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Veröffentlicht am 07.05.2020

Erwachsenwerden in düsteren Zeiten

Mohnschwestern
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Mohnschwestern hat ein wunderschönes Cover, das mich ebenso wie der Klappentext sofort angesprochen hat. Der Klappentext entspricht jedoch nicht ganz dem, was im Roman geschieht, da u.a. angedeutet wird, ...

Mohnschwestern hat ein wunderschönes Cover, das mich ebenso wie der Klappentext sofort angesprochen hat. Der Klappentext entspricht jedoch nicht ganz dem, was im Roman geschieht, da u.a. angedeutet wird, dass ein wesentlicher Teil der Handlung sich um den Versuch der Liebenden, einander wiederzufinden, dreht.

Die Haupthandlung des Romans spielt in den Jahren 1943/44 und ist den Erlebnissen der jungen Lotte gewidmet. Lotte will Lehrerin werden, ist mit dem Soldaten Hans verlobt, der wie Lottes Vater an der Front ist, und lebt mit ihrer Mutter und ihren Brüdern in Darmstadt. Ihr mehr oder weniger geordnetes Leben gerät aus den Fugen als sie Wilhelm kennenlernt und sich in ihn verliebt. Durch ihren Bruder Fritz, der sich gegen das Regime auflehnt, lernt sie außerdem neue Freunde kennen, während sich die alte Freundschaft mit ihrer Kindheitsfreundin Hedwig aufzulösen scheint. Die Liebe von Lotte und Wilhelm steht von Beginn an unter keinem guten Stern…

In einer Nebenhandlung begleitet man Hazel, die an einem gebrochenen Herzen leidet, der es aber durch eine glückliche Fügung vergönnt ist, ihre alte Jugendliebe wiederzutreffen.

Die Hazel-Handlung ist gut geschrieben und hat mich sehr angesprochen. Ich finde diese Teile sehr wichtig, da sie zum einen die düstere Handlung um Lotte auflockern und zum anderen einen Bezug zum Leser schaffen. So wird betont, dass die Vergangenheit stets auch eine Relevanz für das Jetzt hat. Am Ende hätte ich mir eventuell gewünscht, dass es eine nähere Beziehung zwischen Hazel und Mathilda gegeben hätte, aber für mich hat der Erzählstrang um Hazel auch so funktioniert.

Die Lotte-Handlung ist hochspannend, fast schon atemlos. Viele Dinge sind hier gut gemacht, wie z.B. die Darstellung der ideologischen Verblendung anhand verschiedener Figuren, die Erschaffung der düsteren und bedrohlichen Atmosphäre und vor allem in weiten Teilen auch Lottes Entwicklung. Für mich ist Mohnschwestern vor allem ein coming-of-age-Roman mit vielen der klassischen Elemente (Magda als Mentorin, Revolte und Unabhängigkeit, mehr oder weniger unglückliche Liebeserfahrung usw.) und Lottes Entwicklung unter dem Eindruck der auf sie einwirkenden Ereignisse bietet interessante Lesestunden.

Ermüdend für mich ist allerdings die häufige Analyse und Erörterung von Lottes Gefühlslage und die überaus starke Fokussierung auf ihre Perspektive, die man so ausgeprägt auch in Kinder- und Jugendliteratur findet. Daher hatte ich insgesamt für den Großteil des Romans oft den Eindruck, dass die Zielgruppe eher junge Erwachsene/Heranwachsende sind. Viele Dinge, die offensichtlich sind oder schon einmal erwähnt wurden, werden wiederholt oder erklärt. Immer wieder wird auf die Unnahbarkeit Wilhelms und sein Geheimnis eingegangen oder auf die Enttäuschung über Hedwig. Ich hätte mir an einigen Stellen einen Wechsel zwischen verschiedenen Fokalisierungsinstanzen gewünscht, da ich Lottes gedankliches Kreisen um die immer gleichen Fragen anstrengend fand. Wilhelms Figurenzeichnung leidet meiner Meinung nach sogar unter Lottes Perspektive, da er dem Leser zwar mysteriös erscheint, für mich aber als Figur so schemenhaft bleibt, dass ich keine Nähe zu der Liebesgeschichte von Lotte und Wilhelm aufbauen konnte. Dies ist wahrscheinlich auch der Grund, warum mich der Roman emotional nicht in letzter Konsequenz berührt hat. Die Beziehung Lottes zu ihren Brüdern, vor allem zu Otto, ist da sehr viel intensiver dargestellt.
Darüber hinaus erschien es mir so, als ob in der Figur von Lotte alle Erfahrungen und Geschehnisse der Zeit auf einmal gebündelt werden sollten. Da wäre für mich etwas weniger mehr gewesen: das war schon sehr viel auf einmal für eine Figur.

