Cover-Bild Vox
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9,99
inkl. MwSt
  • Verlag: FISCHER E-Books
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 01.08.2018
  • ISBN: 9783104909530
Christina Dalcher

Vox

Roman
Susanne Aeckerle (Übersetzer), Marion Balkenhol (Übersetzer)

In einer Welt, in der Frauen nur hundert Wörter am Tag sprechen dürfen, bricht eine das Gesetz. Das provozierende Überraschungsdebüt aus den USA, über das niemand schweigen wird!
Als die neue Regierung anordnet, dass Frauen ab sofort nicht mehr als hundert Worte am Tag sprechen dürfen, will Jean McClellan diese wahnwitzige Nachricht nicht wahrhaben – das kann nicht passieren. Nicht im 21. Jahrhundert. Nicht in Amerika. Nicht ihr.
Das ist der Anfang.
Schon bald kann Jean ihren Beruf als Wissenschaftlerin nicht länger ausüben. Schon bald wird ihrer Tochter Sonia in der Schule nicht länger Lesen und Schreiben beigebracht. Sie und alle Mädchen und Frauen werden ihres Stimmrechts, ihres Lebensmuts, ihrer Träume beraubt.
Aber das ist nicht das Ende.
Für Sonia und alle entmündigten Frauen will Jean sich ihre Stimme zurückerkämpfen.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.12.2018

Spannende Dystopie mit einigen Schwächen

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„Vox“ von Christina Dalcher erinnert an eine Neuauflage von Margaret Atwoods „The Handmaid‘s Tale“. Es spielt in Washington, DC in der heutigen Zeit. Ein erster afroamerikanischer Präsident hat bis vor ...

„Vox“ von Christina Dalcher erinnert an eine Neuauflage von Margaret Atwoods „The Handmaid‘s Tale“. Es spielt in Washington, DC in der heutigen Zeit. Ein erster afroamerikanischer Präsident hat bis vor kurzem regiert. Nun sind ultrakonservative Christen an der Macht, und von einem auf den anderen Tag wird den Frauen das Sprechen verboten. Nur noch 100 Wörter dürfen Frauen und Mädchen pro Tag sprechen. Überprüft wird dies mittels eines Wörterzählers am Handgelenk. Bei Übertreten gibt es einen Stromschlag. Das Verbot, Bücher zu lesen und Elektronik zu benutzen erinnert ebenfalls an Margaret Atwoods bekannte Dystopie. Jean McClellan ist Linguistin und muss plötzlich miterleben, wie sie von heute auf morgen nicht mehr sprechen, lesen oder arbeiten darf. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt…

Dalcher schreibt sehr spannend und mitreißend. Dennoch erinnert mich das Buch immer wieder an eine moderne Version von „The Handmaid‘s Tale“, was mich irgendwie gestört hat. Die Geschichte ist alles andere als vorhersehbar, liest sich flüssig und hat mir gut gefallen. Einige Handlungspunkte sind nicht unbedingt realistisch. Gepaart mit einer etwas kitschigen Liebensgeschichte gibt’s von mir deshalb nur 3.5 Sterne. Dennoch ein lesenswertes Buch, das zum Denken anregt.

Veröffentlicht am 25.08.2018

Das Böse triumphiert, wenn gute Menschen nichts tun

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Die Wissenschaftlerin Jean lebt in einer fiktiven Zukunft Amerikas, in welcher die Regierung beschlossen hat, dass Frauen nicht mehr als 100 Wörter am Tag sagen dürfen. Sie bereut schon bald, dass sie ...

