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Veröffentlicht am 17.08.2017

Nachtblumen-Genuss

Nachtblumen
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Was habe ich „Kirschroter Sommer“ und „Türkisgrüner Winter“ geliebt! So großartig die Autorenneuentdeckung Carina Bartsch auch war, so sehr konnte ich nachvollziehen, dass sie danach lange in einem Loch ...

Was habe ich „Kirschroter Sommer“ und „Türkisgrüner Winter“ geliebt! So großartig die Autorenneuentdeckung Carina Bartsch auch war, so sehr konnte ich nachvollziehen, dass sie danach lange in einem Loch war und dann sehr lange am Manuskript zum nun veröffentlichten „Nachtblumen“ gearbeitet hat. Wie sollte man die beiden so erfolgreichen Erstlingswerke auch toppen? Bartsch hat eine interessante Lösung gewählt: sie schreibt zwar immer noch für junge Erwachsene, aber Grundausrichtung ist eine ganze andere und hier kommt die Erklärung, wie mir dieser Schritt gefallen hat.
„Nachtblumen“ hatte es in vielerlei Hinsicht schon einfach, weil mit Jana eine Hauptfigur aufgeboten wurde, in der ich mich sehr häufig wiederentdeckt habe und wenn es doch noch andere Charaktereigenschaften gab, dann habe ich mich selbst das großartig hineinversetzen können, weil Jana wirklich sehr greifbar charakterisiert wurde. Jana nimmt definitiv den Hauptteil der Geschichte ein und es ist sehr berührend, wie man mit ihr nach und nach ihre Dämonen bekämpft und sie beim Wachsen zu ihrem wahren Ich begleiten darf. Diese Entwicklung enthält unheimlich viele kleine Schritte, aber jeder einzelne ist so wichtig, weil dadurch sehr authentisch klar wird, warum sie sich wandelt und warum sie am Ende des Romans eine junge, lebenslustige und mutige Frau ist. Hier muss ich wirklich kräftig loben, denn selten habe ich eine so glaubwürdige Entwicklung mitverfolgen können.
Neben Jana werden auch einige andere Figuren aufgeboten. Mit der Psychologin Flick, mit den Gasteltern Klaas und Anke und mit Janas Mitbewohnern werden eine ganze Reihe an unterschiedlichsten Charakteren aufgeboten. Thea Flick war z. B. der quirlige, lustige Ausgleich zu der eher melancholischen Jana und die Gasteltern die strengen, aber stets liebevollen Motivierer. Zwar habe ich mich mit einigen Figuren richtig wohl gefühlt, aber im Gegensatz zu Jana wurden sie alle in entscheidenden Aspekten vernachlässigt. Viele Aspekte ihrer Vergangenheit werden angedeutet, aber nie vollends aufgelöst. So habe ich mich aus diesem Buch mit sehr, sehr vielen Fragen verabschiedet und habe richtig bedauert, dass mit weitere 500 Seiten es nicht erlaubten, alles zu wissen.
Diese inhaltlichen Lücken entstehen aber auch, weil einer sehr große Erzählspanne bedient werden muss. Insgesamt etwa sechs Jahre. Mir ist bewusst, dass da nicht alles erzählt werden kann. Zumal die sechs Jahre auch so ein Zeitraum sind, wo ich sagen kann, ja, das ist realistisch, dass sich Jana da so sehr entwickelt hat. Denn oftmals kritisiere ich in Büchern, die ebenfalls junge Frauen auf der Reise zu ihrem Ich begleiten, dass die Zeitspanne viel zu kurz ist und es unglaubwürdig wirkt. Das kann ich hier nicht kritisieren, muss ich sogar loben, aber wenn dadurch logische Lücken entstehen, dann ist das auch nicht 1A-Weg.
Den letzten Abschnitt möchte ich nun noch der Liebesgeschichte widmen, die mich ebenfalls etwas zwiespältig zurückgelassen hat. Ich fand es sehr abwechslungsreich, dass es hier nicht um eine junge Liebe, begleitet von rosa Herzchen, rosaroter Brille und ähnlichen unrealistischen Traumbildern geht. Denn das hätte zu den traurigen Themen und der Melancholie der Geschichte nicht gepasst. Dennoch nimmt die Liebesgeschichte eher einen kleinen Raum ein und in meinen Augen fast zu wenig, um wirklich eine Beziehung zu Jana und Collin als Paar aufzunehmen. Die ersten Schritte der beiden zueinander hin sind süß, vorsichtig und damit perfekt für ihre jeweiligen Charaktere. Irgendwann nimmt das Tempo zu, damit verknüpft sind aber schnell erste Dämpfer, die das Glück trüben, die mich teilweise sogar frustriert haben. Ich war sogar soweit die beiden vielleicht als unpassend füreinander zu erklären. Aber vielleicht hat das auch die Autorin erkannt, da sie schließlich einen anderen Weg wählt, der tatsächlich viel besser zu den beiden passt und der mich dann auch zufrieden zurücklässt.
Fazit: Ich weiß, ich weiß, meine Argumente klingen eigentlich mehrheitlich negativ, trotzdem möchte ich „Nachtblumen“ wohlverdiente vier Sterne geben. Ich habe einen Heidenrespekt, dass sich Bartsch mit diesem Roman neu erfunden hat und auch abseits von Humor und Leichtigkeit ihren Weg gefunden hat. „Nachtblumen“ war nicht perfekt, da sich durch die große Erzählspanne einige Lücken ergeben haben, die man als Leser entweder selbst stopft oder als unbeantwortet akzeptieren muss. Dafür war ich tief beeindruckt von der unglaublichen realistischen Entwicklung von Jana, die begleitet war von Angst, Trauer, Mut, Freude, Empathie und gefüllt allen anderen Emotionen der Palette. Das habe ich selten so großartig irgendwo niedergeschrieben gesehen!

