Profilbild von tinstamp

tinstamp

Lesejury Star
offline

tinstamp ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit tinstamp über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.06.2019

Bis zum letzten Tropfen

Dry
0

Neil und Jarrod Shusterman beschreiben ein sehr realistisches und authentisches Szenario. Wenn wir uns die Temperaturen der letzten Sommer so ansehen, kann man nicht die Augen davor verschließen, dass ...

Neil und Jarrod Shusterman beschreiben ein sehr realistisches und authentisches Szenario. Wenn wir uns die Temperaturen der letzten Sommer so ansehen, kann man nicht die Augen davor verschließen, dass sie immer heißer und trockener werden. Wie lange wird es noch dauern bis auch bei uns das Wasser nicht mehr zum Blumen gießen und Auto waschen verwendet werden darf? Doch das ist erst der Anfang.... Wie es ausarten kann, erzählen uns Neil und Jarrod Shusterman in "DRY".

Von einem Tag auf den anderen gibt es plötzlich (ohne Vorwarnung!) kein Wasser mehr in Kalifornien. Die Wasservorräte in den Kaufhäusern sind schneller ausverkauft als man schauen kann und kurze Zeit später ist auch der Strom weg. TAPE OUT! Nichts geht mehr! Die Fluglinien ausgebucht und die Autobahnen verstopft. Anarchie, Plünderungen und Chaos beherrschen plötzlich Südkalifornien.
Die wenigsten Menschen sind auf dieses Szenario vorbereitet, wie auch die 16jährige Alyssa und ihr 10jähriger Bruder Garret. Hier steigen wir in die Geschichte ein, die aus verschiedenen Sichten der fünf Jugendlichen erzählt wird. Während sich die Eltern von Alyssa und Garret auf den Weg zum Strand machen, wo durch Entsalzungsanlagen für die Menschen Trinkwasser zur Verfügung stehen soll, ist der 17jährige Kelton, der Nachbarsjunge, auf diese Situation vorbereitet. Sein Vater ist ein Prepper (= Personen, die sich mittels individueller Maßnahmen auf jegliche Art von Katastrophe vorbereiten) und hat natürlich alle Vorkehrungen für so eine Situation getroffen. Kelton hilft Alyssa und Garret als ihre Eltern nicht mehr vom Strand zurückkommen. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg sie zu suchen und an Wasservorräte zu kommen. Keltons Eltern haben einen Bunker, wo sie alle Vorkehrungen für dieses Szenario getroffen haben. Auf dem Weg zum Strand treffen sie auf Jacqui, eine Einzelgängerin, die von zuhause abgehauen ist und sich schon eine Weile alleine durchschlägt. Später kommt noch Henry dazu.

Das Szenario wird sehr realitätsnah beschrieben. Der Staat ist nicht vorbereitet auf diese Situation, die Politiker sind hilflos. Die Ressourcen werden an gemeinnützige Stellen weitergeleitet, die Normalbürger bleiben außen vor. Medienberichte über die Katastrophe bleiben aus, was zur Folge hat, dass die Hilfswasserlieferungen nicht einmal ein Viertel der Bevölkerung hilft. Die Lage beginnt sich immer mehr zuzuspitzen...
Neil und Jarrod Shustermna erzählen sehr bildhaft und glaubwürdig. Das bemerkt man als Leser schon nach den ersten Seiten, denn ich hatte durchwegs Durst...und wie! Und sie zeigen schonungslos auf, wie schnell Menschen in Extremsituationen austicken bzw. sich sehr unterschiedlich verhalten. Werte und Moral verschieben sich. Die einen schauen nur auf sich selbst, andere teilen bis zum letzten Tropfen. Gruppendynamik oder Einzelkämpfer...was ist von Vorteil? Wie würde man selbst handeln?

