsein bringen. Das Paralleluniversum an Ende der Welt wird immer wieder heimgesucht von den Einbrüchen der Wirklichkeit. Oder ist es das Paralleluniversum, das in die Wirklichkeit einbricht, um zu zeigen, dass die Wirklichkeit nicht vorgegeben ist durch das Vergangene, sondern manchmal einen guten Schubs in die Zukunft braucht, um neue Wege zu beschreiten.
Eine herrliche Sommerlektüre mit Tiefgang! Gut zu lesen mit den Füßen in einem See auf einem Campingplatz am Ende der Welt! Aber Achtung: Das Paralleluniversum könnte auch der eigenen Wirklichkeit einen guten Schubs geben!

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Veröffentlicht am 23.05.2022

Monkey Minded

Gespräche mit einem Baum
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Der Inhalt ist schnell wiedergegeben: Ein Mann philosophiert mit oder besser unter einem Baum über die großen Themen des Lebens: Herkunft, Sinn, Ziel, Sex, Macht, Geld, Erfolg … Prinzipiell eine schöne ...

Der Inhalt ist schnell wiedergegeben: Ein Mann philosophiert mit oder besser unter einem Baum über die großen Themen des Lebens: Herkunft, Sinn, Ziel, Sex, Macht, Geld, Erfolg … Prinzipiell eine schöne Idee: Bäume sind verwurzelt, ruhig und beruhigend. Genauso wie die Föhre des Autors. Dafür ist der Autor umso redseliger, sprunghafter und ein wenig selbstverliebt bzw. eitel. So durchschaut ihn auch der Baum im Buch. Der Mann reißt alle Themen an, ein bisschen hiervon, ein bisschen davon, eine Prise Schulz von Thun, eine Handvoll Zitate von Einstein, ein bisschen antike Philosophie, etwas moderne. Die Antworten bleiben oberflächlich, ein bisschen Zivilisationskritik (soziale Medien, Ausbeutung der Umwelt, Atombombe …), ein bisschen Resilienz, Achtsamkeit und Selbstfürsorge als Gegenmittel. Der Baum kommt selten zu Wort, er darf eher dem Monkey Mind des Autors als Plattform oder eher Klettergerüst für die wie Affen umherspringenden Gedanken dienen. Wer Weisheiten wie „Alles ist mit allem verbunden.“ oder „Ein Geheimnis ist ein Geheimnis.“ mag und wer es sich leisten kann, immer, wenn er sich im Stress fühlt, in seinen „Gedankenhelikopter“ oder auch einen echten Flieger zu steigen, um eine Auszeit vom Alltag und von sich selbst zu nehmen, der wird hier Antworten bzw. sich wieder-finden.

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Veröffentlicht am 25.04.2022

Viel Herzschmerz, sonst aber eher wenig

Modehaus Haynbach – Momente des Glücks
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Hauptfigur dieses Bandes aus der Reihe „Modehaus Haynbach“ ist Gigi, eine Freundin der beiden Haynbach Schwestern Viktoria und Mabelle, die mit gebrochenem Herzen aus Paris zu den Schwestern nach München ...

Hauptfigur dieses Bandes aus der Reihe „Modehaus Haynbach“ ist Gigi, eine Freundin der beiden Haynbach Schwestern Viktoria und Mabelle, die mit gebrochenem Herzen aus Paris zu den Schwestern nach München flieht und den Männern abschwört, nur um sich dann entscheiden zu müssen, ob sie ihrem Herzen trauen kann, dass für den Schaupieler Leo Fürst oder für den italienischen Geschäftspartner des Modehauses schlägt.

Die Figuren sind ganz sympathisch, vielleicht etwas überspannt. Sie wünschen sich von ihren Partnern, was sie selbst nicht können: stark sein, klare Entscheidungen treffen und dazu stehen ohne Zögern und Zweifel. Damit sind sie – trotz aller Offenheit und Berufstätigkeit – nicht unbedingt Musterbilder der Emanzipation.