Mein Lesevergnügen wurde durch zu viele, sich wiederholende Erklärungen und eine eher unbefriedigende Liebesgeschichte getrübt, dennoch sind die Mohnschwestern ein durchaus gelungener Entwicklungsroman für eher junge Leser mit einer spannenden und interessanten Handlung, einigen gut verpackten Lerneffekten, schönen Popkultur-Bezügen in den modernen Teilen und einer großen Nachwirkung, der Geschichte erlebbar macht.

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Veröffentlicht am 06.05.2020

Schmetterlinge und Liebesbomben - aber reicht das?

Wie uns die Liebe fand
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Vorab muss ich leider wieder einmal den Klappentext kritisieren, den ich nun immer und immer wieder gelesen habe, um mir darüber klar zu werden, was zwischen mir und Madame Nan schiefgelaufen ist. Zusammengefasst ...

Vorab muss ich leider wieder einmal den Klappentext kritisieren, den ich nun immer und immer wieder gelesen habe, um mir darüber klar zu werden, was zwischen mir und Madame Nan schiefgelaufen ist. Zusammengefasst verhält es sich wohl so: der Klappentext hat mir suggeriert, dass Madame Nan sich mit 92 Jahren in Monsieur Boberschram verliebt und dass diese Tatsache zu allerlei Tohuwabohu und Verwirrungen führt. Diese Idee fand ich im Zeitalter der "Golden Ager" und des allgemein verbreiteten Jugendwahns so rasend ansprechend, dass ich mich wirklich wahnsinnig auf dieses freche und ungewöhnliche Thema gefreut habe. ABER: was dann kam, hat leider meine Erwartungen sehr enttäuscht.


Tatsächlich handelt der Roman nämlich nicht von der 92-jährigen, sondern von der 52-jährigen Madame Nan, die sich im Jahr 1979 in Monsieur Boberschram verliebt. Daneben werden allerlei (amouröse) Ereignisse im Dorf Bois-de-Val geschildert und es gibt ein paar Rückblicke in die 40er-Jahre. Die 92-jährige wird hier auf das erzählende Ich reduziert. Das Erleben ist ausschließlich der jüngeren Version vorbehalten (scheinbar ist der Ofen mit 92 doch schon mehr oder weniger aus) und dass ist dann leider auch der Grund, dass dieser Roman nichts Besonderes, sondern lediglich netter Durchschnitt ist.


