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Veröffentlicht am 03.07.2022

Die schlimmste Bestie ist immer noch der Mensch

Findelmädchen
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Worum geht's?
Helga, 15, und ihr ein jahr älterer Bruder Jürgen erfahren bei ihren Pflegeeltern Claire und Albert in Frankreich, dass ihr Vater den Krieg überlebt hat und in ihrer Heimatstadt Köln auf ...

Worum geht's?
Helga, 15, und ihr ein jahr älterer Bruder Jürgen erfahren bei ihren Pflegeeltern Claire und Albert in Frankreich, dass ihr Vater den Krieg überlebt hat und in ihrer Heimatstadt Köln auf sie wartet. Die Wiedervereinigung mit ihrem leiblichen Vater ist herzlich, doch von ihrer Mutter fehlt jede Spur. Gerade Helga kann den Gedanken nicht aufgeben, was damals in ihrer Kindheit passiert sein mag. Sie beginnen ihr neues Leben in Köln, Jürgen geht bei Ford in die Lehre und Helga wird gegen ihren Willen auf der Haushaltsschule angemeldet, was sie sehr unglücklich macht, da es ihr sehnlichster Wunsch ist, auf's Gymnasium zu gehen. Im Rahmen eines Praktikums wird Helga in ein Waisenhaus geschickt und erlebt dort, wie unendlich grausam mit den Kindern umgegangen wird. Besonders die kleine, dunkelhäutige Bärbel wird seelisch und körperlich gequält und Helga kann nicht anders, sie muss handeln...

Zum Buch:
"Findelmädchen" ist die Fortsetzung von "Trümmermädchen", konzentriert sich aber auf die Geschichte von Helga und Jürgen. Man muss den ersten Band nicht gelesen zu haben, um den Nachfolger zu verstehen, beide stehen auch sehr gut für sich alleine. Es spielt in Köln Mitte der 50-Jahre: die Stadt ist immer noch deutlich gekennzeichnet mit Brandnarben aus dem Krieg, viele Menschen leben in halben Ruinen, Flüchtlinge aus den Ostgebieten darben ein armseliges Leben. Doch überall ist die Stadt im Aufbruch und die jungen Leute tanzen ausgelassen zur Musik von Elvis Presley, tragen Jeans und Petticoats und begehren gegen ihre Eltern auf. Was die 50-er Jahre ausmacht, wurde sehr anschaulich im Buch umgesetzt, man spürt förmlich den Puls der Zeit.
Doch hinter den oft glitzernden Fassaden gibt es immer noch die alten, harten Strukturen und Hierarchien. Besonders deutlich wird dies am Beispiel der Waisenhäuser und dem Schicksal der Besatzerkinder. Was sie ertragen mussten, mag sich kaum ein Mensch vorstellen. Der gut recherchierte Blick hinter diese Kulissen ist wirklich kaum auszuhalten ...Und wieder einmal bewahrheitet es sich: die wahre Bestie ist der Mensch (selbst wenn sie als Nonne daherkommt).
Auch die weiteren Charaktere wie z.B. Fanny sind authentisch und mit ihrer eigenen interessanten Geschichte ausgestattet, die nach und nach ans Tageslicht kommt.

Persönliche Meinung:
"Findelmädchen" hat mich von der erste Seite an mitgerissen. Helga und Jürgen sind mir schnell ans Herz gewachsen, weshalb ich vor allem mit Helga sehr mitgelitten habe und ihre Empfindungen und Handlungen gut nachvollziehen konnte. Die Autorin hat einen wunderbaren, warmherzigen Schreibstil und ihre Geschichte gleicht einer emotionalen Achterbahnfahrt. Ganz besonders mitgenommen haben mich die Geschehnisse im Waisenhaus und ich fragte mich ein ums andere Mal, zu welchen Grausamkeiten Menschen fähig sind. Was dort und in vergleichbaren Einrichtungen geschah, ist ja kein Fantasiekonstrukt der Autorin, sondern leider die bittere Wahrheit, wie man inzwischen weiß.
Im übrigen finde ich es absolut richtig, dass im Buch das N-Wort verwendet wurde: es ist ein Zeugnis der damaligen Zeit und gehört somit auch nicht verfälscht.

Fazit:
Ein wunderschöner Roman, der auch die dunklen Seiten der Vergangenheit nicht auslässt und Wahrheit mit Fiktion verschmelzen lässt. Absolute Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 30.06.2022

Vorwarnung - trifft mitten ins Herz!

