Cover-Bild Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche
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9,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Tropen
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Gesellschaftliche Gruppen
  • Genre: Sachbücher / Politik, Gesellschaft & Wirtschaft
  • Ersterscheinung: 02.03.2019
  • ISBN: 9783608115345
Reni Eddo-Lodge

Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche

Viel zu lange wurde Rassismus als reines Problem rechter Extremisten definiert. Doch die subtileren, nicht weniger gefährlichen Vorurteile finden sich dort, wo man am wenigsten mit ihnen rechnen würde – im Herzen der achtbaren Gesellschaft.

Was bedeutet es, in einer Welt, in der Weißsein als die selbstverständliche Norm gilt, nicht weiß zu sein? Reni Eddo-Lodge spürt den historischen Wurzeln der Vorurteile nach, und zeigt unmissverständlich, dass die Ungleichbehandlung Weißer und Nicht-Weißer unseren Systemen seit Generationen eingeschrieben ist.

Ob in Politik oder Popkultur – nicht nur in der europaweiten Angst vor Immigration, sondern auch in aufwogenden Protestwellen gegen eine schwarze Hermine oder einen dunkelhäutigen Stormtrooper wird klar: Diskriminierende Tendenzen werden nicht nur von offenen Rassisten, sondern auch von vermeintlich toleranten Menschen praktiziert. Um die Ungerechtigkeiten des strukturellen Rassismus herauszustellen und zu bekämpfen, müssen darum People of Color und Weiße gleichermaßen aktiv werden – "Es gibt keine Gerechtigkeit, es gibt nur uns."

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Veröffentlicht am 24.05.2020

So wichtig!

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Rezensionsexemplar

Inhalt

Reni Eddo-Lodge beschäftigt sich in ihrem Buch mit der Frage, was es bedeutet, in einer Welt, in der Weißsein als die selbstverständliche Norm gilt, nicht weiß zu sein. Sie ...

Rezensionsexemplar

Inhalt

Reni Eddo-Lodge beschäftigt sich in ihrem Buch mit der Frage, was es bedeutet, in einer Welt, in der Weißsein als die selbstverständliche Norm gilt, nicht weiß zu sein. Sie spürt den historischen Wurzeln der Vorurteile nach und zeigt deutlich auf, dass die Ungleichbehandlung Weißer und Nicht-Weißer unseren Systemen seit Generationen eingeschrieben ist. Egal ob es um Politik oder Popkultur geht: diskriminierende Tendenzen werden nicht nur von offenen Rassisten, sondern auch von vermeintlich toleranten Menschen praktiziert. Um den strukturellen Rassismus zu erkennen und zu bekämpfen müssen darum People of Color und Weiße gleichermaßen aktiv werden. Dies versucht die Autorin auf eindrückliche Weise in ihrem Buch herauszustellen.


Als ich das Buch bei Anna von inkofbooks gesehen habe, war mein Interesse geweckt. Zufällig habe ich das E-Book dann bei Netgalley gesehen und es angefragt. Kurze Zeit später war das Sachbuch auf meinem Kindle und ich habe begonnen es zu lesen. Das Buch hat mich sehr aufgewühlt, mich zum Nachdenken gebracht und irgendwie auch mein Herz gebrochen. Ich möchte vorab anmerken, dass ich trotz der Lektüre des Buches noch sehr viel zu lernen habe. Wenn ich irgendetwas falsch/missverständlich ausdrücke dann tut mir das unendlich Leid. Ich versuche sehr an mir selbst zu arbeiten, um meinen eigenen Rassismus abzubauen aber ich stehe erst am Anfang und es gibt unwahrscheinlich viel zu tun. Also bitte korrigiert mich, helft mir, besser zu werden und meinen Blick zu öffnen.

Der Titel des Buches begründet sich auf einem Text, den die Autorin veröffentlich hat und der auch in diesem Buch abgedruckt ist. Sie hatte es letztlich satt ständigen Diskussionen ausgesetzt zu sein und doch hat gerade dieser Text, ihre Begründung, weshalb sie nicht mehr mit Weißen über das Thema Hautfarbe sprechen möchte, sie dazu gebracht noch viel mehr über Hautfarbe zu sprechen. Ihre Intention war es nie, aufzuhören über Hautfarbe zu reden, doch sie war es Leid immer dieselben ziellosen Diskussionen zu führen.

