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Veröffentlicht am 12.11.2022

Weihnachten mit Nick und Charlie

This Winter
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Nachdem es nach den Graphic Novels zu „Heartstopper“ schon „Nick & Charlie“ gab, um unmittelbar die Zeit vor dem College von Nick zu beschreiben, gibt es nun auch eine kleine Novella passend zu Weihnachten. ...

Nachdem es nach den Graphic Novels zu „Heartstopper“ schon „Nick & Charlie“ gab, um unmittelbar die Zeit vor dem College von Nick zu beschreiben, gibt es nun auch eine kleine Novella passend zu Weihnachten. Doch Achtung, inhaltlich ist sie recht schwer, aber versprochen mit Happy End!

Los geht es mit der Perspektive von Tori, deren Soloband „Solitaire“ erst Anfang 2023 erscheinen wird. Zwar kennt man sie auch aus der Serie und aus den Graphic Novels, aber ich bin jetzt schon sehr gespannt auf ihre Geschichte. Hier bekommt man aber schon einen ganz guten Eindruck für eine sehr empathische Tori, die bedrückt mitansieht, wie ihr Bruder Charlie ausgerechnet für die Feiertage mit Völlerei zurückkehrt, nachdem er gerade in einer Klinik wegen seiner Essstörung behandelt wurde. Sie leidet mit ihm und würde ihm das Päckchen gerne abnehmen, während sie sich aber selbst angesichts der Erwartungen der Eltern und der zu Besuch kommenden Verwandtschaft auch nicht gerade auf Weihnachten freut. Mir hat ihre Perspektive wirklich gut gefallen, weil wir uns charakterlich offensichtlich auch sehr ähnlich sind und ich sie deswegen auch gut nachvollziehen konnte.

Später folgt dann Charlie und auch wenn die Thematik sensibel ist, geht es nicht zu sehr in die Gründe der Thematik hinein, was ich hier aber auch in Ordnung finde, weil es auch mehr darum geht, die Unterschiede zwischen den Familien von Nick und Charlie aufzuzeigen, aber auch bei den verschiedenen Persönlichkeiten, die einen, die es leicht nehmen und die anderen, die es eben schwer nehmen. Es ist mehr als verständlich, dass Charlie irgendwann nur noch fliehen will und bei Nick genau das findet, was er am meisten braucht: Verständnis. Letztlich fühlt sich Tori aber alleine gelassen und es wird deutlich, wie besonders diese Geschwisterbeziehung doch ist, denn Charlie ist gedanklich genauso bei seiner Schwester wie sie bei ihm. Am Ende kommt dann alles bei dem kleinen Bruder Oliver aus und seine Perspektive war das Highlight, da er mit seiner kindlichen Naivität, die auch thematisch perfekt zu Weihnachten passt, bewegen konnte, dass auch bei den Springs noch so etwas wie Eintracht entstehen konnte. Einzig dieser Versuch, einen Erwachsenen Oliver kindlich nachzusprechen, war etwas störend…

Fazit: Wieder ein toller Einblick in die Welt von Charlie und Nick. „This Winter“ versprüht zwar keine große Weihnachtsstimmung, wird aber dafür genutzt, um zu zeigen, wie an solchen Feiertagen Konflikte auftauchen, weswegen es genau passend war, um hier einen interessanten Blick anzubieten. Wieder sehr empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 09.11.2022

Mysteriös gut und mysteriös schwach

Sechs Tage zwischen dir und mir
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Wenn ich Liebesgeschichten brauche, die besonders emotional herausfordern, dann ist Dani Atkins sicherlich eine sichere Bank. Ich war in den letzten Jahren etwas nachlässig bei ihren Neuerscheinungen, ...

Wenn ich Liebesgeschichten brauche, die besonders emotional herausfordern, dann ist Dani Atkins sicherlich eine sichere Bank. Ich war in den letzten Jahren etwas nachlässig bei ihren Neuerscheinungen, wenn sie auch entweder ungelesen oder auf meinem Wunschzettel vorhanden sind, aber bei „Sechs Tage zwischen dir und mir“ bin ich mal wieder froh, relativ zeitnah an die Veröffentlichung zugegriffen zu haben.

