Cover-Bild Leinsee
24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 368
  • Ersterscheinung: 28.02.2018
  • ISBN: 9783257070149
Anne Reinecke

Leinsee

Karl ist noch nicht einmal dreißig und hat sich schon als Künstler in Berlin einen Namen gemacht. Er ist der Sohn von August und Ada Stiegenhauer, ›dem‹ Glamourpaar der deutschen Kunstszene. Doch in der symbiotischen Beziehung seiner Eltern war kein Platz für ein Kind. Nun ist der Vater tot, die Mutter schwer erkrankt. Karls Kosmos beginnt zu schwanken und steht plötzlich still. Die einzige Konstante ist ausgerechnet das kleine Mädchen Tanja, das ihn mit kindlicher Unbekümmertheit zurück ins Leben lockt. Und es beginnt ein Roman, wild wie ein Gewitter, zart wie ein Hauch.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.02.2019

Ergreifender Roman über einen Künstler mitten im Beziehungskonflikt

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Karl ist der Sohn des berühmten Künstlerpaars Ada und August Stiegenhauer aus Leinsee. Doch gab es für das Ehepaar nur die Liebe zueinander und zur gemeinsamen Kunst. Karl bekam wenig Zuneigung, fühlte ...

Karl ist der Sohn des berühmten Künstlerpaars Ada und August Stiegenhauer aus Leinsee. Doch gab es für das Ehepaar nur die Liebe zueinander und zur gemeinsamen Kunst. Karl bekam wenig Zuneigung, fühlte sich nicht von seinen Eltern geliebt und wurde mit zehn Jahren ins Internat abgeschoben. Leinsee war für ihn nie ein Zuhause. Er ist von dort schnellstmöglichst verschwunden, brach den Kontakt zu den Eltern ab und erarbeitete sich in Berlin untern einem Pseudonym - unabhängig vom Stiegenhauer Glamour-Status - einen eigenen Ruf in der Kunstszene. Ein Anruf aus Leinsee bringt Karl aus dem Gleichgewicht: Seine Mutter muss wegen eines Hirntumors notoperiert werden und sein Vater hat sich aufgrund ihrer sehr niedrigen Überlebenschance umgebracht.
Karl fährt nach Leinsee, organisiert die Beerdigung des Vaters und besucht seine komatöse Mutter. Hingegen aller Erwartung wacht sie auf, erkennt in Karl ihren Ehemann August und schenkt ihm die Liebe und Nähe, die Karl als Kind verwehrt blieb.
Entgegen der Vorstellungen seiner Freundin Mara, die ihn gern wieder in Berlin auf seiner Ausstellung sähe, bleibt Karl in dem Haus seiner Eltern. Im Garten entdeckt er Tanja, ein achtjähriges Mädchen, das ihn neugierig macht und auf ganz eigene Art seine Nähe sucht.

Im weiteren Verlauf des Romans begleitet der Leser Karl in seinen nächsten Lebensjahren. Die Zeit in Leinsee ist für ihn aufwühlend, aufheiternd und im ganzen sehr intensiv. Der Leser wird durch den leichten, nüchternen und gleichzeitig sehr intensivem Schreibstil voller Subtext mitgenommen in die Gedanken- und Erfahrungswelt von Karl - auf der Suche nach Liebe, Anerkennung, seiner Kunst und vor allem zu sich selbst.
Die Kapitel haben angenehme Längen und kreative Titel, die immer eine Farbe, bspw. "Gottweiß" oder "salamirot" tragen. Wie alles andere in der Geschichte liegt es auch hier beim Rezipienten, die entsprechnde Bedeutung hinzuzufügen.
Das ist der Aspekt, mit dem Anne Reinecke mich am meisten begeistern konnte: Obwohl sie alles Erkennbare und Wichtige aufschreibt, jede Handlung, jeden Gedanken schildert und eine sehr intensive Atmosphäre all der Beziehungsgeflechte herstellt, bleiben so viele Bedeutungslücken, die Platz für die Deutung lassen. So sind die ein oder anderen Entscheidungen und Verhaltensweisen von Karl vielleicht nicht im Sinne des Lesers. Aber wer Karls Gedankenwelt versteht, kann seine stringente Handlungsweise absolut nachvollziehen - ohne dass die Autorin sie lang und breit erklären muss.