In fünf Jahren
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Die Ankündigung auf dem Cover "Dies ist eine Liebesgeschichte ... aber nicht die Liebesgeschichte, die du erwartest." trifft absolut ins Schwarze! DIESE Liebesgeschichte habe ich so nicht erwartet und ...

Die Ankündigung auf dem Cover "Dies ist eine Liebesgeschichte ... aber nicht die Liebesgeschichte, die du erwartest." trifft absolut ins Schwarze! DIESE Liebesgeschichte habe ich so nicht erwartet und umso mehr hat sie mich daher berührt und mitgerissen.

Doch von Anfang an:
Die junge Anwältin Dannie lebt ein durchgetaktetes Leben in New York. Wie ihr Freund David verfolgt auch sie ehrgeizig ihre beruflichen Ziele und weiß auch im Privatleben ganz genau, was sie will und wann der richtige Zeitpunkt dafür ist. Es läuft alles "nach Plan", doch dann hat sie am Abend ihrer Verlobung einen Traum, der sie genau fünf jahre in die Zukunft versetzt. Sie wacht in einer ihr fremden Wohnung auf, mit einem fremden Mann. Obwohl sie nach diesem Erlebnis wieder in ihrer vertrautetn Wohnung aufwacht, lässt sie diese Zukunftsvision nicht mehr los. Etwa vier Jahre später trifft sie den Fremden wieder - es ist ausgerechnet der neue Partner ihrer besten Freundin Bella. Was hat das alles nur zu bedeuten?

Zum Buch:
Das ansprechende Cover verspricht auf den ersten Blick eine kurzweilige Liebesgeschichte, doch schon recht bald merkt man, dass sich zwischen den Buchdeckeln wesentlich mehr verbirgt als ein oberflächliches Leseerlebnis. Dannie erzählt die Geschichte aus ihrer Perspektive (ich-Form), wodurch man sie im Laufe der Geschichte recht gut kennenlernt, jedoch verblassen dadurch die weiteren Figuren zwangsläufig etwas - was schade ist, denn diese sind ebenfalls interessant und hätten das Potential, mehr Raum in der Geschichte einzunehmen. Doch der Umfang von 317 Seiten ließ das wohl einfach nicht zu. Der Story hätten weitere 150 Seiten gutgetan, um noch mehr Tiefe zu erreichen. Die Kapitel haben eine angenehme Länge und der Schreibstil ist sehr flüssig und bildstark. Besonders das Leben in der Weltmetropole New York wird sehr lebendig beschrieben. Wer die Stadt schon erleben durfte, wird das Big Apple-Feeling bestimmt schätzen.

Persönliche Meinung:
Ich brauchte etwas Zeit, um mit Dannie warm zu werden. Ihre stets kontrollierte Daten-Zahlen-Fakten-Attitude waren mir einfach zu fremd, um mich zu berühren. Doch das änderte sich spätestens, als ihre Freundin Bella krank wird. Dannies Fassade beginnt zu bröckeln, ihre selbsterrichtete Schutzmauer (die nur dazu da war, sie vor einem weiteren schweren Verlust wie den ihres Bruders zu schützen) bekommt Risse und zum Vorschein kommt die wahre Dannie, wodurch es klarer wird, warum diese so unterschiedlichen Charaktere von Dannie und Bella in so unverbrüchlicher Freundschaft zueinander gefunden haben. Das Ende der Geschichte war für mein Empfinden zu kurz und zu abgehackt. Hier hätte ich mir doch sehr gewünscht zu erfahren, wie Dannie den Verlust erlebt und wie sie damit umgeht. Doch das kam gerade am Ende viel zu kurz. Mich haben auch die gut verpackten Lebensweisheiten und so manche poetische Stelle sehr berührt. Kurzum: ich konnte das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen und es ist so manche Träne geflossen.

Fazit:
Für mich eines der Buchhighlights 2022 und deshalb eine absolute Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 26.06.2022

Solide Fortsetzung der Kluftinger-Reihe

Affenhitze (Kluftinger-Krimis 12)
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Cover und Titel versprechen bereits einen neuen spannenden Fall für Kommissar Kluftinger, derzeit Interims-Polizeipräsident, und sein launiges Team.
In einer Tongrube im Ost-Allgäu haben Wissenschaftler ...