Zwischen den verschiedenen Erzählungen der Jugendlichen gibt es sogenannte SnapShots. Hier werden Berichte von Einsatzkräften, Journalisten oder Menschen in Not dargestellt. Diese haben mir sehr gut gefallen, weil man einen kleinen Einblick auf die Szenen außerhalb der fünf Protagonisten bekommt. Neil und Jarrod Shusterman setzen sich mit vielen Themen auseinander, die uns zu denken geben sollen und klären uns über Dehydrierung und verschiedene Arten von Wassergewinnung auf. Auch das Waffengesetz in den USA spielt eine gewichtige Rolle. Gefallen hat mir auch, dass es keine Liebesgeschichte gibt, wie es öfters in Jugendromanen vorkommt.

Was mir allerdings gefehlt hat waren einige Antworten, wie es so plötzlich und ohne Vorwarnung zu diesem totalen Ausfall kommen konnte und warum die Regierung und die Hilfkräfte die Situation völlig falsch einschätzten.
Das Ende war sehr spannend, trotzdem empfand ich es etwas zu schnell abgehandelt und gewollt. Außerdem bieten die Autoren keine wirkliche Lösung an.

Charaktere:
Die Charaktere der Jugendlichen sind sehr unterschiedlich. Alle entwickeln sich im Laufe der Geschichte weiter. Alyssa ist eine sympathische Sechzehnjährige, die gerne alles unter Kontrolle hat. Ihr kleiner Bruder Garret sieht oft Dinge, die andere übersehen. Kelton ist in den Augen der anderen ein Freak, was sich aber bald ändert, da er von Anfang an weiß, wie man sich in dieser Situation verhält. Doch dann kommt auch Kelton an eine Extremsituation und er verliert so einge Sympathiepunkte bei mir. Jacqui ist tough und intelligent, sie liebt den Nervenkitzel. Henry manipuliert hingegen sein Umfeld und die Menschen gern. Er versucht aus der Wasserknappheit Profit zu schlagen. Henry bleibt bis zum Ende hin rätselhaft...

Schreibstil:
Der Schreibstil ist detailliert, packend und eher jugendlich gehalten. Man erkennt nicht, dass zwei Autoren an der Geschichte beteiligt sind. Das Tempo ist angenehm, hat im Mittelteil allerdings etwas nachgelassen. Erzählt wird aus der Sicht der fünf Proatgonisten und der Roman ist in sechs Teile aufgeteilt.

Fazit:
Ein beängstigendes Szenario, das leider schneller eintreten kann, als wir denken. Der Klimawandel ist bereits hier, auch wenn einige Politiker dies noch immer bestreiten. Das Duo Shusterman versucht in jugendbuchgerechter Form aufzuzeigen, dass Wasser nicht selbstverständlich ist, sondern ein lebensnotwendiges Gut ist. Sie setzten sich mit den Konsequenzen des Wassermangels deatiliert auseinander und verpacken es in eine packende Story, die am Ende jedoch ein paar Fragen offen lässt.

Veröffentlicht am 11.06.2019

Erst am Ende hatte ich das Gefühl anzukommen

Das Geständnis der Frannie Langton
0

Als ich die Anfrage vom Droemer Knaur Verlag bekam, ob ich diesen Roman lesen und rezensieren möchte, sagte ich sofort zu. Der Klappentext sprach mich sehr an und ich erwartete mir eine ähnliche Geschichte ...

Als ich die Anfrage vom Droemer Knaur Verlag bekam, ob ich diesen Roman lesen und rezensieren möchte, sagte ich sofort zu. Der Klappentext sprach mich sehr an und ich erwartete mir eine ähnliche Geschichte wie Hannah Kents "Das Seelenhaus", das eine ähnliche Thematik hat: Eine wegen Mordes angeklagte junge Frau. Mir hat damals die wahre Geschichte der Isländerin Agnes Magnúsdóttir, die nur zwei Jahre später, nämlich 1828 spielt, sehr gut gefallen, auch wenn der Roman nicht bei allen Lesern so positiv angekommen ist. Dies haben wohl beide Geschichten gemeinsam...genauso wie das historische Flair, die dazu passende Sprache und den Rückblick einer wegen Mordes verurteilten Frau.