Veröffentlicht am 01.08.2017

Genreuntypisch wenige Action-Szenen

Erwachen des Lichts
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Jennifer L. Armentrout ist innerhalb des New Adult-Genres ein Must Read bei mir. Im Fantasy-Bereich habe ich dagegen noch verhältnismäßig wenig von ihr gelesen, denn bis jetzt habe ich nur den ersten Band ...

Jennifer L. Armentrout ist innerhalb des New Adult-Genres ein Must Read bei mir. Im Fantasy-Bereich habe ich dagegen noch verhältnismäßig wenig von ihr gelesen, denn bis jetzt habe ich nur den ersten Band der Obisidan-Reihe gelesen, die ich aber definitiv beenden werde. Mit der neuen Götterleuchten-Reihe sah ich eine passende Möglichkeit, wieder mal etwas von ihr im Fantasy-Genre zu lesen und das obwohl ich wusste, dass dieser neuen Trilogie die Dämonentochter-Reihe vorausgeht.
Im Prinzip ist es nicht schlimm, dass ich die Dämonentochter-Reihe noch nicht gelesen habe, da die wichtigsten Begrifflichkeiten und auch die erneut auftauchenden Figuren immer einen Kontext erhalten, so dass man sich auch ohne bereits angeeignetes Fachwissen gut in der von Armentrout geschaffenen Götterwelt zurechtfinden kann. Negativ ist mir aber aufgefallen, dass das letzte Drittel des Buches arg den Inhalt den Dämonentochter-Reihe spoilert, so dass mein Bedürfnis, diese Reihe nun noch nachzuholen, arg gedämpft ist. Auch von der Strategie der Autorin und des Verlags her sehr fragwürdig, weil die neue Reihe ja eigentlich ein tolles Werbemittel für die alte darstellen könnte.
Der Einstieg in die Geschichte verlief leider nicht ganz harmonisch. Die ersten Seiten war zwar sehr amüsant (insgesamt ist in der ganzen Geschichte eine schöne Portion Humor dabei), aber ich hatte dennoch so meine Probleme mit den Hauptfiguren. Da ich Seth ja noch nicht kannte, war er für mich ein sehr überhebliches und selbstverliebtes Wesen, das nicht gerade mein Interesse wecken konnte. Da hat es auch nicht geholfen, dass die andere Hauptfigur, Josie, nur die ganze Zeit damit beschäftigt war zu betonen, wie gut Seth aussieht und zu zeigen, dass sie keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. Damit sind wir auch schon bei Josie, da sie wie ein pubertierendes Wesen durch die Gegend lief, immer in Schwierigkeiten gerät und trotzdem nur an Seth und das Eine denken kann.
Zum Glück legt sich diese Oberflächlichkeit mit der Zeit. Vor allem Seth gewinnt durch den Handlungsverlauf schnell an Tiefe. Er macht eine interessante Entwicklung durch und wird tatsächlich zu dem überzeugenden Helden, den so eine Geschichte braucht. Josies Entwicklung läuft leider deutlich langsamer, aber gerade am Ende habe ich Hoffnung für sie. Im Resümee muss ich jedoch sagen, dass Josie bis hierher noch eine enttäuschende Protagonistin ist.
Die Welt, die Armentrout geschaffen hat, ist für mich neu und durchaus interessant. An manchen Stellen ist ihre Vorstellung noch etwas komplex, so dass die ein oder andere Erklärung noch schön gewesen wäre, aber insgesamt gefällt mir die Götterwelt sehr gut. Denn sie bietet eben enormes Handlungspotenzial, das auch im ersten Band schon mehrfach angedeutet wird. Es gibt einige sehr spannende, actiongeladene Szenen, die der Handlung Glaubwürdigkeit und Wendungen verleiht. Über das ganze Buch hinweg sind mir diese Szenen in ihrer Anzahl jedoch zu wenig. Denn es gibt unheimlich viele Szenen, die eher einem reinen NA-Roman gut zu Gesicht gestanden hätten. Die Liebesgeschichte wird schon durch Josies Charakter bedingt unheimlich an Material und Szenen gefüttert. Diese Szenen sind auch gut geschrieben, denn Armentrout kann NA bestens, aber in so einer Trilogie, die eben einen großen Fantasy-Anteil hat, viel zu viel.
Fazit: „Erwachen des Lichts“ bildet durchaus einen guten Auftakt, der die Leser für die restlichen zwei Bänden bei der Stange halten sollte. Die Charaktere sind zwar zunächst oberflächlich, aber gerade Seth gewinnt mehr und mehr an Profil, was der Geschichte erheblich guttut. Die Handlungswelt ist gelungen, wird aber leider im Rückblick zu wenig genutzt, denn die spannenden, actiongeladenen Szenen sind zu wenig vorhanden. Stattdessen werden sehr, sehr viele Seiten für die Entwicklung der Liebesgeschichte genutzt. Dies ist zwar gut erzählt, kann in einer Fantasy-Trilogie aber lieber den kleineren Erzählanteil bieten.

