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Veröffentlicht am 02.03.2022

In vino veritas est?!

Kaiserstuhl
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1962: Es sind die Wirtschaftswunderjahre, Deutschland geht es gut, den Franzosen ebenfalls. Und in Kürze soll der Vertrag der Deutsch-Französischen Freundschaft von Adenauer und de Gaulle unterzeichnet ...

1962: Es sind die Wirtschaftswunderjahre, Deutschland geht es gut, den Franzosen ebenfalls. Und in Kürze soll der Vertrag der Deutsch-Französischen Freundschaft von Adenauer und de Gaulle unterzeichnet werden. Paul hat dafür einen besonderen Auftrag. Er soll eine ganz bestimmte Flasche Champagner aus dem Jahr 1937 besorgen… Auf der Suche danach trifft er auf alte Bekannte, nicht immer ist es eine Freude. Henny führt recht erfolgreich eine Weinhandlung in Freiburg, ihre Schwiegermutter kümmert sich um den mittlerweile erwachsenen Sohn Kaspar und auch bei denen liegt so einiges im Argen – sowohl aktuell, als auch in der Vergangenheit.

Zu Beginn hatte ich meine Schwierigkeiten die Personen zu greifen zu bekommen und auch in die Geschichte kam ich nicht so richtig rein – und dass bei einer Autorin, die ich doch sehr schätze, weil sie Geschichten und Historie immer so greifbar, lebensnah und authentisch gestaltet. Gerade als ich befürchtet hatte, dass ich einfach nie in das Buch finde machte es „Klick“ und es war wie umgewandelt. Während die ersten 100 Seiten irgendwie nur zäh vorangingen, hatte ich dann das Buch kaum mehr weglegen wollen. Sowohl die Geschichte, als auch die Personen, die allesamt gut charakterisiert waren, hatten es mir sehr angetan, nachdem ich erst einmal alle richtig kennenlernte. Es gab gerade zu Beginn einiges an Personal kennenzulernen, dazu ständige Perspektivwechsel und auch manchen Rückblick. Nach der ersten Phase fand ich aber sowohl die Personen, als auch der Schreibstil und die Geschichte gefiel mir richtig gut und irgendwann wird es auch wirklich spannend. Ich denke meine Probleme lagen zum Teil auch darin, dass es viel um Kinos ging, die ich nicht besuche und ich auch mit dem ganzen Weinthema und Champagner wenig anfangen kann. Weder trinke ich das Zeug, noch interessiert es mich sonderlich was Anbau, Vertrieb etc. angeht. Das ist nicht mal uninteressant gestaltet, aber einfach nicht so meins.

Als das Thema zwar noch präsent, aber nicht mehr so im Fokus war, habe ich richtig Spaß an der Geschichte gefunden. Wie die Autorin Fakt und Fiktion verbindet ist einfach immer wieder aufs Neue toll. Man lernt so viel, sieht Dinge genauer oder aus einem anderen Blickwinkel. Die deutsch-französische Nachkriegsgeschichte ist sehr interessant, gerade die Situation im Elsass, welches ich gerne besuche, interessiert mich immer wieder. Und ich fand auch die Idee, wie zig Leute einer ganz bestimmten Flasche auf der Spur sind und warum sie das tun, wirklich spannend und unterhaltsam. Darunter Paul, aber auch Henny und so mancher (früherer?) Nazi. Die Idee und die Recherche sind extrem gelungen, die Umsetzung zu aus meiner Sicht etwa zu ¾ - wie schon erwähnt fand ich den Start weniger gut und auch das Ende hat mich nicht ganz überzeugt. Die anderen Romane der Autorin hatten mich auch einfach noch mehr überzeugt, dennoch gebe ich gerne 4 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 23.02.2022

Berechtigter Hype

Thirteen
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Der junge Strafverteidiger Eddie Flynn ist ein engagierter Mann, der sich auch für den sprichwörtlich kleinen Mann einsetzt. Nun soll er aber Amerikas berühmtesten Mordverdächtigen verteidigen. Für den ...