Der Schreibstil ist teilweise sehr poetisch, aber auch irgendwie kühl und anstrengend zu lesen. Ich tat mir uneheimlich schwer in die Geschichte zu finden und las dazwischen andere Romane. Ich musste mich teilweise zwingen weiterzulesen, da es ein Rezensionsexemplar war. Meine Schwierigkeiten mit dem Roman blieben leider bis zum letzten Drittel bestehen. Erst danach bekam ich mehr Zugang zu Frannie und ihrer Geschichte, die oftmals unglaublich, aber auch erschütternd zu lesen ist.

Die junge Frau ist angeklagt ihre Herrschaft George und Marguerite Benham ermordet zu haben. Das Problem ist, dass sie sich nicht an die Mordnacht erinnern kann und nicht glauben kann, dass sie Mrs. Benham, die sie von Herzen liebte und verehrte, erstochen haben soll. Deswegen spricht sie auch nicht darüber und glaubt an Gerechtigkeit. Doch als Frau und zusätzlich als Schwarze ist sie bereits vor dem Gerichtsspruch verurteilt, denn die Welt gehört den weißen Männern.

Während sie auf ihren Prozess wartet schreibt sie ihre Lebensgeschichte nieder. Sie erzählt in Rückblenden aus ihrem Leben in Tagebuchform. Aufgewachsen auf der Planatage Paradise auf Jamaika ist sie als Mulattin unter den schwarzen Sklaven eine Außenseiterin. Sie gehört dem Plantagenbesitzer John Langton, der an ihr ein Exemple statuiert und sie lesen und schreiben lehrt. Langton widmet sich der Forschung bzw. experimentiert mit Schwarzen. Er vermisst ihre Gehirne und erforscht gemeinsam mit dem wissenschaftlichen Schriftsteller George Benham, ob sie Schmerzen fühlen können oder nur wie wilde Tiere sind. Ihr Ziel ist es ein Buch darüber zu schreiben und Frannie soll ihnen dabei helfen. Sie erlebt dabei Unglaubliches, das ihr weiteres Leben bestimmen wird.
Das Mädchen flüchtet sich in die Welt der Bücher bis sie Langton mit nach England nimmt und Benham schenkt. Dort wird sie als Hausmädchen eingestellt, wird aber von den anderen Dienstmädchen wegen ihres Wissensdurstes und ihrem arroganten Auftreten nicht wirklich gemocht. In der Hausherrin findet sie eine verwandte Seele, denn auch Marguerite Benham ist ein Frau, die sich nicht in ihrer Rolle als unwissendes Anhängsel zufrieden geben möchte. Beide Frauen lieben die Literatur und streben nach Höherem, was zu dieser Zeit absolut undenkbar ist. Marguerite Benham flüchtet sich mit Laudanum in die Selbstzerstörung und Frannie folgt ihr nach....bis zu diesem verhängnisvollen Abend....

Der Wunsch anerkannt und selbstbestimmend zu sein klingt besonders aus diesen Zeilen heraus:

"Es war eine Möglichkeit zu erkennen, dass es ein anderes Leben gab, ein Leben voller Abenteuer. Manchmal habe ich mir vorgestellt, ich wäre selbst die Lady in einem Roman oder einer Liebesgeschichte. Das mag töricht klingen, aber dadurch hatte ich das Gefühl, einer Welt anzugehören, die für mich ansonsten unerreichbar war" - Seite 158

Der Prozessrahmen im letzten Abschnitt wirkt dann etwas zusammengedrängt, ist aber spannend geschrieben und man hat endlich das Gefühl nicht mehr auf der Stelle zu treten. Für mich leider zu spät!

Fazit:
Ein Buch mit starken Charakteren und einem sehr interessanten Thema. Leider war es mir zu ausschweifend und zu ruhig. Ich fand nur sehr schwer in die Geschichte und hatte erst im lezten Abschnitt das Gefühl nun endlich angekommen zu sein.

Veröffentlicht am 09.06.2019

Empfehle ich gerne weiter

Sterne sieht man nur im Dunkeln
0

Den neuen Roman von Meike Werkmeister sah man vor wenigen Wochen auf vielen Plattformen. Bei der Auslosung bei Lovelybooks hatte ich leider kein Glück, deswegen freute ich mich umso mehr, als ich das Buch ...