Die Wissenschaftlerin Jean lebt in einer fiktiven Zukunft Amerikas, in welcher die Regierung beschlossen hat, dass Frauen nicht mehr als 100 Wörter am Tag sagen dürfen. Sie bereut schon bald, dass sie einfach nur zugesehen hat und nichts dagegen unternommen hat. Nun fristet sie ihr Dasein als Hausmütterchen und Ehefrau. Sie muss mit ansehen, wie ihr Sohn diese Ideologie verinnerlicht und ihre kleine Tochter Sonia mehr oder weniger sprachlos aufwächst und kann nichts dagegen tun. Doch dann erkrankt der Bruder des Präsidenten und nur sie scheint in der Lage zu sein, ihm helfen zu können. Kann sie ihre neue Freiheit nutzen, die Regierung zu einer Umkehr zu bewegen?

Meine Meinung:
Das Cover ist sehr gelungen, da es das Thema durch das X, das direkt auf dem Mund der abgebildeten Frau sitzt, schon optisch aufgreift.

Eigentlich kann man sich nicht vorstellen, dass in unserer modernen Welt so etwas passieren kann - Frauen plötzlich ihre Jobs verlieren und mehr oder weniger ohne Stimmrecht durchs Leben gehen. Doch in Zeiten wo jemand wie Trump Präsident werden kann, der mitunter auch die abstrusesten Ideen hat, ist sowas vielleicht noch nicht mal so weit hergeholt. Die Entwicklung in Amerika beobachte ich schon mit Sorge.

Doch nun zum Roman zurück. Jean ist eigentlich eine intelligente und moderne Frau, doch auch sie hat wie die meisten anderen einfach nur zugesehen, als sich diese Ideologie entwickelte und hat nichts dagegen unternommen. Ihre Freundin Jackie, die sich gegen das System gestellt hat, hat sie nur belächelt.
Viele haben das getan, sodass die Gegenbewegung in der Minderheit und somit zum Scheitern verurteilt war. Die Gegner, so wie Jackie, fristen jetzt ihr Dasein in einem Lager, wo sie in einer Fischfabrik oder einer Farm schuften müssen.
Und so erkennt auch Jean, dass das Böse nur siegen kann, wenn die Guten nichts dagegen unternehmen.

Der Roman rüttelt den Leser wach, weist ihn darauf hin, das Zeitgeschehen aufmerksam zu beobachten und sich nicht alles gefallen zu lassen.
Wichtig ist vor allem auch, dass wir der Jugend das Interesse an der Politik aufzeigen, damit sich so ein Szenario gar nicht entwickeln kann.

Den Schluss fand ich etwas verwirrend und zu schnell abgewickelt, aber ansonsten ist der Roman flüssig und angenehm zu lesen.

Fazit: Fiktiver Roman, der zum Nachdenken anregt.

Veröffentlicht am 08.10.2018

Regt zum Nachdenken an

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Zurück in alte Zeiten. Das Amerika der Zukunft ähnelt mehr dem der Vergangenheit. Denn Frauen sind ihren Rechten beraubt und sollen nur noch ihren Pflichten als Hausmütterchen nachkommen. Ihre Freiheiten ...

Zurück in alte Zeiten. Das Amerika der Zukunft ähnelt mehr dem der Vergangenheit. Denn Frauen sind ihren Rechten beraubt und sollen nur noch ihren Pflichten als Hausmütterchen nachkommen. Ihre Freiheiten und auch ihre Stimmen wurden ihnen weggenommen. Mehr als 100 Wörter am Tag sind nicht erlaubt. Dr. Jean McClellan hat vier Kinder, drei Jungs und ein Mädchen, Sonia. Und Sonia lernt in der Schule nicht länger Lesen und Schreiben, sondern nur noch Hausarbeiten. Denn zu mehr ist eine Frau ja nicht zu gebrauchen.