Ein Roman, der ein brisantes Beziehungsgeflecht voller Künstlerattitüden, Situationskomik, Tristesse und Humor schafft, in deren Mitte sich Karl wiederfindet und seinen eigenen Standpunkt im Leben und in den Beziehungen finden muss.
Der Schreibstil ist intensiv, packt und konnte mich in einem Rutsch durch den Roman tragen!

Veröffentlicht am 29.08.2018

Bunter Wind mischt die Bücherwelt auf

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Mit ‚Leinsee‘ hat Anne Reinecke einen Debütroman geschrieben, der so schnell nicht im Sumpf gelesener und vergessener Bücher versinken wird. Er erzählt die Geschichte von Karl.
Karl, der noch nicht mal ...

Mit ‚Leinsee‘ hat Anne Reinecke einen Debütroman geschrieben, der so schnell nicht im Sumpf gelesener und vergessener Bücher versinken wird. Er erzählt die Geschichte von Karl.
Karl, der noch nicht mal dreißigjährige erfolgreiche Künstler aus Berlin.
Karl, dessen Vater gestorben und dessen Mutter schwer krank ist.
Karl, dessen Leben aus den Fugen gerät.
Als er nach dem Tod seines Vaters in seinen Heimatort Leinsee zurückkehrt, bleibt er dort hängen. Er kümmert sich um seine Mutter und residiert über diese Zeit hinweg in dem Haus seiner Eltern, das direkt am Leinsee liegt. Gott weiß wann taucht Tanja auf, ein achtjähriges Mädchen voller Energie, das Karl wieder zurück ins Leben schubst. In dem Buch begibt sich Karl auf einen Weg durch dunkle Trauer und helles Glück. Helles Glück, das ihm eine große Liebe bringt.

Ein Roman, den ich jedem empfehlen kann, der auf der Suche nach etwas Anderem, etwas Neuem ist. Denn eins ist ‚Leinsee‘ definitiv: Frischfleisch in der Büchertheke. Das Buch behandelt zwar bereits von anderen Büchern bekannte Themen, wie Verlust von Eltern und Liebe aber ist in der Idee und Umsetzung originell.

So positiv wie ich diese Neuartigkeit auch finde, einen Kritikpunkt bezüglich des Spannungsbogens habe ich.
Und zwar ist mir ein „Hängebauch“ in der Spannung aufgefallen. Damit meine ich, dass sich das Buch mittig spannungsweise gezogen hat. Die Spannung hatte eben einen Durchhänger. Ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen, liegt das wahrscheinlich daran, dass es einen Großteil des Buches dauert bis die Flamme der auf dem Buchrücken angepriesenen großen Liebe so richtig entfacht.
Die Handlung ist erfolgreich zusammenhängend geschrieben worden. Die oft vorkommenden Verweise auf frühere Stellen im Buch, haben in mir immer ein Gefühl von „Wow, ist das gut durchdacht! Das spielt doch darauf an!“ geweckt. Ein Beispiel hierfür ist wie Tanja einmal nach dem Marmelade Kochen mit Karl beim Aufräumen des Geschirrs die Geschirrschublade auf und zu gezogen hatte und dabei einen bestimmten Rhythmus erzeugt hatte. Später im Buch hat Karl bei einem Streit mit seiner Freundin Mara aus Berlin auch die Geschirrschublade auf und zu gezogen und das hat eben an Tanja erinnert. Solche Kleinigkeiten ziehen sich durchs gesamte Buch und waren für mich erfreuliche Easter Eggs!
Zuletzt ist die Handlung für mich in zwei Teile geteilt. Zuerst steht der Tod von Karls Vater und das sich Kümmern um seine Mutter im Vordergrund und danach erst die große Liebe, was ich ein wenig seltsam fand aber bei genauerem Überlegen ist mir keine andere Möglichkeit eingefallen, wie ich es nicht seltsam gefunden hätte, deswegen gehört sich das wohl einfach so.

