Cover-Bild Guten Morgen, Genosse Elefant
19,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Kiepenheuer & Witsch
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 272
  • Ersterscheinung: 16.08.2018
  • ISBN: 9783462050769
Christopher Wilson

Guten Morgen, Genosse Elefant

Roman
Bernhard Robben (Übersetzer)

Der rührendste Romanheld aller Zeiten.

Die lustige, traurige, spannende, lehrreiche, herzzerreißende Geschichte von Juri Zipit, der ein paar Wochen in Stalins Datscha verbringt und sein Vorkoster Erster Klasse wird. »Mein Name ist Juri Zipit. Ich bin zwölfeinhalb Jahre alt und lebe in einer Personalwohnung im Hauptstadtzoo gleich gegenüber vom Seelöwenteich hinter der Bisonweide, direkt neben dem Elefantengehege. Mein Papa ist Doktor Roman Alexandrowitsch Zipit, Professor für Veterinärmedizin, Fachgebiet Neurologie der Großhirnrinde, also ein Spezialist für alles, was im Kopf der Tiere schiefgehen kann. Als ich sechseinviertel Jahre alt war, passierte mir das größte Pech. Ein Milchwagen ist von hinten in mich reingerumst. Hat mich durch die Luft gepfeffert, bis ich auf den Boden geknallt bin, kopfvoran aufs Kopfsteinpflaster. Dann kam hinterrücks die Straßenbahn und ist über mich rüber. So was hinterlässt einen bleibenden Eindruck.Ich möchte Ihnen erzählen, wie ich einmal ein paar Wochen im Zentrum der Macht verbracht habe. Es waren höchst vertrauliche Angelegenheiten und dubiose Ereignisse, die zu düsteren Geschehnissen führten. Geheimnisse versteckt in der Geschichte. Ich baue auf Ihr Schweigen. Außerdem will ich Sie beschützen. Zu Ihrer eigenen Sicherheit. Also, psssst.«

»Lust und Vergnügen wuchsen, je länger und enger ich mit Juri zu tun hatte. Ein großartiger Roman.« Der Übersetzer Bernhard Robben

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.10.2018

Vom Hauptstadtzoo ins Zentrum der russischen Macht

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Der zwölfjährige Juri Zipit wohnt im Jahr 1954 mit seinem Vater, der als Tierarzt arbeitet, in einer Personalwohnung des Hauptstadtzoos in Moskau. Mit sechs Jahren hatte er einen schweren Unfall. Seither ...

Der zwölfjährige Juri Zipit wohnt im Jahr 1954 mit seinem Vater, der als Tierarzt arbeitet, in einer Personalwohnung des Hauptstadtzoos in Moskau. Mit sechs Jahren hatte er einen schweren Unfall. Seither vergisst er häufiger Dinge und hat gelegentlich Anfälle. Eines Abends wird sein Vater vom Geheimdienst abgeholt, um einen Patienten zu behandeln. Juri begleitet ihn als Assistent. Die Überraschung ist groß, als der Patient kein Tier ist, sondern der Stählerne höchstpersönlich, der überzeugt ist, dass alle Humanmediziner Verschwörer sind. Er ist von Juris liebem Gesicht und scheinbar einfachen Charakter so angetan, dass er ihn auf der Stelle zu seinem neuen Vorkoster ernennt. So erlebt Juri hautnah, was im Zentrum der russischen Macht vor sich geht.

Juri ist ein ganz besonderer Charakter, der sich dem Leser zu Beginn des Buches selbst vorstellt. Er lebt mit seinem Vater im Zoo und hat sich damit abgefunden, dass er seit seinem Unfall sechs Jahre zuvor oft Wörter oder Erinnerungen vergisst und an Epilepsie leidet. Denn gleichzeitig ist er sehr wissbegierig und kennt sich mit vielen Dingen aus, von denen seine Klassenkameraden keine Ahnung haben. Außerdem hat er ein liebes, stets lächelndes Gesicht, das dazu führt, dass ihm Fremde ständig vertrauliche Dinge erzählen, die er gar nicht hören will. Seine Mutter war Ärztin und einfach verschwunden, als er fünf Jahre alt war. Auch sein Vater lebt in ständiger Angst, eines Tages abgeholt zu werden und hat Juri eingeschärft, im Ernstfall so wenig wie möglich zu sagen.