Der Klappentext dieses Buches hat mich sofort fasziniert. Denn im Grunde genommen gibt es noch genug Länder, die ihre Frauen unterdrücken und wer sagt denn, dass so etwas auch in der heutigen Zeit nicht möglich ist? Die Autorin hat hier ein interessantes Szenario geschaffen, doch leider bleibt die Geschichte eher oberflächlich. Jean selbst war mir nicht immer sympathisch und das geschaffene Liebesdreieck war für mich überflüssig und eher störend. Einige Momente haben mich erwartungsvoll auf den großen Knall warten lassen. Doch dieser kam nicht und die Geschichte plätscherte eher vor sich hin. Die Reinen, die Frauen und das ganze im Hintergrund war natürlich interessant, aber meines Erachtens nicht komplett ausgereift. Vielleicht hätte doch etwas mehr Arbeit als zwei Monate in das Buch gesteckt werden müssen. Mir war unklar wie es so schnell zu einer totalen Kontrolle kam und Jackie wurde anfangs in den Raum geworfen und erst gegen Ende taucht sie wieder auf. Mir wäre ein bisschen die Vorgeschichte wichtig gewesen. Auch der Kampf an sich war etwas unglaubwürdig und das Ende war doch etwas zu vorhersehbar.

Hier wurde Potential verschenkt. Doch die Geschichte regt definitiv zum Nachdenken an.

Veröffentlicht am 21.02.2019

Viele gute Ansätze, viel verschenktes Potential

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Spoilerfreie Rezension!


Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Verlag: S. FISCHER
Seitenzahl: 400
Erzählweise: Ich-Erzähler, Präsens (selten auch Präteritum)
Perspektive: aus weiblicher Sicht ...

Spoilerfreie Rezension!


Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Verlag: S. FISCHER
Seitenzahl: 400
Erzählweise: Ich-Erzähler, Präsens (selten auch Präteritum)
Perspektive: aus weiblicher Sicht geschrieben
Kapitellänge: angenehm kurz
Tiere im Buch: -! Obwohl die Protagonistin wenigstens von ein wenig schlechtem Gewissen gequält wird und obwohl ihr die Tiere leidtun, ändert das nichts an der Tatsache, dass in diesem Buch unzählige Tiere in Tierversuchen leiden und sterben müssen. Hier auch wieder meine Empfehlung: Wenn ihr ebenfalls gegen sinnlose, oft grausame Tierversuche seid, schaut bitte beim Verein „Ärzte gegen Tierversuche“ vorbei, der schon jahrelang engagiert und teilweise sogar schon erfolgreich für Alternativen und für eine tierversuchsfreie Forschung kämpft.

Warum dieses Buch?

Ich liebe Dystopien, ich liebe feministische Literatur, und ich fand Margaret Atwoods Roman „Der Report der Magd“ (im Original „The Handmaid’s Tale“) sehr gut. Aus all diesen Gründen führte für mich an diesem Werk, das mich mit seinem interessanten Klappentext sofort um den Finger gewickelt hat, kein Weg vorbei.

Meine Meinung

Einstieg (+)

Der Einstieg fiel mir sehr leicht. Der einfache Schreibstil und die kurzen Kapitel machten den Beginn sehr angenehm. Ich habe schnell in die Geschichte gefunden.

„Ich habe VOX als Warnung geschrieben, als Warnruf gegen eine Politik der Geschlechtertrennung, aber auch um zu zeigen, wie sehr unsere Persönlichkeit und Menschlichkeit von unserer Sprache abhängt.“ E-Book, Vorwort der Autorin, Position 49

Schreibstil (-)

Christina Dalcher schreibt flüssig und einfach, was mir auf den ersten Seiten sehr gefallen hat. Nach einer Weile bemerkt man aber, dass die Sprache zwar angenehm lesbar ist, leider aber auch sehr oberflächlich und etwas lieblos wirkt. Ich hätte mir hier mehr Komplexität, mehr Abwechslung und einen höheren ästhetischen Wert des Buches gewünscht, vor allem, da es sich hier ja nicht um einen Jugendroman handelt (was man leicht vergessen könnte, wenn uns die teilweise irritierend direkten Ausführungen der Protagonistin über ihr Liebesleben nicht immer wieder daran erinnern würden). Auch der Wortschatz scheint sehr begrenzt, wodurch es zu Wiederholungen und immer wieder auch zu gleichen Formulierungen kommt. Ob das an der Übersetzung liegt, kann ich leider nicht beurteilen. Auch die Vergleiche fand ich leider häufig lahm oder sogar schlecht. Sprachlich konnte mich Christina Dalcher also leider nicht wirklich abholen, obwohl es ihr durchaus gelingt, punktuell Spannung zu erzeugen und die Emotionen ihrer Figuren glaubwürdig und intensiv zu beschreiben.