Für mich das aller Beste an dem gesamten Buch, war der Schreibstil. Dieser war auf seine eigene Art und Weise witzig und angenehm distanziert. Diese Distanz führte nicht zu einem Hineinfühlen in die Hauptfigur, was ich hier aber sehr gut fand, weil es für mich die Distanz darstellte, die Menschen aufbauen, wenn sie niedergeschlagen sind. Was ich an dem Schreibstil witzig fand, waren unter anderem die vermeintlich harmlosen Beleidigungen der Hauptfigur im inneren Monolog, die im Kontext dennoch richtig saßen. So kam es dazu, dass sich die Hauptfigur als sie einmal mit einer Figur im Gespräch war, die sie rein gar nicht leiden konnte, fragte, warum sie noch immer mit diesem „Polohemd“ redete. Ich denke wir alle kennen diese eine Person, die man augenrollend als 'Polohemd' bezeichnen können...

Jetzt möchte ich noch auf die Figuren eingehen. Zuallererst natürlich Karl, eine, wie ich finde, dramatische, eigenwillige Figur. Dramatisch deswegen, weil er ein ganzes Hausboot baute, um sich bei Tanja zu entschuldigen und das Hab und Gut seiner Eltern verbrannte, um neu anfangen zu können. Das Eigenwillige zeigt sich darin, dass er als Kunst alle möglichen Gegenstände, sogar tote Lebewesen, vakuumiert und ausstellt, in einer Höhle aus Kleidung und Decken auf dem Boden schläft und sich nicht von Mara dazu zwingen lässt, zurück nach Berlin und in die Künstlerszene zu kommen. Tanja ist furchtlos und voll positiver Energie. Sie klettert auf den Kirschbaum in Karls Garten, schreckt nicht zurück als er mit einem Gewehr dasteht und geht offen auf ihn zu. Allein durch ihre Anwesenheit fühlt sich Karl in seiner schrecklichen Situation getröstet. Beide Figuren ergeben zusammen ein faszinierendes Ensemble, das noch von weiteren Figuren ausgebaut wird, die ich hier aber der Kürze wegen nicht alle charakterisieren werde. Und außerdem will ich euch auch nicht alles verraten

Bevor ich zu dem letzten Punkt, dem Cover, übergehe, möchte ich noch kurz auf den besonderen Aufbau des Buches aufmerksam machen. Jedes Kapitel ist nämlich mit einer besonderen Farbe wie Salamirot, Gottweiß, Taubenblau etc. betitelt und jede dieser Farben lässt sich dann auch im entsprechenden Kapitel wiederfinden. Das hat mit super gut gefallen. Generell wurden in dem Buch Farben immer sehr treffend und originell beschrieben, ein weiterer Pluspunkt!

Das Cover ist in dem typischen Diogenes-Stil gehalten und mit einem kleinen Gemälde von ein paar Bäumen versehen, was ich ansprechend finde auch wenn es nichts wirklich Bahnbrechendes ist.

Insgesamt eine interessante Lektüre, die mir mal etwas ganz Neues gezeigt hat!

Veröffentlicht am 10.06.2018

Suche nach einem eigenen Platz in der Welt

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In „Leinsee“ von Anne Reinecke begleitet der Leser den Protagonisten Karl von Berlin zurück in die titelgebende Heimat, wo die Mutter schwer krank ist und der Vater sich das Leben genommen hat. Im Leben ...

In „Leinsee“ von Anne Reinecke begleitet der Leser den Protagonisten Karl von Berlin zurück in die titelgebende Heimat, wo die Mutter schwer krank ist und der Vater sich das Leben genommen hat. Im Leben seiner berühmten Künstler-Eltern war nie wirklich Platz für ihn. Jetzt wird er im leeren Elternhaus von Erinnerungen eingeholt und muss sich entscheiden, wie er weitermachen will. So recht will er noch nicht zurück nach Berlin zu Mara und der städtischen Kunstszene, die ihn für seine Vakuumkunst bewundert. In Leinsee entsteht eine besondere Freundschaft zu einem Mädchen aus der Nachbarschaft, das sich immer wieder in seinen Garten schleicht und dem er bald kleine Geschenke hinterlässt. Besonders gut gefallen hat mir die bildhafte Sprache der Autorin sowie die kreativen Überschriften, die Karls Gefühlsleben farblich wiederspiegeln. Ein absolut gelungener Roman über Entwicklung und Erinnerungen, Erwachsenwerden und Wieder Kind sein wollen sowie der Suche nach einem eigenen Platz in der Welt.