Cover und Titel versprechen bereits einen neuen spannenden Fall für Kommissar Kluftinger, derzeit Interims-Polizeipräsident, und sein launiges Team.
In einer Tongrube im Ost-Allgäu haben Wissenschaftler sensationelle Funde gemacht, u.a. Knochen des über 11 Millionen alten "Urzeitaffen Udo", der die Annahme der Paläontologen befeuerte, dass die Wiege der Menschheit im Allgäu zu verorten sein könnte. Priml! Wer hätte das gedacht??
Doch ausgerechnet bei einem Festakt wird im Beisein des bayerischen Ministerpräsidenten die Leiche von Professor Brunner gefunden. Sofort werden die Ermittlungen aufgenommen, die - wie es sich für einen Krimi gehört - in alle möglichen Richtungen gehen und mehrere Verdächtige ans Tageslicht befördern, die alle ein Motiv gehabt haben könnten.

Wer die Kluftinger-Reihe kennt, weiß, dass der jeweilige Fall immer nur einen Teil der Geschichte ausmacht und oftmals auch zur Nebensache mutiert, denn letztendlich geht es ja um "Klufti" selbst. So auch hier: Neben der Aufklärung des Falls ist er beschäftigt, die Tagesmutter seiner Enkelin zu beschatten, er entdeckt zudem die Welt der "Sozialmedien" und mutiert in kürzester Zeit zum unfreiwilligen lokalen Facebook-Star, lernt (mehr oder weniger gekonnt) das Drohnenfliegen und hilft seiner Frau tatkräftig bei der Ansammlung von Flohmarktkrempel. Auch Doktor Superschlau-Langhammer darf natürlich wieder nicht fehlen - ohne ihn wäre es auch nur halb so witzig. Doch auch sein Team, allen voran Richie Maier und Lucy Beer, sorgen für amüsante Szenen mit und rund um Klufti.

Das Buch ist schon dank des Covers ein richtiger Eyecatcher - fällt auf jeden Fall schnell ins Auge und ist auch von der Oberflächenstruktur super gemacht. Wie immer taucht man auch bei "Affenhitze" sehr schnell in die Geschichte ein, der Schreibstil der beiden Autoren ist erprobt flüssig und bildstark. Man kann gar nicht anders: Das Kopfkino fängt unweigerlich an zu laufen und zeigt einen herrlich kurzweiligen Film.

ABER: Als Leserin der ersten Stunde finde ich, dass es die Autoren immer mehr übertreiben, was die Tollpatschigkeit und Naivität ihres Hauptprotagonisten anbelangt. Das kratzt dann wirklich schon ordentlich an der Glaubwürdigkeit eines "Kommissars", so erheiternd sich manche Szene auch lesen lässt. Kluftinger verkommt mit den Jahren immer mehr zur Witzfigur, den man nicht mehr ernst nehmen kann (Stichwort "Sozialmedien"). Anscheinend tun es auch seine Erfinder inzwischen nicht mehr. Vielleicht sollten sie langsam über ein würdiges Ende
ihrer Kluftinger-Reihe nachdenken, bevor es immer mehr in völlige Unglaubwürdigkeit abdriftet. Das ist dann nämlich irgendwann auch nicht mehr lustig zu lesen.

Übrigens sind die Funde rund um Urzeitaffe Udo keine Erfindung der Autoren. Diese wurden tatsächlich vor wenigen Jahren von Wissenschaftlern der Uni Tübingen in der Tongrube Hammerschmiede in Pforzen / Allgäu gefunden.
Die Fakten dieser Entdeckung wurden sehr gut und vor allem wahrheitsgetreu im vorliegenden Kluftinger"Fall" eingearbeitet. Ach ja, eine Leiche unterm Bagger wurde bei den echten Ausgrabungen zum Glück nicht entdeckt ...

Fazit:
Kurzweilige und amüsante Lesestunden sind garantiert, perfekt für heiße Urlaubstage!

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Veröffentlicht am 08.06.2022

Fulminanter Start einer neuen Don Winslow-Trilogie - Verfilmung vorprogrammiert!

City on Fire (ungekürzt)
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Zum Inhalt:
In Providence, Rhode Island leben im Jahr 1986 die irischen und italienischen Mafia-Familien in relativ friedlicher Koexistenz. Über den Frieden wacht vor allem Clan-Chef Pasco Ferri, der sich ...

