Frauenschicksale während des Zweiten Weltkrieges - Zeitzeuginnen berichten
Die verratene GenerationDie Bücher von Christian Hardinghaus begleiten mich nun schon eine Weile und immer wieder bin ich begeistert von seiner sachlichen und sehr interessanten Darstellung der Zeit rund um den Zweiten Weltkrieg. ...
Die Bücher von Christian Hardinghaus begleiten mich nun schon eine Weile und immer wieder bin ich begeistert von seiner sachlichen und sehr interessanten Darstellung der Zeit rund um den Zweiten Weltkrieg. Der Historiker fesselt mit seinen Berichten und Analysen und bringt die Geschichte jedem Leser näher. Was hätte ich mir gewünscht, damals in der Schule, nur einen Bruchteil dessen so interessant erzählt zu bekommen.
Nachdem der Autor in "Die verdammte Generation" den männlichen Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges ein Buch gewidmet hat, sind es nun in "Die verratene Generation" die Frauen. Es bleibt nicht mehr viel Zeit diese immens wichtigen Zeitzeugen anzuhören, denn seit 75 Jahren ist der letzte Weltkrieg beendet. Doch noch heute leben wir mir den Nachwirkungen und zwar mehr, als wir oftmals denken.
Bevor sich Hardinghaus wieder den Einzelschicksalen seiner Zeitzeuginnen widmet und ihnen eine Stimme gibt, geht der Autor auf die Rolle der Frau während des Zweites Weltkrieges ein. Diese steht im Vergleich zu den männlichen Soldaten sehr im Hintergrund und wird oftmals fälschlich dargestellt und dies von vorwiegend weiblichen Historikerinnen. Es geht um die Frage der Schuld und wie die Gesellschaft von heute diese Zeit sieht. Danach widmet er sich Frauen auf der Flucht. Dabei kam es massenhaft zu Gewalt, Ausgrenzungen und Vergewaltigungen. Die Flucht geschah meistens in Etappen, denn der Russe kam immer schneller näher und war gefürchtet. Die Flüchtlinge waren jedoch innerhalb ihres eigenen Landes nicht willkommen.
Im letzten Teil wird näher auf die Bombardierungen eingegangen. Besonders der Feuersturm in Hamburg und die Zerstörung Dresdens am Ende des Krieges nehmen dabei eine wichtige Rolle ein. Wie die Menschen diese furchtbaren Flächenbombardments, die nach heutigen Maßstäben völkerrechtlich als Kriegsverbrechen gewertet werden erlebt haben, lässt Hardinghaus seine Zeitzeuginnen berichten. Für uns Leser ist es unvorstellbar, wenn man die Zahlen der verschiedenen Bomben liest, die auf die Städte abgeworfen wurden, wie dabei überhaupt jemand überleben konnte.
Gelernt habe ich auch wieder einiges, wie z.Bsp., dass es Hoch- und Tiefbunker gibt. Lores Vater war Architekt und half mit beim Bau vieler Bunker in Hamburg.
..."musste ich meinem Vater versprechen, dass ich immer nur in Hochbunkern Schutz suche. Die hielt mein Vater für sicher."
Außerdem erfahren wir, dass es sogar eigene Bunker für schwangere Frauen gab.
Die Zeitzeuginnen sind aus unterschiedlichen Schichten und Regionen, diesmal aber großteils (Dank Corona) im Norden Deutschlands angesiedelt. Trotzdem sind die Erzählungen sehr individuell. Hardinghaus hat besonders darauf geachtet unterschiedliche Lebensberichte in seinem Buch zu veröffentlichen. Dabei werden die Bombardierungen in Dresden, der Feuersturm in Hamburg, die Vertreibung der Sudetendeutschen oder die Flucht über die Haff theamtisiert. Auch den Trümmerfrauen gibt er ein Sprachrohr.
Die Frauen haben während des Krieges ihre Familie zusammengehalten und oftmals unaussprechliches Leid erfahren. Doch sie gaben nicht auf und wurden zeitlebens nie gehört. Helden waren nur die Männer, die Frauen nicht.
Die ereignisreichen und doch so unterschiedlichen Lebensgeschichten verschmelzen mit dem historischen Kontext zu spannenden und berührenden Erzählungen, die einem viele verschiedene und oftmals neue Einblicke gibt. Manchmal entscheiden nur Sekunden oder wenige Meter über Leben und Tod.
Zahlreiche private Fotos bringen dem Leser, die vom Autor ausgewählten dreizehn Zeitzeuginnen, noch näher. Auch Bilder von den zerstörten Städten lassen einem nur sprachlos zurück. Was bin ich froh, dass ich diese Zeit nicht miterleben musste.
Fazit:
Nach der Sicht männlicher Zeitzeugen in seinem Werk "Die verdammte Generation" hat der Autor nun den Frauen, die diese Zeit miterlebt haben, eine Stimme gegeben. Gewohnt lebendig hat der Historiker die Erzählungen der Zeitzeuginnen festgehalten, um #gegendasvergessen anzukämpfen. Falls eure Großmütter geschwiegen haben, so wie die meisten Männer und Frauen, die die Weltkriege miterlebt haben, dann liest dieses Buch! Auch diesmal kann ich wieder nur eine klare Leseempfehlung abgeben und rate wirklich jeden sich diese beiden Bücher über die letzten Zeitzeugen zu kaufen oder zu wünschen (Weihnachten naht!)