Von der Art her hat mich viel an Joanne Harris Chocolat erinnert (ein Roman, der vermutlich auch eher nur noch wegen der Verfilmung in Erinnerung ist), nur dass hier die Menschen nicht durch Schokolade verändert, sondern durch Voodoo-Liebesbomben betört werden. Sobald diese ihre Wirkung entfalten, kommt es zu Schmetterlingsstürmen. Wenn man magischen Realismus mag, dann freut einen dieser Umstand sicherlich sehr, wenn man kein Freund dieser Richtung ist, dann hat man es mit dem Roman schwer, denn ein wesentlicher Teil ist den Liebesbomben gewidmet. Auch sonst hat mich die meines Erachtens sehr belanglose Handlung leider nicht mitgerissen. Für meinen Geschmack war das Konstrukt insgesamt etwas zu artifiziell und oberflächlich. Dies führe ich zum einen darauf zurück, dass mir das gesamte Zeitkolorit des Jahres 1979 fehlte. Zwar gibt Tochter Chloé immer wieder ihren gerade erwachenden Feminismus zum Besten, aber das reicht mir nicht - vor allem nicht aus der Perspektive von heute. Der Teil, der 1979 spielt, ist nur deshalb in jenem Jahr angesiedelt, damit Madame Nan die 40er-Jahre erleben konnte. Zum anderen erschließt sich mir nicht, warum der Roman eine 92-jährige Erzählfigur braucht. Auch wenn auf der letzten Seite eine melancholische Note über das Ende des Lebens erreicht wird, spielt das Alter der Erzählerfigur ansonsten keine Rolle und prägt ihre Erzählstimme auch nur marginal. Überhaupt - die Erzählstimme. Ich bin ein großer Fan von authentischen und lebendigen Erzählstimmen, zu Madame Nans Stimme habe ich keine Nähe aufbauen können. Der gesamte Schreibstil war mir emotional zu distanziert und vor allem zu albern, sodass immer wieder der Eindruck entstand, dass viele Dinge ins Lächerliche gezogen werden. Ich finde Humor bei der Erzählinstanz immer großartig, aber hier war es für mich einfach nicht stimmig. Ich bin mir bewusst, dass all die Aspekte, die ich hier kritisiere, durchaus auch von der Autorin für ihren Roman so gewollt sein können: der spöttische, alberne Grundton des Schreibstils, die Magie, die überzogenen Figuren, aber es hat für mich nicht funktioniert und mich leider nicht berührt.

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Veröffentlicht am 01.05.2020

Nervenzerreißender, effektvoller Kurztrip in die Geisterstadt

Das Dorf der toten Seelen
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Eine Gruppe junger Leute bricht auf nach Silvertjärn, um Material für einen Dokumentarfilm über das Geisterdorf zu sammeln. Der ehemalige Bergarbeiterort inmitten der Einsamkeit der schwedischen Wälder ...

Eine Gruppe junger Leute bricht auf nach Silvertjärn, um Material für einen Dokumentarfilm über das Geisterdorf zu sammeln. Der ehemalige Bergarbeiterort inmitten der Einsamkeit der schwedischen Wälder wurde vor sechzig Jahren aus bis heute ungeklärten Gründen verlassen, von den Bewohnern fehlt jede Spur. Alice, die die Filmcrew anführt, spürt eine Verbindung zu dem Dorf, denn ihre Urgroßmutter verschwand damals ebenfalls. Doch schon kurz nach der Ankunft des Teams in Silvertjärn häufen sich die mysteriösen Ereignisse, die düstere Atmosphäre des verlassenen Ortes tut ihr übriges und bald liegen die Nerven blank.

Gruselig, nervenzerreißend und im wahrsten Sinne des Wortes schauererregend kommt der Roman von Camilla Sten daher. Dabei ist er viel weniger Krimi als klassischer Horrorroman, der den Leser unter größte Anspannung setzt und mit vielen unheimlichen Momenten und Wendungen konfrontiert. Hier werden quasi alle Register der Gothic Novel/des Schauerromans gezogen: einsames, verlassenes Dorf in einem entlegenen Winkel und von der Außenwelt abgeschnitten, kleines Team, das im Verlaufe des Romans noch an Größe verliert, unerklärliche Ereignisse mit übernatürlichem Touch, mysteriöse Geheimnisse, schauerliche Geräusche, religiöser Fanatismus, Wahnsinn usw. Alle diese Elemente werden dabei sehr gut in ein modernes Setting transportiert und funktionieren dabei erstaunlich gut: so wird nachvollziehbar erklärt, warum Handys nicht funktionieren und der Eifer des jungen Teams an dem Wunsch nach Instagram-Likes illustriert.
Die Handlung überzeugt in erster Linie durch die wirkungsvoll eingesetzten Schauereffekte (das ist schließlich das Ziel des Romans), aber auch durch den sehr gut ausgearbeiteten Spannungsbogen, der dadurch, dass die Ereignisse innerhalb von vier Tagen stattfinden, sehr dicht ist. Die Schilderungen der Erkundung des Ortes durch das Filmteam werden durch Rückblenden, in denen die Urgroßmutter die Fokalisierungsinstanz ist, und Briefe ihrer Tochter aus dem Jahr 1959 ergänzt. Die Kombination aus diesen Passagen, die im "damals" spielen, und den heutigen Sequenzen, ermöglicht es dem Leser, dem Geheimnis immer näher zu kommen und die Ursachen für das abrupte Verschwinden der Dorfbewohner immer stärker einzugrenzen. Außerdem wird der Roman durch diesen Wechsel von "damals" und "heute" sehr kurzweilig und die Spannung noch erhöht. Zum Glück verzichtet das Finale des Romans auf eine übernatürliche Lösung und bleibt so nachvollziehbar und auch weitestgehend überzeugend (es ist bleibt und Fiktion!).
Der Erzählstil ist sehr flüssig und passt sich wunderbar an die Erfordernisse des Schauerromans an. Die Protagonistin versteht immer gerade nur genau soviel von den Ereignissen, dass es dem Leser erlaubt wird, sich nervös und atemlos zu fragen, wie es weitergeht. Die erzählerische Unzuverlässigkeit und die Tatsache, dass die Erzählinstanz in der Vergangenheit unter psychischen Problemen litt, trägt außerdem dazu bei, dass man konstant darüber grübelt, wie verlässlich die Darstellung der Ereignisse ist.