Veröffentlicht am 28.07.2017

Deutlich weniger Charme

P.S. I still love you
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„To all the boys I’ve loved before“ war eines meiner Lesehighlights des letzten Jahres, da ich vom Schreibstil, der Grundidee und der liebevollen Schwesterbeziehung regelrecht hin und weg war. Dieses Buch ...

„To all the boys I’ve loved before“ war eines meiner Lesehighlights des letzten Jahres, da ich vom Schreibstil, der Grundidee und der liebevollen Schwesterbeziehung regelrecht hin und weg war. Dieses Buch hätte wunderbar für sich alleine stehen können, aber Jenny Han hat mit „P.S. I still love you“ nachgeliefert.
Vorneweg möchte ich gerne auf die positiven Aspekte dieses Buches eingehen. Man erkennt den Schreibstil, das heimelige Setting und die wohlbekannten Figuren direkt wieder und ist wieder mittendrin in der Geschichte, auch wenn man vielleicht einige Monate nichts aus dieser literarischen Welt mitbekommen hat. Mir gefällt weiterhin das viele aktuelle Themen wie Mobbing und früh erwachende Sexualität hier behutsam, aber doch bestimmt angesprochen werden. Mir gefällt ebenfalls wie charmant und mit all ihren Höhen und Tiefen die Beziehung von Lara Jean und Peter weiteraufgebaut wird. Es ist nicht alles rosarot und die Gedanken, die sich Lara Jean in dieser Entwicklung macht, sind sehr authentisch und nachvollziehbar gestaltet.
Neben diesen positiven Anmerkungen habe ich leider aber auch einige negative Aspekte zu nennen, die erklären, warum für mich der zweite Band eher eine Enttäuschung ist. Zum einen ist die von mir so hochgelobte Schwesternbeziehung auf dem ersten Band kaum vorhanden, da Margo komplett auf ihrem Auslandssemester verweilt und Kitty wirklich nur eine kleine Nebenrolle spielt. Der zweite Aspekt ist an die Briefe gebunden, die im ersten Teil eine wichtige Rolle spielten. grundsätzlich fand ich es gut, dass die Briefe wieder thematisch aufgegriffen wurden, weniger gut fand ich, dass sich dadurch die nächste Dreiecksgeschichte entwickeln musste. Im ersten Band noch stand Lara Jean zwischen Peter und Josh (dessen Rolle im zweiten Band auch lächerlich gering ist) und nun zwischen Peter und John. Die Beziehung zwischen Peter und Lara Jean hätte man auch anders auf die Probe stellen können.
Neben diesem klischeehaften Thema werden auch noch andere für Jugendbücher typische Themen geboten wie die bedrohliche Ex-Freundin, der alleinerziehende Vater muss verkuppelt werden und so weiter. „To all the Boys I’ve loved before“ wirkte einfach frischer.
Fazit: Der erste Band hat für sich wunderbar funktioniert, daher muss ich mich nach „P.S. I still love you“ wirklich fragen, ob sie die Autorin mit diesem Band nicht selbst ins Knie geschossen hat, da der zweite Band wirklich nur nochmal wie ein Aufwärmen der Inhalte aus dem ersten Band wirkt. Zudem ist dieser Charme, den die Geschichte versprühen konnte, nur noch geringfügig zu erkennen. Da es auch noch einen dritten Band gibt, hadere ich nun wirklich, was ich mit dem noch machen soll. Lesen oder lieber doch nicht?