Den neuen Roman von Meike Werkmeister sah man vor wenigen Wochen auf vielen Plattformen. Bei der Auslosung bei Lovelybooks hatte ich leider kein Glück, deswegen freute ich mich umso mehr, als ich das Buch in unserer Bücherei entdeckte.

Unsere Hauptsprotagonistin Anni arbeitet seit ihrem Studienende als Game Designerin. Sieliebt ihren Beruf, doch in letzter Zeit ist sie sich etwas unsicher, vorallem gegenüber der jüngsten Kollegin, die so ganz andere Ideen hat, als sie selbst. In ihrer Freizeit entwirft sie Postkartenmotive mit süßen Sprüchen, die sie online verkauft. Doch dann beginnt ihr Leben etwas aus den Fugen zu geraten, als sie das neue Büro in Berlin leiten soll und ihr Langzeitfreund Thies aus Heiraten und an Familiengründung denkt, obwohl doch beide nie heiraten wollten. Da trifft die Karte ihrer ehemaligen besten Freundin Maria, die in Norderney ein Café leitet, ein. Annie freundet sich immer mehr mit den Gedanken an eine kurze Auszeit zu nehmen und sie im Café zu unterstützen und nimmt spontan Urlaub. Auf Norderney möchte sie sich Gedanken über ihre Zukunft machen und welche Richtung sie nun mit Mitte 30 einschlagen möchte...

Der Klappentext hört sich nicht unbedingt nach etwas Neuem an und ich habe schon viele ähnliche Geschichten gelesen, die mich mehr oder weniger begeistern konnten. Die guten Bewertungen haben mich allerdings immer neugieriger auf Meike Werkmeisters Roman gemacht und ich muss sagen, dass er ohne Klischees auskommt und sehr unüblich - nicht wirklich vorhersehbar ist.

Das sind natürlich alles Pluspunkte, die für die Autorin und die Geschichte sprechen, denn unter den typischen Romanen, die über Lebens- und Sinnkrisen kreisen, muss man wirklich versuchen die Besten rauszupicken...

Ich bin auch sehr schnell in die Geschichte gekommen und habe mir mit Annie so meine Gedanken über ihr Leben gemacht. Woher kommt das Gefühl, dass es in die falsche Richtung geht?
In Norderney hat sie ebenfalls noch eine "persönliche Baustelle" zu richten, denn mit ihrer Freundin Maria ist sie im Streit auseinander gegangen. Und es gab auch einen guten Grund, warum die Freundschaft eine lange Pause benötigte - Annies Jugendfreund Jan. Nun versuchen die Beiden sich wieder anzunähern, doch bald wartet die nächste Enthüllung auf Annie...

Die Charaktere sind bis hin zu den Nebenfiguren sehr liebevoll gezeichnet. Annie ist eine sympathische junge Frau und ich konnte ihre Zweifel jederzeit nachvollziehen. Ganz langsam lernt sie wieder Vertrauen zu fassen und sich der Vergangenheit zu stellen.
Thies ist ein sympathischer Kerl, der mit Anni's "Flucht" ziemlich aus der Bahn geworfen wird. Er drängt sie nicht und lässt ihr den Freiraum zu sich selbst zu finden, was ich toll fand.

Die Landschaft auf der ostfriesischen Nordeseeinsel wird sehr bildhaft dargestellt. Ich wäre am liebsten selbst mit Annie entlang des feines Sandstrandes gewandert, während im Hintergrund die Wellen rauschen...
Gespannt wartet man wie sich Annie am Ende entscheidet und bekommt noch so die eine oder andere Überraschunge geliefert.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist flüssig und die Geschichte lässt sich außerordentlich gut lesen. Sie ist nicht klischeebehaftet und sorgt für überraschende Wendungen. Am Ende findet man die Postkarten mit Sprüchen und Zeichnungen, die Annie kreiert hat...eine tolle Überraschung.

Fazit:
Eine warmherzige Geschichte über Veränderungen im Leben, um Vergeben, Freundschaften und was im Leben wichtig ist. Ein Wohlfühlroman, den ich gerne weiterempfehle!