„‘Die Frau hat keinen Anlass, zur Wahl zu gehen, aber sie hat ihren eigenen Bereich, einen mit erstaunlicher Verantwortung und Wichtigkeit. Sie ist die gottgewollte Bewahrerin des Heims … Sie sollte voll und ganz erkennen, dass ihre Stellung als Ehefrau, Mutter und Engel des Heims die heiligste, verantwortungsvollste und königlichste ist, die Sterblichen zuteilwerden kann; und sie sollte alle Ambitionen nach Höherem abweisen, da es für Sterbliche nichts Höheres gibt.“ E-Book, Position 893

Inhalt, Themen & Botschaften (+/-)

„Und wir haben es nicht kommen sehen.“ E-Book, Position 365

Ja, ich gebe zu, die Erwartungen waren sehr hoch. Nicht nur weil ich Dystopien liebe, sondern auch, weil ich feministische Literatur, die uns vor Augen hält, wie schnell es gehen kann, dass wir als Frauen unsere hart erkämpften Rechte wieder verlieren, sehr wichtig finde. Über Christina Dalchers Debüt habe ich im Vorfeld viel Gutes, aber auch viel Negatives gehört, ihr Buch wurde auch mit Margaret Atwoods Werk „Der Report der Magd“ (engl. „The Handmaid’s Tale) verglichen – einem feministischen Klassiker, der schockierender nicht sein könnte. Dennoch habe ich mich bemüht, möglichst unvoreingenommen an die Lektüre heranzugehen.

Die Prämisse ist erschreckend: Statt der 16.000 Wörter, die ein Durchschnittsmensch pro Tag von sich gibt, dürfen Frauen in der Zukunft nur noch 100 Worte benutzen (das ist fast gar nichts!) – ein Wortzähler am Handgelenk überwacht dies streng. Wer das Limit überschreitet, wird mit immer heftiger werdenden Stromstößen bestraft. Frauen wird so nach und nach ihre Stimme genommen, Religion gewinnt wieder die Oberhand, die entstandene Diktatur hat die Todesstrafe wieder eingeführt und schickt ihre Gegner in Lager oder Gefängnisse. Diese Ausgangssituation erinnert tatsächlich stark an Margaret Atwoods Roman. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Frauenrechte, Unterdrückung, Rebellion, Liebe, Familie und eine Frau, die innerlich zerrissen ist zwischen Liebe zu und Hass auf die Männer in ihrem nächsten Umfeld.

Hier enden aber auch schon die Parallelen. Die Geschichte hat viel Potential – man hätte sie zu einer unvergesslichen, schockierenden und wachrüttelnden Dystopie verarbeiten können. Leider verschenkt die Autorin einen großen Teil dieses Potentials: Obwohl der Beginn des Romans gut gelingt, merkt man schnell, dass hier viel zu sehr an der Oberfläche gekratzt und viel zu wenig in die Tiefe gegangen wird. Zudem wirkt konstruiert, Erklärungen fehlen. Statt auf drastische Weise das weibliche Leben in dieser düsteren Zukunft zu schildern und diese Welt detailliert auszugestalten, driftet die Dystopie immer mehr in einen herkömmlichen Thriller ab. Auch die mittelprächtige Liebesgeschichte nimmt (zu viel) wertvollen Platz in der Geschichte ein.