Veröffentlicht am 06.05.2018

Farbenspiel

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Karl ist Sohn und er ist es nicht. Seine Eltern, ein bekanntes Künstlerehepaar, sind sich in der Ausübung ihrer Kunst genug. Karl war da irgendwie über und kam auch bald ins Internat. Später ist er selbst ...

Karl ist Sohn und er ist es nicht. Seine Eltern, ein bekanntes Künstlerehepaar, sind sich in der Ausübung ihrer Kunst genug. Karl war da irgendwie über und kam auch bald ins Internat. Später ist er selbst ein anerkannter Künstler. Es hat es aus sich selbst heraus geschafft. Als jedoch seine Mutter schwer erkrankt und sein Vater stirbt, macht sich Karl auf nach Leinsee, den Ort der Kunst, sein Elternhaus. Für Karl ist es keine einfache Heimkehr, zumal die Öffentlichkeit nun hinter sein Geheimnis gekommen ist. Mäßig berühmter Sohn sehr berühmter Eltern. Eltern, die nicht mehr präsent sind. Karl könnte verzweifeln, gäbe es nicht die sporadischen Begegnungen mit der 8jährigen Tanja,

Wie ist es zwischen Eltern und Kindern, wenn die Lebens- und Beziehungsumstände sagen wir ungewöhnlich sind. Dieser Frage widmet sich Anne Reinecke mit ihrem gefühlvollen Erstlingswerk. Ein junger Mann, der wohl zurecht damit hadert, dass er als Kinde beiseite geschoben wurde. Von Eltern darf man möglicherweise schon etwas mehr erwarten als in relativ jungen Jahren ins Internat abgeschoben zu werden, oder? Und nun kann die Grübelei beginnen. Haben nicht auch die Eltern ein Recht auf Verwirklichung? und was ist, wenn sie sich selbst genug sind? Wäre es dann besser ein Kind wegzugeben oder nicht erst entstehen zu lassen? Wie wirkt es sich aus, wenn später die Eltern alt werden und der Hilfe bedürfen? Sicher können sie sich wünschen, dass ihr Kind sich kümmert. Einen Anspruch haben sie gewiss nicht. Doch Karl kümmert sich und hadert wieder. Der Vater hinterlässt einen kalten Abschiedsbrief, in dem er verzeiht und nicht einemal die Überlegung anstellt, ob er um Verzeihung bitten müsste. Die Mutter übersteht eine schwere Operation, doch sie erkennt Karl nicht, sie seiht nur ihren Mann. Die Begegnungen mit Tanja wirken wie kleine Fluchten. Sucht Karl ein Kind, bei dem er es besser machen kann?

Vielleicht sind der Autorin beim Schreiben ganz andere Überlegungen in den Sinn gekommen. vielleicht ist die Art zu lesen von der persönlichen Situation des Lesers bestimmt. Doch obwohl man Karl eine umsorgtere Kindheit gewünscht hätte und ihn in seinen Wunsch, den Eltern gerecht zu werden, respektiert, so kann man nicht jede seiner Handlungen nachvollziehen. Man versucht, nicht allzu sehr zu werten und Karl so zu nehmen wie er ist, doch bei allem Verständnis fällt dies nicht immer leicht. Dennoch hinterlässt das phantasievolle Farbenspiel und die ruhige klare Sprache Anne Reineckes eine eindringliche Spur.

Veröffentlicht am 06.05.2018

Ein nachhaltig beeindruckendes Debüt.

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Schon das erste Kapitel gewährte einen Einblick in die folgende Thematik und in einen Schreibstil, den ich so bisher nicht erlebt hatte. Er besaß eine bildhafte Distanziertheit, geschmückt mit zahlreichen ...