Die Geschichte könnte nicht dramatischer anfangen, denn das, was vermutlich alle als Worst Case bezeichnen würde, ist eingetroffen: die Braut wurde vor dem Altar sitzen gelassen. Es ist zum Einstieg wirklich ein Hammer, der es aber auch ermöglicht, mit Hauptfigur Gemma sofort einen inneren Pakt einzugehen, dass man zu ihr hält. Dabei fällt gleich auf, dass sie allen Widerständen zum Trotz an ihre große Liebe glaubt, während alle drum herum glauben, dass Finn wirklich gegangen ist. Mit dieser Ausgangssituation ergeben sich gleich unzählige Fragen, denn was ist da alles passiert? Ein besserer Aufhänger für einen Roman kann einem fast nicht gelingen, denn es ist außergewöhnlich und wirft so viele Fragen auf, dass man nur noch weiterlesen will.

Die Geschichte ist schließlich auf zwei Zeitebenen erzählt. Die Gegenwart zeigt Gemmas Versuche, der Situation auf den Grund zu gehen und die Vergangenheit erzählt die Liebesgeschichte des Paares nach. Auch wenn ich die Erzählweise genau richtig empfand (wenn sich auch für mich später die Zeitebenen mal zu sehr auflösten und es unnötig lästig gemacht hat), so musste die Autorin viel mit Geheimnissen arbeiten, um nicht gleich alles zu verraten. Das wiederum hatte zur Folge, dass aber beide Charaktere zwischendurch nicht sonderlich gut wegkommen, was ich als schade empfinde. Und es hat noch nicht mal mit einer charakterlichen Generalverurteilung zu tun, denn auch Verhalten, das man selbst nicht aufweist, kann man mit Empathie nachvollziehen. Die beiden sind aber bewusst so mysteriös manchmal gezeichnet worden, dass es schwierig wurde. Finn wirkte so wie der, der immer verschwand und es fiel schwer, seine süßen Taten zwischendurch wirklich noch als solche zu sehen und Gemma wirkte stets blind vor Liebe, weil sie lieber immer nur nahm, wenn Finn gab, als mal vorher zu hinterfragen, warum er immer so vieles angetan hat.

Es ergibt sich am Ende ein schlüssiges Bild und es gipfelt in einem wahren Showdown, den ich auch sehr genossen habe, aber hier hat sich für mich doch deutlich gezeigt, dass Atkins sich etwas Emotionalität selbst genommen hat, indem sie die Charakterebene zwischendurch für einen anderen erzählerischen Kniff vernachlässigen musste. Das macht es insgesamt weiterhin zu einer empfehlenswerten Lektüre, aber es macht es auch nicht zu ihrem besten Werk, denn gerade bei Finn dachte ich doch zwischendurch, dass ich emotional nie zu ihm zurückfinden werde.

Fazit: „Sechs Tage zwischen dir und mir“ stellt den neusten Streich von Dani Atkins dar und man bekommt bei ihr einfach sicher gute Unterhaltung. Ich fand die Ausgangslage hier spannend und es waren immer genug offene Fragen da, aber die so um Offenheit bemühte Erzählweise hat auch etwas Emotionalität eingebüßt, weil die Charaktere mir so manches Mal entglitten.

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Veröffentlicht am 02.11.2022

Schattenwelt?!

Book of Night
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Holly Black ist für mich kein unbekannter Name, aber tatsächlich habe bis dato noch nichts von ihr gelesen, auch wenn die Möglichkeiten groß genug war. Bei „Book of Night“ hat mich nun auch nicht gereizt, ...

Holly Black ist für mich kein unbekannter Name, aber tatsächlich habe bis dato noch nichts von ihr gelesen, auch wenn die Möglichkeiten groß genug war. Bei „Book of Night“ hat mich nun auch nicht gereizt, dass es ihr erstes Buch für Erwachsene ist, denn ich lese noch genug Jugendbücher, so dass das für mich kein Kriterium ist. Hier hat es jetzt wahrscheinlich einfach mal genau gepasst und ich habe beim Hörbuch zugeschlagen. Ich kann gleich vorab sagen, dass Vanida Karun eine sehr angenehme Erzählstimme war, die ich gut durch das lange Buch geleitet hat. Dennoch bin ich mir nicht sicher, ob hier das Hörbuch als Medium wirklich die clevere Wahl war.