„Ich werde nie aufhören, über Hautfarbe zu sprechen. Jede Stimme, die sich gegen Rassismus erhebt, kratzt an seiner Macht. Wir können es uns nicht leisten zu schweigen. Dieses Buch ist ein Versuch zu sprechen.“
(Vorwort, Pos. 156/5531)

Im ersten Kapitel geht die Autorin auf die britische Geschichte ein. Sie beleuchtet, wie Sklaverei und Rassismus seinen Einzug hielt und wie sich dieser strukturelle Rassismus bis heute auswirkt. Sie beleuchtet jedes Detail, zeigt auf wie ignorant mit People of Color (PoC) umgegangen wird. Wie sehr alles miteinander verwoben ist und wie fest sich der Rassismus in der Bevölkerung festgesetzt hat. Man kann die Beispiele aus Großbritannien vielleicht nicht wie eine Schablone auf Deutschland auflegen, doch im Prinzip ist in unserem Lan genau dasselbe passiert. Wenn wir Weiße nicht an uns arbeiten die Macht, die uns als Weißen zuteil wird, dafür einzusetzen Vorurteile, Diskriminierungen, Ungleichbehandlungen von PoC abzubauen, dann wird der strukturelle Rassismus niemals aufhören. Wir müssen lernen zu erkennen, dass wir allein durch unsere Hautfarbe privilegiert sind und diese Ungerechtigkeit endlich abgeschafft werden muss. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass alle gleich behandelt werden. Wir müssen Diskriminierungen und Ungleichbehandlungen ansprechen und Lösungen finden. Uns annähern und nicht weiter entfernen. Die Macht, die uns letztlich allein wegen unserer Hautfarbe gegeben wird, muss für Gleichberechtigung eingesetzt werden. Nicht für Ausgrenzung.

Die Autorin zeigt auf, dass Rassismus nicht einfach aufgetaucht ist, sie macht klar, dass er nichts gesondertes ist, das für sich alleine steht. Mit deutlichen Worten spricht sie aus, dass der Rassismus längst Teil des Systems ist. Überall steckt er in unseren Systemen. Es ist praktisch unmöglich sich ihm zu entziehen, da er in uns steckt und selbstverständlich geworden ist. Der Rassismus ist in unserer Gesellschaft verankert und dies gilt es zu ändern.

„Doch ein Blick in unsere Geschichte zeigt, dass Rassismus nicht aus dem Nichts entsteht, sondern dass er vielmehr in der britischen Gesellschaft verankert ist. Er steckt im Kern unserer staatlichen Strukturen. Er ist nichts Externes. Er ist Teil des Systems.“
(Kapitel 1 – Geschichte(n), Pos. 1295/5531)

Ein sehr wichtiges und aufschlussreiches Kapitel für mich als weiße Frau war Kapitel 3: „Was ist White Privilege?“. Hier wurde mir in aller Deutlichkeit offenbart wie blind ich in so vielen Dingen war und wie sehr mein Weiß-Sein mich schützt, mir Vorteile verschafft und mein Leben in allen Bereichen erleichtert. Und das ganz ohne dass es mir klar war. Ich habe mir nie groß Gedanken über mein Weiß-Sein gemacht, schließlich gehört das zu mir und meinem Umfeld dazu. Meine Heimat ist praktisch Ur-Schwäbisch, ein alteingesessenes Dorf mit genau diesen Ansichten. Weltoffenheit? Sehr schwierig. Es wird nicht reflektiert, es wird einfach genommen, was man bekommt, ohne nachzudenken. So bin ich aufgewachsen. Jetzt verändert sich mein Blick. Ich möchte meine Augen nicht mehr verschließen. Ich will besser werden. Etwas verändern. Auch wenn es bisher kleine Schritte sind, so sind sie in die richtige Richtung. Reni Eddo-Lodge hilft mir dabei zu erkennen was falsch läuft und gibt mir Denkanstöße mich zu verändern. Ihre Art zu schreiben hat mich sehr beeindruckt, denn sie drückt ihre Gedanken und Gefühle präzise aus. Ich hatte eher das Gefühl ich würde einem Vortrag von ihr lauschen, anstatt ein Buch von ihr selbst zu lesen. Und gerade dieses Kapitel über all meine Privilegien, die eben nicht der gesamten Bevölkerung zukommt, hat mich endgültig wachgerüttelt.