Für Freunde eines gepflegten, düsteren Nervenkitzels, der ohne überzogene fantastische Übernatürlichkeit auskommt, ist dieser Roman absolut geeignet. Horror-Fans und Liebhaber einer düsteren Atmosphäre werden hier bestimmt fündig. Wer hingegen einen düsteren, klassischen skandinavischen Krimi erwartet, wird dagegen vermutlich eher enttäuscht sein und sollte zu den anderen allseits bekannten Autoren des Genres greifen.

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Veröffentlicht am 30.04.2020

Von den Zwölfen kann man was lernen!

Lilly und die Zwölfen, 1, Elfen verboten
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Lilly, ein etwas einsames Mädchen, ist mit seiner Mutter aufs Land gezogen, um dem Großvater beim Erhalt der Gaststätte "Glückseiche" zu helfen. Dort lernt sie die Zwölfen, ein drollig-fröhliches Zaubervölkchen, ...

Lilly, ein etwas einsames Mädchen, ist mit seiner Mutter aufs Land gezogen, um dem Großvater beim Erhalt der Gaststätte "Glückseiche" zu helfen. Dort lernt sie die Zwölfen, ein drollig-fröhliches Zaubervölkchen, das man auf keinen Fall mit Elfen verwechseln sollte, kennen und feiert mit ihnen rauschende Parties, lernt fliegen und versucht mithilfe ihrer neuen Freunde ihren Beitrag zur Rettung der "Glückseiche" zu leisten.

Lilly und die Zwölfen habe ich zusammen mit meinem achtjährigen Sohn gelesen. Sein Urteil war: "MEGA! - Gibt es davon noch mehr Bücher? Können wir die alle kaufen?" Dem ist eigentlich nicht mehr viel hinzuzufügen - ihn hat das Buch völlig mitgerissen, was auch dadurch, dass er ganz oft spekuliert hat, wie es weitergehen könnte, deutlich wurde. Er ist so begeistert, dass er gerade angefangen hat, das Buch noch einmal zu lesen. Besonders die Wurzelrutschen und die Partylaune der Zwölfen haben es ihm angetan.

Aus Elternsicht kann ich der Begeisterung nur zustimmen. Trotz der Elfen bzw. Zwölfenthematik ist das Buch auch für Jungs sehr gut geeignet (selbst mein älterer Sohn hat passagenweise gern zugehört), da es universelle Themen, wie Freundschaft, Vertrauen, Selbstakzeptanz, Hilfsbereitschaft, Problemlösungsfähigkeit usw. anspricht. Diese Aspekte werden äußerst elegant in die Geschichte eingebunden und nachvollziehbar und effektvoll vermittelt - damit hebt sich das Buch sehr wohltuend von anderen Kinderbüchern, bei denen die didaktische Zielsetzung zu Lasten der Unterhaltung geht, ab.