Zum Inhalt:
In Providence, Rhode Island leben im Jahr 1986 die irischen und italienischen Mafia-Familien in relativ friedlicher Koexistenz. Über den Frieden wacht vor allem Clan-Chef Pasco Ferri, der sich jedoch in absehbarer Zeit in den Ruhestand nach Florida verabschieden will. Auch den Sommer des Jahres 1986 verbringen die Familien an der Küste, grillen sogar noch gemeinsam bei Pasco Ferri. Doch als eine schöne Frau, Pam, zuerst Paul Moretti und dann Liam Murphy den Kopf verdreht, ist es mit dem Frieden jäh vorbei.
Mittendrin steckt Danny Ryan, aufgewachsen mit den Murphy-Brüdern und Ehemann einer Murphy-Tochter und somit Teil des Murphy-Clans. Obwohl er im Kern ein anständiger Kerl ist, der seinen Lebensunterhalt eigentlich am liebsten durch ehrliche Arbeit verdienen würde - möglichst auch weit weg vom Dogtown-Viertel und der Mafia - liebt er dennoch seine Frau und seine Freunde zu sehr. Mitgehangen - Mitgefangen. Aus dem Frieden der Clans entwickelt sich ein unerbittlicher Krieg, dem zahlreiche Mitstreiter zum Opfer fallen., unter anderem auch Pat Murphy. Plötzlich steht Danny Ryan an der Spitze und muss Entscheidungen fällen, die er lieber nicht treffen würde. Ein letzter Coup soll ihm zum Ausstieg und einem Neubeginn in Kalifornien verhelfen, doch leider hört er nicht auf sein Bauchgefühl ...

Zum Buch:
Das Buch ist in drei Hauptteile unterteilt, die jeweils von einem düsteren, aber stimmigen Hintergrundbild und einem passenden Zitat eingeleitet werden. Die Perspektiven wechseln häufig, so dass man die Möglichkeit hat, alle wichtigen Charaktere kennenzulernen. Der Hauptprotagonist ist allerdings ganz klar Danny Ryan, aus dessen Perspektive auch überwiegend erzählt wird. Don Wilson hat für seine Buch die Zeitform Präsens gewählt, was ich erst ungewohnt, dann aber sehr angenehm empfand, da sie die Story so direkt und unmittelbar transportiert, dass man als Leser wirklich mittendrin ist. Auch die Sätze sind wie die Kapitel kurz und knackig, was gut zu dem hohen Erzähltempo passt und die Handlung immer schneller vorantreibt, bis es auf das scheinbar unausweichliche Ende zusteuert. Die Ausdrucksweise ist sehr direkt und oft auch sehr öbszön, das f-Wort kommt in gefühlt jedem dritten Satz vor, aber das ist wohl dem beschriebenen Milieu geschuldet.

Meinung:
Für mich war es das erste Buch von Don Wilson, aber sicher nicht das letzte. Obwohl Mafia-Geschichten nicht zu meinen bevorzugten Genres zählen, war ich durch die Leseprobe neugierig geworden, da die Hauptfigur Danny Ryan doch eine sehr vielversprechende Komplexität versprach - und ich wurde nicht enttäuscht. Auch die anderen Charaktere sind erfreulicherweise sehr vielschichtig und interessant angelegt und erlauben weitere Perspektiven auf das Leben der Mafia-Familien. So fragte ich mich z.B. immer wieder, wie die Frauen und Mütter so ein Leben nur ertragen können, in dem sie ständig Angst um das Leben ihrer Männer und Söhne haben müssen. Auf der anderen Seite dann die rohe Gleichgültigkeit der Männer, mit der sie ihren Kontrahenten das Leben nehmen und dabei an Brutalität und Grausamkeit nicht geizen. Auf einen Toten mehr oder weniger scheint es dabei nicht anzukommen. Ab und zu erscheint es einem, als ob testosteron-gesteuerte Pubertiere aufeinander losgehen, weil einer dem anderen sein "Spielzeug" weggenommen hat - man möchte ihnen allen am liebsten die Ohren langziehen und dem kindischen Gehabe ein Ende setzen.
Das Ende lässt einige Fragen unbeantwortet, da die Story in Band zwei ja weitergehen wird und die Neugier darauf entsprechend angeheizt werden soll. Ich kann es jedenfalls kaum erwarten, bis die Fortsetzung erscheint!