Mich hat am Klappentext von „Book of Night“ vor allem gereizt, dass es um Schatten gehen würde und ich sehr gespannt war, wie das wohl aufgebaut ist. Genau hier wären wir auch schon beim Knackpunkt, denn ich habe die Konzeption der dargestellten Welt als undurchsichtig und vielleicht sogar als nicht vorhanden empfunden. Genau hier war ich mir dann auch unsicher, dass es vielleicht am Hörbuch gelegen haben könnte, denn es gab eine Sequenz, in der die verschiedenen wichtige Begriffe zur Schattenwelt erwähnt wurden und vielleicht wäre es hier hilfreich gewesen, einfach mal zurückblättern zu können, um sich die Infos immer wieder zu vergegenwärtigen. Im Hörbuch ist das alles etwas komplizierter. Dennoch glaube ich auch unabhängig vom Medium, dass ich definitiv im Fantasy-Bereich schon viel besser entwickelte Welten kennengelernt habe. Auch wenn es durchgängig um die Schatten ging, so habe ich es doch so empfunden, als wäre es nicht so dominant in der Thematik gewesen, wie ich es erwartet hätte. Denn die Vielzahl der vorhandenen Figuren scheint doch ganz gut ein Leben abseits der Schattenthematik führen zu können.

Angelehnt an das etwas zaghafte World-Building kommt auch der Inhalt zunächst nicht so richtig in Gang. Wir lernen Charlies Welt kennen, ihre Schwester, ihren Mitbewohner, für den sie weit mehr empfindet, als sie zugeben will, ihre Arbeit und ihre Vergangenheit. In Rückblenden wird uns gezeigt, wie Charlie zur Diebin wurde und wie sie manches Mal das Gesetz strapaziert hat. Doch in alldem merkt man schnell deutlich, dass sie ein gutes Herz hat, denn gerade für ihre Schwester Posey tut sie doch alles, denn sie soll eine gute Zukunft haben. Daneben wird ganz gemächlich die Handlung initiiert, indem es um ein Buch geht (siehe Titel) und dann geschieht ein erster Mord und auch wenn es Charlie zu dem Zeitpunkt nur unmittelbar angeht, hängt sie sich an diesem Punkt schon rein. Auch wenn es immer wieder erzählerische Wendungen gibt, so ist es doch wenig, was bei mir Zug entwickelt hat, denn ich war im Geiste wohl immer noch mit der doch eher ausgesparten Schattenthematik beschäftigt. Letztlich ist der große Wendepunkt, als Charlie herausfindet, wer ihr Mitbewohner Vince wirklich ist.

Denn damit ist auf einmal sehr deutlich, wer der wahre Big Bad dieser Erzählung ist und in welche Richtung die Geschichte strebt. Nach und nach wird auch die Schattenthematik etwas präsenter, wenn ich auch das World Building immer noch nicht als gut empfand, dennoch gab es auch ein paar Aspekte, die wir alle zusammen wohl erst erlernen mussten. Aber auch ohne diese Argumente ist das Ende sehr unterhaltsam, denn Charlie wird sehr aktiv, risikobehafteter, denn sie hat ein klares Ziel vor Augen und das will sie erreichen. So kommt es letztlich zum großen Showdown, bei dem sich Charlie auf einer tollen intellektuellen Ebene mit Salt battelt und das war wirklich schön wendungsreich, um immer wieder neu überrascht zu werden. Dieser Teil ist Black wirklich gut gelungen. Das Ende scheint dann vor allem einen zweiten Band vorzubereiten, doch ich bin mir nicht sicher, ob ich dafür noch an Bord sein werde, denn die Aspekte, die mich wirklich mitgerissen haben, sind einfach zu wenig.