Veröffentlicht am 23.07.2017

Was für ein Finish!

Und morgen du (Ein Fabian-Risk-Krimi 1)
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Stefan Ahnhem ist nun bereits seit ein paar Jahren auf dem Krimimarkt bekannt und seine Fabian-Risk-Reihe hat bereits drei Bände. Bei mir hat es etwas länger gedauert, aber nun habe auch ich mich endlich ...

Stefan Ahnhem ist nun bereits seit ein paar Jahren auf dem Krimimarkt bekannt und seine Fabian-Risk-Reihe hat bereits drei Bände. Bei mir hat es etwas länger gedauert, aber nun habe auch ich mich endlich „Und morgen du“, dem Auftaktband der schwedischen Krimireihe gewidmet. Ich habe große Hoffnungen in diese Reihe gesetzt, da die Kritiken durchaus positiv waren und ich schwedischen Krimis sowieso sehr positiv gegenüberstehe.
Mein großes Problem dieses Auftaktbandes ist ehrlich gesagt der Namensgeber dieser Krimireihe selbst: Fabian Risk. Zunächst nahm ich ihn als Familienvater war, der sich nur auf die Ermittlungen einlässt, weil persönlich betroffen ist. Diese Ausgangslage gefiel mir, weil viele Ermittler einsame, verbitterte Männer sind, die entweder nie eine Familie hatten oder diese bereits verloren oder zerstört haben. Der zweite Aspekt war, dass ein persönlicher Fall sehr viel Potenzial bot, den Ermittler gleich mit dem Auftaktband sehr gut kennenzulernen. Der erste Aspekt hat sich als Trug erwiesen und der zweite Aspekt hat gezeigt, dass Fabian Risk eher eine unbequeme Persönlichkeit ist, mit der man wohl nur mit langem Anlauf warm werden kann. Seine Alleingänge, sein grottiges Verhalten als Familienvater, dass ständige Betonen, wie gut er aussieht und dass er diese Tatsache einzusetzen weiß, da waren wirklich einige Aspekte, die mich Fabian Risk auch nach Beendigung des Bandes negativ gegenüber stehen lassen. Carl Mork, die zentrale Figur bei Jussi Adler Olsen ist ebenfalls eine unbequeme Figur und dennoch habe ich ihn über all die Zeit zu schätzen gelernt. Bei Risk ist das die große Frage: er bietet zwar gute, aber auch viele negativen Facetten und grundsätzlich identifiziere ich mich lieber mit „guten“ Menschen.
Der Fall dagegen war sogar unabhängig von Risks persönlicher Involvierung, klasse für einen ersten Band gewählt. Es wird kein harmloser Mord oder sonstiges geboten, stattdessen wird wirklich ein Killer der Extraklasse geboten, der einen Schüler einer Klasse nach dem anderen tötet. Durch die vielen Morde passiert unheimlich viel, es kommt nie Langeweile auf, so dass man regelrecht atemlos durch die Seiten hechelt. Dadurch dass sehr viel passierte und auch aus sehr vielen verschiedenen Perspektiven erzählt wurde, hätte es der Geschichte gut getan, wenn die Kapitel mit Datum- oder Wochenendangaben und sogar der Uhrzeit versehen worden wären. Denn manches Mal wurde etwas erzählt und das Kapitel danach war in der Zeit wieder davor. Das sind kleinere Dinge, bei denen man beim Lesen drüber stolpert und unnötig hängenbleibt. Das muss nicht sein.