„White Privilege ist die Tatsache, dass deine Hautfarbe, wenn du weiß bist, den Verlauf deines Lebens mit großer Sicherheit positiv beeinflussen wird. Und du wirst es wahrscheinlich nicht einmal bemerken.“
(Kapitel 3 – Was ist White Privilege?, Pos. 1827/5531)

Ein weiteres Kapitel, das ich (vor allem im Bezug auf die #WirLesenFrauen Challenge) interessant fand war „Die Feminismusfrage“. Es hat mir auch in diesem Bereich die Augen geöffnet und gezeigt, dass es auch in diesem Bereich noch so viel mehr zu lernen und zu tun gibt. Und Frauen, die sich für Feminismus einsetzen müssen sich gleichzeitig auf gegen Rassismus wenden. Es darf sich auf keinen Fall ausschließen. Es darf nicht heißen „Wir können nicht auch noch auf den Rassismus-Zug aufspringen“, denn sonst bringt der gesamte Kampf für Frauen nichts. Es muss für ALLE Frauen gelten und darf niemanden ausschließen.
Reni Eddo-Lodge bringt es auch in diesem Kapitel auf den Punkt: wir Weiße Frauen dürfen nicht ignorant unsere Bedürfnisse und den Kampf gegen Ungleichbehandlung von Weißen Frauen voran stellen. Es muss um alle Frauen gehen. Um jede Einzelne. Und deshalb müssen wir Hand in Hand mit PoC gehen. Wir müssen auch dafür kämpfen, dass Menschen die Frauen und PoC sind gleich behandelt werden.

Ich könnte jetzt noch so vieles aufzählen, das mich zum Nachdenken gebracht hat. Doch einiges vermag ich einfach nicht in Worte zu fassen. Ich denke für eine Weiße Frau bzw. für Weiße Menschen ist es nicht leicht dieses Buch zu lesen. Man erkennt sehr schnell wie tief man in den Rassismus verstrickt ist, obwohl man vielleicht längst etwas dagegen tun will. Man erkennt, was alles falsch läuft und wo noch so unglaublich viel getan werden muss. So viel Arbeit steht noch an und es ist unwahrscheinlich erschreckend, dass es scheint, als wolle die Gesellschaft diesen Kampf gar nicht. Wir leben in 2019 und der Kampf ist noch lange nicht ausgetragen. Aber ich möchte jetzt endlich etwas tun. Ich möchte an mir arbeiten, mein Denken und Handeln anpassen und verändern.

Fazit

Das Buch hat mich beeindruckt. Es hat mich wach gerüttelt und so viele Denkanstöße gegeben. Es war wirklich hart das Buch zu lesen, denn es hat mir meine eigenen Unzulänglichkeiten aufgezeigt. Es hat mir gezeigt, dass ich noch so viel zu lernen und zu tun habe, um meinem eigenen Rassismus die Stirn zu bieten. Ich nehme so Vieles als selbstverständlich an, ohne darüber nachzudenken, dass es PoC nicht so leicht haben. Ich möchte endlich etwas verändern und dieses Buch hilft dabei! Wenn du auch etwas ändern möchtest, dann empfehle ich dieses Buch in jedem Fall.

„Ich betrachte mich als Teil einer Bewegung, und ich glaube, wenn dich tief berührt, was du in diesem Buch liest, dann bist auch du Teil dieser Bewegung. Es geschieht genau jetzt.“
(Nachspiel, Pos. 4251/5531)

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Veröffentlicht am 25.03.2020

Unbequem. Erhellend. Mir "fehlen" Erfahrungen des Rassismus

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O: Why I’m No Longer Talking To White People About Race
Ich bin eine weiße Frau. Ich habe noch nie Diskriminierung aufgrund meiner Hautfarbe erfahren, auch nicht von Personen mit einer anderen Hautfarbe. ...

O: Why I’m No Longer Talking To White People About Race
Ich bin eine weiße Frau. Ich habe noch nie Diskriminierung aufgrund meiner Hautfarbe erfahren, auch nicht von Personen mit einer anderen Hautfarbe. Vor der Lektüre dieses Buches habe ich darüber nie nachgedacht, es war für mich „normal“. Mit anderen Worten: ich hatte mein Weiß-Sein zur Norm erklärt. Reni Eddo-Lodge erläutert diese Haltung als Bestandteil von „White Privilege, als definiert durch die Abwesenheit der negativen Folgen von Rassismus. Ich hatte vorher zwar natürlich die Einstellung, dass Rassismus schlimm und verachtenswert sei – aber irgendwie nicht mein Problem, außer, wenn ich direkt Zeuge offensichtlicher Handlungen oder Aussagen bin. Dieses Buch hat mich sehr zum Nachdenken herausgefordert.