Der junge Strafverteidiger Eddie Flynn ist ein engagierter Mann, der sich auch für den sprichwörtlich kleinen Mann einsetzt. Nun soll er aber Amerikas berühmtesten Mordverdächtigen verteidigen. Für den Schauspieler Bobby Solomon, der seine Frau und ihren Geliebten getötet haben soll, sieht es sehr schlecht aus, denn forensische Beweise sprechen klar gegen ihn – und dennoch nimmt Flynn das Mandat an. Parallel dazu lernt man Joshua Kane kennen, einen Mann, der keinen Schmerz spürt und seit Jahren einen sehr speziellen Plan verfolgt. Und ausgerechnet der Täter sitzt in der Jury.

Der Plot klang schon extrem ansprechend und so viele Leser haben das Buch empfohlen. Also musste ich das Buch einfach haben und Befürchtungen, dass der Hype vielleicht völlig überzogen ist, haben sich nicht bestätigt. Mich hat das Buch einfach extrem gefesselt, so sehr, dass ich es kaum mehr aus den Händen legen wollte oder konnte. Es war einfach sehr spannend, kurzweilig und einfach clever und vor allem mal richtig innovativ. Dieser brutale, effiziente und hochintelligente Serienmörder ist eine Nummer für sich und ich habe noch kein ähnlich gelagertes Buch gelesen. Das fand ich einfach super gemacht und von Anfang bis Ende stringent durchgezogen. Es gibt keine offenen Fragen und das auch das Ende hat mich überzeugt. Auf die Idee den Täter in die Jury zu setzen muss man ja erst einmal kommen und das Ganze dann auch noch recht authentisch umzusetzen – das ist dem Autor aus meiner Sicht extrem gut gelungen.

Das Buch spielt zwar viel im Gerichtssaal, jedoch muss sich niemand sorgen, dass es zu sehr ins juristische Kleinklein abschweift. Ganz im Gegenteil, denn sowohl im Gerichtssaal, als auch außerhalb geht es einfach unheimlich ab – bis auf ganz wenige Längen, die jedoch vor allem den Charakter Flynn greifbarer machen. Von Seite eins an kam ich auch sehr gut mit dem eingängigen Schreibstil zurecht und ich hatte – trotz extrem hohem Lesetempo – nie ein Problem – ganz im Gegenteil. Neben der Handlung sind auch die Charaktere so gestaltet, dass man direkt ein Bild vor Augen hat und quasi ein Film vorm inneren Auge abläuft. Dazu wechseln die Perspektiven zwischen Flynn und Kane ständig, die Kapitel sind mehrheitlich kurz und all die kleinen Cliffhanger machen es kaum möglich mit dem Buch zu pausieren. Zurücklehnen und sich einfach dem Leserausch hingeben – das ist bei diesem Pageturner ganz einfach. Und dass, obwohl man als Leser quasi von Beginn an schon so viel weiß. Aber eben doch weniger, als man die ganze Zeit vermutet…Überraschungen und Wendungen gibt es on top.

Die Vorgänger hatte ich nicht gelesen (werde ich bestimmt nachholen!) und dennoch gab es keinerlei Verständnisprobleme. Der Einstieg mit diesem Band ist auf jeden Fall möglich, aber wenn die Vorgänger auch nur halb so gut sind, dann sollte man vielleicht wirklich der Reihe nach zu lesen.
Ich empfehle den Thriller sehr gerne weiter! Das Buch hat eine Chance auf das Jahreshighlight.

Veröffentlicht am 14.02.2022

U (uuuh, war das schlecht!)

U
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Zwei Personen treffen in der U-Bahn aufeinander. Alles scheint normal, doch dann endet und endet die Fahrt einfach nicht. Und das hat Folgen…

Ich kann wirklich nur empfehlen einen Blick vorab ins Buch ...

