Platzhalter für Profilbild

sveso

Lesejury Star
offline

sveso ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit sveso über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.05.2023

Melancholische Grundstimmung

Lichte Tage
0

"Lichte Tage" erzählt in erster Linie von Freundschaft, Liebe und Verlust. Ellis und Michael lernen sich in Jugendjahren kennen, entdecken das verbindende Interesse für Kunst und Poesie, was vor allem ...

"Lichte Tage" erzählt in erster Linie von Freundschaft, Liebe und Verlust. Ellis und Michael lernen sich in Jugendjahren kennen, entdecken das verbindende Interesse für Kunst und Poesie, was vor allem von van Gogh und seine fünfzehn Sonnenblumen ausgeht. Aus Oxford heraus entdecken sie gemeinsam Südfrankreich, die Wärme und das Licht sowie ihre Zuneigung zueinander.
Sarah Winman erzählt im Grunde von sämtlichen Ausschnitten aus Ellis' Leben - von der unglücklichen Ehe der Eltern, von dem frühen Tod der Mutter, der Entdeckung und Vereschleierung von Homosexualität und der dadurch geprägten Ehe mit Annie, die Liebe zu Michael und von immer wiederkehrenden Verlusten. Dabei springt sie in der Zeit, greift zu Tagebucheinträgen als Stilmittel und hat mich an einigen Stellen kurzzeitig verloren, weil ich mich in der Erzählung neu verorten und alles zeitlich einordnen muss. Der enge Bezug zur Kunst und zur Poesie passten zur knospenhaften Freundschaft und Liebe zwischen Ellis, Michael und Annie. Gleichzeitig ist die Geschichte durchflutet von Melancholie und einem düsteren Unterton, der in einigen Kapiteln Schwermut weckt.

Ich habe "Lichte Tage" sehr gern gelesen und habe es als besonderes, ungewöhnliches Buch wahrgenommen. Basierend auf dem Klappentext bin ich von einer ausschließlich fröhlichen, warmen Erzählung ausgegangen, dessen Eindruck sich jedoch schnell korrigiert hat - was auch besser zur bearbeiteten Thematik passt.

Veröffentlicht am 16.05.2023

Charmante Geschichte um zwei Hebammen

Storchenherzen
0

Helga und Monika betreiben zusammen eine Hebammenpraxis, deren Google-Bewertungen derzeit jedoch wenig vielversprechend sind. Monika macht dafür Helgas eher ruppiges Auftreten und ihre forsche Art verantwortlich. ...

Helga und Monika betreiben zusammen eine Hebammenpraxis, deren Google-Bewertungen derzeit jedoch wenig vielversprechend sind. Monika macht dafür Helgas eher ruppiges Auftreten und ihre forsche Art verantwortlich. Für die Praxis ist die junge, fröhliche Madita - frisch ausgebildete Hebamme, die von Helga lernen soll - eine vielversprechende Bereicherung. Während Madita sich in ihren neuen Job mit den beiden neuen Kolleginnen und viele Schwangeren stürzt, bleibt Helga skeptisch. Das junge Ding, die ständig redet, rosa gefärbte Haare hat und ständig zu spät ist, soll eine Bereicherung für die Praxis sein?
Auch privat haben beide mit Hürden zu kämpfen: Helgas Ehe mit Hans kriselt und Madita hat Probleme mit ihren Mitbewohnerinnen und hat bei ihrer Ankunft direkt einen Beinahe-Unfall verursacht - mit einem Polizisten, der ihr immer wieder über den Weg läuft.

Das Autor
innen-Duo Fritzi Teichert hat mir mit der Praxis "Storchenherzen" eine schöne und charmante Lesezeit geschenkt. Madita mochte ich mit ihrer quirligen und aufgeweckten Art auf Anhieb und auch Helga, etwas ruhiger, ernster und direkt, war mir sehr sympatisch. Als Team funktionieren die beiden nach einer ersten Eingewöhnungszeit gut und können den Praxisalltag zusammen hervorragend bewältigen. Auch privat nähern sie sich an und tauschen sich über ihre Probleme aus, was mir gut gefiel.
Fritzi Teicherts Schreibstil ist flüssig, humorvoll und die Figuren sind liebevoll und anschaulich ausgearbeitet, sodass mir die Geschichte viel Freude bereitet hat!
Gerade als Urlaubslektüre kann ich mir "Storchenherzen" sehr gut vorstellen!