In sieben Kapiteln, dazu Vor- und Nachwort, erklärt die Autorin die wichtigsten Grundlagen, beginnend mit einem Kapitel über Geschichte. Es ist die britische Geschichte, hier hätte ich mir Ergänzungen zu Deutschland gewünscht – hier gab es keinen Commonwealth, keine derart weitreichende Beteiligung an der Sklaverei (ich suche seither manisch nach einer TV-Dokumentation darüber, wie sehr Großbritannien an der Sklaverei verdiente, die ich vor 1-2 Jahren sah; Tipps willkommen). Die Mechanismen sind dennoch übertragbar, zum Beispiel die genannten Untersuchungen über Bewerbungen, bei denen bei gleicher Qualifikation ein britisch, „weiß klingender“, Name den Job verspricht, jedoch ein „schwarzer Name“ eine Absage; ähnliche Studien gab es hier in Bezug auf türkische Namen. Da reden dann allerdings wir nicht über die Hautfarbe.

Einleuchtend, erhellend, entlarvend fand ich die Kapitel über „White Privilege“, über den strukturellen Rassismus, der dafür sorgt, dass von Beginn an für Weiße leichter ist, Erfolg zu haben, gute Jobs zu bekommen, auf die richtigen Schulen und Universitäten zu gelangen. Wieder, wie bei meiner Einschränkung für Deutschland zu türkischen Namen, fallen mir hier entsprechende Studien ein, in denen auch die Kinder von Arbeitern signifikant benachteiligt wurden. Ungefähr zwischen dieser Stelle (das Thema mit der Hautfarbe und der sozialen Klasse wird später von der Autorin selbst noch aufgegriffen) und dem Feminismusthema konnte ich der Autorin nicht mehr bei allen Argumentationen folgen.

Die Autorin definiert sich sowohl über ihre Haltung und ihren Kampf gegen Rassismus als auch als Feministin. Wenn nun Männer Vorteile haben gegenüber Frauen und Weiße gegenüber allen anderen, ergibt sich, dass schwarze Frauen in der schlechtesten Position sind. Werden dann noch weitere Faktoren hinzugefügt wie alleinerziehend, schlecht ausgebildet usw., verstärkt sich das Bild und, ja, einige der Faktoren bedingen einander (im Sinne von „wer alleinerziehend ist und Schwarz, bekomt eher eine schleche Ausbildung, wer eine schlechte Ausbildung hat, wird eher mehr diskriminiert usw). Ich habe zu Beginn bekannt, nie aufgrund meiner Hautfarbe Diskriminierung erfahren zu haben – bei Sexismus sieht es leider ganz anders aus, von blöden Sprüchen, Anzüglichkeiten, bis zu einer Welle von Entlassungen, die ausschließlich Frauen im „gebärfähigen“ Alter bei einem früheren Arbeitgeber betraf. Letztens habe ich hierzu den Kommentar gelesen, daran werde sich erst wirklich etwas ändern, wenn Männer dafür zu kämpfen beginnen. Ja, hier finden die Aussagen von Eddo-Lodge Eingang in meine Wirklichkeit; es funktioniert nicht, von denen, die von welcher Art der Benachteiligung auch immer betroffenen sind, zu verlangen, daran allein und durch ihre Leistung etwas zu ändern.

An dieser Stelle treffen die Ausführungen auf Analogien im Leben von Frauen, aber auch bespielsweise von Migranten, Behinderten, Alten,… - die Autorin hat es hier geschafft, mich zumindest kurz und teilweise in die Haut anderer zu versetzen, verbaut dann aber gleichzeitig diese Tür, indem sie einen Dreiklang erzeugt aus Frau-farbig-Arbeiterklasse, der die vorrangige Aufmerksamkeit verdiene. Das sie natürlich aus ihrer Sicht schreibt, ist gut und richtig und wichtig, auch ihr Zorn darüber, sich nicht dauernd erklären zu müssen, ist nachvollziehbar, für mich jedoch nicht diese Feminismusdebatte im Thema. Ja, ich kann nur die Benachteiligungen als Frau persönlich nachvollziehen, nicht die wegen der Hautfarbe – anscheinend darf ich aber mein eigenes Thema nicht erwähnen und muss angesichts der größeren Benachteiligung gar verstummen. Hm. Schwierig finde auch ich eine Verknüpfung mit Migration, für mich hat eine Begrenzung oder Öffnung der Zuwanderung an sich nichts mit Rassismus zu tun, es wandern ja auch bei weitem nicht nur Menschen einer bestimmten Hautfarbe ein, erst der Umgang mit Menschen an sich, Migrant oder nicht, legt unabhängig von anderen Themen fest, ob das Rassismus ist.