Unterhaltsam ist das Buch in höchstem Maße. Es ist abwechslungsreich und bietet mit der Welt und dem Heim der Zwölfen völlig neue, alternative und bodenständigere Einblicke in das Elfenuniversum. Sehr, sehr positiv ist der Schreibstil der Autorin, denn Lilly und die Zwölfen nutzt ein Sprachniveau, das nicht nur Kinder zufriedenstellt. Mir sind der große Wortschatz, zahlreiche Redewendungen und ein sehr flüssiger Stil aufgefallen, der für Kinder absolut verständlich, aber dennoch anspruchsvoll ist. Meiner Meinung nach sollten sich mehr Kinderbücher an dieser Art des Schreibens orientieren. Lilly ist ein wunderbares Beispiel für Kinderliteratur, die Kinder fordert, ohne sie zu überfordern.

Abgerundet wird der Lesespaß durch die vielen großen und kleinen farbenfrohen Illustrationen, die die Schilderungen im Text sehr gut ergänzen, der Fantasie aber immer noch eigenen Raum lassen. Wir lesen gern noch weitere Zwölfen-Abenteuer!

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Veröffentlicht am 26.04.2020

"Wenn bei Capri..." - sommerleichte Rätselei

Mitten im August
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Mitten im August ist der erste Band einer hoffentlich auf viele Bände angelegten Kriminalromanreihe. Das Ermittlerduo, der sympathische Inselpolizist Enrico Rizzi und die burschikose Norditalienerin Antonia ...

Mitten im August ist der erste Band einer hoffentlich auf viele Bände angelegten Kriminalromanreihe. Das Ermittlerduo, der sympathische Inselpolizist Enrico Rizzi und die burschikose Norditalienerin Antonia Cirillo, gibt dabei ein eher ungleiches Paar ab, das die Zusammenarbeit noch etwas üben muss. So laufen auch die gemeinsamen Ermittlungen zum ersten Mordfall nicht ganz rund, können aber schließlich zu einem guten Ende geführt werden.

Der Roman ist ein Sommerurlaub auf Papier und besticht durch seine wunderbaren Italienbeschreibungen, die den Duft, Geschmack und die Wärme Capris perfekt (vielleicht auch manchmal ein wenig klischeehaft) einfangen. So paradox es klingen mag, aber dadurch wird der Krimi ein Roman, bei dem man sich so richtig erholen kann.

Das Ermittlerteam ist recht ungleich, aber sympathisch. Während Rizzi den beliebten Inselsheriff gibt, der mit viel Ortskenntnis und Intuition durch den Fall navigiert, bildet Cirillo den etwas mysteriösen, zeitweise aggressiven und traurigen Gegenpart. Neben der überbordenden Farbenpracht in den Landschaftsbeschreibungen des Romans ist die sehr liebevolle Figurenzeichnung eine weitere Stärke des Krimis. Selbstverständlich sind die Nebenfiguren mehr Typen als komplexe Charaktere, aber ihre Darstellung ist konsequent und auf den Punkt. Jeder Figur schenkt der Autor umfassende Beachtung; das ist großartig und erhöht nicht nur das Lesevergnügen, sondern erlaubt es dem Leser auch, sich die Welt von Rizzi und Cirillo sehr genau vorzustellen.

Der Erzählstil ist leicht, wohltuend und sehr flüssig. An einigen Stellen blitzen kleine ironische Stiche ebenso auf wie fast schon philosophische Denkanstöße. Darüber hinaus gibt es dadurch, dass die Handlung um einige Rückblenden ergänzt wird und mal Rizzi und mal Cirillo bei den Ermittlungen begleitet wird, viel Abwechslung in der Perspektive. So macht das Lesen wirklich Spaß.

Ein weiteres Plus ist das wirklich gelungene Rätselspiel, das den Leser mit einer beachtlichen Anzahl von "red herrings" verwirrt, ihn aber auch beständig Steinchen für Steinchen mit Informationen versorgt - und das alles in einer Art und Weise, die an das goldene Zeitalter des klassischen Kriminalromans erinnert. Thematisch nicht ganz überzeugen konnte mich hingegen der Umwelt-Kontext des Romans. Dieser war zwar sehr gut in die Handlung eingebunden, ist momentan aber auch sehr "in Mode".

Für mich ist Mitten im August eine schöne Auszeit auf Capri, von der ich schweren Herzens Abschied nehme. Deshalb freue ich mich auf eine weitere Reise mit Band 2.

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