Veröffentlicht am 14.05.2023

Rückblick auf eine Freundschaft

Roxy
0

Johann von Bülows Roman "Roxy" beginnt mit Marc Bergers Fahrt nach München, denn dort findet die Beerdigung seines besten Freundes aus Jugendjahren statt. Ausgehend von dessen Tod denkt Marc an ihr Kennenlernen, ...

Johann von Bülows Roman "Roxy" beginnt mit Marc Bergers Fahrt nach München, denn dort findet die Beerdigung seines besten Freundes aus Jugendjahren statt. Ausgehend von dessen Tod denkt Marc an ihr Kennenlernen, die gemeinsamen Jahre und ihre Freundschaft nach und nimmt die Leser*innen in die welchselnden Zeiten mit.

Von Bülows Schreibstil habe ich als sehr ruhig, etwas monoton und streckenweise träge wahrgenommen. Während das Kennenlernen der zwei unterschiedlichen Jungen - Marc, aufgewachsen in einer Doppelhaushälfte mit dem großen Traum der Schauspielerei, auf der Suche nach mehr Charisma und Roy, ein frecher Junge, Sohn eines vermögenden Industriellen, dem von Anfang an alle Türen offenstanden. Schnell wird klar, dass die Freundschaft nie auf Augenhöhe stattgefunden hat und dass die Begegnungen mit Carolin nur freilegen, was schon immer da war, aber nicht gesehen wurde bzw. gesehen werden wollte.

Im Fokus stehen sowohl die gemeinsamen Erinnerungen und Erfahrungen, die hauptsächlich bei exzessiver Feierei im Roxy stattfanden, als auch die Veränderung der Beziehung zwischen Marc und Roy.
Streckenweise zog sich der Roman für mich, ich bin mit meinen Gedanken abgeschweift und sehnte mich nach etwas mehr Geschehen, vielleicht auch nach irgendetwas, das mich mehr berühren würde.

Insgesamt würde ich "Roxy" als eher ruhigen Coming-of-Age-Roman bezeichnen, erzählt aus der Perspektive eines Erwachsenen, der Revue passieren lässt.

Veröffentlicht am 14.05.2023

Toxische Männlichkeit romantisiert

Things We Never Got Over (Knockemout 1)
0

Einem Hilferuf ihrer Zwillingsschwester folgend, landet Naomi in der Kleinstadt Knockemout - ausgerechnet an dem Tag, an dem sie von ihrer Hochzeit geflohen ist, ohne den Mann vorm Altar zu ehelichen. ...

Einem Hilferuf ihrer Zwillingsschwester folgend, landet Naomi in der Kleinstadt Knockemout - ausgerechnet an dem Tag, an dem sie von ihrer Hochzeit geflohen ist, ohne den Mann vorm Altar zu ehelichen. Ihre eineiige Zwillingsschwester Tina ist jedoch keine Unbekannte in Knockemout, weshalb Naomis Ankunft dort alles andere als angenehm verläuft. Darüber hinaus wird sie von Tina ausgetrickst und steht wenige Minuten nach ihrer Ankunft ohne Handy, Geld und Auto dar - und muss sich plötzlich um ihre Nichte kümmern, von der sie bis jetzt nichts wusste. Wie passend, dass ihr direkt der gutaussehende Bad Boy Knox über den Weg läuft, der gar nicht anders kann, als Naomi zu helfen, ihr sein Gästehaus anzubieten und sie von dem Tag an in Knockemout zu beschützen...