Ich bin weiß, Deutsche mit deutschen Eltern und Großeltern und Urgroßeltern und lebe als Zugezogene seit über zehn Jahren in einem kleinen deutschen Ort; man kann es mir anhören, dass ich hier nicht geboren wurde. Seit über zehn Jahren höre ich Fragen, woher ich den „eigentlich“ komme, warum ich hier „gelandet“ bin, womit ich so meinen Lebensunterhalt verdiene. Wenn diese Fragen auch Personen mit einer anderen Hautfarbe gestellt werden, mag ich allein hierin noch keinen Rassismus sehen, vielmehr das Bedürfnis der Menschen nach Zugehörigkeit und Zuordnung. Wer nachfragt, spricht mit den Menschen. Soll heißen: nicht alles ist Rassismus.

Ungeachtet dessen hat mich das Buch überzeugt damit, mir die Augen geöffnet zu haben für Dinge, die mir selbstverständlich erschienen aus weißer Perspektive. So wie ich als Kind sein wollte wie „George“ bei den Fünf Freunden, weil Mädchenfiguren in Büchern zu brav und langweilig waren, nie bestimmen durften, so wollte Reni Eddo-Lodge als Vierjährige weiß sein, so konnten sich viel zu viele die Hermine bei Harry Potter nur als weißes Mädchen vorstellen. Diese Angst wird die Angst vor dem „schwarzen Planeten“ genannt, die Angst der Weißen, selbst in der Minderheit zu sein. Warum denn, wenn doch alles in Ordnung ist?

„Es heißt, die Homophobie des heterosexuellen Mannes wurzelt in der Angst, dass schwule Männer ihn so behandeln könnten, wie er Frauen behandelt. Es ist der gleiche Mechanismus.“
Da bleibt noch viel Arbeit.

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Veröffentlicht am 06.11.2019

Betroffen

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Dieses Buch hat mit ratlos und betroffen zurück gelassen.
Ich habe viel gelernt und für mein persönliches Verhalten mitgenommen. Was aber noch wichtiger scheint: ich habe endlich begriffen, was struktureller ...

Dieses Buch hat mit ratlos und betroffen zurück gelassen.
Ich habe viel gelernt und für mein persönliches Verhalten mitgenommen. Was aber noch wichtiger scheint: ich habe endlich begriffen, was struktureller Rassismus für die Betroffenen bedeutet.

Jetzt muss ich Wege finden, mit dem Begriffenen und Gelernten im Alltag umzugehen und vielleicht die Welt mit anderen Augen betrachten.

Veröffentlicht am 04.05.2019

Wichtiges Buch

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Ein ungemein cleveres Buch, das den (weißen) Leser herausfordert, sich mit den eigenen versteckten Vorurteilen zu befassen. Der Titel lässt zunächst viel Meinung vermuten, jedoch startet Reni Eddo-Lodge ...

Ein ungemein cleveres Buch, das den (weißen) Leser herausfordert, sich mit den eigenen versteckten Vorurteilen zu befassen. Der Titel lässt zunächst viel Meinung vermuten, jedoch startet Reni Eddo-Lodge stattdessen mit einer extrem detailliert recherchierten Geschichte der Schwarzen in Großbritannien. Hier erfährt der Leser sehr viel - ich muss gestehen, dass ich fast nichts über die britischen Bürgerrechtsbewegungen und ihre Herausforderungen wusste. Auch die Autorin sagt, dass selbst ihr als schwarzer Britin viele der recherchierten Dinge vorher nicht bekannt waren. Die europäische Geschichte wird eben von Weißen geschrieben.

Mit diesem Kapitel schafft die Autorin eine gemeinsame Grundlage für sich und den Leser, auf der sie ihre folgenden Argumente aufbaut. Dabei gelingen ihr viele eindrucksvolle Passagen, etwa wenn sie von den Herausforderungen schwarzer Feministinnen schreibt, die sich in dem von weißen Frauen geprägten Feminismus nur schwer behaupten können und sich daher zurückziehen und vor allem unter sich austauschen. Dadurch gehen der Öffentlichkeit wertvolle Erfahrungen verloren und Nicht-Weiße haben keine Stimme im öffentlichen Diskurs.