Fazit: „Book of Night“ habe ich als Hörbuch vorliegen gehabt und während ich die Erzählerin Vanida Karun wirklich toll fand, so ist meine Begeisterung für die Geschichte an sich nicht ganz so überschwänglich. Erst am Ende beim großen Showdown gab es für mich wirklich einen Klickmoment, ansonsten fand ich die Schattenwelt sehr, sehr blass. Vielleicht lag es hier am Hörbuch, aber die Anzeichen sagen mir eigentlich, dass es wohl auch für die gedruckte Form gilt. Das ist dann vielleicht sogar schon zu wenig, um Lust auf einen zweiten Band zu wecken.

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Veröffentlicht am 27.10.2022

Runder Abschied mit impulsiver Liebesgeschichte

Dunbridge Academy - Anytime
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Bald ist das Lesejahr 2022 schon wieder um und verrückt, dass in diesem Jahr die komplette Dunbridge-Academy Reihe erschienen ist, die nun auch schon wieder zu Ende geht. Ich hatte erst etwas Schwierigkeiten ...

Bald ist das Lesejahr 2022 schon wieder um und verrückt, dass in diesem Jahr die komplette Dunbridge-Academy Reihe erschienen ist, die nun auch schon wieder zu Ende geht. Ich hatte erst etwas Schwierigkeiten mit dem ersten Band in diese neue Welt einzutauchen, auch weil inhaltlich in meinen Augen ein paar ‚Fehler‘ gemacht wurden, die mich stutzig gemacht haben. Doch der zweite Band war schon deutlich besser in der Gesamtkomposition und spätestens nach dem dritten Band kann ich jetzt auch sagen, dass es insgesamt eine gute Reihe geworden ist, dennoch bleibt Sprinz‘ erste Reihe für mich die bessere.

Bei Band 3 tauchen wir tiefer bei Olive ein, die wir schon seit Band 1 kennen. Den ersten Band habe ich damals in einer Leserunde kennengelernt und ich kann mich noch gut erinnern, wie skeptisch alle gegenüber Olive waren (ich eingeschlossen), weil sie so strikt in ihrem Denken wirkte, ohne dass man wirklich dahinterkommen konnte, was sie bewegt. Im zweiten Band war sie noch mehr zugeknöpft, um dann am Ende geknackt zu werden und dementsprechend war ich wirklich gespannt, nun voll in ihre Gedankenwelt eintauchen zu können. Es ist doch oft wie ein Aha-Erlebnis, wenn sich plötzlich alles so klar zu einer Figur ergibt und das war bei Olive überzeugend der Fall. Abgesehen von ihrem neuen Schicksal fängt es vor allem mit ihrer Hin- und Hergerissenheit zwischen ihren Eltern an und wie viel Wut, Skepsis, Unbehagen etc. da im Spiel ist, das hat mich schnell berührt, weil ich in einer ähnlichen Situation auch unsicher wäre. Dazu dann eben ihr Trauma wegen des Brandes und ihre körperlichen Einschränkungen, die ihr den großen Traum des Schwimmens nehmen. Für Olive ist das Jahr denkbar ungünstig gestartet und ich konnte all das mit ihr fühlen.

Mitfühlen konnte ich auch mit dem Neuzugang, auch wenn es in so einem eingeschworenen Haufen immer schwieriger ist, wenn so spät noch jemand dazukommt. Colin ist auch wahrlich kein einfacher Kopf, um dort an allen Gedanken teilzuhaben, denn er hat so viel in sich angestaut, dass es einen fast schon mit runterzieht, seine Gedanken zu lesen, aber es ist natürlich Authentizität pur. Die Mischung aus Olive und Colin hat für mich durchaus gepasst, denn sie haben einen sehr ähnlichen Weg zu gehen und sind deswegen genau passend füreinander. Nichtsdestotrotz war mir ihr Miteinander gerade in den ersten zwei Dritteln von zu viel Hassliebe geprägt. Die Energien waren manchmal schon arg negativ. Auch wenn ich es oft prickelnd finde, wenn sich aus gegenseitiger Skepsis so viel mehr entwickelt, muss ich dann wieder sagen, dass sie mir zu oft wieder in den Hass verfallen sind. An solchen Stellen merke ich dann immer, dass ich der Zielgruppe vielleicht doch schon etwas zu sehr entwachsen bin, denn dieses extrem schnell hintereinander stattfinde Wechseln von Emotionen, das ist so nur in der Jugend, weswegen es natürlich zu ihnen passt. Gleichzeitig war das letzte Drittel aber dann wieder zu erwachsen, prompt hat es mir aber besser gefallen. Ausgelöst mit dem Notfall von Colin und alles, was danach kam, das hat mich berührt und den beiden wirklich ihr Happy End gönnen lassen.