Schon das erste Kapitel gewährte einen Einblick in die folgende Thematik und in einen Schreibstil, den ich so bisher nicht erlebt hatte. Er besaß eine bildhafte Distanziertheit, geschmückt mit zahlreichen neuen Wortkombinationen und Gelegenheitsbildungen. Super gelungen fand ich die Kapitelnamen, die immer eine bestimmte Farbe beinhalteten, die wiederum in dem folgenden Abschnitt benannt wurden. Wenn ich also beim Lesen auf eine Farbe gestoßen bin, blätterte ich zurück zur jeweiligen Kapitelüberschrift, um nachzusehen, ob es sich um ebendiese Farbe handelte. Trotz, oder aufgrund der besagten Distanziertheit wirkten einzelne Situationen skurril und grotesk, aber dennoch greifbar. Es gab ein paar Ereignisse, die mich zwiespältig haben denken lassen – zunächst reagierte ich mit Abneigung, dann mit Interesse und letztlich mit Faszination.

Karl schluckte, er würde jetzt nicht anfangen zu weinen, nicht neben diesem Jahrgangsarschloch.
(Leinsee, Anne Reinecke, S. 36)

Die Geschichte wurde unaufgeregt und mit einer erstaunlichen Ruhe erzählt, es war für mich aber dennoch ein spannendes Leseerlebnis, das mich nachhaltig beeindruckt hat ob der besonderen Thematik und Entwicklung der Charaktere. Die Dynamik fand eher auf der emotionalen Ebene statt, die trotz der kühlen Distanz greifbar war. Auch gab es ein paar überraschende Wendungen, bei denen ich erstmal sprachlos war. Durfte ich das nun gut finden, obwohl es völlig skurril war? Durfte ich fasziniert, gar überwältigt sein? Durfte ich Mitgefühl haben? Die Geschichte von Karl, seiner Mutter, Mara und Tanja sorgte für Gewissenskonflikte.

Karl mochte ich von Beginn an. Er war ein wenig egoistisch, mürrisch und schonungslos ehrlich. Die Beziehung zu seinen Eltern verstörte mich auf vielen Ebenen und durch den angenehmen, besonderen Schreibstil wurde das Ausmaß in aller Wucht deutlich, insbesondere im Verlauf der Geschichte, in der ich seine Mutter etwas besser kennenlernen konnte, was jedoch wieder für absolutes Unverständnis ihr und ihrem Mann gegenüber meinerseits sorgte. Mein Highlight war Tanja. Sie wirkte wie eine Pippi Langstrumpf der Gegenwartsliteratur und brachte durch ihre kindliche, ehrliche, unbeschwerte Sicht auf die Welt Licht in Karls Leben. Daraus entstand eine sehr interessante Freundschaft, deren Bedeutung ich auch im Nachhinein sehr wichtig für Karls Weg fand. Dabei wurde besonders seine eigene Sehnsucht nach Liebe und Anerkennung deutlich, und letztendlich sorgte unter anderem Tanja dafür, dass Karl zurück zu sich selbst finden konnte.

Das Setting des Leinsees fand ich super schön, die Beschreibungen der Umgebung, der Geräusche, des Wetters und der Farben zogen mich ins Geschehen. Am besten gefiel mir die verrückte, aber liebenswerte Teegesellschaft mit kleinen Alice im Wunderland-Anspielungen. Besonders in dieser Situation wuchs meine Abneigung gegen zwei Charaktere, die somit bezogen auf die beim Leser entstehende Antipathie wirklich gelungen gezeichnet wurden – schon bei der Erwähnung ihrer Namen reagierte ich genervt.

Die letzten Kapitel empfand ich als traurig, aber zugleich hoffnungsvoll, auch wenn das widersprüchlich klingen mag. Das Ende ließ dann Raum für eigene Interpretationen, ich klappte das Buch lächelnd und mit einem guten Gefühl zu.

FAZIT
Auch, wenn die Handlung von unaufgeregter Ruhe war, konnte mich Leinsee absolut mitreißen, was primär an der Familiendynamik, den besonderen Beziehungsmustern und dem distanzierten und zugleich eindringlichen Schreibstil lag. Ein sehr gelungenes Debüt, das mich langfristig beeindruckt hat.