Die Schauplätze sind durchaus stimmungsvoll, wobei dem warmen, lebensfrohen Italien gegenüber dem etwas überkandidelten München klar der Vorzug zu geben ist und für ein wenig Urlaubsflair sorgt.

Was mir persönlich fehlt, ist eine deutlicher historische Atmosphäre, gelebtes Zeitkolorit. Zwar fallen ein paar Namen und Titel damaliger Schauspieler, Filme oder Musiktitel, wird ein Zeitungsartikel zur Rolle der perfekten Hausfrau angeführt, tauchen italienische Gastarbeiter auf und wird der Grundstein zur Berliner Mauer gebraucht. Doch bleiben dies alles Randnotizen, die den Leser nicht wirklich in eine bestimmte Epoche eintauchen lassen.

Und am meisten vermisse ich eine Handlung, die den Leser in ihren Bann zieht. Es geht immer wieder um Gefühl, um Liebeskummer, um Beziehungskummer, um Erziehungskummer. Zarte Bande werden geknüpft und wieder durchschnitten, verletzter Stolz, Sehnsucht, Angst vor Einsamkeit nehmen viel Platz ein. Aber es passiert nicht viel. Immer wenn die Geschichte an Dramatik gewinnt, so z. B als Sophie, Mabelles 13jährige Tochter, spurlos im Münchener Nachtleben verschwindet oder als Richard, Mabelles und Viktorias Bruder, auf einmal in Ostberlin durch den beginnenden Mauerbau festsitzt, wird die Spannung drei Seiten später recht banal wieder aufgelöst.

Wer Herzschmerz mag und modebegeistert ist, kann sein Leserhirn hier gern in Urlaub schicken. Wer an Familiensagas eher die lebendige Geschichte schätzt, wird in anderen Buchreihen besser aufgehoben sein.

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Veröffentlicht am 18.04.2022

Sie liebt ihn, sie liebt ihn nicht, sie liebt ihn ...

Das Glück riecht nach Sommer
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Ina hat ihr altes Leben aufgegeben, die Beziehung ist zerbrochen, den Job an der Klinik in Husum hat sie geschmissen. Sie nimmt einen zweiten Anlauf in Hamburg: Dort will sie als Ärztin arbeiten oder nicht? ...

Ina hat ihr altes Leben aufgegeben, die Beziehung ist zerbrochen, den Job an der Klinik in Husum hat sie geschmissen. Sie nimmt einen zweiten Anlauf in Hamburg: Dort will sie als Ärztin arbeiten oder nicht? Dort will sie in der WG ihrer Freundin Filiz einziehen, bis sie etwas Eigenes gefunden hat, oder nicht? Dort lebt Tim, auch Arzt und ihr einstiger Mentor im Praktikum, den sie liebt oder nicht? Dort trifft sie auf Sebastian, ihren alten Schulfreund, mit dem sie eine Beziehung eingeht oder nicht? Sollte sie vielleicht doch zurückkehren zu ihrer Familie an der Nordseeküste in der Nähe von St. Peter-Ording und sich um ihre kranke Schwester kümmern oder doch nicht? Viele Fragen stellen sich Ina auf dem Weg in ihr neues Leben, auf die es eine Antwort zu finden gilt. Dabei helfen ihr die Begegnungen mit ihren alten Freunden und Bekannten, aber auch neue Bekanntschaften, die sie der WG von Filiz macht und in einem kleinen verwahrlosten Schrebergarten, der mit zur WG gehört und den auf Vordermann zu bringen ihr einige eigenwillige Nachbarn in der Schrebergartenkolonie tatkräftig helfen.
Zum Glück sind die meisten Fragen, die sich Ina stellen, eher Luxusprobleme, da sich ja auch immer gleich eine Alternative findet. So muss der Leser sich nicht allzu große Sorgen um sie machen und kann das nette Schrebergarten- und WG-Ambiente mit seinen kauzigen Bewohnern genießen und sich von der Story treiben lassen. Dazu gibt es ein paar nette Verwicklungen und abwechslungsreiche Nebenschauplätze, garniert mit einer guten Prise hippem Hamburger Lifestyle, von der Basilikumlimo über das Paddeln auf der Außenalster bis hin zum Take-That-Konzert in der Elbphilharmonie. Was will man mehr für eine Zugfahrt zum Städtetrip nach Hamburg oder anderswohin oder für einen Nachmittag im Strandkorb an der Nordsee oder anderswo.