Die vielen Perspektiven haben mit gut gefallen, ohnehin liebe ich bei Krimis ein großes Perspektivenrepertoire, weil es die Spekulationen gewinnbringend anheizt und weil so vielen Figuren hinter die Stirn geguckt werden kann. Seltsam war nur, dass der Beginn des Krimis fast nur aus Fabians Sicht erzählt wurde und urplötzlich kamen noch zig andere Perspektiven hinzu. Das war in der Erzählung selbst nicht ganz stringent. Die verschiedenen Perspektiven waren auch mit guten Figuren mit viel Potenzial für weitere Bände besetzt, sei es Fabians neues Team oder auch Dunja. Alle scheinen pfiffig zu sein und solche Nebenfiguren hat man doch gerne.
Beim Fall weiß ich nicht nur die Bösartigkeit und die Brutalität des Mörders zu schätzen, sondern auch dass der Fall unheimlich spannend konstruiert ist und einige Wendungen geboten hat, die ich so nicht habe kommen sehen. Manche Krimiautoren versuchen verzweifelt Überraschungsmomente einzubauen, die aber scheitern, weil sie zu offensichtlich sind, aber „Und morgen du“ bietet tatsächlich überraschende Momente, mit denen ich nicht gerechnet habe. Zu Ende hin spitzt sich die Lage in allen Perspektiven so zu, dass ich einige Sätze am liebsten übersprungen hätte, weil die Spannung zu brutal aufgebaut wurde und ich nur noch die Auflösung wissen wollte. Ich habe es meist auch gerne, wenn der Täter bis fast bis zum Schluss unbekannt bleibt. Das wird hier etwas früher aufgelöst, aber das ändert nichts ans der Spannung, da der große Kampf, ob Gut oder Böse am Ende siegt, genauso großartig war und das findet man echt selten.
Fazit: Ich habe es definitiv nicht bereut, nach einigen Jahren nun nach „Und morgen du“ gegriffen zu haben, denn Stefan Ahnhem scheint tatsächlich ein Krimiautor zu sein, der sein Handwerk zu verstehen scheint. Zwar bin ich mit dem Protagonisten noch nicht warm und es gibt auch kleinere stilistische Mängel, aber das Wichtigste (Fall und Spannungsaufbau) waren nahezu perfekt, so dass ich die Reihe nun definitiv weiterverfolgen werde!

Veröffentlicht am 19.07.2017

Hitverdächtiges Figurenrepertoire

Stormheart 1. Die Rebellin
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Nachdem ich gerade erst den ersten Band der „Chronik der Verbliebenen“ verschlungen hatte und vollends begeistert von der starken weiblichen Protagonistin war, hatte ich daran wirklich einen Narren gefunden. ...