Insgesamt lässt sich nach dieser Reihe sagen, das Geschehen hat vor allem abseits des Schulgeschehens stattgefunden, was ich insgesamt etwas schade finde, weil man vielleicht auch aus den Unterrichtsthemen etc. mehr hätte herausholen können. Denn so hätte die Handlung nicht unbedingt an einem Internat spielen müssen, denn die Jugend zusammenbringen kann man auch in einer normalen Schulform. Hier hat mir eine gewisse klare Charakteristik gefehlt, aber dennoch sind mir die Figuren, ihr Zusammenhalt, die Mitternachtspartys und alles sehr ans Herz gewachsen. Olive und Colin haben dem ganzen noch einmal ihren eigenen Stempel aufgesetzt, aber es war schön, dass es dennoch ein Abschied nehmen von allen war. Dass es noch einmal einen kleinen Bogen zu Grace gab und dass man auch schon ansatzweise erfährt, wie es für die anderen weitergeht. Vor allem Yeah für Sinclair und Tori! Die werden ihren Weg also gehen, da können wir uns sicher sein.

Fazit: Die Dunbridge Academy geht rund zu Ende. Es war für mich noch einmal ein Highlight, Olive so gut kennenzulernen, auch wenn es mit Colin zusammen doch zu sehr eine Hassliebe war, aber gerade am Ende waren sie richtig toll miteinander. Insgesamt konnte ich von allen einen würdigen Abschied nehmen und das hat mich sehr zufrieden gemacht.

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Veröffentlicht am 18.10.2022

Für den Bildschirm wahrscheinlich genial, für ein Buch zu komplex

The Atlas Six
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Ich bin auf das Buch „The Atlas Six“ von Olivie Blake gestoßen, als von Amazon angekündigt wurde, sich die Rechte gesichert und eine Adaption vorantreiben zu wollen. Da es zu dem Zeitpunkt noch gar keine ...

Ich bin auf das Buch „The Atlas Six“ von Olivie Blake gestoßen, als von Amazon angekündigt wurde, sich die Rechte gesichert und eine Adaption vorantreiben zu wollen. Da es zu dem Zeitpunkt noch gar keine deutsche Übersetzung gab, war schnell klar, dass Original muss in der Heimat ein Hit sein. Auch wenn Hypes mich nicht automatisch auch begeistern müssen, fand ich den Klappentext völlig unabhängig von allem drum herum sehr vielversprechend. Nach der Lektüre jedenfalls bin ich mir sicher, dass eine Adaption großartig werden könnte, während es in Buchform zu komplex wirkt.

Wir haben sechs Hauptcharaktere, aus deren Sicht das Geschehen abwechselnd erzählt wird. Das hat mich in diesem Ausmaß an Leigh Bardugo erinnert, aber die Erzählweise ist doch sehr unterschiedlich. Während sich die gerade genannte auch oft in ausschweifenden Erzählungen aus der Vergangenheit verliert, ist bei Blake doch alles etwas simpler, zumindest in der Art, wie sie die Dinge angeht. Ihr Stil ist simpel, ihre Inhalte sind dagegen wahnsinnig komplex. Bleiben wir aber zunächst bei den Charakteren, denn auch wenn wir natürlich bei denen in die Vergangenheit eintauchen, so geht es dabei mehr um Basics als zu tief in die Charaktere einzutauchen. Die Bandbreite an Charaktereigenschaften, die wir in diesen sechs erleben, ist schon enorm, aber da sie sich gedanklich viel untereinander beschäftigen, bekommt man neben der Innen- immer auch die Außenperspektive angeboten. Das hat sicherlich auch einen faszinierenden Aspekt, weil man sich so viel mehr auf die eigenen Instinkte verlassen muss, hat aber auch den Nachteil, dass keine Figur so richtig für die Identifikation ausreicht. Libby und Tristan sind für mich die Figuren, mit denen ich am meisten anfangen konnte. Nico hat auch sehr ehrenwerte Motive und ist sicherlich einfach ein echt guter Kerl, aber manchmal ist es mit ihm auch nicht ganz verständlich, was wie zusammenpasst. Während Reina für mich völlig blass geblieben ist, was schade ist, denn Potenzial ist sicherlich genug da, sind Parisa und Callum sicher die, an denen man sich am meisten stößt, aber sie sind letztlich auch die einzigen beiden, die die Handlung im Gang halten. Denn weil es der Autorin so sehr darum geht, die Figuren zu positionieren und immer wieder neue Allianzen und Fehde zu entwerfen, passiert recht wenig.