Veröffentlicht am 06.06.2019

Schwächerer zweiter Teil

Die Fotografin - Die Zeit der Entscheidung
0

"Die Fotografin - Zeit der Entscheidung" knüpft nahtlos an das Ende des ersten Bandes an.
Noch immer befindet sich Mimi im Leinweberdorf Laichingen auf der Schwäbischen Alb, wo sie ihren schwerkranken ...

"Die Fotografin - Zeit der Entscheidung" knüpft nahtlos an das Ende des ersten Bandes an.
Noch immer befindet sich Mimi im Leinweberdorf Laichingen auf der Schwäbischen Alb, wo sie ihren schwerkranken Onkel Josef pflegt. Ihr Fotoatelier beginnt langsam anerkannt zu werden und auch die Einwohner des Dorfes legen teilweise ihre Misstrauen ab. Trotzdem bleibt bei fast allen eine Hemmschwelle gegenüber der toughen Frau bestehen, die die Laichinger aus dem gewohnten Trott herausholen möchte. Ihr Ziel, sich gegen dem alleinigen großen Arbeitgeber und Fabrikanten Hermann Gehringer aufzulehnen, der die Menschen ausbeutet, steht noch immer auf sehr wackeligen Füßen. Mit ihrer Überzeugung den jungen Menschen beizubringen, dass sie auch andere Möglichkeiten haben, als nur die traditionelle Weberei, stößt Mimi aber auch auf so einigen Widerstand. Hilfe scheint sie einzig und allein von Johann zu bekommen, den sie als Hannes in Ulm kennengelernt hat und dem seitdem ihr Herz gehört. Doch der junge Mann, der nie wieder in seinen Heimatort zurückkehren wollte, hat nicht nur das Wohl der Menschen im Auge....

Die meisten Figuren kennen wir bereits aus dem ersten Band der Trilogie. Die jungen Menschen, wie Anton, Alexander und Fritz wollen nicht der Tradition folgen und wie ihre Väter ein Gasthaus führen oder in der Weberei arbeiten. Mimi unterstützt Alexanders zeichnerischen Talent und Fritz Fähigkeiten mit Holz zu arbeiten. Anton hingegen sieht Mimi als Sprungbrett für seinen Weg in die Stadt.
Die Charaktere sind liebevoll und detailliert beschrieben. Man hat das Gefühl jeden von ihnen zu kennen, was ja auch teilweise stimmt, da wir fast alle Figuren bereits im ersten Band kennengelernt haben. Wie in allen ihren Romanen überzeugt Petra Durst-Benning mit lebendigen und ausdrucksstarken Charakteren.

Auch die Ausbeutung vieler Familien durch den Fabriksbesitzer Gehringer, der seine Machtspielchen als einziger großer Arbeitgeber in dieser ärmlichen Gegend zur Gänze ausspielt, wird sehr gut veranschaulicht. Vorallem die Frauen haben neben dem Haushalt, den Kindern und der schweren Arbeit auf den Feldern am Abend noch Stickereiarbeiten zu erledigen, um überhaupt über die Runden zu kommen. Die bittere Not ist allgegenwäritg, während Gehringer immer mehr von den Menschen fordert. Der Unterschied zwischen der Land- und der Stadtbevölkerung, aber vorallem das Leben auf der Schwäbischen Alb, wo die Zeit stehen geblieben zu sein scheint, ist enorm.
Sehr gut gefallen haben mir auch die Einblicke in die damalige Fotografie und die Kunst der Retusche. Wie viel Zeitaufwand man damals für ein Foto aufbringen musste und wie sich die Zeiten in nicht ganz hundert Jahren geändert haben, ist faszinierend.

Im Vergleich zum ersten Band waren für mich einige Wendungen vorauszuahnen und der Spannungsbogen lässt im MItelteil etwas nach. Trotzdem konnte mich der wunderbare Schreibsil und vorallem die großartige Charakterisierung der Figuren wieder überzeugen.

Fazit:
Mit "Die Fotografin - Zeit der Entscheidung" kommt die Autorin nicht ganz an den ersten Teil heran, hält aber am Ende noch eine Überraschung bereit, die viel Spielraum für den Abschluss der Trilogie beinhaltet. Ich bin schon sehr gespannt!