Zwei Personen treffen in der U-Bahn aufeinander. Alles scheint normal, doch dann endet und endet die Fahrt einfach nicht. Und das hat Folgen…

Ich kann wirklich nur empfehlen einen Blick vorab ins Buch zu werfen. Wenn einem der Stil auf Anhieb gut gefällt und nicht nur ein Interesse vorhanden ist, dann ist es vielleicht das Richtige. Ich wollte einfach mal was anderes lesen, was -wie es mir scheint – experimentelles. Naja, ich hätte es besser mal gelassen, denn es war einfach nur verschwendete Lesezeit. Während ich am Anfang noch dachte, dass es etwas werden könnte, weil die Fassungslosigkeit und Angst deutlich wurden, wurde es immer und immer abstruser, konfus, unglaubwürdiger und einfach nur gähnend langweilig. Zum Glück gibt es ja quasi keine Sätze, bis auf wenige Ausnahmen, sodass der ganze „Spaß“ binnen einer Stunde +/- ein wenig gelesen ist. Anstelle von Sätzen sind es oft nur Worte, Satzfragmente – eben Stakkato-Stil durch und durch - und teilweise wirkt das Ganze auch, aber eben nur selten und nur kurz. Verschwendete Lesezeit, verschwendetes Papier, meiner Meinung nach. Aber es gibt sicher auch Leute, die die Genialität sehen – ich kann das nicht. Und was mich dann noch wirklich verprellt hat, ist dieser Schluss. Sinn und Zweck der Geschichte? Das wüsste ich auch gerne mal.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.02.2022

Gepimpter Held

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
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Michael Hartung ist eigentlich schon immer alles gewesen – nur nicht erfolgreich. Schon als junger Mann suchte er im Osten eher den leichten Weg. Der Ex-Eisenbahner und wenig erfolgreiche Videothekenbesitzer ...

Michael Hartung ist eigentlich schon immer alles gewesen – nur nicht erfolgreich. Schon als junger Mann suchte er im Osten eher den leichten Weg. Der Ex-Eisenbahner und wenig erfolgreiche Videothekenbesitzer bekommt urplötzlich Besuch von einem Journalisten. Dieser glaubt, dass Hartung für die spektakuläre Massenflucht per S-Bahn in der DDR gesorgt hat. Ganz so war das nicht, aber gegen schnell und leicht verdientes Geld hat Hartung nichts einzuwenden, also beharrt er nicht zu sehr auf den Fakten und das Schicksal nimmt seinen Lauf.

Held werden ist nicht schwer; Held sein dagegen sehr – das ist zumindest in diesem Buch der Fall. Eher ein Missverständnis, dann noch falsche Infos und hier und da mal nicht die ganze Wahrheit sagen, schon kann man in einer Geschichte landen, die man selbst nie für möglich gehalten hätte. Das passiert einem Menschen, der mir zu Beginn der Geschichte alles andere als sympathisch erschien. Einem Journalisten nach dem Mund reden, nur damit die Moneten für die fällige Miete fließen? Fragwürdig. Auch das er gerne einen über den Durst trinkt, seine Tochter mehr oder weniger vergessen hat und so einiges mehr. Alles – nur nicht heldenhaft. Doch dann steht er da, dieser Journalist, der schon im Vorfeld weiß, was er schreiben will, um endlich erfolgreich zu werden. Er schreibt die Reportage und die Menschen lieben den Helden, der so unter der Stasi-Diktatur zu leiden hatte und dennoch tat, was er für richtig hielt. Die Hochstaplergeschichte nimmt immer mehr ihren Lauf und ist nicht mehr aufzuhalten. Gelungen fand ich, dass in der Wahnsinnsgeschichte nicht alles komplett erlogen ist, sondern nur medial aufgepimpt. Wie genau all das ist, dass müsst ihr selbst lesen- denn es lohnt sich. Zunächst genießt Hartung die Aufmerksamkeit, doch es gibt einen Wendepunkt. Eine neue Liebe… Doch wie sollen der immer sympathischere Hartung und der Journalist aus dieser Nummer noch rauskommen?