Als die Geheimpolizei Juri und seinen Vater eines abends tatsächlich mitnimmt, passiert das aus ganz anderen Gründen als erwartet. Sie werden zum kranken Stählernen geführt, der von Juris Vater begutachtet werden soll. Dessen Diagnose gefällt ihm nicht, doch Juri will er als Vorkoster behalten. So gerät Juri völlig unvorbereitet in ein Schlangennest, in dem alle einander hintergehen und ihre eigene Agenda verfolgen. Von seiner Arglosigkeit wollen verschiedene Personen profitieren und versuchen ihn für ihre persönlichen Zwecke einzuspannen.

Juri sieht und erlebt vieles, dass er nicht ganz versteht. Zu Beginn realisiert er nicht einmal, dass er tatsächlich für Stalin arbeitet. Von seinem neuen Umfeld als einfältig abgestempelt erlebt er als stummer Zuhörer manch streng geheime Szene mit. Seine erschreckenden Schilderungen machten mich als Leser betroffen und zeigen die Willkürlichkeit, mit der in totalitären Systemen Entscheidungen über Leben und Tod getroffen werden.

Das Leben als Vorkoster ist ein Tanz auf Messers Schneide, denn viele sind schon an Gift gestorben. Er schwebt in ständiger Gefahr und ist auf sich allein gestellt. Seine Erlebnisse als Vorkoster enthielten für mich jedoch zu viele wiederkehrende Beschreibungen von Saufgelagen und Schimpftiraden. Auf der anderen Seite gibt es viele skurrile Szenen, zum Beispiel bei der Vorführung amerikanischer Filme, die mich trotz der ernsten Gesamtsituation zum Schmunzeln brachten.

Bei „Guten Morgen, Genosse Elefant“ handelt es sich um eine fiktive Geschichte, welche vieles ganz bewusst überspitzt und es mit den historischen Fakten nicht immer so genau nimmt. Trotzdem vermittelt sie einen Eindruck davon, wie es im innersten politischen Kreis Russlands in der Zeit vor Stalins Tod zugegangen sein könnte, wo niemand dem anderen traut und niemand sich in Sicherheit wägen kann. Juris Geschichte ist tragisch, sein Optimismus und seine kindliche Gutgläubigkeit rührend. Ich empfehle diese ungewöhnliche, dramatische Geschichte mit vielen satirischen Elementen sehr gerne weiter!

Veröffentlicht am 15.10.2018

Ungewöhnlicher Erzählstil eines außergewöhnlichen Jungen

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Nachdem Juri von einem Milchwagen an- und von einer Straßenbahn überfahren wurde, wirkt er auf seine Mitmenschen so, als würde er nicht mehr richtig ticken im Kopf. Sie vertrauen diesem Jungen mit dem ...

Nachdem Juri von einem Milchwagen an- und von einer Straßenbahn überfahren wurde, wirkt er auf seine Mitmenschen so, als würde er nicht mehr richtig ticken im Kopf. Sie vertrauen diesem Jungen mit dem freundlichen Gesicht all ihre dunkelsten und tiefsten Geheimnisse an, denn wer könnte Juri widerstehen und wer würde einem Idioten wie ihm überhaupt glauben?
Und genau diese Eigenschaft Juris lässt Stalin auf ihn aufmerksam werden. Kurzer Hand findet sich Juri in der Datscha des „Stählernen“ wieder, ohne sein Zutun verwickelt in die politischen Strickereien und fernab von seinem Vater, der den Moskauer Zoo leitet.

So wie Juri ein sehr außergewöhnlicher zwölfjähriger Junge ist, so ist auch dieses Buch ganz besonders geschrieben. Erzählt aus Juris Sichtweise und mit seinen Worten geschrieben, hatte ich anfangs meine Schwierigkeiten, mich in dem Buch zu Recht zu finden. Doch mehr und mehr konnte ich mich für diesen Stil begeistern. Denn Juris Sicht auf die Dinge rund um Stalin und seine Genossen war so naiv, wie ein gutherziges Kind nur sein kann und die Geschehen wirkten dadurch auf mich als Leser nur noch grausamer. All die Gräueltaten, die unter Stalin verübt wurden, die Familien, die auseinander gerissen wurden, die generelle Angst der Bevölkerung, all dies wurde für mich durch die Beschreibungen eines kleinen Jungen noch viel erschreckender und das Buch nahm mich phasenweise emotional sehr mit. Doch die vielen traurigen Szenen wurden immer wieder abgelöst von durchaus witzigen Passagen, die die Lektüre jedoch dadurch noch skurriler erscheinen ließen.
Wirklich viel wusste ich vor Beginn der Lektüre nicht über die stalinistische Zeit. Im Geschichtsunterricht behandelten wir vorrangig den zweiten Weltkrieg und seine Auswirkungen rein auf Deutschland bezogen und auch im Abitur wurde Stalin nur mal am Rande erwähnt. Somit hat das Buch für mich als Laie auf dem Gebiet der Geschichte ganze Arbeit geleistet. Ich habe mich aktiv und über die Lektüre hinaus mit dieserZeit beschäftigt. Von daher hat der Autor zumindest im meinem Fall einen deutlichen Eindruck hinterlassen und ich werde das Buch nicht so schnell vergessen.
Ein wenig schade finde ich, dass die Männer rund um Stalin in dem Buch eine Palette neuer Namen erhielten und nicht ihre wirklichen benutzt wurden.