Zwar vergeht über die einzelnen Kapitel hinweg die Zeit zügig, aber die Studien, die zwischendurch vorangetrieben werden, schwanken zwischen ausufernden Beschreibungen und völliger Ignoranz. Das ist in der Stilistik irritierend, denn so vergeht einerseits kaum Zeit, aber andererseits sind die Hinweise am Ende deutlich, dass bald ein ganzes Jahr vergangen ist, ohne dass es aber wirklich deutlich wurde. Zu den Studien kann man auch sagen, dass sich Blake auf gewisse Themen regelrecht stürzt. Selten geht es um die Darstellung im Unterricht, sondern mehr darum, wie die Sechs damit umgehen, aber dann verliert es sich in wissenschaftlichen Details, die zwar insgesamt faszinierend klingen, aber auch gleichzeitig absurd klingen. Ich habe keine Ahnung, inwiefern Blake wissenschaftlich interessiert ist und inwiefern sie für die Themen über den Tellerrand hinausgeschaut hat, aber vieles klingt sehr phantasievoll und ist vermutlich nur inspiriert von Fakten. Das ist im Grunde auch nicht schlimm, denn wir befinden uns innerhalb von Fiktion, aber die ganzen Beschreibungen sind eben so konfus und unvorstellbar, dass es mich nicht abgeholt hat. Deswegen sprach ich gleich zu Beginn die Adaption an, denn ich kann mir durchaus vorstellen, dass das bildlich adaptiert ganz anders wirken kann. Das hängt auch mit den einzelnen Fähigkeiten zusammen. Während ich bei Reina, Callum und Parisa erahnen kann, wie sich genau ihre Kräfte manifestieren, sind Libby und Nico sowie dann daran anknüpfend Tristan für mich sehr viel hypothetischer. Wenn man in die Grundlagen schon nicht richtig einsteigen kann, dann wird es intensiviert natürlich noch schwieriger.

Insgesamt kann man aus der Kritik zu den Charakteren sowie dem Inhalt bereits herauslesen, dass Potenzial genug vorhanden ist, dass aber die einzelnen Bestandteile noch nicht recht zusammenpassen, um es als echtes Leseerlebnis zu empfinden. Es wird an einigen Stellen gar unnötig zäh, was gerade bei so vielen Charakteren überhaupt nicht nötig wäre. Zum Ende hin gibt es dann echt Plottwists und hier wacht man auf, wird wieder neugieriger und erinnert sich, warum das von Anfang an alles eine geniale Idee war, aber die Frage ist eben, ob es den zweiten Band deswegen nun großartig macht, oder ob sich die gleichen Probleme einfach nochmal zeigen, denn das wäre fatal.

Fazit: „The Atlas Six“ ist für mich schnell eine Erzählung, die ich mir auf dem Bildschirm adaptiert wahnsinnig gut vorstellen kann, während es zwischen den Buchseiten definitiv zu komplex ist. Das Potenzial ist überall da, aber die Oberflächlichkeit bei den Charakteren, um dann wieder bei einigen Themen so tief einzutauschen, dass es kaum wieder hochgeht, das ermöglicht keinen Lesefluss. Das Ende verleitet aber definitiv dazu, bei Band 2 wieder zuzugreifen.

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