Dennoch handelt es sich bei „Vox“ sicher nicht um ein rundum schlechtes Buch – wenn die Erwartungen hoch sind, enttäuscht aber auch ein unterdurchschnittliches, das den Hype nicht wert zu sein scheint. Der Roman hat aber durchaus auch seine guten Seiten: Einige Szenen sind sehr atmosphärisch und stark geschrieben, außerdem schafft das Buch mit Sicherheit Bewusstsein für aktuelle anti-feministische Strömungen und die Gefahren, die von ihnen ausgehen. Alleine schon für die Themenwahl und ihre Botschaft ist die Autorin also zu loben. Eines gelingt dem Buch auch ohne Zweifel: Man beginnt ganz unbewusst, die Wörter der Figuren (und teilweise sogar die eigenen im realen Leben) mitzuzählen, jedes davon scheint kostbar – wie schnell sie verbraucht sind, wird schmerzhaft bewusst. Aufzuzeigen, wie wichtig Sprache und Kommunikation in unserem täglichen Leben sind – auch das gelingt Christina Dalcher. Man merkt zudem, dass die Linguistin für das Thema brennt – nebenbei gibt es viele interessante Informationen zu linguistischem Grundwissen, die mit Sicherheit sehr interessant sind, wenn man nicht (wie ich) im Studium bereits damit zu tun hatte. Teilweise verkommen die Einschübe leider aber auch zu Info-Dumping.

Protagonistin und Figuren (+/-)

Prinzipiell mochte ich die Protagonistin von Anfang an gerne. Sie ist intelligent und lässt sich trotz der schwierigen Zeiten nichts gefallen. Ihre Gedankengänge und Emotionen waren meist glaubwürdig und für mich nachvollziehbar. Ihre Wut auf das System und auch auf die Männer in ihrer Familie, die sich mehr und mehr mit der Unterdrückung der Frauen und den traditionellen Geschlechterrollen anzufreunden scheinen, wurden greifbar und ich habe stark mit ihr mitgefühlt. Mir hat gefallen, dass diese gesellschaftlich nicht akzeptierten Gefühle unverblümt und ehrlich geschildert wurden.

Dann gab es aber auch wieder Momente, in denen ich die Protagonistin nicht verstehen konnte: Als zum Beispiel ein Mensch ums Leben kommt, macht sie nur Minuten später einen absolut geschmacklosen, makabren Witz darüber – aufgrund der Situation und ihren Lebenserfahrungen meiner Meinung nach absolut unglaubwürdig und übertrieben. Ein weiteres Beispiel: Jean betrügt ihren Mann – aber ihre Nachbarin, die dasselbe tut, bezeichnet sie herablassend als „Schla+++“. Da Slut shaming absolut schädliches Verhalten Frauen gegenüber ist, nur dafür gemacht, sie kleinzuhalten, finde ich das absolut unpassend – dafür und für Jeans sexistische Einteilung der Welt in „typisch Frau“ und „typisch Mann“ (wolltest du dagegen nicht eigentlich kämpfen, Jean?) gibt es auch ordentlich Punkteabzug!

Die anderen Figuren bleiben bis auf wenige Ausnahmen meiner Meinung nach seltsam farblos und blass, sie werden mir nicht in Erinnerung bleiben. Es gab (außer Jean) niemanden, mit dem ich wirklich mitgefiebert habe oder der mir ans Herz gewachsen ist – sehr schade! Die Figuren wirken konstruiert, nicht lebendig oder dreidimensional.