Nachdem ich gerade erst den ersten Band der „Chronik der Verbliebenen“ verschlungen hatte und vollends begeistert von der starken weiblichen Protagonistin war, hatte ich daran wirklich einen Narren gefunden. „Stormheart – Die Rebellin“ versprach ja alleine schon vom Titel ebenfalls eine starke Protagonistin. Zudem hat sich Cora Carmack ja auch in Deutschland bereits einen Namen gemacht und das durchaus mit Erfolg. Es sprach also vieles für diesen Trilogie-Auftaktband.
Eine neue Welt, neue Regeln, ein neues Verständnis von Natur. Man kann mich wahrlich nicht als Fantasy-Fan bezeichnen und dennoch tauche ich immer gerne in neue Welten ein. Knackpunkt bei der Sache ist, dass ich als ungeübter Leser dieses Genres immer recht lange brauche, um mich in neue Weltordnungen und –vorstellungen einzudenken. Das ist dann durchaus bitter, dass der erste Band dieser Reihe mir nicht unbedingt hilft. Vom Prinzip her verstehe ich die Idee hinter den Sturmgewalten, aber dennoch bleibt für mich bis zur letzten Seite vieles offen und ungeklärt. An dieser Stelle muss ich einschränken, dass es also entweder ein tatsächlicher Mangel der Autorin ist oder dass es vielleicht einfach an mir selbst liegt. Die Frage kann ich nicht beantworten, dessen muss sich jeder Leser individuell versichern. Dennoch lasse ich es mal als meinen größten Kritikpunkt im Raum stehen, da ich solche Kritik bei andern Fantasy-Welten nicht äußern musste.
Kommen wir zur durch den Titel groß angekündigten Protagonistin: Aurora. Ich nenne sie aber viel lieber Roar, denn genau die Persönlichkeit, die Aurora mit ihrer Flucht aus ihrer Heimatstadt antritt, die ist es, die es problemlos mit Lia aus „Chronik der Verbliebenen“ aufnehmen kann. Schon Aurora, die zu kämpfen und mit dem Messer umzugehen weiß, fasziniert mich, aber der Schritt aus der eigenen Heimat hinaus, sich auf wilde Abenteuer einzulassen und an sich selbst zu wachsen, das überzeugt mich restlos. Neben dieser abenteuerlustigen Seite, überzeugt Roar aber auch mit Empathie und Pflichtgefühl. Ich habe mich von Seite 1 in sie hineinversetzen können, mit ihr mitleiden und –freuen können und ich bin wirklich froh, dass sie durchweg in ihrer Persönlichkeit bleibt und mich dadurch für sie gewinnt.
Aber nicht nur die Protagonistin weiß zu überzeugen, sondern auch die vielen anderen eingeführten Figuren, die jede für sich eine spannende Geschichte zu erzählen haben. Ganz vorneweg natürlich Lock, der im Gegensatz zu meiner anfänglich Vermutung Cassius als eigentlichen Held ablöst. Ein mutiger Kämpfer mit einer traurigen Vergangenheit, der Roar als verängstigtes Mädchen aufnimmt und sie dabei begleitet, wie sie langsam zur Frau wird. Aber auch an ihm selbst gibt es noch unheimlich viel zu entdecken und daher freue ich mich bereits jetzt auf ein Wiedersehen mit den beiden.
Zurück zu den anderen Figuren, vor allem den Sturmkämpfern rund um Lock, Nova, die anscheinend eine lange verborgene Fähigkeit besitzt, deren Ausbruch ich gerne beiwohnen werde und natürlich Cassius. Cassius ist nicht leicht zu greifen: ist er Antagonist oder doch ein potenzieller Protagonist für die restlichen Bände? Viele Fragen, auch rund um den Sturmlord, der ebenfalls eine faszinierende Persönlichkeit zu sein scheint. Ich habe es wirklich selten, dass ich viel lieber wegen der Figuren weiterlesen möchte, als der Auflösung all der offenen Fragen entgegenzustreben.
Davon abgeleitet will ich natürlich noch etwas zur Handlung sagen. Diese leidet wie gesagt etwas unter der unverständlichen Welt für mich. Dennoch überzeugt mich der klug gewählte Erzählrhythmus. Es gibt viele ruhige Momente, in denen die Figuren brillieren können und es gibt viele spannungsgeladene Momente, die das Lesetempo anheizen und die Fähigkeiten der Helden erproben lassen. Ebenfalls positiv fällt mir der Perspektivenwechsel auf. Auf der einen Seite der Wechsel zwischen Lock und Roar und auf der anderen Seite immer wieder hin zu Nova und Cassius, so dass ein größeres Gesamtbild stehen bleibt.
Fazit: „Stormheart – Die Rebellin“ muss sich wirklich nicht hinter der „Chronik der Verbliebenen“ verstecken. Die Idee hinter der Fantasy-Welt ist ähnlich undurchsichtig, vielleicht sogar einen Ticken schwächer, aber dafür wird eine ebenso starke Protagonistin geboten und dazu eine wirklich großen Haufen an tollen Nebenfiguren, die ich bereits alle liebgewonnen habe. Die Reihe bietet noch so viel Potenzial, von dem ich hoffe, dass es in den Folgebänden genutzt wird, denn dann haben wir eine wieder eine wahre Hitreihe auf dem Buchmarkt.