Fazit:
Gute Story und sehr vielschichtige, interessante Charaktere. Dazu mit Danny Ryan ein Hauptprotagonist, mit dem man sich schnell anfreundet, weil er im Grunde seines Herzens eine ehrliche Haut ist, der mit dem Mafia-Milieu eigentlich nichts zu tun haben möchte. Ein Buch, dass man kaum aus der Hand legen kann, spannend, brutal, tragisch und doch auch emotional. Die Filmstudios in Hollywood waren bereits clever genug, sich die Filmrechte zu sichern, denn das könnte ein echter Blockbuster werden!

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Veröffentlicht am 01.04.2022

Faszination Afrika

Danke, Afrika! Was ich zwischen Dschibuti und Marokko fürs Leben lernte.
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Da ich Bücher von Langzeit-Reisenden und Aussteigern sehr gerne mag, hat mich dieses Buch gleich angesprochen, zumal das Cover sehr einladend ist: Eine junge, hübsche Frau, die alleine durch verschiedene ...

Da ich Bücher von Langzeit-Reisenden und Aussteigern sehr gerne mag, hat mich dieses Buch gleich angesprochen, zumal das Cover sehr einladend ist: Eine junge, hübsche Frau, die alleine durch verschiedene Staaten Afrikas reist - wow, das verspricht auf jeden Fall ein spannendes und kurzweiliges Lesevergnügen.

Und dieses Versprechen wurde auch durchaus gehalten. Die Autorin bereiste zwischen 2008 - als sie zum ersten Fall nach Afrika kam - und 2020 insgesamt 25 afrikanische Länder und berichtet von ihren Erfahrungen und Erlebnissen. Dabei beschreibt sie nicht nur die Schönheit der Natur und die einzigartige Tierwelt, auch die Schattenseiten bringt sie zur Sprache, sei es die Armut, der Umgang mit Müll oder anderen Schwierigkeiten. Dabei beginnt ihr Buch schon mit einer großen Herausforderung, denn sie befindet sich zu Beginn des ersten Corona-Lockdowns in Marokko, wo sie letzttendlich auch sesshaft geworden ist. Das Buch wechselt ständig zwischen der Gegenwart (2020 in Aourir / Marokko) und ihren früheren Reisen durch viele afrikanische Länder, angefangen 2008 mit Südafrika. So lernt sie viele Facetten Afrikas, die Kultur und die Menschen, die ihr begegnen, kennen und vor allem lieben. Hier findet sie die Freiheit, die sie in Deutschland vermisste.

Das Buch liest sich mehr wie ein Roman als wie ein Reisebericht. Alles ist sehr anschaulich beschrieben, so dass das innere Kopfkino genug Input bekommt.
Ich bewundere den Mut und den Freigeist der Autorin, gleichzeitig befremdete mich jedoch so manche Verhaltensweise. So ließ sie z.B. ihren Freund Tomar an der Elfenbeinküste zurück und besuchte ihn nur hin und wieder zwischen ihren Reisen - ansonsten zog sie ihr eigenes "Ding" durch, reiste viel und verfolgte ihre eigenen Interessen und Projekte. Obwohl es sicher richtig war, dass sie ihm signalisierte, dass sie nicht für sein Leben verantwortlich sei, war es doch reichlich naiv zu glauben, dass eine Beziehung auf Augenhöhe möglich sei, da die Grundvoraussetzungen der beiden einfach zu unterschiedlich war. Ich finde es aber ehrlich und vor allem authentisch, dass sie Situationen wie diese nicht beschönigend beschrieben hat, um sich selbst in einem besseren Licht darzustellen. Trotz allem spürt man schließlich in jedem Kapitel ihre große Liebe und Faszination zu diesem Kontinent.

Das Buch hat ein angenehmes Format und enthält viele, wirklich sehr gelungene (Farb-)Fotos der Autorin, die bei mir sofort einen akuten Schub Fernweh auslösten. Einzig die Untertitel zu den Fotos hätten gerne etwas größer ausfallen dürfen, so dass man nicht fast schon eine Lupe bemühen muss, um sie zu entziffern.

Alles in allem ein schönes und kurzweiliges Buch für alle, die gerne etwas mehr über Afrika, seine Kultur und Menschen erfahren möchten.

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