Spannung & Atmosphäre (+/-)

Obwohl sich das Buch im Verlauf der Lektüre nicht ganz so entwickelt hat wie erhofft, so gelingt es der Autorin doch immer wieder, Spannung aufzubauen. Auch wenn diese zwischendurch immer wieder kurzzeitig einbricht, wollte ich doch immer wissen, wie es weitergeht. Es gibt zudem einige unerwartete Wendungen, die mich zwar nicht vollends begeistern, aber doch überraschen konnten. Vor allem im letzten Drittel wird die Spannung dann noch einmal ordentlich angehoben. Jedoch – hier stimme ich einigen Kritiker*innen zu - erscheinen sowohl das Hinarbeiten auf den Höhepunkt, als auch das Ende selbst sehr überhastet. Viel zu viel passiert auf einmal, viele Fragen bleiben offen. Es wirkt tatsächlich, als wäre die Autorin unter Zeitdruck geraten und hätte nicht mehr genug Zeit gehabt, die Geschichte zu einem runden, gut ausgestalteten Ende zu führen. Das ist schade, das Buch hätte es eigentlich verdient.

Feministischer Blickwinkel (+/-)

Jeans in ihrem Kopf verfestigte Geschlechterstereotypen und ihre unhinterfragte Misogynie (Nachbarin!) finde ich sehr ärgerlich. Die Protagonistin müsste es nämlich eigentlich besser wissen, wohin solche starren Geschlechterrollen führen können. Dennoch darf hier auch nicht vergessen werden, dass es sich hier prinzipiell um feministische Literatur handelt, die wachrütteln und vor gefährlichen anti-feministischen Strömungen in unserer heutigen Gesellschaft warnen soll. Das ist natürlich ein großer Pluspunkt!

Mein Fazit

„Vox“ ist eine feministische Dystopie, die leider viel Potential verschenkt. Der Schreibstil ist zwar flüssig, aber ästhetisch leider nicht überzeugend und bietet nur wenig Abwechslung. Die meisten Personen bleiben seltsam blass und austauschbar, was es mir unmöglich gemacht hat, mir ihnen mitzufühlen und mitzuleiden. Zur Protagonistin habe ich ein gespaltenes Verhältnis: Die von ihr verinnerlichten Geschlechterstereotypen werden leider nur selten hinterfragt, ihre Gefühle werden dafür aber meist sehr anschaulich und greifbar geschildert. Ihre gelungene, interessante negative Zukunftsvision gestaltet Christina Dalcher nicht ausreichend aus –hier geht die Autorin leider nicht genug in die Tiefe, sondern kratzt nur an der Oberfläche. Der Roman, der immer mehr zu einem Thriller mit mittelprächtiger Liebesgeschichte wird, hat zwar durchaus seine gelungenen, spannenden Momente, wird aber dann zu einem überhastet wirkenden Höhepunkt geführt, der viel zu viele Fragen offen lässt. „Vox“ ist somit ein Buch, das viele gute Ansätze, aber leider auch große Schwächen hat und das mich daher leider enttäuscht hat.

Leseempfehlung: Lieber gleich Margaret Atwoods "Der Report der Magd" / "Handmaid's Tale" lesen!

Bewertung

Idee, Themen, Botschaft: 3,5 Sterne
Worldbuilding: 3 Sterne
Einstieg: 4 Sterne
Schreibstil: 2,5 Sterne
Protagonistin: 3,5 Sterne
(Neben)Figuren: 2 Sterne
Atmosphäre: 3 Sterne
Spannung: 4 Sterne
Liebesgeschichte: 2 Sterne
Ende: 1,5 Sterne
Emotionale Involviertheit: 3,5 Sterne
Geschlechterrollen: + / -

Insgesamt:

❀❀,5 Lilien

Dieses Buch bekommt von mir 2,5 Lilien!

Veröffentlicht am 02.01.2019

Vox

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Auf „Vox“ bin ich, vermutlich wie viele andere auch, gestoßen weil es einen unglaublichen Hype darum gab. Und als ich den Klappentext durchlas wurde ich auch sofort angesteckt.

Frauen dürfen nur noch ...

Auf „Vox“ bin ich, vermutlich wie viele andere auch, gestoßen weil es einen unglaublichen Hype darum gab. Und als ich den Klappentext durchlas wurde ich auch sofort angesteckt.