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Veröffentlicht am 07.04.2022

Ein Familienausflug in den Diplomatendschungel

Die Diplomatenallee
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Heike, jetzt verheiratet und Mutter zweier Kleinkinder, wurde einst von Professor Buttermann, seines Zeichens Experte für Graphologie, aus schwerer Kindheit gerettet und in die Geheimnisse der Handschriftenkunde ...

Heike, jetzt verheiratet und Mutter zweier Kleinkinder, wurde einst von Professor Buttermann, seines Zeichens Experte für Graphologie, aus schwerer Kindheit gerettet und in die Geheimnisse der Handschriftenkunde eingeführt. Nach einem tragischen Zwischenfall im Institut, in den auch Heikes Bruder involviert ist, gibt sie ihre Karriere auf und zieht sich ganz ins Private zurück, wo sie mit ihrem Mann Peter einen Schreibwarenladen führt, der im Politikerviertel von Bonn gelegen ist. Solange bis sowohl der BND als auch die Stasi um Heikes überragende Fähigkeiten als Graphologin buhlen, geht es doch darum, dass die Ständige Vertretung der DDR in Bonn, die 1974 gegründet wird, ihre Mitarbeiter mit Hilfe ihrer Handschrift auf Loyalität überprüfen lassen will. Und der BND hat berechtigtes Interesse daran, mögliche Spion in den Reihen der StäV zu ermitteln. Heikes Familie und auch ihr Bruder werden zum Spielball der Machenschaften von Agenten. Und welche Rolle spielt dabei Professor Buttermann?
Die historischen Hintergründe und auch das Bonner Lokalkolorit stellen für mich die lesens- bzw. liebenswerten Seiten des Romanes dar. Die Rolle der StäV und der Graphologie in der BRD der 70er Jahre sind – wie die Autorin im kurzen historischen Nachwort selbst schreibt – eher unbekanntes Terrain und damit sehr reizvoll als Romanhintergrund.
Was für mich nicht so ganz passt und von daher bisweilen – unfreillig (?) - eine komische Wirkung erzielt, ist die Gestaltung der Figuren, die hier auf die harte Welt der Agenten trifft. Nehmen wir z. B. den Mann von Heike, Peter, auch von sich selbst als „Pipimädchen“ bezeichnet, der seine Familie beschützen will, in einen dubiosen Unfall einer Mitarbeiterin der StäV verwickelt wird und dann sogar in ein Handgemenge mit Schusswaffe, bis er sich schließlich zu seinem recht skurilen Freund Ilja zurückzieht. Auch Heike, ein durch ihre Kindheitserlebnisse traumatisierte Frau, die Angst vor ihrer eigenen Handschrift hat und sich nur nach Familiennormalität sehnt, will nicht recht zu der Frau passen, die als Doppelagentin agiert und zum Schluss bei nächtlichen Oberservationen im Eingang eines Parkhauses der Wohnblocks in der Pariser Straße, in der die Mitarbeiter der StäV Quartier genommen haben, fast ums Leben kommt.
Die Agentenstunts in dieser Roman fügen sich nicht wirklich in das Geschehen. So war ich mir beim Leser oft unsicher, ob ich in einem Agententhriller gelandet bin oder in einer Persiflage – gewollt oder eben unfreiwillig.

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