Beeindruckend fand ich auch die Geschichte eines fiktiven Mannes, die Reni Eddo-Lodge von der Einschulung bis zur Jobsuche Schritt für Schritt erzählt und dabei mit Statistiken untermauert. Hier wird sehr klar deutlich, was für gigantische Nachteile die systematische Diskriminierung Nicht-Weißen beschert. Auch wenn sich die Autorin auf Zahlen und Erfahrungen Großbritannien stützt, ist das Beschriebene auch in anderen Ländern relevant.

Bei vielen Themen muss ich gestehen, dass ich als Weiße entweder noch nie darüber nachgedacht habe oder kein Bewusstsein für die Feinheiten hatte. Gerade deshalb sind mutige Stimmen wie die von Reni Eddo-Lodge so wichtig. Wir müssen zuhören, statt sofort defensiv zu protestieren. Denn wie die Britin schreibt: Nicht nur unverblümter Rassismus, sondern auch Gleichgültigkeit schadet.

Veröffentlicht am 11.02.2019

"Es gibt keine Gerechtigkeit, es gibt nur uns"

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Reni Eddo-Lodge ist eine britische Autorin, die mit Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche ihr erstes Buch veröffentlichte. Endlich erschien es auch in Deutschland und das in einer guten ...

Reni Eddo-Lodge ist eine britische Autorin, die mit Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche ihr erstes Buch veröffentlichte. Endlich erschien es auch in Deutschland und das in einer guten Übersetzung. Für das Sachbuch erhielt Frau Eddo-Lodge den British Book Award. Eine Auszeichnung, die sie auch verdient hat.

Die Entscheidung zum Buch Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche wurde im Jahr 2014 gefällt. Damals schrieb Reni Eddo-Lodge diesen Satz in ihrem Blog und bekam viele Reaktionen. Diese waren keineswegs nur freundlich und es gab etliche, die den Rassismus vehement bestritten.

In dem Sachbuch schreibt Frau Eddo-Lodge, welche Ereignisse in der Geschichte Englands dazu beitrugen, dass der Weiße als privilegiert gilt. Und dass sich daran leider nicht viel änderte. Nein, es geht nicht um Hetzjagden gegen colored people, es geht um unterschwellige Diskriminierung. Als ein junger Schwarzer vor vielen Jahren von weißen Jugendlichen zu Tode gehetzt wurde vergingen über 20 Jahre, bis die Täter verurteilt werden konnten. Polizei und Gericht deckten bis zu dem Zeitpunkt die Täter und Rassismus bei der Polizei war normal.

Reni Eddo-Lodge hörte oft von ihrer Mutter, dass sie sich als Schwarze ganz besonders anstrengen müsse, um einen guten Job zu bekommen. Donald Trump zeigt, dass in den USA kein Platz für Einwanderer sei und die Bevölkerung stimmte gegen den Verbleib in der EU. In vielen Ländern Europas sind Rechte auf dem Vormarsch und die Politiker der Parteien habe nur einen Slogan: „Migranten nehmen uns alles weg.“ Auch in Deutschland hat so eine Partei den Einzug in den Bundestag geschafft.

Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche hat mich berührt und ich werde es noch mehrmals lesen, um alles erfassen zu können. Kurzweilig und mit Fakten belegt berichtet Reni Eddo-Lodge, wie Rassismus sich in den Jahren halten konnte und bis heute hält. Sie beschreibt, welche Kämpfe Ehepaare haben, die nicht eine Hautfarbe haben. Und was die Kinder in Schulen und Kindergärten erleben müssen. Subtil und trotzdem nicht weniger verletzend setzt sich die Diskriminierung in den Unis und später im Berufsleben durch. Es beschreibt zwar die Situation in England, viele Dinge lassen sich aber auch auf Deutschland anwenden.

Das Buch ist in mehrere Abschnitte gegliedert und im Nachwort beschreibt die Autorin noch einmal ausführlich ihre Beweggründe fürs Schreiben. Danach kommt die Erläuterung zu den Fußnoten, welche umfangreich gestaltet ist. Und schließlich findet der Leser noch ein Inhaltsverzeichnis vieler Begriffe, die Frau Eddo-Lodge genau erklärt. Mit diesem Zitat lege ich Ihnen dieses besondere Buch ans Herz:


Es gibt keine Gerechtigkeit, es gibt nur uns. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass das Leben für Geflüchtete, Andersgläubige und „Corlored People“ ein wenig gerechter wird.

WarumIchNichtLängerMitWeißenüberHautfarbeSpreche

NetGalleyDE