Auf nur wenigen Seiten konnte mich der Autor wirklich von sich überzeugen und ließ mich eine emotionale Achterbahn fahren. Ich vergebe vier Sterne für dieses satirische Werk.
Ich bin sehr froh, dass ich dieses Buch lesen durfte. Im Buchhandel hätte ich wahrscheinlich nicht danach gegriffen, da es nun doch eher außerhalb meiner literarischen Komfortzone liegt. Nun kann ich es jedoch nur mit gutem Gewissen und voller Überzeugung weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 19.08.2018

Die ehemalige Sowjetunion von innen betrachtet

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Gebundene Ausgabe: 266 Seiten
Verlag: Kiepenheuer&Witsch (16. August 2018)
ISBN-13: 978-3462050769
Originaltitel: The Zoo
Preis: 19,00 €
auch als E-Book erhältlich

Die ehemalige Sowjetunion von innen ...

Gebundene Ausgabe: 266 Seiten
Verlag: Kiepenheuer&Witsch (16. August 2018)
ISBN-13: 978-3462050769
Originaltitel: The Zoo
Preis: 19,00 €
auch als E-Book erhältlich

Die ehemalige Sowjetunion von innen betrachtet

Inhalt:
Bei einem schweren Unfall wurde nicht nur Juris Körper, sondern auch sein Gehirn beschädigt. Dies rüttelt aber nicht an seiner Lebensfreude und seinem Optimismus. Juris Vater ist Tierarzt und wird zu einem ganz speziellen Patienten gebracht. Es handelt sich um Genosse Stalin persönlich, der schwer krank ist. Stalin ist schnell angetan von dem jungen Juri und macht ihn zu seinem Vorkoster und Gehilfen. An der Seite dieses Mannes bekommt Juri nach und nach einen Einblick in die Staatspolitik.

Meine Meinung:
Christopher Wilson hat einen herrlich frischen Schreibstil. Gekonnt führt er uns in Stalins Datscha im Jahr 1953, wo der Stählerne langsam vor sich hinsiecht, was natürlich nicht an die Öffentlichkeit gelangen darf. Juri wird zum Spielball der Mächtigen - jeder will ihn auf seiner Seite wissen. Und es macht richtig Spaß und gute Laune, mit ihm zusammen in die Intrigen und Machtspiele der großen Männer der Sowjetunion einzutauchen.

Manchmal ist Juris kindliche Sicht einfach herrlich naiv und dadurch witzig. Zum Teil fördert sein unbefangener Blick aber auch Erkenntnisse zutage, auf die man sonst nicht gestoßen wäre.

Der Roman ist sehr berührend, aber auch spannend und ein wenig bedrückend. Eine gelungene Mischung für leichte Unterhaltung mit ernstem Hintergrund.

★★★★☆

Veröffentlicht am 19.08.2018

Spitz die Ohren

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Juris Vater ist der erste Veterinär des Zoos, besonders mit den Gehirnen der Tiere kennt er sich gut aus. Seine Erfahrung nutzt ihm auch im Umgang mit seinem 12jährigen Sohn. Leider muss man sagen, denn ...

Juris Vater ist der erste Veterinär des Zoos, besonders mit den Gehirnen der Tiere kennt er sich gut aus. Seine Erfahrung nutzt ihm auch im Umgang mit seinem 12jährigen Sohn. Leider muss man sagen, denn der Junge hat mit sechs einen schweren Unfall überlebt, nachdem sein Gehirn nicht mehr so ganz wie erwartet funktioniert. Das vertrauenserweckende Lächeln Juris macht dessen Leben nicht eben einfacher. Wildfremde Menschen vertrauen ihm manchmal ihre Geheimnisse an. Und so geht es auch dem Stählernen, zu dem der Vater gerufen wird, weil alle bekannten Menschenärzte irgendwie unpässlich sind. Und so wird Juri zum Vorkoster erster Klasse.