Frauen dürfen nur noch 100 Wörter am Tag reden, sie dürfen nicht arbeiten, nicht mitbestimmen, brauchen für alles die Erlaubnis ihres Mannes. Unglaublich aber trotzdem irgendwie vorstellbar. Natürlich hat es mich sehr interessiert, was die Autorin aus dieser Geschichte macht. Und ich finde leider, dass man aus dieser Idee viel mehr hätte herausholen können.

Zu Anfang lernen wir Jean kennen, die einst eine angesehene Wissenschaftlerin war. Quasi DAS Vorbild für Frauen, gebildet, intelligent, aber trotzdem liebende Mutter von vier Kindern. Heute sieht ihr Leben allerdings anders aus, denn auch sie musste ihren Job aufgeben und den ganzen Tag zu Hause bleiben. Verständlicherweise staut sich in ihr viel Verbitterung und Wut an, nicht nur auf Grund der Ungerechtigkeit, sondern auch deren Auswirkungen auf ihr Familienleben. Wenn ihre kleine Tochter nachts weint kann sie sie nicht trösten. Im Gegenteil, sie muss ihr den Mund zu halten, da auch kleine Mädchen schmerzhafte Stromstöße bekommen, wenn sie mehr als 100 Wörter reden.

Mir war der Anfang allerdings etwas zu plump. Die Beschreibung der Situation war zwar einleuchtend und mir hat auch gefallen die unterschiedlichen Auswirkungen geschildert zu bekommen, allerdings war die Grundaussage, die dabei für mich herüberkam „Männer und die christliche Religion sind durch und durch schlecht“. Denn der Grundstein für die Situation in diesem Buch wurde von einem religiösen Fanatiker gelegt, der die Frau in seine ursprüngliche, „reine“ Rolle zurückdrängen will. Und das ist alles was in diesem Buch über Religion ausgesagt wird. Ich finde diese Darstellung viel zu einseitig und oberflächlich.

Ich konnte auch überhaupt nicht nachvollziehen, wie es überhaupt zu dieser Situation kommen konnte. In dem Buch werden so viele intelligente und selbstbewusste Frauen beschrieben, die aber anscheinend völlig blind für die Veränderungen waren, die zu dieser Situation geführt hatten. Jeans ehemalige Mitbewohnerin war, wie es scheint, die einzige Frau in ganz Amerika, die irgendwie versucht hat, die Menschen aufzuklären und zu kämpfen. Ich kann mir vorstellen, dass die Autorin mit dieser Schilderung Menschen, und vielleicht gerade Frauen, aufrütteln will, genauer hinzusehen und zu handeln, aber mir kam es doch so vor als hätte es sich die Autorin hier sehr leicht gemacht. Denn einerseits beschreibt sie Jean als mutig und aufständisch, andererseits realisiert sie das Ausmaß der Veränderungen erst, als ihr ihr Pass abgenommen wird und sie einen Wortzähler angelegt bekommt. Wie soll das zusammenpassen?

Was mir dagegen sehr gut gefallen hat, war der innere Konflikt in Jean zwischen ihrer Mutterliebe und dem Idealismus ihres Sohnes, der die neue Regierung zunächst sehr gutheißt. Das war für mich eine der wenigen Passagen, in denen dieses schwierige Thema wirklich differenziert ausgearbeitet wurde.

Den Mittelteil fand ich in weiten Teilen gut, es kommt zu einigen Entwicklungen, die unvorhersehbar waren und endlich den Aufstand der Bevölkerung ankurbeln. Das Ende ist jedoch wieder einfach nur plump und nicht ausgearbeitet. Ich habe nachdem ich das Buch beendet hatte einige Rezensionen durchgelesen, in denen es unter anderem hieß „Es wirkt als hätte die Autorin am Ende einfach keine Lust mehr auf die Geschichte gehabt“, und dieser Aussage kann ich nur zustimmen. 50 Seiten mehr hätten der Geschichte auf jeden Fall gutgetan.