Veröffentlicht am 05.06.2019

Der ruhigste Sarah Pauli Krimi

Mord im Hotel Sacher
0

"Mord im Hotel Sacher" ist bereits der neunte Fall der sympathischen Sarah Pauli, die als Journalistin beim Wiener Boten arbeitet. Ihre Kolumnen über Bräuche und Aberglauben sind bei den Lesern sehr beliebt ...

"Mord im Hotel Sacher" ist bereits der neunte Fall der sympathischen Sarah Pauli, die als Journalistin beim Wiener Boten arbeitet. Ihre Kolumnen über Bräuche und Aberglauben sind bei den Lesern sehr beliebt und ihre Spürnase bringt sie immer wieder in unglaubliche Situationen.
Diesmal feiert Sarah mit ihrer Familie das Frühlingsfest im Hotel Sacher, als ihr eine Frau auffällt, die sich komisch benimmt. Kurze Zeit später findet man genau diese Person erschlagen auf der Damentoilette. Sofort ist Sarah Neugierde geweckt und sie beginnt nachzuforschen. Die Tote ist eine Konditorin, die unweit vom Hotel in einer Patisserie gearbeitet hat. Sie hat kunstvolle Torten kreiert, die sich in Wien großer Beliebtheit erfreuen. Mit ihrem Chef und Freund Max Brücker führte sie eine On/Off Beziehung, die ihn sehr schnell ins Visier der Polizei rücken. Doch Sarah ist nicht überzeugt von dieser angeblichen Beziehungsstat....

Was passt besser zum Hotel Sacher als ein Krimi rund um eine Konditorin und Tortenkreationen?
Wer kennt sie nicht die berühmte Sacher Torte, die eigentlich von Eduard Sacher in der k.u.k. Hofzucker Bäckerei Demel kreiert worden ist und dies zu einem Rechtsstreit zwischen dem Hause Sacher und dem Hause Demel führte?
Besagte ermordete Konditorin hat mit ihren Tortenkreationen aber auch verborgene Botschaften versteckt. Mit der Sprache der (Zucker- oder Marzipan-) Blumen hat sie ihren fantasievollen Torten noch den speziellen Touch gegeben. Deswegen zweifelt Sarah immer mehr an der angeblichen Beziehungstat. Gekonnt lässt Beate Maxian die Sprache der Blumen miteinfließen. Ein angeblich neuer Freund gibt ebenfalls Rätsel auf. Anja, die beste Freundin der ermordeten Iris und kontrollsüchtige Lehrerin, kann nicht verstehen, dass diese Geheimnisse vor ihr hatte. Während Sarah sich im Freundeskreis von Iris umsieht, bringt der Tod von Iris Anja völlig aus der Fassung.

Die Kombination aus Journalismus und Ermittlung beherrscht Sarah Pauli vollkommen. Mittlerweile ist Kommissar Stein fast ein Freund für Sarah geworden, der ihre Nachforschungen akzeptiert. Beruflich steht Sarah vor einer Beförderung und privat wird sie bald umziehen. Trotz all diesen Veränderungen bleibt der Krimi eher ruhig und fast zu harmonisch. Die Spannungskurve ist diesmal eher im Mittelfeld zu finden.

Man kann diesen neunten Teil auch alleinstehend lesen, aber die Reihe einzuhalten wäre sinnvoller, da sich die Charaktere weiterentwickeln.

Schreibstil:
Beate Maxian schreibt mit viel Lokalkolorit und vermittelt dem Lesergekonnt den Flair und Charme der Stadt Wien. Die Geschichte ist kurzweilig und lässt sich flüssig lesen. Mit ihrer sympathischen Journalistin Sarah Pauli hat die Autorin eine richtige Kultfigur erschaffen. Die Charaktere sind authentisch und haben Ecken und Kanten.

Fazit:
Ein sehr ruhiger Krimi, der etwas mehr an Spannung vertragen hätte! Die detaillierte Beschreibung Wiens und der Torten macht Lust auf mehr und die einzigartige Ermittlerin trägt die Geschichte. Einer der schwächeren Krimis der Reihe. Trotzdem werde ich auch Sarah Paulis zehnten Fall wieder lesen.