Einiges erfährt Juri während seiner Zeit in Stalins Residenz, Gutes und weniger Gutes. Jeder will den lächelnden Jungen für sich einspannen. Doch Juri ist unsicher in seiner Loyalität, die Meisten scheinen dem Stählernen Übles zu wollen. Und dieser kann bestens fluchen und sich über seine Vasallen aufregen und sie zu einem Aufenthalt im Gulag verurteilen. Allerdings ist der Stählerne nicht bei bester Gesundheit. Und muss er mal wieder an mehreren Orten gleichzeitig sein, sind ausgebildete Doppelgänger zur Stelle. Juris Vater, der den Regenten untersuchte, ist inzwischen verschwunden. Ebenso verschwunden wie die Mutter, die die Familie verlassen hat so wie der Vater berichtet.

Mit kindlichen Worten berichtet Juri von ernsten Ereignissen. Die letzten Wochen vor Stalins Tod. Dieser ist misstrauisch gegenüber seinen eigentlichen Vertrauten. Juris Naivität muss ihm wie ein Labsal erscheinen. Doch selbst in dieser Situation versucht der Alte den Jungen für seine Zwecke zu benutzen, da ist er keinen Deut besser als seine Minister. Mit Juris Augen blickt man in eine seltsame Welt eines alternden Politikers, dessen Gesundheit versagt. Was ist Täuschung, was Selbsttäuschung. Kann Juri, der durch den Unfall ein geschädigtes Gehirn hat, überhaupt alles erfassen, was er hört und sieht. Und doch gewinnt Juri mit seinem Lächeln, das für den Leser unsichtbar bleibt, eben jenen. Manche seiner Erlebnisse lassen einen erschauern, manche lassen einen hoffen. Mit dem Diktator bekommt man Mitleid, das Ende seiner Tage war beschwerlich und schmerzhaft. Neugierig fragt man sich, wie viel Wahrheit in der Geschichte steckt und natürlich findet man im großen weiten Netz Informationen, die vermuten lassen, dass nicht alles erfunden ist, außer Juri vielleicht.

Veröffentlicht am 18.08.2018

Pssst, nicht weitersagen...

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Der zwölfjährige Juri lebt allein mit seinem Vater, der als Tierarzt die Tiere im Moskauer Zoo betreut. Da wird dieser überraschend zu einem „Elefanten“ gerufen, der sich als großes Tier in der Partei ...

Der zwölfjährige Juri lebt allein mit seinem Vater, der als Tierarzt die Tiere im Moskauer Zoo betreut. Da wird dieser überraschend zu einem „Elefanten“ gerufen, der sich als großes Tier in der Partei erweist. Der Vater soll Juri als Vorkoster des großen Stählernen dalassen. Juri ist nach einem Unfall äußerlich unversehrt, aber jeder sieht in ihm einen einfältigen Idioten. Und als solcher darf er auch eine ganz unglaubliche Geschichte darüber erzählen, wie er die Zeit verbracht hat auf Stalins Datscha und dabei die größten Geheimnisse erfahren hat von allen dort Anwesenden.

Um Stalin und sein Gefolge gibt es einige Legenden, vor allem um die letzten Tage der Macht und um seinen Tod. Ist es wirklich Stalin, der aufgebahrt daliegt in seinem Mausoleum? Juri weiß es, wie so vieles andere, war er doch hautnah dabei. Durch den Plauderton von Juris Erzählung wirkt alles seltsam komisch über diese turbulenten Tage in der Datscha, im Zentrum der Macht. Und bietet reichlich Stoff für Satire.

Indem der Autor Christopher Wilson seinen Protagonisten Juri als „anders“ erklärt, hat er die Möglichkeit ergriffen, Wahrheiten subtil aussprechen zu lassen, wie es ein Narr nicht besser könnte. Ironie und Sarkasmus können so nicht beleidigen, dafür aber umso mehr andeuten und Verschleiertes aufdecken. Das beherrscht Juri wie kein anderer, es ist eine Wonne, seinen Worten zu folgen. Denn nichts ist wahr und alles ist anders, wenn ihm jemand zu nahe kommen würde. Also pssst, nicht weitererzählen…

Für diese gelungene Satire mit seinem erfrischend naiv-wissenden Protagonisten vergebe ich gerne eine Leseempfehlung und starke vier von fünf Sternen.