Der Plot ist an sich nichts Neues und von dem Genre bin ich auch toxische Beziehungen gewöhnt, die romantisiert werden bzw. deren Ernsthaftigkeit nicht thematisiert, sondern - sofern sie Teil der Vergangenheit einereines ProagonistinProtagonisten ist, - in romantisierter Form reproduziert werden. Auch Lucy Score macht hier keine Ausnahme, sondern setzt durch ihre Figuren noch einiges drauf. Knox ist der Inbegriff von toxischer Männlichkeit. Er objektifiziert Frauen im Allgemeinen, und Naomi im Besonderen. Seine - und die sämtlicher anderer Männer im Buch - sind misogyn oder sexistisch. Und Naomi, die normalerweise sehr souverän und selbständig ist, kann natürlich nicht anders, als sich in Knox zu verzehren und dessen Grenzüberschreitungen und Übergriffikeiten in Beschützerinstinkt, Romantik und Verliebtheit umzudeuten.
Wie gesagt: Mir ist bewusst, dass viele Bücher dieses Genres auf ähnlichen Plots und Ausgangsszenarien aufbauen, Männer als Beschützer und Frauen häufig als hilflose, naive Wesen dargestellt werden, die erst durch einen Mann stark und vollständig werden können. Dennoch sind die Ausmaße hier auf einem ganz anderen Level und in meinen Augen auch schädlich - gerade als TikTok-Trend -, wenn diese Beziehungskonstrukte und dieses hierarchische Kommunikationsgefälle als normale bzw. erstrebenswerte, liebevolle Vorstellung von Beziehung vermittelt wird.

Zum Schreibstil: Er ist flüssig, das Buch ließ sich gut lesen und einige Figuren mochte ich sehr gern. Dennoch würde ich das Buch nicht gern weiterempfehlen, einfach weil mir die Darstellung der Beziehungen nicht gefallen hat.

Veröffentlicht am 14.05.2023

Heikler Plot gut umgesetzt

Die Klinik
0

Annas Ehemann Malte landet nach einem schweren Fahrradunfall im Krankenhaus und liegt dort im Koma. Kurz darauf, als er jedoch nicht mehr in akuter Lebensgefahr schwebt, stirbt er plötzlich. Anna ist davon ...

Annas Ehemann Malte landet nach einem schweren Fahrradunfall im Krankenhaus und liegt dort im Koma. Kurz darauf, als er jedoch nicht mehr in akuter Lebensgefahr schwebt, stirbt er plötzlich. Anna ist davon überzeugt, dass es sich dabei um keinen natürlichen Tod handelt, sondern dass Malte umgebracht wurde. Zunächst glaubt ihr niemand, doch die Rechtsmedizin bestätigt diesen Verdacht. Die Frage, ob es sich bei dem Tod um eine vorsätzliche Tat oder eine Fehlmedikation handelt, ruft das Ermittlungsteam Franka Erdmann und Alpay Eloğlu auf den Plan. Nach kurzer Recherche finden sich mehrere Fälle in der Klinik, in denen Patientinnen gestorben sind, mit deren Tod (noch) nicht zu rechnen war.

Nachdem ich "Das Profil" von Hubertus Borck gelesen habe, freute ich mich über eine Fortsetzung des Teams Erdmann und Eloğlu - und wurde nicht enttäuscht. Morde durch Klinikpersonal ist ein heikles Thema, dass immer mal wieder durch akute Fälle in die Köpfe der Gesellschaft geholt wird. Die Motive hinter diesen Taten zu verstehen oder nachvollziehen zu können, gelingt vermutlich nur den Wenigsten. Was Hubertus Borck gelungen ist, war das Schaffen einer Täterin, deren Figurenkonstellation und deren Gedankenwelt und Handeln zusammenpassten und somit eine glaubhafte Täterin schafften - unabhängig davon, ob ihr Handeln von den Leser
innen nachvollziehbar oder verständlich sein kann.
Hubertus Borck erzählt packend und auch wenn wir von Beginn an wissen, bei wem es sich um die Täterin handelt, waren die Ermittlungen und die Offenbarungen über das Klinikgeschehen dennoch spannend und teilweise überraschend.
Auch der zweite Fall des Teams Franka Erdmann und Alpay Eloğlu konnte mich überzeugen und ich hoffe auf eine weitere Fortsetzung der Reihe!