Mir gefällt sehr gut, wie die Politik und Medienwelt auf die Schippe genommen werden. Da steckt doch das eine oder andere wahre drin, dazu die Ost-West-Geschichte, die immer ein Garant ist – zumindest, wenn man es umsetzt wie der Autor. Sehr unterhaltsam, gut lesbar, interessant, vielschichtig und humorvoll. Ich habe oft geschmunzelt, manchmal den Kopf geschüttelt, unter dem Strich hat es mich einfach sehr gut unterhalten. Und es birgt auch einiges zum Nachdenken, über die Mauern in Köpfen, die Frage, wie genau man es mit der Wahrheit nehmen muss, was Wahrheit genau ist.

Ich empfehle das Buch gerne weiter und werde mal schauen, was ich von dem Autor noch so finde, denn der Stil war einfach klasse und hat mich überzeugt.

Veröffentlicht am 11.02.2022

Bewegende Geschichte

Heul doch nicht, du lebst ja noch
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Eine Woche Nachkriegszeit aus der Perspektive von Kindern, dass ist es, was die Autorin mit ihrem neuen Buch liefert. Mich interessierte das Thema sehr und auch die Frage, wie es für Jugendliche aufbereitet ...

Eine Woche Nachkriegszeit aus der Perspektive von Kindern, dass ist es, was die Autorin mit ihrem neuen Buch liefert. Mich interessierte das Thema sehr und auch die Frage, wie es für Jugendliche aufbereitet wird. Gegen das Vergessen ist mir immer wichtig und wird es wohl auch immer sein. Gerade diese Geschichte macht auch eine andere Dimension deutlich. Historische Fakten werden gekonnt mit den Lebensläufen dreier junger Menschen geschildert. Nach dem Krieg war alles direkt gut? Pustekuchen, um es mal klar auf den Punkt zu bringen. Überall Kriegsversehrte, Trümmer, Hunger, Armut – das ist es, was im Juni 1945 Hermann, Traute und Jakob sehen und kennen. Klar, die Gefahren des Krieges sind vorbei, aber das Leben ist nicht direkt besser. Vor allem im zerstörten Hamburg wird das deutlich. Dort treffen sich die Kinder auf der Straße, weil Schulen noch geschlossen sind.
Aus drei Perspektiven erfährt man mehr – und das ist schon alles andere als leicht. Traute geht es verhältnismäßig gut, aber sie mussten Flüchtlinge aufnehmen und die Bäckerei des Vaters läuft auch nicht so gut, wie sie könnte. Schlimmer hat es Jakob erwischt. Er ist halber Jude, ohne Eltern und dann auch ohne jegliche Unterstützung harrt er in einer Ruine aus und weiß nicht einmal, dass der Krieg vorbei ist. Hermanns Vater hat im Krieg die Beine verloren und ist auf Hilfe angewiesen. Sein Vater kann mit dem neuen Leben nicht umgehen, ist unzufrieden und terrorisiert seine Familie vom Sofa aus.
Die Autorin beschränkt sich auf einen kleinen Lebensabschnitt Jugendlicher und erzählt nicht das große Ganze, dennoch denke ich, dass genau das für Jugendliche gut ist. Vieles wird angerissen, aber nicht ausgeführt. Das hat Vor- und Nachteile. Für Kinder, die nicht so genau wissen wollen, weil sie emotional überfordert wären ist das vielleicht der richtige Weg, für die anderen…naja, die hätten wohl mehr Info gewollt. Vielleicht regt das Buch aber zur eigenen Recherche an.
Uneingeschränkt gut ist jedoch, dass die verschiedenen Perspektiven gut nachvollziehbar sind und die Charaktere der Kinder detailliert geschildert. Das macht das Geschehen sehr viel intensiver und man überdenkt schon, wie es einem selbst damit ergangen wäre. Das Leid ist erdrückend und es darf nicht mehr soweit kommen.
Etwas weniger überzeugend fand ich leider in der Nachbetrachtung den Schreibstil. Ist ein bisschen hölzern für mich gewesen, aber die Geschichte ist so beeindruckend, dass es überraschend wenig ins Gewicht fällt.